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Welt-Thrombose-Tag am 13.Oktober: Lücken in der Versorgung müssen geschlossen werden!

Thrombose kann schmerzfrei diagnostiziert und einfach behandelt werden.
- Experten sprechen von einer Unter- und Überversorgung in Deutschland und
fordern eine flächendeckende Versorgungsforschung.
- Ab sofort steht behandelnden Ärzten die „Antikoagulations-Ampel“ als
Orientierungshilfe
bei der Therapie zur Verfügung.

Dank der Fortschritte in der medizinischen Forschung ist die Therapie von
Thrombose durch den Einsatz direkter oraler Antikoagulanzien gepaart mit
einer modernen symptomorientierten Kompressionstherapie so einfach und
risikoarm wie noch nie. Die aktuellen Leitlinien schreiben auch eine
schmerzfreie und den Patienten nicht belastende Diagnose vor. „Beim
Erkennen und Ernstnehmen der Erkrankung zeigen sich jedoch Defizite. So
kann es manchmal zu einer gefährlichen Verzögerung der Diagnostik beim
Spezialisten kommen – andererseits kann oft auch ohne Überweisung zum
Spezialisten eine Thrombose ausgeschlossen und so eine Überdiagnostik
vermieden werden“, so Prof. Rupert Bauersachs, Leiter des
Aktionsbündnisses Thrombose.

Im Fall einer akuten Tiefen Venenthrombose oder ihrer möglichen
Komplikation, der Lungenembolie, ist die Antikoagulation die wichtigste
Therapiemaßnahme. Sie hat zum Ziel, die Akutmortalität und -morbidität zu
reduzieren, längerfristig Rezidive und Langzeitkomplikationen zu
verhindern und die Beschwerden zu lindern. Die aktuellen
interdisziplinären Leitlinien empfehlen eine individuell angepasste
Entscheidung über die Dauer der Antikoagulation unter Berücksichtigung der
Patientenpräferenzen und der klinisch bedeutsamen Faktoren. Diese bewusst
vorgesehene Flexibilität und Individualisierung bringen allerdings für
Ärzte und Patienten eine gewisse Verunsicherung mit sich. „Häufig werden
Patienten wegen Unsicherheit zu lange mit Antikoagulanzien behandelt.
Andererseits wird bei Risikopatienten die Therapie zu früh beendet und es
kommt zu Rezidiven, sodass wir auf der einen Seite eine Über- und auf der
anderen eine Unterversorgung feststellen“, erklärt Prof. Bettina Kemkes-
Matthes vom Aktionsbündnis. Gesicherte objektive Daten liegen allerdings
nicht vor. Daher fordert das Aktionsbündnis Thrombose vom Gemeinsamen
Bundesausschuss eine industrieunabhängige und flächendeckende
Versorgungsforschung, um Lücken in der Versorgung gezielt adressieren zu
können.

Um behandelnde Ärzte jetzt schon bei der Therapie zu unterstützen, hat das
Aktionsbündnis Thrombose die Antikoagulations-Ampel entwickelt. Dr. Jutta
Schimmelpfennig vom Aktionsbündnis Thrombose erklärt: „Bei einem großen
Teil der Patienten kann mit Hilfe dieses einfachen Ampelsystems rasch und
einfach die richtige Antikoagulationsdauer festgelegt werden und nur noch
ein kleinerer Teil der Patienten braucht die Überprüfung beim
Spezialisten, was lange Wartezeiten verkürzt“. Mit der Ampel wird die
Klassifizierung der Patienten in solche mit einem sehr hohen Rezidivrisiko
(rot) und solche, bei denen das Rezidivrisiko als niedrig (grün)
einzuschätzen ist, vorgenommen. Davon abhängig ist die Dauer der
Antikoagulation. Diese beiden Gruppen decken etwa 75 bis 80 Prozent der
Thrombosepatienten ab. Bei etwa jedem fünften Patienten ist die
Entscheidung zur weiteren Antikoagulation von zusätzlichen individuellen
Faktoren und Befunden zu treffen. Oft ist es sinnvoll, diese
Patientengruppe einem Spezialisten vorzustellen.

