Stressarm durch die Weihnachtstage – wie man das Fest der Familie entspannt übersteht
Ein paar Mal werden wir noch wach, dann ist wieder Weihnachtstag. Und was
man bis dahin alles zu erledigen hat! Stress und ein schiefer Haussegen
sind bei vielen nicht fern. Aber das muss nicht sein: Prof. Dr. Marcel
Schütz von der NBS Northern Business School in Hamburg gibt Anregungen zur
weihnachtlichen Wohltemperierung.
Kaum sind alle angekommen, gibt es den ersten Ärger in der Küche. Auf
einmal schlägt eine Tür zu und wenn es ganz schlecht läuft, geht auch mal
Geschirr zu Bruch – Weihnachten ist ein Fest der Harmonie – nun ja,
zumindest in der Theorie. Praktisch kann es mal hoch her gehen und
ruckzuck ist die Stimmung im Eimer.
Prof. Dr. Marcel Schütz forscht über die Gesellschaft und ihre Formen der
Organisation. Er arbeitet derzeit auch an einem soziologischen Buch zum
Weihnachtsfest, das im kommenden Jahr erscheint. Sein Augenmerk gilt den
Beziehungen und Interaktionen rund um die Festtage. Wie bereiten sich die
Menschen auf die besondere Zeit vor, wie prägen Rituale und Erwartungen
den Umgang?
Erwartungsstau zu Weihnachten
"Zu Weihnachten gibt es eine Art Erwartungsstau. Die kurze Zeit des Festes
soll möglichst perfekt verbracht werden. Dass das mitunter anstrengend
wird, liegt auf der Hand", sagt Schütz, der für die weihnachtlichen Tage
bei und mit der Familie ein paar Anregungen gibt – gewissermaßen als
Erwartungsmanagement gegen das Risiko der häuslichen Besinnungslosigkeit.
"Allgemein kann man sagen, dass viele erstmal in diesem Fest ankommen
müssen. Und das nicht nur mit Auto und Zug nach vielleicht mehreren
Stunden Fahrt in die Heimat; ankommen auch im übertragenen Sinne". Schütz
rät dazu, sich nicht sofort mit allen Plänen und Details zu behelligen,
Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten während der Festtage einzuräumen.
"Sich nicht groß drängen und belagern, das ist schon die halbe Miete,
würde ich sagen. Gerade wenn man, wie in vielen Familien, gut und gern
eine halbe Woche aufeinander hockt."
Eben weil Familien häufig nur zu bestimmten Anlässen wie Weihnachten in
dieser ganzen Konstellation zusammenfinden, gibt es natürlich den ein oder
anderen Punkt, den man mit einzelnen Mitgliedern besprechen möchte. "Hier
muss man schauen, ob der Moment passt. Bei grundsätzlichen und politischen
Themen können naturgemäß die alters- und lebensspezifisch
unterschiedlichen Standpunkte hervortreten."
In Gesprächen auf Sicht fahren
Schütz empfiehlt kommunikativ auf Sicht zu fahren. Wenn man merkt, dass
ein Thema Irritation und Ärger auslöst – lieber umgehen bzw. konstruktiv
abmoderieren. Man könne einander am Rande, optimalerweise erst am 27.
Dezember, kurz zur Seite nehmen und Dinge persönlich klären. Selbst in der
Familie werde es zur Zumutung, wenn man alles vor allen ausdiskutiere.
"Jeder ist bemüht zu Weihnachten möglichst weihnachtlich zu funktionieren.
Anstrengend wird es, wenn man dabei gegen eigene Gefühle ankämpfen muss.
Man geht vielleicht gar nicht vollkommen gelöst und freudig in die
Feiertage, sondern trägt vielmehr etwas mit sich, das einem Gedanken
macht", so der Sozialwissenschaftler.
In vielen Familien gibt es ein ambitioniertes Besuchsprogramm. "Hinter
vorgehaltener Hand werden viele sagen: Weniger ist mehr, und können wir es
nicht etwas langsamer angehen?", weiß Schütz. Natürlich wolle man einander
nicht vor den Kopf stoßen. An Weihnachten werde jede Einsparung in puncto
eigene Präsenz schnell als Entzug von Aufmerksamkeit empfunden. Da helfe
es, Achtsamkeit im Blick auf die individuellen Bedürfnisse aufzubringen.
