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Neue Web-Plattform zur Planung der Hochwasservorsorge in Städten

Elbe-Hochwasser 2006 bei Meißen  U. Hermann
Elbe-Hochwasser 2006 bei Meißen U. Hermann

Mit SaferPlaces lassen sich - basierend auf Open-Data und Berechnungen in
der Cloud - Gefahren abbilden und die Effekte von Schutz- und
Vorsorgemaßnahmen abschätzen. So können Szenarien bereits in
Planungssitzungen online durchgespielt und diskutiert werden.

Starkregen und Hochwasser machen zurzeit – wie schon im vergangenen Winter
– Schlagzeilen. Überschwemmungen wie diese, aber auch steigende
Meeresspiegel und Sturmfluten stellen – in Bezug auf die wirtschaftlichen
Schäden – zusammen mit Stürmen die größte Naturgefahr dar und können auch
Leib und Leben bedrohen. SaferPlaces, ein neuer Webservice zur
Überflutungsvorsorge, soll Städte und Gemeinden künftig dabei
unterstützen, gefährdete Bereiche zu identifizieren sowie Schutz- und
Vorsorgemaßnahmen systematisch und effizient zu planen, etwa an Gebäuden,
Deichen oder durch Schaffung von Versickerungsflächen. Das interaktive
Online-Tool wird im Rahmen der EU-Initiative Climate-KIC unter Mitwirkung
des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ Potsdam entwickelt und ist bereits
als Prototyp abrufbar. Es stützt sich auf offene Daten und basiert auf
neuen klimatischen, hydrologischen und hydraulischen, topografischen und
ökonomischen Modellierungstechniken.

Mit dem fortschreitenden Klimawandel nehmen extreme Wetterereignisse zu
und machen die Überflutungs- und Hochwasservorsorge auch in vielen
Regionen Europas zu einer Daueraufgabe. In den dicht besiedelten Städten
und Gemeinden ist das Schadenspotenzial besonders hoch. Informationen über
das Ausmaß, die Häufigkeit und die Folgen von Überschwemmungen werden zu
einer wesentlichen Grundlage für die Stadtplanung. Damit die Kommunen
gezielt und effizient Maßnahmen zum Schutz und zur Vorsorge planen können,
wurde im Rahmen des dreijährigen EU-Projektes SaferPlaces ein Web-
basiertes Werkzeug hierfür entwickelt. Unter Leitung des Consulting-
Unternehmens GECOSistema sind daran neben dem GFZ noch drei weitere
Forschungseinrichtungen bzw. Universitäten beteiligt sowie drei weitere
Unternehmen und die drei Pilot-Städte Köln (D), Rimini (Italien) und
Pamplona (Spanien).

Webservice zur Online-Planung zum Hochwasserschutz

„Das Besondere an unserem System ist der Plattformgedanke“, sagt Kai
Schröter, der das Projekt am GFZ leitet. „Die Auswirkungen von Maßnahmen
lassen sich auf unserer Plattform unmittelbar berechnen und darstellen,
von der Ausbreitung des Wassers bis hin zu den entstehenden Schäden.
Entsprechende Szenarien können so beispielsweise von den multi-
disziplinären Teams direkt in Planungssitzungen durchgespielt und
diskutiert werden.“ In Köln haben bereits Anwenderworkshops stattgefunden
mit den Stadtentwässerungsbetrieben, Hochwasserschutzbehörden und
Versicherern.

Damit das so schnell und unkompliziert funktioniert, finden alle
Berechnungen in der Webcloud statt: Die Nutzer*innen benötigen keine extra
Software sondern nur einen Browser, über den sie die verfügbaren Daten
eingeben. „Damit wollen wir explizit auch kleinere Städte und Gemeinden
ansprechen und unser Werkzeug in vielen Ländern und Städten nutzbar
machen“, betont Schröter.