Experten warnen vor einer Verharmlosung
In Europa und den USA sterben mehr Menschen an den Folgen einer
Lungenembolie als durch Verkehrsunfälle, Brust- und Prostatakrebs und HIV
zusammen – allein in Deutschland sind es über 40.000 Todesfälle im Jahr.
Häufigste Ursache dafür ist eine Thrombose. Diese kann Menschen jeden
Alters treffen. Jährlich werden knapp über 370.000 Neuerkrankungen an
Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis registriert. Rund 50.000
Menschen erkranken pro Jahr an einer Lungenembolie. Aufgrund der
demografischen Entwicklung und der verbesserten Diagnostik ist von einem
weiteren Anstieg der Patientenzahlen auszugehen.

Am 13. Oktober ist Welt-Thrombose-Tag: Veranstaltung in Berlin
Ausgerufen von der Internationalen Gesellschaft für Thrombose- und
Hämostaseforschung (ISTH) geht es an diesem Tag darum, auf die Thrombose
und Lungenembolie aufmerksam zu machen. Das Aktionsbündnis Thrombose als
Partnerorganisation der ISTH veranstaltet dazu ein Diskussionsforum mit
Experten aus Gesundheit, Politik und Presse. Das diesjährige Thema ist die
Optimierung der intersektoralen Versorgung von Thrombosepatienten.
Teilnehmer der Veranstaltung sind unter anderem Dr. Regina Klakow-Franck,
Mitglied des G-BA, und Prof. Stefan G. Spitzer, Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung.

Ort Allianz-Forum, Pariser Platz 6, 10117 Berlin
Zeit 15:30 Uhr, Einlass 15:00 Uhr

Im Anschluss an die Veranstaltung erhält PD Dr. med Jan Beyer-Westendorf
den diesjährigen Virchow-Preis. Das Aktionsbündnis Thrombose würdigt mit
diesem Preis seine Arbeit „Venous thromboembolism therapy with Rivaroxaban
in daily-care patients: Results from the Dresden NOAC Registry“.

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World Health Summit 2017: Internationale Experten stellen Weichen für die Zukunft der Weltgesundheit

Bezahlbare High Tech Medizin, der Kampf gegen Epidemien und bessere
Gesundheitssysteme für die Welt – über diese Themen diskutieren ab
kommenden Sonntag Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und
Zivilgesellschaft auf dem World Health Summit in Berlin.

Erwartet werden rund 2.000 Teilnehmer aus 100 Nationen,

Sprecher in insgesamt 47 Sessions sind unter anderem sieben Minister, eine
Prinzessin, zwei Nobelpreisträger und zahlreiche CEOs von Unternehmen und
NGOs:

Sprecher aus der Wissenschaft

•       Elizabeth Blackburn (Nobelpreisträgerin, Präsidentin Salk
Institute for Biological Studies, USA)
•       Karl Max Einhäupl (CEO, Charité - Universitätsmedizin Berlin,
Deutschland)
•       Detlev Ganten (Präsident, World Health Summit, Deutschland)
•       Bill S. Hansson (Vizepräsident, Max-Planck-Gesellschaft,
Deutschland)
•       Roger D. Kornberg (Nobelpreisträger, Stanford University School of
Medicine, USA)
•       Peter Piot (Direktor, London School of Hygiene & Tropical
Medicine, UK)
•       Lothar H. Wieler (Präsident, Robert Koch-Institut, Deutschland)
•       Otmar Wiestler (Präsident, Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren, Deutschland)

Sprecher aus der Politik

•       Hanan Mohamed Al-Kuwari (Gesundheitsministerin, Katar)
•       Adalberto Campos Fernandes (Gesundheitsminister, Portugal)
•       Francesca Colombo (Leiterin Gesundheit, OECD, Frankreich)
•       Raymonde Goudou Coffie (Gesundheitsministerin, Elfenbeinküste)
•       Hermann Gröhe (Bundesgesundheitsminister, Deutschland)
•       Bernard Haufiku (Gesundheitsminister, Namibia)
•       Wolfgang Ischinger (Vorsitzender, Münchener Sicherheitskonferenz,
Deutschland)
•       Gerd Müller (Bundesentwicklungsminister, Deutschland)
•       Samba Ousmane Sow (Gesundheitsminister, Mali)

