Das Kino im Blauen Salon, das studentische Kino der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG), startet das Wintersemester 2025/26 mit einem neuen Programm: Das Archiv lebt!. Gezeigt werden Schätze aus dem eigenen Archiv sowie Kurzfilme aus 30 Jahren HfG-Filmgeschichte. Die Idee ist, analoge Filme nicht zu lagern, sondern auf der Leinwand lebendig werden zu lassen.
Dirigent Michael Sanderling in Aktion Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Violinistin Julia Fischer in Akion Foto Philipp Schmidli
Solistin Violine Julia Fischer, Dirigent Michael Sandeling und ihre Mitmusiker freuen sich über den Applaus Foto Vanessa Bösch
Besetzung und Programm: Luzerner Sinfonieorchester Dirigent Michael Sanderling Solistin Violine Julia Fischer Benjamin Britten (1913 ‒ 1976) Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 15 Dmitri Schostakowitsch (1906 ‒ 1975) Sinfonie Nr. 11 g-Moll op. 103 «Das Jahr 1905»
Benjamin Britten Konzert für Violine & Orchester d-Moll op. 15
Ein Werk zwischen Welten
Benjamin Brittens Violinkonzert in d-Moll op. 15 ist ein selten aufgeführtes Juwel des 20. Jahrhunderts. Entstanden am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, oszilliert es zwischen romantischer Expressivität und moderner Dissonanz. Das Luzerner Sinfonieorchester unter der Leitung von Michael Sanderling wagte sich gemeinsam mit der gefeierten Solistin Julia Fischer an dieses technisch wie emotional anspruchsvolle Werk – mit bemerkenswerter Tiefe und Feinsinn.
Einführung mit Feingefühl
Schon im ersten Satz, Moderato con moto, beeindruckte Fischer mit einem Ton von kristallklarer Präzision. Ihre Phrasierungen wirkten nie manieriert, sondern natürlich und erzählerisch. Sanderling schuf eine transparente orchestrale Struktur, die Brittens düstere Untertöne und ironische Brechungen fein ausbalancierte. Die Kommunikation zwischen Solistin und Orchester war von Anfang an sensibel und hellwach.
Virtuosität ohne Eitelkeit
Julia Fischer Pressefoto Homepage Julia Fischer
Der zweite Satz, Vivace, stellt höchste Anforderungen an Technik und Rhythmusgefühl. Fischer meisterte die teils gnadenlosen Doppelgriffe und synkopischen Passagen mit beeindruckender Leichtigkeit, ohne jemals in bloße Virtuosität abzugleiten. Ihr Spiel war stets dienlich dem Ausdruck – mit pointierter Energie, aber auch einer Prise sarkastischen Humors, ganz im Sinne Brittens.
Ein stiller Triumph im Finale
Julia Fischer Pressefoto Homepage Julia Fischer
Im letzten Satz, einer Passacaglia, zeigte sich Brittens Genie in voller Tiefe. Hier wurde die Aufführung zu einem geistigen Erlebnis: Fischer und das Orchester entwickelten eine innere Spannung, die sich erst ganz am Schluss, fast unmerklich, auflöste. Die stille Coda ließ den Saal atemlos zurück. Sanderling führte mit ruhiger Hand, nie dominant, aber stets präsent, und ließ Raum für die Solistin, sich perfekt in die dunkle Melancholie der Musik einzufühlen.
Zusammenspiel auf Augenhöhe
Violinistin Julia Fischer Foto Philipp Schmidli
Das Luzerner Sinfonieorchester zeigte sich dabei in exzellenter Form. Besonders die Holzbläser fielen durch Klarheit und klangliche Wärme auf. Auch in den komplexen Tuttipassagen gelang es dem Ensemble, Struktur und Dynamik präzise herauszuarbeiten. Es war ein durchweg kammermusikalisch geprägtes Zusammenspiel – getragen von gegenseitigem Respekt und musikalischem Verständnis.
Fischer als Erzählerin
Julia Fischer bewies erneut, dass sie zu den bedeutendsten Geigerinnen ihrer Generation zählt. Sie interpretierte Brittens Konzert nicht nur als technische Herausforderung, sondern als seelische Reise. Ihre Fähigkeit, klangliche Schönheit mit emotionaler Vielschichtigkeit zu verbinden, verlieh dem Werk eine seltene Tiefe. Besonders in den leisen Momenten zeigte sie Mut zur Zurücknahme – ein Zeichen echter künstlerischer Reife.
