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Gummiwerkstoffe in Bremsbelägen wiederverwenden: TH Köln erforscht nachhaltige Verfahren

Bei der Herstellung von Fahrzeugkomponenten wie Reifen, Dichtungen und
Bremsbelägen fallen Gummiabfälle an. Diese werden nur zum Teil
wiederverwertet, der Rest wird zur Energieerzeugung verbrannt. Ein Team
vom Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln entwickelt nun
gemeinsam mit einem Industriepartner ein nachhaltigeres Verfahren, das die
Materialien für die Wiederverwertung von Bremsbelägen aufbereitet.

Laut Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V. fallen jedes
Jahr circa 800.000 Tonnen Gummiabfälle an – gut ein Viertel davon sind
Überreste von sogenannten technischen Gummiwaren wie Dichtungen oder
Pressplatten. Solche Platten werden beispielsweise in der Fertigung von
Bremsbelägen verwendet. Bei der Herstellung wird ein Gummigranulat zu
Bändern und Platten ausgewalzt oder heißgepresst, danach härtet das
Material durch Vernetzung bei erhöhter Temperatur aus. Anschließend werden
die Platten zugeschnitten und ausgestanzt.

Gummiwerkstoffe sind sogenannte Elastomere – formfeste Polymere, die sich
bei Zug- und Druckbelastung verformen können und danach wieder in ihren
Ursprungszustand zurückkehren. „Im Gegensatz zu verformbaren Polymeren wie
Thermoplaste sowie Glas oder Metall können sie aufgrund ihrer chemischen
Vernetzung nicht einfach wieder eingeschmolzen und noch einmal verwendet
werden. Denn während der Herstellung entstehen mittels der sogenannten
Vulkanisation mit Schwefel besonders stabile und flexible
Molekülvernetzungen. Das macht das Recycling schwierig“, erklärt
Projektleiterin Prof. Dr. Danka Katrakova-Krüger vom Institut für
Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln.

Um eine Wiederverwendung dennoch zu ermöglichen, muss dieser Prozess durch
die sogenannte Devulkanisation rückgängig gemacht werden. Im Laufe des
Forschungsprojekts „DeStanz“ möchte die TH Köln gemeinsam mit der
Eurobremsband GmbH ein neues Verfahren für die Stoffgruppe der Bremsbelag-
Elastomere entwickeln und erproben. „Ziel ist es, die Stanzabfälle
vollständig wiederzuverwenden. Dabei können wir auf Erkenntnisse aus
früheren Vorhaben im Bereich des Recyclings von Auto- und Fahrradreifen
sowie Gummiketten zurückgreifen“, so Katrakova-Krüger.

Mehrere Optionen kommen für die Devulkanisation infrage

Bei der Devulkanisation werden die Schwefelbindungen der Elastomere
geöffnet – eine Möglichkeit stellt das thermo-mechanische Verfahren dar.
Dabei wird das Material zunächst zermahlen, anschließend mittels zweier
Rotoren bei höherer Temperatur weiter zerrieben, wodurch die Bindungen
durch die mechanische Belastung aufbrechen. Gegebenenfalls könnten
Hilfsmittel für eine bessere Devulkanisation eingesetzt werden. „Zum
jetzigen Zeitpunkt wissen wir jedoch noch nicht, welches Verfahren sich am
besten eignet“, sagt die Projektleiterin. Fest steht hingegen, dass eine
neue Prüfmethodik zur Analyse der bearbeiteten Werkstoffe erarbeitet wird.
Die aufbereiteten Gummireste sollen vulkanisierbar sein und dem
Herstellungsprozess ohne Qualitätsverlust der Produkte wieder zugeführt
werden können.

„Wir testen das Recycling zwar am Beispiel von Bremsbelägen – die
Erkenntnisse aus dem Projekt könnten aber für die Verwertung weiterer
Gummiprodukte aus den unterschiedlichsten Branchen nützlich sein, zum
Beispiel Dichtungen, Schläuche, Dämpfungselemente, Lager, Gummiketten oder
Transportbänder. Etwa die Hälfte aller Gummiabfälle in Deutschland wird
bisher verbrannt. Bei den technischen Gummiwaren sind es sogar knapp 90
Prozent. Wir möchten diese Ressourcen dem Produktionskreislauf wieder
zuführen. Dies würde Rohstoffe einsparen, die meist aus fossilen Quellen
hergestellt werden, und somit auch Treibhausgase im Produktionsprozess
reduzieren“, berichtet Katrakova-Krüger.

Über das Projekt

Das Forschungsprojekt „DeStanz – Entwicklung eines innovativen Prozesses
zur Verwertung von Gummi-Abfällen durch Devulkanisation zur Verbesserung
der Kreislaufwirtschaft“ wird unter der Leitung von Prof. Dr. Danka
Katrakova-Krüger am Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln in
Kooperation mit der Eurobremsband GmbH umgesetzt. Die Laufzeit beträgt
zwei Jahre. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert
das Vorhaben im Rahmen des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand“
(ZIM) mit 220.000 Euro.

Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-,
Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-,
Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 23.500 Studierende
in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln
gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den
Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und
Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten
machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und
Wegbereiterin.

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Pakistan: 1,7 Millionen Afghanen müssen Land verlassen - Malteser International versorgt die Menschen in der Grenzregion medizinisch

Rund 1,7 Millionen Afghanen, die keine gültigen Papiere haben, müssen seit dem 1. November Pakistan verlassen. An der Grenze nach Afghanistan stecken hunderttausende Menschen fest und warten darauf, die Grenze passieren zu können. Der Andrang auf Flüchtlingscamps ist groß. Dort werden sie nun von Malteser International, in Zusammenarbeit mit dem Kommissariat für afghanische Flüchtlinge in der nördlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, medizinisch versorgt. Viele Afghanen leben bereits seit Jahrzehnten im Nachbarland Pakistan.

„Um die Menschen in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, haben wir Ärztinnen und Ärzte in sechs Camps geschickt, um die Geflüchteten medizinisch zu versorgen. Außerdem werden wir eine mobile medizinische Einheit entsenden“, sagt Markus Haake, Länderreferent für Pakistan und Afghanistan von Malteser International.

Seit Oktober 2022 stellt Malteser International für afghanische Geflüchtete und ihre Gastgemeinden in der nördlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa in Pakistan Basisgesundheitsdienste und die Versorgung von mangelernährten Kindern und Schwangeren sicher. Durch die Inbetriebnahme von drei Basisgesundheitsstationen in der Region, die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen für Mütter und Kinder sowie durch Gesundheits- und Hygienetrainings soll die Gesundheit und das Wohlbefinden der krisenbetroffenen Menschen verbessert werden.

Malteser International (MI) arbeitet als internationale humanitäre Hilfsorganisation. Sie ist ein Hilfswerk des katholischen Malteserordens und erfüllt besonders den Ordensauftrag "Hilfe den Bedürftigen". Der Auftrag ist es, die Gesundheit und Lebensumstände von notleidenden und vertriebenen Menschen weltweit zu verbessern. Die Organisation leistet in über 140 Projekten in 35 Ländern Hilfe für Menschen in Not, unabhängig von Religion, politischer Überzeugung, Herkunft oder Geschlecht. Christliche Werte und die humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bilden die Grundlage der Arbeit. Weitere Informationen: www.malteser-international.org 

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Neues Projekt: Stenographische Vermerke in historischen Dokumenten entziffern

Wissenschaftler wollen einen Vergil-Kommentar dechiffrieren und ein
digitales Transkriptions-Tool entwickeln

Ein digitales Werkzeug soll dabei helfen, stenographische Vermerke in
historischen Dokumenten zu entziffern. Die Entwicklung eines solchen
Tools, mit dem sich auf der Basis von Mustererkennung antik-
frühmittelalterliche Stenographie transkribieren und edieren lässt, ist
Ziel eines interdisziplinären Forschungsprojekts am Historischen Seminar
der Universität Heidelberg. Die Grundlage dafür bildet ein aus dem 9.
Jahrhundert überlieferter Kommentar zu dem römischen Dichter Vergil.
Dieser Text, der handschriftlich in einer Kurzschrift verfasst wurde, ist
weitgehend unerschlossen und soll nun dechiffriert werden. Das Projekt
unter Federführung des Heidelberger Mittellateiners Prof. Dr. Tino Licht
wird von der VolkswagenStiftung mit rund 350.000 Euro über einen Zeitraum
von 18 Monaten gefördert. Beteiligt sind auch Wissenschaftler der
Universitäten Mainz sowie Erlangen-Nürnberg.

Der Vergil-Kommentar „Vergilius Turonensis“ entstand im Skriptorium – der
Schreibstube – der Abtei St. Martin in Tours (Frankreich) und gehört heute
zum Bestand der Burgerbibliothek in Bern (Schweiz). Es ist das
umfangreichste Zeugnis der Vergil-Studien in der Zeit der „Karolingischen
Renaissance“. Diese mit einem kulturellen Aufschwung verbundene Erneuerung
ging vom Hof Karls des Großen im 8. Jahrhundert aus und hatte, so Prof.
Licht, großen Einfluss auf die mittellateinische Sprache und Literatur.
Der Vergil-Kommentar in der Berner Handschrift wurde in einer Kurzschrift
niedergeschrieben, dem in der Antike entwickelten Schriftsystem der
Tironischen Noten. „Dieses Abkürzungssystem ist äußerst komplex und daher
sind diese Texte nur sehr schwer aufzulösen“, betont der Heidelberger
Wissenschaftler, der die Abteilung Lateinische Philologie des Mittelalters
und der Neuzeit am Historischen Seminar leitet.