Basis-Rituale und "Programmdiversifikation"
Das Familienfest zeichne allerdings auch aus, dass alle zu Kompromissen
bereit sind. Sonst wäre es ja gar kein Anlass der Gemeinsamkeit. "Man kann
ein derart traditionsgetränktes Fest nicht für jeden Lebensstil und
Geschmack genau passend aufziehen. Der eine hängt an der Weihnachtsmusik,
der andere an der edlen Nordmanntanne. Die Kinder wollen Geschenke. Dem
nächsten bedeutet all das nicht ganz so viel, dafür die freien Tage, die
Gespräche und das Essen. Eine etwas oberflächliche Synchronisierung der
Emotionen und Vorstellungen ist somit ziemlich normal."
Sinnvoll sei es, sich zwanglos auf eine gute Mischung weihnachtlicher
Beschäftigungen zu verständigen. Marcel Schütz: "Beispielsweise ein paar
Basis-Rituale wie Gottesdienstbesuch, Weihnachtsessen, Spaziergang –
idealerweise natürlich mal wieder bei weißer Weihnacht – oder
Gesellschaftsspiele. Nennen wir es ,Programmdiversifikation‘ oder einfach
Abwechslung. Der eine Teil verzieht sich zum Plausch, der andere Teil
schaut einen Film. Wieder andere wollen mal joggen, um den Kopf von all
dem Kerzenduft und der Weihnachts-CD freizukriegen."
Zwischen Zauber und Nachdenklichkeit
Weihnachten, so der Gesellschafts- und Organisationsforscher Schütz,
bleibe im Kern eine ambivalente Sache. Das Fest lebe von einer gediegenen
Form, von Maß und Mitte, Ruhe und Einkehr. In einer schnellen Zeit mit
vielen gleichzeitigen Baustellen sei diese wiederkehrende Zäsur
bemerkenswert. Ein Leben lang feiere man Weihnachten, und werde es doch
immer noch nicht leid. – Eine mächtige Institution und
Gesellschaftsleistung.
"Manches in unserer Kindheitsweihnacht kann ein Leben lang in der
Erinnerung gegenwärtig bleiben. Auch dann, wenn die strahlenden Gesichter
vergangener Zeit längst nicht mehr auf dieser Welt sind." Der
Weihnachtszauber zwischen gestern, heute und morgen fasziniere die
Menschen und mache sie zugleich nachdenklich. "Somewhere in my memory – so
heißt der Titelsong des Weihnachtsklassikers ,Kevin allein zu Haus‘. Das
ist es, was viele zur Weihnacht spüren: Irgendwo in meiner Erinnerung,
irgendwo ist da etwas geblieben, das verbindet."
Schütz abschließend: "Ich denke, es kommt darauf an, dass man weiß, was
einem die Tage bedeuten. Und dass man sich nach all dem Rennen und Rasen
das ganze Jahr doch ein paar schöne, entspannte Momente gönnt, an die man
sich noch lange erinnert. Man kann mit lauter Geschenken nicht so
glücklich machen wie mit der Zeit, die man miteinander verbringt. Denn das
wird man nicht immer haben."
Prof. Dr. Marcel Schütz hat die Stiftungs- und Forschungsprofessur für
Organisation und Management an der Northern Business School in Hamburg
inne. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden die soziologische Organisations-
und Gesellschaftsforschung. E-Mail:
Ihr Ansprechpartner für die Pressearbeit an der NBS Hochschule ist Frau
Kathrin Markus (
allen Fachthemen, die unsere Wissenschaftler abdecken, unter www.nbs.de
/die-nbs/presse/pressedienst
Die NBS Northern Business School – University of Applied Sciences ist eine
staatlich anerkannte Hochschule, die Vollzeit-Studiengänge sowie berufs-
und ausbildungs-begleitende Studiengänge in Hamburg anbietet. Zum
derzeitigen Studienangebot gehören die Studiengänge Betriebswirtschaft
(B.A.), Sicherheitsmanagement (B.A.), Soziale Arbeit (B.A.), Real Estate
Management (M.Sc.) und Controlling & Finance (M.Sc.).
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Marcel Schütz,
Originalpublikation:
https://www.nbs.de/die-nbs/akt
die-weihnachtstage-wie-man-das
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