Ein Abend mit Nachhall
Der Applaus nach dem letzten verklingenden Ton war lang, bewegt – und völlig verdient. Diese Aufführung war mehr als nur ein musikalisches Ereignis: Sie war eine eindrucksvolle Wiederbegegnung mit einem unterschätzten Meisterwerk. Brittens Violinkonzert wurde hier nicht nur technisch gemeistert, sondern in all seiner Ambivalenz zum Leben erweckt – durch eine kongeniale Zusammenarbeit von Orchester, Dirigent und Solistin.
Für den langen stürmischen Applaus bedankte sich die Solistin schließlich mit der Sarabande in E Moll, BWV 810, von Johann Sebastian Bach als Zugabe.
Dmitri Schostakowitsch Sinfonie Nr. 11 g-Moll op. 103 «Das Jahr 1905»
Ein Klangbild der Revolution
Dmitri Schostakowitschs elfte Sinfonie ist mehr als bloße Programmmusik: Sie ist ein musikalischer Zeitzeuge. Die Aufführung des Luzerner Sinfonieorchesters unter Michael Sanderling offenbarte das Werk als emotionale Anklage und klangliche Wucht. «Das Jahr 1905» wurde nicht historisch distanziert dargeboten, sondern mit einer Dringlichkeit, die das Publikum unmittelbar in das Geschehen hineinzog.
Stille vor dem Sturm
Die Glocken für das Sturmgeläut stehen bereit Photo Philipp Schmidli
Der erste Satz, Der Palastplatz, begann in fast erstarrter Ruhe. Sanderling bewies großes Gespür für das Dehnen der Zeit. Die Streicher des Luzerner Sinfonieorchesters zeichneten mit zurückhaltendem Vibrato eine frostige Atmosphäre, fast unbeweglich und doch voller Spannung. Diese Kälte war keine bloße Klangkulisse – sie war der Atem einer erstickten Gesellschaft am Vorabend der Explosion.
Ein musikalischer Aufschrei
Mit Der 9. Januar folgte der dramatische Kern der Sinfonie: das brutale Zerreißen der Stille. Hier brillierte das Orchester in aller Wucht – donnernde Schläge, markerschütternde Trompetensignale, schrille Piccoloflöten. Sanderling hielt das Ensemble mit klarer Zeichengebung fest zusammen und steigerte die dramatische Wucht ohne Effekthascherei. Der Aufschrei wurde zur Anklage – und zur Mahnung.
Lamentieren mit Würde
Dirigent Michael Sanderling und seine Mitmusiker freuen sich über den Applaus Foto Vanessa Achermann
Im dritten Satz, In Memoriam, wandelte sich die Klangsprache zu einem tiefen Klagegesang. Die Bratschen und Celli führten den Trauermarsch mit edlem, dunklem Klang an. Hier zeigte sich Sanderlings Fähigkeit, große emotionale Bögen zu formen, ohne ins Sentimentale zu kippen. Die Musik schien still zu trauern, aber nicht zu zerbrechen – ein Zeichen innerer Stärke trotz kollektiven Leids.
Zerreißprobe der Hoffnung
Der vierte Satz, Tuschki, setzte ein letztes Fragezeichen. Hoffnung und Bedrohung wechselten sich in beklemmender Dichte ab. Das Blech triumphierte, doch der Jubel blieb hohl – ein Spuk, nicht Sieg. Das Luzerner Sinfonieorchester hielt die Spannung bis zum letzten Schlag. Sanderling entlockte der Partitur alle Ambivalenz: Triumph als Trugbild, Klang als Kommentar. Eine meisterhafte Gratwanderung.
Orchester in Hochform
Das Luzerner Sinfonieorchester zeigte sich in jeder Sekunde präsent. Besonders das Schlagwerk bestach durch Präzision und Kraft – ohne martialisch zu wirken. Die Holzbläser setzten emotionale Lichtpunkte, die Blechbläser überzeugten mit Klanggewalt und Kontrolle. Sanderling formte das Ensemble mit sicherer Hand, nuanciert und stets durchdrungen vom Geist der Partitur.