Sprecher aus der Wirtschaft

•       Peter Albiez (CEO, Pfizer, Deutschland)
•       Werner Baumann (Vorstandsvorsitzender, Bayer AG, Deutschland)
•       Christoph Franz (Präsident des Verwaltungsrates, Roche, Schweiz)
•       Steven Hildemann (CMO / Head of Global Medical Affairs and Global
Drug Safety, Merck, Deutschland)
•       Neil Jordan (Geschäftsführer, Health Worldwide, Microsoft, USA)
•       Carla Kriwet (CEO, Connected Care & Health Informatics, Royal
Philips, USA)
•       Thomas Laur (Präsident, SAP Health, SAP, USA)

Sprecher aus der Zivilgesellschaft

•       Christine Beerli (Vizepräsidentin, Intl.ernationales Komitee vom
Roten Kreuz, Schweiz)
•       Katie Dain (CEO, NCD Alliance, UK)
•       Jeremy Knox (Policy Lead, Wellcome Trust, UK)
•       Joanne Liu (Internationale Präsidentin, Ärzte ohne Grenzen,
Schweiz)
•       HRH Prinzessin Dina Mired (dsgn. Präsidentin, Union for Intl.
Cancer Control, Jordanien)
•       Trevor Mundel (Präsident, Global Health Division, Bill & Melinda
Gates Foundation, USA)
•       Peter Salama (Generaldirektor, Health Emergencies Programme, WHO,
Schweiz)
•       Elhadj As Sy (Generalsekretär, International Federation of Red
Cross and Red Crescent Societies, Schweiz)
•       Kevin Watkins (CEO, Save the Children, UK)

Die Pressekonferenz findet am Sonntag, den 15. Oktober von 15:00-15:45 im
Kosmos, Karl-Marx-Allee 131a, 10243 Berlin, in Saal 7 „Elizabeth
Blackwell“ statt. Teilnehmer:

•       Adalberto Campos Fernandes (Gesundheitsminister, Portugal)
•       Joanne Liu (Internationale Präsidentin, Ärzte ohne Grenzen,
Schweiz)
•       Roger D. Kornberg (Nobelpreisträger, Stanford University School of
Medicine, USA)
•       Hélène Boisjoly (World Health Summit Internationale Präsidentin /
Dekanin, Medizinische Fakultät, Universität Montreal, Kanada)
•       Detlev Ganten (World Health Summit Präsident, Deutschland)

Zentrale Themen des World Health Summit 2017 sind die Gesundheitspolitik
der G7/G20, die Entwicklung neuer Impfstoffe, Digitalisierung und Big
Data, Gesundheitssicherheit, urbane Gesundheit sowie Afrika und die
Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.

Der World Health Summit (15.-17. Oktober, Kosmos, Karl-Marx-Allee 131a,
Berlin) steht unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela
Merkel, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und des Präsidenten
der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker und gilt als das
wichtigste strategische Forum für weltweite Gesundheitsfragen. Er findet
seit 2009 jeden Oktober in Berlin statt.

Mehr Informationen zu Themen und Sprechern:
https://www.worldhealthsummit.org/whs-2017/program
https://www.worldhealthsummit.org/whs-2017/speakers

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1. Dt. Bakteriophagen-Symposium an der Uni Hohenheim sieht hohes Potential
für Einsatz der Bakterienkiller in Medizin, Tiermedizin,
Lebensmittelhygiene / Tagung bis 11. Okt. 2017

