Belastende Fluchterlebnisse mit inneren Bildern verarbeiten
Für das Projekt „ReScript“ werden Geflüchtete gesucht, die an einer
Posttraumatischen Belastungsstörung leiden
FRANKFURT. Traumafolgestörungen gehören zu den häufigsten psychischen
Erkrankungen bei geflüchteten Menschen. Diese Störung kann sich als
Reaktion auf ein extrem bedrohliches oder schreckliches Ereignis
entwickeln und ist charakterisiert durch Albträume, intensive Erinnerungen
an das Trauma, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Schreckhaftigkeit,
Angst und andere intensive negative Gefühle und Gedanken. Das vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „ReScript“,
das von an der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der
Goethe-Universität koordiniert wird, untersucht die Wirksamkeit einer
kurzen, neuartigen Behandlung, bei der innere Vorstellungsbilder benutzt
werden um die mit den Erinnerungen verbundenen schlimmen Gefühle besser
verarbeiten zu können. Am Projekt „ReScript“ können erwachsene Menschen
teilnehmen, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden und
vor Krieg, Bürgerkrieg oder Verfolgung nach Deutschland geflüchtet sind –
entweder in den letzten Jahren oder auch schon vor längerer Zeit.
Zum Hintergrund: Weltweit wurden aktuell ca. 80 Millionen Menschen
vertrieben, von denen 26 Millionen aus ihrem Heimatland geflüchtet sind
(United Nations High Commissioner for Refugees, 2020). Diese Menschen
haben oft sowohl im Herkunftsland, auf der Flucht und im Aufnahmeland
traumatische und belastende Erfahrungen gemacht. In einer in Deutschland
durchgeführten Studie, die Bewohner*innen einer Gemeinschaftsunterkunft
untersuchte, berichteten Teilnehmer*innen im Mittel von fünf traumatischen
Erfahrungen, zu denen v.a. körperliche Gewalt, bewaffnete Angriffe,
schweres menschliches Leid, und sexuelle Gewalt gehörten. In der Studie
der United Nations berichten 35% der Geflüchteten von Symptomen einer
Posttraumatischen Belastungsstörung.
In der Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen ist die
Psychotherapie wirksamer als eine Behandlung mit Medikamenten. In der
Psychotherapie geflüchteter Menschen gibt es Herausforderungen.
Sprachliche oder kulturelle Hürden können einer Therapie im Weg stehen
oder Schwierigkeiten wie ein laufendes Asylverfahren, eine belastende
Wohnsituation o.ä. können sie erschweren. Die neuartige Behandlungsform
kann sehr gut auf die unterschiedlichen Erfahrungen und Werte von
Patienten eingehen.
Bei der Beeinflussung von Gefühlen sind innere Bilder dem reinen Sprechen
über Ereignisse überlegen.
Da die neuartige Therapieform – das „Imagery Rescripting“ - auf den
Bedürfnissen und Präferenzen der Patient*innen beruht, kann es sie sehr
flexibel auf jeden individuellen Patienten eingehen. Studien zeigen, dass
es mit vergleichsweise wenigen Therapiestunden zu einer Besserung der
Symptome kommt. Die Therapie kommt ohne ein belastendes Wiedererinnern von
Details der traumatischen Erfahrung aus. Die Therapie im Projekt ReScript
besteht aus 10 Sitzungen zu je 100 Minuten. Wenn Patient*innen nicht gut
genug Deutsch sprechen, kann die Therapie mithilfe eines Dolmetschers oder
einer Dolmetscherin stattfinden.
Das Projekt „ReScript“ wird von der Abteilung für Klinische Psychologie
und Psychotherapie der Goethe-Universität aus koordiniert und an insgesamt
vier Standorten in Deutschland unter der Leitung von Apl. Prof. Dr. Regina
Steil (Frankfurt), Prof. Thomas Ehring (München) und Prof. Nexhmedin
Morina (Münster) und Dr. Cornelia Weise sowie Dr. Dr. Ricarda Nater-Mewes
(Marburg) durchgeführt.
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