Kunst als Zeugnis
Diese Aufführung war mehr als ein sinfonischer Abend – sie war ein künstlerisches Statement. Schostakowitschs Musik, oft politisch instrumentalisiert, wurde hier als ehrliches Zeitdokument gelesen: voller Schmerz, Hoffnung, Wut und Erinnerung. Michael Sanderling und das Luzerner Sinfonieorchester machten das Werk zu einem Mahnmal in Tönen – ohne Pathos, aber mit erschütternder Klarheit.
Nachklang der Stille
Der Applaus setzte zögerlich ein – wie oft nach Musik, die nicht unterhalten, sondern aufrütteln will. Doch er steigerte sich zu lang anhaltender Anerkennung und mündete in eine partielle „Standing Ovation“. Eine Aufführung, die nicht nur musikalisch brillierte, sondern auch ethisch berührte. So wurde Schostakowitschs Elfte zu dem, was sie sein muss: ein klingendes Denkmal des Gewissens.
Schostakowitsch Werke sind meist auch für die Schlagwerker dankbar, sie, die sonst eher unauffällig, aber nicht minder wichtig, in der hintersten Reihe agieren, konnten hier mal so richtig auf die sprichwörtliche Pauke hauen, was ihnen, aber auch dem Publikum, sichtlich Spaß machte.
Ein Wirtepaar empfangt Gäste sehr freundlich in ihrem Restaurant
Ein Kellner berät Gäste sehr freundlich bei der Speiseauswahl am Tisch im Restaurant
Eine sehr freundliche Kellnerin serviert den Gästen den Wein am Tisch im Restaurant
Und es gibt sie doch, die Beizen, wo man gerne einkehrt, herzlich empfangen wird, entzückt die Speisekarte studiert – wo man wieder erkannt und auch einmal auf ein Glas eingeladen wird. Aber es gibt auch die anderen. Restaurants, die eine Unfreundlichkeit verströmen, als würden die Wirte nicht von den Gästen leben.
Lokale mit Menükarten, die beliebiger und einfallsloser nicht sein könnten.
Dabei ist es eine wundervolle Aufgabe, Gastgeber zu sein. Und es können durchaus bessere Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Gäste zufrieden nach Hause gehen und freudig wiederkommen:
Ein Wirtepaar empfangt Gäste sehr freundlich in ihrem Restaurant
Internet: Heute ist der Internet Auftritt die Visitenkarte einer Beiz, nicht nur für die Gäste, auch für Mitarbeiter, die eine neue Stelle suchen. Leider sind sie nur allzu häufig unprofessionell gestaltet. Nicht aktualisierte Websites mit Frühlingsangeboten tief im Herbst. Eine komplizierte Navigation, die dem interessierten Gast die Lust auf eine Tischreservation vergällt. Oder unattraktive Bilder, die eher abschrecken als gluschtig machen.
Telefon: Ans Restauranttelefon gehören Menschen, die den Betrieb in- und auswendig kennen. Sie sollen sich mit Namen vorstellen, eine sympathische Stimme haben und mit guten Sprachkenntnissen Auskunft geben können.
Empfang der Gäste: Wer zu Hause Freunde empfängt, scheut meist keinen Aufwand. Das sollte auch der Massstab für eine Beiz sein. Es gibt solche Orte, die das Gefühl vermitteln, willkommen zu sein. Beizen mit Mitarbeitern, die Menschen sind und einen Namen haben. Die sich persönlich vorstellen oder – wie kürzlich in einer Luzerner Landbeiz – ein Begrüssungskärtli mit ihrem Namen auf den Tisch legen. Leider erlebt man aber auch Dinge, die einen sprachlos zurücklassen: Kürzlich wollte ein Freund in einem renommierten Restaurant eine Hunderternote wechseln. Die Antwort: «Wir sind doch keine Wechselstube.»
Freundlichkeit ist nur beschränkt lernbar – im Grunde ist sie Herzenssache. Einen griesgrämigen Gast zufriedenstellen zu können, ist Kunst und Herausforderung zugleich.