Multiresistente Keime, Lebensmittelskandale, Tierseuchen: Eine Lösung für
diese und andere Probleme könnten Bakteriophagen darstellen. Dabei handelt
es sich um Viren, die sich in Bakterien einnisten und diese abtöten. Für
Zellen des Menschen, von Tieren oder Pflanzen sind sie dagegen völlig
harmlos In vielen osteuropäischen Ländern sind sie seit Jahrzehnten im
Alltag in Gebrauch, in Deutschland erschweren fehlende Regelungen
medizinische und hygienische Anwendungen. Zum Auftakt des 1. Deutschen
Bakteriophagen-Symposiums an der Universität Hohenheim in Stuttgart
fordern Wissenschaftler mehr Forschung und eine schnelle und klare
Regulierung, um die potentielle Anwendung zu beschleunigen. Das Symposium
läuft noch bis 11. Oktober, Tagungsort ist das Steinbeis-Haus für
Management und Technologie (SHMT), Filderhauptstraße 142 70599 Stuttgart.
Mehr Infos zum Symposium unter https://1st-german-phage-symposium.uni-
hohenheim.de

„Vom Schnupfen über Durchfall bis zur Lungenentzündung: Bereits jetzt
lassen sich bakterielle Infekte bei Mensch und Tier mithilfe von dafür
geprüften Bakteriophagen bekämpfen“, erklärt PD Dr. Wolfgang Beyer. Ein
Ansatz, der auch in Deutschland und Westeuropa endlich Anwendung finden
muss, so die Überzeugung von PD Dr. Beyer, Scientific Director des 1.
Deutschen Bakteriophagen-Symposiums.

Noch bis 11. Oktober 2017 treffen sich über 150 internationale Vertreter
der Bakteriophagen-Forscher mit Vertretern von Politik, Wirtschaft und
Regulierungsbehörden. Das erste deutsche Bakteriophagen-Symposium an der
Universität Hohenheim in Stuttgart soll den internationalen
Forschungsstand zusammenfassen und künftigen Forschungs- und
Regelungsbedarf ausleuchten.

Organisiert wird das Symposium durch das Forschungszentrum für
Gesundheitswissenschaften der Universität Hohenheim. Zu den Höhepunkten
des Symposiums gehört die deutschsprachige Abschluss-Diskussion "Quo
vadis, deutsche Bakteriophagenforschung?" am 3. Konferenztag, den 11.
Oktober 2017 ab 10:30 Uhr. Auf der Agenda steht außerdem die Gründung
eines nationalen Phagen-Forums. Die allgemeine Konferenzsprache dagegen
ist Englisch.

Spezielle Viren als Verbündete in der Krankheitsbekämpfung

Das Prinzip der Bakteriophagen sei simpel, erklärt PD Dr. Beyer: Die Viren
dringen in die Bakterien ein und töten diese ab. „Für jedes krank machende
Bakterium gibt es einen passenden Phagen, der es zerstört. Man muss nur
den richtigen finden. Dann lassen sich viele Infektionen bekämpfen – ganz
ohne oder auch in Kombination mit Antibiotika.“

Gegen viele Infekte könne dabei schon ein standardisierter Phagen-Mix
helfen. In schwierigeren Fällen könne ein Mikrobiologe den Erreger beim
Patienten genau bestimmen und dann den dazu passenden Phagen suchen – eine
ganz auf den individuellen Patienten zugeschnittene Behandlung.

Aus Reisen in Osteuropa wisse PD Dr. Beyer, dass es dort Phagen-Mischungen
rezeptfrei in Apotheken zu kaufen gibt. In Deutschland hingegen nicht: „Es
ist zwar nicht verboten, Phagen in Deutschland zu vertreiben. Um sie als
zugelassenes Arzneimittel auf den Markt zu bringen, sind allerdings teure
und langwierige Tests nötig. Dieses Zulassungsverfahren gilt es zu
beschleunigen, denn die tradierten Antibiotika versagen zunehmend im Kampf
gegen multiresistente Keime. Wir brauchen die Bakteriophagen als
Alternative, und zwar jetzt.“

Im Kalten Krieg vergessen, von der Forschung aus dem Blick verloren

Dass Bakteriophagen von der medizinischen Forschung in Deutschland und der
westlichen Welt so lange nicht beachtet wurden, habe historische Gründe,
so PD Dr. Beyer. Entdeckt wurden sie bereits Anfang des 20. Jahrhunderts;
am berühmten Pariser Institut Pasteur forschte man dazu in den 1930er-
Jahren ebenso wie im georgischen Tiflis.