Allgemein verfügbare Daten als Basis

Die Berechnungen basieren auf Open Data, also auf allgemein verfügbaren
Datensätzen wie flächendeckende Geländehöhen, Wasserständen von Flüssen
und Meer, Regenmengen und deren Häufigkeit, Durchflussmengen in Flüssen
sowie den kurz- wie langfristigen Prognosen, die es bereits für die
nächsten zwei bis drei Jahrzehnte hierfür gibt. Dazu kommen Informationen
über die Landschafts- und Infrastruktur der jeweiligen Regionen.

Abbildung von Gefahren und Planung von Maßnahmen

Zunächst lassen sich so die Gefahren abbilden: Wo entstehen die größten
Schäden? Wohin breitet sich das Wasser aus, wenn Starkregen fällt, Flüsse
über die Ufer treten oder der Meeresspiegel steigt? Welche Gebäude und
Infrastrukturen werden wie stark betroffen? Mit welchen Schäden ist zu
rechnen?
Auf dieser Basis können dann Maßnahmen geplant werden. Sie reichen von
Umbauten an bestehenden Gebäuden wie erhöhte Zugangsschwellen und
abgedichtete Kellerfenster und -zugänge über neue oder verbesserte Deiche
und Hochwasserschutzschilde bis hin zur Schaffung von Versickerungsflächen
wie tiefliegenden Parks und Grünflächen, die notfalls wochenlang
überflutet bleiben können.

Nutzerfreundlichkeit Dank vereinfachter Berechnungsansätze

Damit die Auswirkungen der Maßnahmen auf der Plattform direkt
durchgespielt werden können, haben die Forschenden – im Gegensatz zu
bestehender Software und Modellierungssystemen – hier explizit
vereinfachte Berechnungsansätze verfolgt. Um den Rechenaufwand gering zu
halten, mussten sie Algrorithmen entwickeln, die möglichst wenig
Rechenkapazität benötigen.

Forschende am GFZ modellieren Schäden an der Infrastruktur

Während andere Projektpartner die Überflutungsflächen unter
Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten wie der Topographie, also
der Form der Landschaft modelliert haben, stand im Fokus der GFZ-Forschung
die Schadenmodellierung an den Gebäuden. Hierfür wurden zusätzlich
Informationen über die Art der Flächennutzung, Gebäudetypen wie
Einfamilienhaus oder Gewerbe, aber auch über die sozioökonomischen
Eigenschaften der Einwohnerschaft wie deren Einkommensniveau
berücksichtigt. „Da wir probabilistische Modelle nutzen, können wir auch
die Unsicherheit beschreiben, die mit den Vorhersagen verbunden ist“,
betont Schröter.

Die erste Phase des Projektes ist im Juli zu Ende gegangen. „Die drei
ursprünglichen Pilotanwendungen laufen und sind schon ziemlich weit
ausgereift, auch hinsichtlich der Nutzerfreudlichkeit“, resümiert
Schröter. Mittlerweile sind mit Fuenlabrada und Coslada (Spanien), Mailand
und Ceriva (Italien), sowie Byronbay (Australien) weitere Fallstudien
hinzugekommen. Auch eine globale Anwendung für die Überflutungsberechnung
ist inzwischen verfügbar.

Weitere Entwicklungen

Künftig soll eine kommerzielle Nutzung etabliert werden, beispielsweise
über den Erwerb von Lizenzen.
Mitte Juli wurde SaferPlaces nach erfolgreicher Projektskizze eingeladen,
sich bis Oktober mit einem Vollantrag auf Förderung aus dem EIC Accelerate
programme zu bewerben. Damit unterstützt die EU Projekte darin, zur
Marktreife zu gelangen.

Die Projektpartner

Zum internationalenen Konsortium unter der Leitung von GECOSistema gehören
das CMCC - Euro-Mediterranean Centre on Climate Change, das Helmoltz
Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ (Sektion Hydrologie),
die Universität Bologna, die Technische Universität Madrid und MEEO
Meteorological Environmental Earth Observation.