Ein Kellner berät Gäste sehr freundlich bei der Speiseauswahl am Tisch im Restaurant
Am Tisch: Im Restaurant möchte man es noch etwas schöner, gediegener und spezieller haben als zu Hause. Sonst kann man getrost auf den Ausgang verzichten. Oft vergessen Gastgeber, dass die Gäste heute kulinarisch besser gebildet sind als noch in den Siebzigerjahren. Das heisst, dass die Servierenden die Kenntnisse der Gäste respektieren und nur dann beratend «eingreifen», wenn sie spüren, dass der Gast es wünscht. Romane am Tisch erzählen ist out, erläutern, was auf dem Teller liegt, dagegen erlaubt.
Eine sehr freundliche Kellnerin serviert den Gästen den Wein am Tisch im Restaurant
Man darf auch fragen, ob der Gast die Erklärung wünscht oder eben nicht. Wichtig ist, dass die Harmonie zwischen Service und Küche spürbar ist. Die Zusammenarbeit von Küche und Service ist für den Gast von grosser Bedeutung, aber auch für das Selbstwertgefühl des Teams.
Eine sehr freundliche Kellnerin serviert den Gästen die Getränke am Tisch im Restaurant
Speisekarten: Auf meinen Beizenbummelgängen habe ich den Eindruck bekommen, dass die Köche langsam begreifen, dass ellenlange Speisekarten nicht mehr das Wahre sind. Sowohl für die Gäste, die bei der Qual der Wahl schlicht überfordert sind, wie auch für die Servierenden, die dann das Wunschkonzert der Gäste in die Küche übermitteln. Das kann in einem «Service-Tohuwabohu» enden. Zudem schätzen Gäste heutzutage frische Produkte und möchten nicht mit Convenience-Food abgespeist werden.
Ein Wirtepaar verabschiedet Gäste sehr freundlich und dankbar in ihrem Restaurant
Weniger also ist in der Regel mehr. Sich als Beizer auf etwas spezialisieren, ist eine sinnvolle Lösung. erfolgreiche Beispiele dafür gibt es genug. Oder wiewäre es, einmal mit den Stammgästen ein «Brainstorming» durchzuführen, um so aus erster Hand zu erfahren, was ihr Begehr ist?
Ein Wirtepaar verabschiedet Gäste sehr freundlich und dankbar in ihrem Restaurant
Hauptgänge: Meine Behauptung in einer Tageszeitung, dass eine Generation von Köchen zu Dekorateuren ausgebildet wurde und viele dabei das Kochen verlernt hätten, hat die Branche aufgerüttelt. Alles, was vom Wesentlichen ablenkt, stört. Was haben wir von einem Weinbraten, der hypermodern mit Spurenelementen von Gemüse und Beilage angerichtet ist, der aber von einer Sauce ohne Wein und Körper begleitet ist? Dafür da noch ein Klacks mit eingedicktem Balsamico und dort noch eine Kapuzinerblüte.
Oder ein verwelktes Sträussli Peterli, das dann sowieso im Schweinekübel landet. Alle Achtung hingegen vor Köchen, die sich auf die Zubereitung, das Dekorieren und Tüfteln gleichermassen verstehen.
Kinder von heute sind Gäste von morgen
Die sehr freundliche Servicebrigade verabshiedet zufriedene Gäste im Restaurant
Fantasieloser könnten «Kindermenüs» heute vielerorts nicht daherkommen. Pappige Nuggets mit roter Sauce oder «Coupe Bambi» im viel zu hohen Glas, sodass das Kind auf dem Stuhl knien muss, um an seine Glace zu gelangen. Am besten lädt man eine Kindergärtnerin mit Kindern in den Betrieb ein und fragt die Kleinen direkt, was sie mögen. Degustationen von Naturprodukten sind ebenfalls eine Idee, Kinder mit Essen glücklich zu stimmen.
Weinpreise
Jahrelang hat man dem Wirtevolk eingetrichtert, die Preise für das Essen tief zu halten und mit den Weinen die
Die sehr freundliche Servicebrigade verabshiedet zufriedene Gäste im Restaurant
entgangenen Margen querzusubventionieren. Eine folgenschwere Sünde. Heute weiss jeder Gast, was die Lebensmittel kosten, und ist auch bereit, für eine tolle Küchenleistung zu bezahlen. Der Erfolg derjenigen Berufskollegen, die die Menüpreise leicht erhöhen, die Weinpreise aber moderat halten, zeigt, dass die Preisgestaltung in diese Richtung gehen sollte.