Doch mit der Spaltung Europas in Ost und West und dem Siegeszug des
Penizillin gerieten Bakteriophagen in den westlichen Ländern nach 1945
zunehmend in Vergessenheit. „Dank des erfolgreichen Einsatzes  der
Antibiotika hatte man im Westen schlicht keinen Bedarf an Bakteriophagen“,
so PD Dr. Beyer. „Heute, im Kampf gegen multiresistente Keime, sieht das
anders aus.“

In den Sowjetstaaten blieben die Bakteriophagen jedoch im Einsatz und sind
es bis heute, sicherlich auch, weil in diesen Ländern Antibiotika deutlich
teurer oder gar nicht zu bekommen waren. „Bakteriophagen erfüllen jedoch
die gleiche Funktion und werden dort bis heute als wirksames, aber noch
unzureichend erforschtes Medikament eingesetzt“, erklärt PD Dr. Beyer.

Dass Bakteriophagen in der EU nicht generell zur medizinischen Behandlung
zugelassen sind, erschwere auch die Forschung: „Medizinische Studien sind
schwierig durchzuführen, da Ärzte die Bakteriophagen als alternative
Methode nur dann verabreichen dürfen, wenn alle anerkannten Therapien
nachweislich versagt haben. Dann ist es für die Patienten jedoch oft schon
zu spät.“

Klare Regulierung würde vielfältigen Einsatz ermöglichen

Auch in der Lebensmittelhygiene könnten Phagen zum Einsatz kommen, zum
Beispiel um die Übertragung von Salmonellen durch Geflügelfleisch zu
verhindern: „Als Schutz gegen die Bakterien kann man Lebensmittel mit
einer Phagenmischung besprühen oder auch die Hähnchen kurz vor der
Schlachtung mit Phagen behandeln. Auf das Produkt und den Verbraucher hat
das keine Auswirkungen.“ Doch auch hier fehle es an entsprechenden
Regularien, so PD Dr. Beyer.

In anderen Ländern gibt es entsprechende Lösungen bereits im Einsatz: In
den USA werden Fleisch und Fisch damit behandelt. In Deutschland ist noch
kein solches Mittel zugelassen. Das könnte sich bald ändern: So stehe z.
B. eine niederländische Firma aktuell mit deutschen Behörden im Kontakt
für die Zulassung einer Phagenmischung zur Lebensmittel-Behandlung.
Ein weiteres Einsatzgebiet wäre die Stall- und Umwelthygiene, zu der PD
Dr. Beyer forscht: „Ist in einem landwirtschaftlichen Betrieb einmal eine
Tierseuche ausgebrochen, müssen Stall und Abfallstoffe gründlich
desinfiziert werden. Auch hierbei könnten Phagen sehr effektiv eingesetzt
werden“, so der Wissenschaftler vom Fachgebiet für Infektions- und
Umwelthygiene bei Nutztieren.

Risiken sind heute schon vermeidbar

Ein Argument, das gerne gegen Bakteriophagen ins Feld geführt wird, ist
die Gefahr des unerwünschten Gentransfers: Bestimmte Phagen können sich in
die DNA von Bakterien integrieren. Die Befürchtung: Wenn sie sich wieder
daraus lösen und weitervermehren, kann es passieren, dass sie ein Stück
DNA des Bakteriums mitnehmen und auf andere Bakterien verbreiten.
Vermutlich entstand auf diese Weise das Darmbakterium EHEC.