Die Finanzierung

Das Projekt wurde bis Juli 2021 über drei Jahre vom EIT Climate-KIC
gefördert, eine Wissens- und Innovationsgemeinschaft (KIC – Knowledge and
Innovation Community), die daran arbeitet, den Übergang zu einer
kohlenstofffreien, klimaresistenten Gesellschaft zu beschleunigen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Projektwebsite:
www.saferplaces.co
Der Prototyp des Web-Service ist erreichbar unter: platform.saferplaces.co
(optimiert für Chrome bzw. Chromium Browser)

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Italienische Höhlensalamander in Deutschland?

ein Individuum der kleinen Population von Höhlensalamandern im Weserbergland/Solling, Niedersachsen. Die Tiere wurden jetzt sowohl durch genetischen Nachweis als auch aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds als Speleomantes italicus bestimmt.  Carl-Henning Loske
ein Individuum der kleinen Population von Höhlensalamandern im Weserbergland/Solling, Niedersachsen. Die Tiere wurden jetzt sowohl durch genetischen Nachweis als auch aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds als Speleomantes italicus bestimmt. Carl-Henning Loske

Nicht-einheimische Arten zählen zu den Hauptproblemen für den Verlust der
Artenvielfalt. Unter den Amphibien sind es vor allem einige nicht-
einheimische Froschlurche (z.B. Aga-Kröte oder Afrikanischer
Krallenfrosch), die großen negativen Einfluss auf fremde Ökosysteme nehmen
können. Für Schwanzlurche, also Molche und Salamander, sind nur wenige
Fälle bekannt, in denen diese in andere Ökosysteme verschleppt oder
ausgesetzt wurden. Seit 2013 ist bekannt, dass es eine kleine Population
von Höhlensalamandern im Weserbergland/Solling, Niedersachsen gibt. Jetzt
ist die Art sowohl durch genetischen Nachweis als auch aufgrund des
äußeren Erscheinungsbilds als Speleomantes italicus bestimmt.

Konkurrenz mit einheimischen Amphibien oder andere negative Auswirkungen
der Art auf die heimische Fauna konnten bisher nicht nachgewiesen werden.
Da Höhlensalamander nicht in Deutschland einheimisch sind, ist ein
zukünftiges Monitoring der Population notwendig.

Die Höhlensalamander der Gattung Speleomantes sind endemisch in Frankreich
und Italien zu finden. Drei der Arten kommen entlang der Apenninen auf dem
europäischen Festland vor, während die anderen fünf Arten auf Sardinien
verbreitet sind. Trotz des Trivialnamens Höhlensalamander sind die
Schwanzlurche nicht auf diese beschränkt und bewohnen auch andere Habitate
wie Minen oder Felsspalten, in denen ganzjährig ein dauerfeuchtes und
kühles Klima herrscht. Dieses Mikroklima ist von Nöten, da
Höhlensalamander zu den Lungenlosen Salamandern (Plethodontidae) gehören
und sie den benötigten Sauerstoff durch die Haut aufnehmen.

Seit 2013 ist bekannt, dass es eine kleine Population von
Höhlensalamandern im Weserbergland/Solling, Niedersachsen gibt. Da die
acht Arten der Höhlensalamander rein äußerlich jedoch äußerst ähnlich und
daher schwer zu bestimmen sind, war die genaue Artzugehörigkeit der
dortigen Tiere unbekannt und auch weitere Untersuchungen fehlten. So war
auch unklar, ob es sich um eine sich reproduzierende, etablierte
Population handelt oder ob es nur einige wenige Tiere sind, die dort seit
mehreren Jahren überlebt hatten. Aus diesem Grund besuchten die Biologen
Philipp Ginal vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
(Herpetologie) und Carl-Henning Loske (Ingenieurbüro Loske) die
Untersuchungsfläche in Niedersachsen mehrfach, um möglichst viele
Höhlensalamander auch fotografisch zu dokumentieren.

