Sommerprognose IfW Kiel: Etwas Licht am Ende des Konjunkturtunnels
In Deutschland setzt laut Sommerprognose des IfW Kiel eine moderate
Konjunkturerholung ein. Im laufenden Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung
um 0,2 Prozent zulegen (Frühjahrsprognose: 0,1 Prozent). Getragen wird die
Erholung vor allem von den wieder anziehenden Exporten und dem Konsum.
Eine hohe konjunkturelle Dynamik zeichnet sich jedoch nicht ab. Für 2025
rechnet das IfW Kiel mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von 1,1
Prozent (Frühjahrsprognose: 1,2 Prozent). Die Inflationsrate dürfte sich
bei etwa 2 Prozent einpendeln, der Arbeitsmarkt zeigt sich weitgehend
robust.
„Es gibt Licht am Ende des Konjunkturtunnels. Die Zeichen mehren sich,
dass sich die deutsche Wirtschaft aus der Rezession befreien kann. Eine
wichtige Weichenstellung ist dabei die von der Europäischen Zentralbank
(EZB) eingeläutete Zinswende“, sagt Moritz Schularick, Präsident des IfW
Kiel.
Im Juni hatte die EZB die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte reduziert – zu
erwarten sind im Jahresverlauf zwei weitere Zinssenkungen um jeweils
weitere 0,25 Prozentpunkte. Die Leitzinssenkungen verbessern die
Finanzierungsbedingungen sowohl für Unternehmen als auch für private
Konsumenten, so dass die restriktive Wirkung der Geldpolitik nachlässt.
„Das Konjunkturbild einer mühsamen Erholung gewinnt an Konturen. Nach dem
Auslandsgeschäft dürfte im weiteren Jahresverlauf auch der heimische
Konsum anspringen. Unternehmensinvestitionen und Wohnbau bleiben aber
vorerst schwach. Der jetzt einsetzende Aufschwung kommt insgesamt mit
wenig Dynamik in Gang, ähnlich wie ein Fußballteam, das sich nach einer
langen Abwehrschlacht mühsam nach vorne kämpft“, sagt Stefan Kooths,
Konjunkturchef des IfW Kiel.
Deutsche Wirtschaft im Sommer 2024: Erholung kommt mühsam in Gang
(https://www.ifw-kiel.de/de/pu
sommer-2024-erholung-kommt-mue
Weltwirtschaft im Sommer 2024: Konjunkturgefälle nimmt ab (https://www
.ifw-kiel.de/de/publikationen/
-konjunkturgefaelle-nimmt-ab-3
Die jahresdurchschnittlichen Veränderungsraten des Bruttoinlandsproduktes
täuschen über die unterjährige Expansionsdynamik hinweg, die in den
Verlaufsraten von 1 Prozent (2024) und 1,2 Prozent (2025) klarer zum
Ausdruck kommt. Diese liegen oberhalb des Potenzialwachstums, das im
Prognosezeitraum auf jährlich knapp 0,5 Prozent veranschlagt wird. Demnach
nimmt die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung zu, womit die
Rezession überwunden wird und eine moderate Erholung einsetzt.
Moderate weltwirtschaftliche Expansion
Das Exportgeschäft wird angesichts der moderat expandierenden
Wirtschaftsleistung in den Abnehmerländern und dem wieder anziehenden
Welthandel voraussichtlich aufwärtsgerichtet bleiben. Alles in allem
werden die Exporte im laufenden Jahr um 0,6 Prozent und im Jahr 2025 um
2,6 Prozent steigen, nachdem sie im Jahr 2023 noch gesunken waren.
Insgesamt verringern sich die konjunkturellen Unterschiede in den
fortgeschrittenen Volkswirtschaften: Während in den USA die konjunkturelle
Dynamik etwas nachlässt, belebt sich die Wirtschaft in Europa spürbar, und
auch China verzeichnete Produktionszuwächse. Die moderate
weltwirtschaftliche Expansion dürfte sich fortsetzen, die Weltproduktion
dürfte in diesem und im kommenden Jahr um 3,2 Prozent steigen. Dabei
kurbeln steigende Reallöhne in Europa den privaten Konsum an. Im nächsten
Jahr wird die gelockerte Geldpolitik spürbar. Geopolitische Risiken,
insbesondere im Zusammenhang mit den US-Präsidentschaftswahlen, könnten
die weltwirtschaftliche Aktivität beeinträchtigen. Eine Zuspitzung von
Handelskonflikten würde die weltwirtschaftliche Aktivität belasten.
Hohe Lohnzuwächse und robuster Arbeitsmarkt schieben privaten Konsum an
Nach dem kräftigen Einbruch der Reallöhne im Jahr 2022 und nur geringen
Zuwächsen im vergangenen Jahr, ziehen sie im laufenden Jahr mit 3,4
Prozent so kräftig an wie seit über 30 Jahren nicht mehr und liegen
nunmehr leicht über dem Niveau des Jahres 2019. Für das kommende Jahr
zeichnet sich für die Erwerbstätigkeit eine Seitwärtsbewegung ab, wobei
der demografisch bedingten Angebotsverknappung noch konjunkturelle
Auftriebskräfte entgegenwirken. Im Zuge der Erholung sinkt die
Arbeitslosigkeit von 5,9 Prozent (2024) auf 5,8 Prozent (2025), nach 5,7
Prozent im vergangenen Jahr. Insgesamt stützt die Entwicklung am
Arbeitsmarkt die Masseneinkommen und in der Folge auch den privaten
Konsum, für den nach dem Rückgang um 0,7 Prozent im Vorjahr wieder
deutliche Zuwächse um 0,6 Prozent (2024) und 1,2 Prozent (2025) erwartet
werden.
Investitionen bleiben vorerst gedämpft
Die Bauaktivität ist weiterhin schwach. Der Anstieg im ersten Quartal war
vor allem der Witterung geschuldet. Auf den Unternehmensinvestitionen
lastet weiterhin eine erhöhte Politikunsicherheit. Von den Investitionen
dürften erst im kommenden Jahr expansive Impulse ausgehen, wenn sich das
Geschäftsklima der Unternehmen bessert und die Bauinvestitionen angesichts
der wieder etwas günstigeren Finanzierungsbedingungen etwas beleben.
Einnahmeseitige Konsolidierung der Staatsfinanzen
Die Ausgaben der Gebietskörperschaften werden im Prognosezeitraum spürbar
langsamer zulegen als zuletzt, jedoch wird dies durch die Mehrausgaben der
Sozialversicherungen über-kompensiert. Daher nimmt die gesamtstaatliche
Ausgabenquote trotz erster Einsparansätze weiter zu und erreicht im Jahr
2025 einen Wert von 49,5 Prozent. Die Konsolidierung erfolgt in der Summe
über die Einnahmeseite, für die sich Zuwächse von 5,3 Prozent (2024) und
4,7 Prozent (2025) abzeichnen. In Relation zur Wirtschaftsleistung sinkt
das staatliche Finanzierungsdefizit von 2,4 Prozent im Vorjahr auf 1,7
Prozent und 1,2 Prozent in den beiden Prognosejahren.
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