Die beteiligten Wissenschaftler wollen die tironischen Noten im „Vergilius
Turonensis“ nun entziffern und darauf aufbauend ein digitales Verfahren
entwickeln, mit dem sich auf der Basis der Mustererkennung komplexe
Kurzschriften transkribieren und edieren lassen. „Da diese frühe Art der
Stenographie oft individualisierte Formen annimmt oder mehrgliedrig-
komplex ist, laufen automatisierte Transkriptionsverfahren ins Leere. Wir
brauchen daher ein Tool, das bei der individuellen Arbeit an den
historischen Zeugnissen Hilfestellung leistet“, erläutert Prof. Licht.
Dieses Werkzeug soll perspektivisch darauf ausgerichtet sein, auch bei
anderen Kurzschriftsystemen eingesetzt werden zu können. „Auf diese Weise
soll es dazu beitragen, kaum lesbares Literatur- und Verwaltungsschrifttum
in wechselnden Systemen bis in die heutige Zeit zugänglich zu machen.“

An dem Projekt „Stenographie in historischen Dokumenten. Entwicklung eines
Kurzschrifttools auf Grundlage der Dechiffrierung eines Vergil-Kommentars
in tironischen Noten“ sind der Buchwissenschaftler Prof. Dr. Nikolaus
Weichselbaumer von der Universität Mainz und der Informatiker Dr. Vincent
Christlein von der Universität Erlangen-Nürnberg beteiligt.

Vom Trog auf den Teller – digital berechnet

Das BfR-Computerprogramm „ConTrans“ schätzt, wieviel von einem
unerwünschten Stoff aus einem Futtermittel in Lebensmittel übergeht

Wie lange dauert es, bis ein unerwünschter Stoff im Futtermittel im
tierischen Lebensmit-tel auftaucht? Und wie hoch ist sein Gehalt dann?
Wann ist damit zu rechnen, dass Fleisch und Eier nach der Umstellung auf
nicht verunreinigtes Futter wieder „sauber“ sind, sprich: gesundheitlich
unbedenklich? Für das Risikomanagement sind das zentrale Fragen der Le-
bensmittelsicherheit. Bisher konnten sie allein durch aufwendige Studien,
langwierige Untersuchungen von Proben und komplexe mathematische Modelle
beantwortet werden. Das nun am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
entwickelte digitale Werkzeug „Contaminant Transfer Predictor“
(„ConTrans“) kann solche Abschätzungen deutlich be-schleunigen. „Unser
Ziel ist es, dem Risikomanagement der Überwachungsbehörden und weiteren
Akteuren entlang der Nahrungskette ein digitales Werkzeug in die Hand zu
geben, das leicht zu bedienen ist und es erleichtert, Entscheidungen für
Maßnahmen im Fall einer erkannten Futtermittelkontamination schnell zu
treffen,“ sagt BfR Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.  Im Fokus
stehen derzeit Verunreinigungen (Kontaminanten) wie Dio-xine und
dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (PCB), aber auch die aktuell in
Diskussion stehenden poly- und perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Die
Vorhersage¬fähigkeit soll künftig auch auf andere relevante unerwünschte
Stoffe ausgeweitet werden. Das Pro-gramm ist unter dem Link
https://contrans.bfr.bund.de verfügbar. Die erforderlichen Zu-gangsdaten
können unter https://limesurvey-001.bfr.berlin/427925 angefordert werden.

Vorhersagemodelle beruhen auf experimentellen Daten vom Tier. Sie
simulieren mit kom-plexen mathematischen Verfahren den Übergang (Transfer)
von unerwünschten Stoffen aus Futtermitteln in Gewebe und Produkte vom
Tier. Beim Transfer geht es darum, welche Mengen eines Stoffes vom Tier
aufgenommen werden und wie sich dieser im Körper verteilt. Ebenso wird
mathematisch modelliert, wie lange er im Organismus bleibt, zu welchen
Folge-produkten er abgebaut und wie er ausgeschieden wird. Diese Prognosen
sind Bestandteil des ConTrans-Programms, das einfach zu bedienen ist.

Mit ConTrans lassen sich am Computer Vorhersagen für Szenarien entwickeln,
in denen kon-taminiertes Futter zum Einsatz in der Tierernährung gelangt
ist. Sie ersetzen zwar nicht die Futtermittel- und
Lebensmittelüberwachung, können für das behördliche Risikomanage-ment aber
wichtige Entscheidungshilfen sein. Insbesondere dann, wenn abgeschätzt
wer-den muss, ob der festgelegte Höchstgehalt einer Substanz im
Lebensmittel überschritten wird oder ob aufgrund des Gehalts
gesundheitliche Risiken nach Verzehr zu erwarten sind. Modelliert werden
können mit dem Programm derzeit Vorhersagen für Rind, Schwein und Geflügel
sowie von ihnen gewonnenen Lebensmittel wie Fleisch, Eier und
Milchprodukte im Fall einer Kontamination mit Dioxinen, dioxinähnlichen
polychlorierten Biphenylen (PCB), per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen
(PFAS) und auch einigen potenziell gesundheitsge-fährdenden pflanzlichen
Inhaltsstoffen. Das Programm wird vom BfR kontinuierlich erweitert.