Im Herbst letzten Jahres konnten die Forscher insgesamt 70 verschiedene
Individuen von Höhlensalamandern entdecken und fotografieren. Drei der
Tiere konnten auch an einem zweiten Fangtermin gefunden werden. Loske
erklärt: „Da Höhlensalamander ein sehr komplexes und individuell
einzigartiges Farbmuster aufweisen, ist die Identifikation von einzelnen
Individuen möglich“. Zusammen mit den Kollegen Dennis Rödder vom Leibniz-
Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (Herpetologie) und Thomas
Hörren von der Universität Duisburg-Essen schätzten die Forscher die
Populationsgröße, also die Zahl der einzelnen Tiere, mittels sogenannter
Fang-Wiederfang-Modelle. „Laut unserer Ergebnisse umfasst die deutsche
Population zwischen 170 und 485 Tieren und ist damit deutlich größer als
bisher angenommen. Der Minimalwert von 170 ist allerdings als eher
unrealistisch zu betrachten und so gehen wir von deutlich mehr Individuen
aus“ erläutert Ginal.

Weiterhin wurde eine erst kürzlich veröffentlichte, umfangreiche Foto-
Datenbank verwendet, um eine erste morphologische Bestimmung der Art
vorzunehmen. Die verwendete Fotodatenbank umfasst mehr als 1000 Bilder
aller Höhlensalamander-Arten aus verschiedenen lokalen Populationen.
„Zudem zeigte der umfassende fotografische Abgleich mit der Datenbank,
dass von den acht bekannten Arten lediglich Populationen der Art
Speleomantes italicus mit den deutschen Tieren identisch sind. Diese Art
kommt im nördlichen und zentralen Apennin vor“ schildert Rödder.

Mittlerweile konnten Kollegen an der Universität Braunschweig die
Artzugehörigkeit durch genetische Untersuchungen bestätigen. Beide
Forscherteams konnten während ihrer Feldarbeit auch mehrere Jungtiere
sowie ein trächtiges Weibchen der Art nachweisen und somit den definitiven
Beweis für die Reproduktion belegen. Da Höhlensalamander nicht in
Deutschland einheimisch sind, ist ein zukünftiges Monitoring der
Population notwendig. Bisher ist die dortige Population jedoch auf eine
Felswand von etwa 40 m Länge beschränkt. Konkurrenz mit einheimischen
Amphibien oder andere negative Auswirkungen der Art auf die heimische
Fauna konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Manchmal wurden die
Höhlensalamander sogar zusammen mit den heimischen Feuersalamandern oder
Bergmolchen in derselben Felsspalte gefunden.

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Robotisch gewickeltes Naturfasergebäude

livMats Pavillon: Innenansicht.  IntCDC, Universität Stuttgart / Robert Faulkner
livMats Pavillon: Innenansicht. IntCDC, Universität Stuttgart / Robert Faulkner

Der „livMats Pavillon“ im Botanischen Garten der Universität Freiburg ist
ein Modell für nachhaltiges Bauen
Das Bauwesen steht derzeit vor den Herausforderungen, künftig weniger
Ressourcen zu verbrauchen und dadurch auf eine nachhaltige Entwicklung
umzustellen. Hierfür bedarf es neuer ressourceneffizienter Ansätze in der
Architektur bezüglich des Einsatzes von nachwachsenden Rohstoffen. In
einem gemeinsamen Projekt haben Forschende der Universitäten Freiburg und
Stuttgart sowie Masterstudierende der Universität Stuttgart einen
Leichtbau-Pavillon entworfen. Mit diesem – nach dem Freiburger
Exzellenzcluster Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems
(livMatS) benannten – „livMatS Pavillon“ im Botanischen Garten der
Universität Freiburg präsentiert das Team ein Modell für eine nachhaltige,
ressourceneffiziente Alternative zu konventionellen Bauweisen. Der
Pavillon veranschaulicht, wie durch eine Kombination von natürlichen
Materialien mit fortschrittlichen digitalen Technologien eine einzigartige
bioinspirierte Architektur ermöglicht wird. Die tragende Struktur des
Pavillons besteht aus robotisch gewickelten Flachsfasern, einem von Natur
aus nachwachsendem und biologisch abbaubaren Material.