PD Dr. Beyer warnt jedoch davor, Phagen deshalb pauschal zu meiden: „Die
Gefahr des Gentransfers ist ein weitgehend vermeidbares Risiko. Zu einem
Austausch von DNA zwischen Bakterium und Phagen kommt es vor allem bei
sogenannten lysogenen Phagen, also Phagensorten, die in die DNA ihres
Wirts eindringen. Solche Phagen kann man heute erkennen und von der
Verwendung ausschließen.“

Symposium soll deutsche Bakteriophagenforschung stärken

Eine andere Befürchtung sei dagegen viel realer, wie PD Dr. Beyer meint:
Dass die Bakteriophagenforschung in Deutschland bei diesem hochaktuellen
Thema noch weiter ins Hintertreffen gerate.

Dabei gäbe es eine Vielzahl von Forschern, die sich inzwischen damit
beschäftigen. „Das haben wir bei den Vorbereitungen für das Symposium
gemerkt: Ursprünglich planten wir einen eintägigen Workshop. Doch die
Resonanz war so groß, dass wir nun über 150 Wissenschaftler zur Eröffnung
des Symposiums begrüßen durften.“

Die Bandbreite der Forschungsansätze reiche dabei von der
Grundlagenforschung bis hin zur Anwendung – und Forscher ebenso wie
Vertreter von Bundesinstitutionen und Unternehmen hätten großes Interesse
daran, sich zu vernetzen. Neben namhaften Experten auf dem Gebiet wie
Bakteriophagen-Expertin Dr. Christine Rohde vom DSMZ sind auch Vertreter
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, des Paul-
Ehrlich-Instituts, des Robert-Koch-Instituts und des Bundesinstituts für
Risikobewertung beim Symposium vertreten.

HINTERGRUND: Phagenforschung & Forschungszentrum für
Gesundheitswissenschaften

Organisiert wird das erste Deutsche Phagen-Symposium durch das
Forschungszentrum für Gesundheitswissenschaften (FZG) der Universität
Hohenheim. Das FZG bietet eine dynamische Plattform für alle Akteure, die
an Themen und gemeinsamen Projekten im Bereich Lebenswissenschaften und
Gesundheitsforschung interessiert sind. Es fördert interdisziplinäre
Spitzenforschung und ihre Anwendung im Sinne des "One Health"-Konzeptes,
verlinkt institutsübergreifend Expertise in verschiedenen Themenfeldern,
z. B. Biologie, Immunologie, Gesundheitswesen, Medizin, Landwirtschaft,
Ernährungs-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und stärkt die Brücken
zwischen Forschung und Anwendung, z. B. zwischen Labor, Klinik, Wirtschaft
und gesellschaftlichen Akteuren. Im Bereich der Phagenforschung bietet das
FZG an, als die nationale Kontaktstelle für Phagenforschung und deren
Anwendung zu fungieren. Mehr Infos unter https://health.uni-
hohenheim.de/phagen

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Startschuss für den Weltkongress der Psychiatrie in Berlin Internationaler Gipfel der psychischen Gesundheit beginnt am Sonntag, den 8. Oktober in der Messe Berlin.

300 Millionen Menschen leiden weltweit an Depressionen, 47 Millionen sind
an Demenz erkrankt und 21 Millionen von Schizophrenie betroffen:
Psychische Erkrankungen stellen heute eine der größten gesundheitlichen
Herausforderungen für die Gesellschaft dar. Ab Sonntag setzt der
Weltkongress der Psychiatrie deshalb zu einem umfassenden Überblick über
die aktuellen Entwicklungen in der Forschung und Versorgung an. Neben
internationalen Top-Forschern sind auch Betroffene und Angehörige aktiv an
der Programmgestaltung beteiligt.

Nahezu 50 Prozent der Bevölkerung leiden im Laufe ihres Lebens an einer
behandlungsbedürftigen psychischen Störung. Damit ist nicht nur ein großer
Leidensdruck für die Betroffenen verbunden, diese Statistik geht auch mit
erheblichen sozioökonomischen Effekten einher: In Europa betragen die
Kosten, die durch psychische Erkrankungen entstehen, mehr als 450
Milliarden Euro im Jahr, Schätzungen gehen von weltweiten Kosten in Höhe
von 2,5 Billionen US-Dollar aus. Doch trotz der immensen Bedeutung der
psychischen Gesundheit ist die Versorgungslage in vielen Teilen der Welt
prekär: Die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in einem Land mit einem oder
weniger Psychiater pro 200.000 Einwohner. In Entwicklungs- und
Schwellenländern erhalten bis zu 85 Prozent der Betroffenen keine
Behandlung.