So gäbe es noch vieles zu überdenken in der Gastroszene. Hahnenwasser: gratis oder nicht? Wie ist die Kaffee- und Teekultur hochzuhalten?
Viele Wirte haben von den «Goldenen Zeiten» in den Neunzigerjahren zu Recht profitiert. Wer hätte damals
Ein Wirtepaar verabschiedet Gäste sehr freundlich und dankbar in ihrem Restaurant
gedacht, dass es wieder einmal anders kommen könnte? Und wenn die Menschen aus Spargründen nicht mehr so oft auswärts essen, steigen die Ansprüche erst recht. Gäste gehen dorthin, wo sie freudvoll bedient werden. Wo Gastgeber statt Gastnehmer anzutreffen sind. Freundliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Wohlfühlerlebnis beitragen und wo Preis und Leistung stimmen.
Besetzung: Stephan Eicher, vocals/guitar – Noemi Von Felten, harp – Reyn, piano & Swiss Orchestra directed by Lena-Lisa Wüstendörfer
Ich hatte schon 2 3 mal das Vergnügen, den Bern- französischen Chansonnier live zu erleben und auch das, für seine Aufführung von Werken vergessener Schweizer Komponisten bekannte Residenzorchester von Andermatt MusicMusic, das Swiss orchestra hab ich schon ebenso viele Male live erlebt. Umso gespannter war ich natürlich ob, und wenn wie, das Ganze im Zusammenspiel funktionieren würde.
Ein poetischer Schulterschluss zwischen Chanson und Klassik
Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer zeigt wohin es geht
Im Konzertsaal des KKL Luzern verschmolzen an diesem lauen Frühsommerabend zwei Klangwelten, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten: Stephan Eicher, der charismatische Schweizer Chansonnier, traf auf das Swiss Orchestra unter der Leitung von Lena-Lisa Wüstendörfer. Das Ergebnis: ein Konzertabend von seltener atmosphärischer Dichte und stilistischer Eleganz.
Eicher als Grenzgänger – stets auf der Suche
Stephan Eicher Pressefoto
Zum Start ins Set Eichers ertönt Si tu veux (Que je chante).Stephan Eicher ist ein musikalischer Grenzgänger, der seit Jahrzehnten, ohne „Hemmige“, mit stilistischen Grenzen spielt. Ob Rock, Pop, Chanson oder elektronische Experimente – seine Kunst lebt von der Neugier. Im KKL zeigt er sich erneut als Suchender, diesmal mit orchestraler Begleitung. Mit sanfter Stimme, Gitarre in der Hand, betritt er die Bühne – zurückhaltend, begleitet von Pianist und Arrangeur Reyn Ouwehand und Noémi von Felten (Harfe), fast schüchtern, und doch sofort präsent. Nachdem sie sich platziert hatten, bat der Berner die Musiker*innen des Swiss Orchestra dazu.
Orchesterfarben mit feinem Pinselstrich
Swiss Orchestra Residenzorchester Andermattmusic
Das Swiss Orchestra, dirigiert von Lena-Lisa Wüstendörfer, agiert nicht als Begleitung, sondern als atmender Organismus. Die Arrangements – klug und feinfühlig – umhüllen Eichers Songs mit pastellfarbenem Klang. Nie wird es pathetisch oder überladen; die orchestrale Fassung verstärkt die Poesie seiner Texte. Besonders in „Déjeuner en paix“ oder dem Guggisberglied entsteht ein spannungsreicher Dialog zwischen Stimme und Streichertexturen.
Dann spielt mal das Orchester allein ein Werk, dann wiederum die Combo um den Chansonnier.
Kammermusikalische Inseln der Intimität
Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer
Mitten im sinfonischen Rahmen schaffen kleinere Besetzungen kammermusikalische Momente. Noemi Von Felten an der Harfe verleiht einigen Songs eine fast ätherische Qualität. Die Harfe gleitet wie ein silberner Faden durch das Klanggewebe – nie dominant, aber stets hörbar. Reyn am Klavier wiederum bringt durch seine reduzierte, pointierte Spielweise eine intime Direktheit ein, die Eichers Lyrik Raum gibt. Ab und zu führt Dirigentin Wüstendörfer ihr Orchester sanft als akustischen Teppich dazu, was ein voluminöseres Klangbild schafft, aber des Barden Band nie in den Hintergrund verdrängt, sondern perfekt unterlegt.