Effizienter Leichtbau mit Naturfasermaterialen

Im Gegensatz zu Glas- oder Kohlestofffasern und auch zahlreichen anderen
Naturfasern sind Flachsfasern regional verfügbar und wachsen in jährlichen
Erntezyklen. Sie sind zu 100 Prozent erneuerbar, biologisch abbaubar und
bieten daher eine hervorragende Grundlage für die Entwicklung
ressourcenschonender Alternativen in der Bauindustrie. Sie haben das
Potenzial, insbesondere in Kombination mit effizientem Leichtbau, den
ökologischen Fußabdruck von Gebäuden deutlich zu reduzieren. Aus diesen
Gründen sind die tragenden Elemente des „livMatS Pavillons“ aus
Flachsfasern hergestellt.

Integratives computerbasiertes Design und robotische Fertigung

„Faserverbundwerkstoffe weisen ein hervorragendes Verhältnis von
Festigkeit zu Gewicht auf“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers, Institut
für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) und Co-Sprecher
des Exzellenzclusters Integrative Computational Design and Construction
for Architecture (IntCDC) der Universität Stuttgart. „Diese Eigenschaft
bietet eine ausgezeichnete Basis für die Entwicklung innovativer,
materialeffizienter Leichtbaustrukturen.“ Konzentrierte sich die Forschung
bisher auf synthetisch hergestellte Faserverbundstoffe wie zum Beispiel
Glas und Kohlestofffasern, so erweitert sich mit dem „livMatS Pavillon“
das Materialsystem um den Einsatz von Naturfasern.

„Im Hinblick auf das computerbasierte Design, die Arbeitsabläufe der
robotischen Fertigung sowie die Maschinensteuerung, stellten die
Naturfasern und ihre biologische Variabilität uns Forschende vor neue
Herausforderungen“, sagt Prof. Achim Menges vom Institut für
Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und Sprecher des
Exzellenzclusters IntCDC der Universität Stuttgart. Denn die Prozesse
wurden ursprünglich für synthetische, homogene Materialien entwickelt und
mussten nun auf die Materialeigenschaften der Flachsfasern übertragen
werden. Die Anpassung des integrativen computerbasierten Modells
ermöglichte es, diese heterogenen Materialeigenschaften in Entwurf und
Planung der einzelnen Komponenten sowie der Gesamtstruktur einzubeziehen.

Bioinspiration: Natur als Vorbild

Die Forschenden ließen sich in der Entwicklung des Pavillons von der Natur
leiten. Als Inspiration für die netzförmige Anordnung der Naturfasern und
der kernlosen Wicklung der Bauteile des Bionik-Pavillons dienten der
Saguaro-Kaktus (Carnegia gigantea) und der Feigenkaktus (Opuntia sp.).
Beide Kakteen zeichnen sich durch ihre besondere Holzstruktur aus. Der
Saguaro-Kaktus verfügt über ein zylinderförmiges Skelett, das innen hohl
und dadurch besonders leicht ist. Es besteht aus einer netzartigen
Holzstruktur, die dem Skelett zusätzlich eine besondere Stabilität
verleiht. „Diese Struktur entsteht, indem die einzelnen Elemente
miteinander verwachsen“, erläutert Prof. Dr. Thomas Speck, Direktor des
Botanischen Gartens und Mitglied des Sprecherteams des Exzellenzclusters
Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS) der
Universität Freiburg. „Das Gewebe der abgeflachten Seitentriebe des
Feigenkaktus durchziehen ebenfalls vernetzte Holzfaserbündel, die in
Schichten angeordnet und miteinander verbunden sind. Hierdurch zeichnet
sich auch das Gewebe des Feigenkaktus durch eine besonders hohe
Belastbarkeit aus.“ Die Forschenden haben diese Netzstrukturen der
biologischen Vorbilder abstrahiert und im livMatS-Pavillon durch das
Wickeln, das „coreless winding“ der Naturfasern umgesetzt. Durch diese
Abstraktion – bei Pflanzen existieren keine Wickel- oder Flechtprozesse –
konnten die Forschenden die mechanischen Eigenschaften der vernetzten
Faserstrukturen auf die Leichtbau-Tragelemente des livMatS-Pavillons
übertragen.