Gemeinsam mit der DGPPN lädt die World Psychiatric Association (WPA)
deshalb vom 8. bis 12. Oktober 2017 zum Weltkongress der Psychiatrie nach
Berlin. Rund 10.000 Teilnehmer aus 130 Nationen werden erwartet, knapp
3000 nationale und internationale Experten sind aktiv ins
wissenschaftliche Programm eingebunden. „Das Wissen über psychische
Erkrankungen vergrößert sich rasant: Wir kommen ihren Ursachen in der
Forschung immer besser auf die Spur, mit Psychotherapie, psychosozialen
Interventionen und Medikamenten können wir heute viele Krankheitsbilder so
behandeln, dass es zu einer deutlichen Besserung kommt. Umso wichtiger ist
es, dass wir uns über diese Erkenntnisse länderübergreifend austauschen,
gemeinsam innovative Ansätze für Diagnose und Therapie entwickeln und neue
Versorgungskonzepte finden. Der gleichberechtigte Dialog zwischen
Experten, Betroffenen und ihren Angehörigen steht dabei an vorderster
Stelle“, so WPA-Präsident Dinesh Bhugra aus London.

Das wissenschaftliche Kongressprogramm mit über 900 Einzelveranstaltungen
bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen im
Fachgebiet: Thematische Schwerpunkte bilden etwa die Komorbidität von
psychischen und körperlichen Erkrankungen oder die Prävention und
Gesundheitsförderung.

„Gleichzeitig rücken wir global drängende Themen wie die soziale und
berufliche Teilhabe oder Stigmatisierung und Ausgrenzung von Betroffenen
in den Vordergrund. Ganz zentral ist dabei die Frage nach der
Selbstbestimmung der Betroffenen. Menschenrechte spielen in allen
Bereichen der psychiatrischen Versorgung eine grundlegende Rolle. Dabei
geht es aber nicht nur um Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit
oder Bewegungsfreiheit, sondern auch um unabhängige Lebensführung,
Gesundheit und angemessenen Lebensstandard“, so Dinesh Bhugra weiter.

Von Sonntag bis Donnerstag bringt der WPA XVII WORLD CONGRESS OF
PSYCHIATRY Psychiater, Psychotherapeuten, die psychiatrische Pflege,
Gesundheitsfachberufe sowie Betroffene und Angehörige zusammen. Um der
Bedeutung des Trialogs Rechnung zu tragen, hat ein internationaler Beirat
aus Betroffenen- und Angehörigenverbänden das Organisationskomitee bei der
Programmgestaltung aktiv beraten.

Psychische Erkrankungen als globale Herausforderung
Prof. Dinesh Bhugra, Präsident der World Psychiatric Association und des
WPA XVII WORLD CONGRESS OF PSYCHIATRY

Die Welt der Psychiatrie zu Gast in Berlin
Prof. Dr. Peter Falkai, lokaler Kongressrepräsentant, Mitglied im Vorstand
der DGPPN

Wie viel Zwang braucht die Psychiatrie?
Margret Osterfeld, Mitglied im Unterausschuss der Vereinten Nationen zur
Prävention von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Strafe (UN SPT), Dortmund

Angehörige in den therapeutischen Prozess einbeziehen
Janine Berg-Peer, Mitglied im Angehörigen-Beirat des WCP 2017, Mitglied im
Vorstand von EUFAMI – European Federation of Associations of Families of
People with Mental Illness

Die Situation in Deutschland: aktuelle Herausforderungen in der Versorgung
Prof. Dr. Arno Deister, Präsident der DGPPN, Chefarzt am Zentrum für
Psychosoziale Medizin am Klinikum Itzehoe

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