Ein Dirigat der Sensibilität
Konzertmeister und Solist Sherniyaz Mussakhan
Lena-Lisa Wüstendörfer führt das Orchester mit kontrollierter Energie und feinem Gespür für Dynamik. Ob ein Werk des Genf Amerikaners George Templeton Strong oder die Cavatina von Joachim Raff ( Solovioline Konzertmeister Sherniyaz Mussakhan), sie bleibt in engem Austausch mit Eicher, balanciert zwischen Begleitung und Kontrapunkt, zwischen Zurückhaltung und Ausdruck. Ihr Dirigat wirkt wie ein Dolmetscher zwischen zwei musikalischen Sprachen – dem Chanson mit seiner narrativen Dichte und der Klassik mit ihrer strukturellen Tiefe.
Zwischen Melancholie und Ironie
Stephane Eicher Pressefoto Festival
Eichers Songs changieren mühelos zwischen Melancholie und feinem Humor. Seine kleinen Moderationen zwischen den Liedern – auf Französisch, Deutsch, manchmal auf Berndeutsch – sind charmant, augenzwinkernd und nie aufdringlich, aber teilweise leider nur sehr schwer verständlich, da es eher eine Art Selbstgespräche waren. Ab und zu erläuterte auch Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer kurz etwas zu den, vom Orchester gespielten Werken, so zum Beispiel, dass die vom jungen Konzertmeister und Soloviolinist Herniyaz Mussakhaninterpretierte „Cavatina“ von Komponist Joachim Raff: 6 Morceaux op. 85, Nr. III Cavatina,auch auf der untergehenden Titanic gespielt worden sein soll.
Licht und Raum: eine Inszenierung der Stille
Stephan-Eicher
Die Lichtregie des Abends verzichtet auf große Effekte und konzentriert sich auf eine ruhige, warme Ausleuchtung. Dadurch entsteht ein meditativer Raum, in dem selbst Pausen und Atemzüge Bedeutung bekommen. Das KKL, ohnehin ein akustisches Juwel, wird zur Klangkathedrale – jeder Ton, jedes Flüstern erhält Gewicht. Es ist ein Konzert der leisen Töne, das dennoch intensiv nachhallt.
Das Publikum im ausverkauften Saal lauscht mit seltener Konzentration. Zwischen den Stücken herrscht mitunter eine Stille, die fast körperlich spürbar ist – ein Zeichen tiefen Zuhörens. Am Ende, nach Eichers Version der heimlichen Urner Nationalhymne „Zoge am Boge“, wofür er, als gebürtiger Berner, mit dem Urner Dialekt, eine Fremdsprache lernen musste, wie er launisch bemerkte, jedoch brandet tosender Applaus auf. Standing Ovations bei denen kräftig „De Landamme tanzet“ mitgesungen wurde, nicht als Routine, sondern als echtes Zeichen der Berührung.
Fazit: Ein musikalisches Wagnis mit leuchtendem Kern
Stephan Eicher und das Swiss Orchestra geniessen den Schlussapplaus und die Standing Ovation
Dieses Konzert war kein gewöhnliches Pop-meets-Classic-Projekt, keine plumpe Fusion zweier Genres, sondern ein fein austariertes musikalisches Gespräch. Es zeigte, wie sich Liedkunst und orchestrale Klangsprache gegenseitig beflügeln können, wenn sie sich mit Respekt begegnen. Stephan Eicher und das Swiss Orchestra bewiesen eindrücklich, dass Musik dann am stärksten ist, wenn sie nicht laut wird, sondern wahrhaftig.
Gut möglich, dass eingefleischte Eicher-Fans nicht wirklich überzeugt waren von diesem Genre Mix, aber sie wussten ja auch im Voraus, dass es nicht ein reines Eicher Konzert würde. Trotzdem ein schöner, ganz spezieller Konzertabend, der bei den begeisterten Besuchenden noch lange nachhallen wird.