Künftige Nutzung

Der Pavillon im Botanischen Garten der Universität Freiburg wird künftig
als Veranstaltungsort für Angebote des Exzellenzclusters livMatS dienen,
um die Forschung des Clusters anschaulich zu vermitteln.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden dort beispielsweise in
Führungen oder Workshops der Öffentlichkeit ihre Arbeit präsentieren. Der
Exzellenzcluster livMatS forscht zu lebensähnlichen Materialsystemen, die
von der Natur inspiriert sind. Die Materialsysteme werden rein technische
Objekte sein, sodass sie sich mit synthetischen Methoden herstellen
lassen. „Durch seine Beschaffenheit bietet der Pavillon selbst
Anknüpfungspunkte, um Ähnlichkeiten und Unterschiede von biologischen und
technischen Materialien zu verdeutlichen und aufzuzeigen, welche
Möglichkeiten sich durch Bioinspiration beispielsweise in der Architektur
aber auch in anderen Bereichen der Technik ergeben“, sagt Prof. Dr. Jürgen
Rühe vom Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg und
Mitglied des Sprecherteams des Exzellenzclusters livMatS.

Kooperation und langjährige Zusammenarbeit

Der Pavillon basiert auf der Zusammenarbeit eines Teams bestehend aus
Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieuren des
Masterstudiengangs ITECH am Exzellenzcluster „Integratives
computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur (IntCDC)“ der
Universität Stuttgart und Biologinnen und Biologen des Exzellenzclusters
„Living. Adaptive and Energy-autonomous Material Systems (livMatS)“ an der
Universität Freiburg. Der Pavillon basiert auf der Zusammenarbeit eines
Teams bestehend aus Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen
und Ingenieuren des Masterstudiengangs ITECH am Exzellenzcluster
„Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur
(IntCDC)“ der Universität Stuttgart und Biologinnen und Biologen des
Exzellenzclusters „Living. Adaptive and Energy-autonomous Material Systems
(livMatS)“ an der Universität Freiburg.

In das Projekt fließt die langjährige Forschung zum Thema
computerbasierten Planen und Bauen mit Faserverbundkonstruktionen der
Institute Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und
Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität
Stuttgart mit ein. In einem fächerübergreifenden Team aus Wissenschaftlern
der beiden Institute in Zusammenarbeit mit Studierenden des
Masterstudiengangs „Integrative Technologies and Architectural Design
Research“ (ITECH) wurde die Forschung zum computerbasierten Design, der
rotobotischen Fertigung und dem neuen Fasermaterialsystem
weiterentwickelt. Das Projekt setzt eine Reihe experimenteller und
hochinnovativer Gebäudedemonstratoren fort, die an den Instituten ICD und
ITKE entworfen und realisiert wurden. Es vertieft die Zusammenarbeit der
Exzellenzcluster livMatS an der Universität Freiburg und IntCDC an der
Universität Stuttgart. IntCDC verfolgt das Ziel, das Planen und Bauen
durch digitale Technologien neu zu denken, um so die ökologischen,
ökonomischen und soziokulturellen Herausforderungen der gebauten Umwelt zu
adressieren. Die Vision von livMatS ist es, Natur und Technik zu
verbinden, um zukunftsweisende und umweltschonende Material- und
Energietechnologien zu entwickeln.

Details zur Konstruktion

Die tragende Struktur des Pavillons besteht aus 15 Flachsfaserelementen,
die ausschließlich aus Naturfasern in einem kernlosen Faserwickelprozess
robotisch vorgefertigt wurden. Ein Faser-Schlussstein bildet den
Mittelpunkt der Struktur. Das charakteristische, filigrane Oberflächenbild
der einzelnen Elemente des Bauwerks erinnert sowohl an traditionelle
Fachwerkkonstruktionen als auch an die biologischen Vorbildstrukturen. Die
einzelnen Elemente variieren in ihrer Gesamtlänge zwischen 4,50 bis 5,50
Metern und wiegen im Durchschnitt nur 105 Kilogramm. Die gesamte
Faserkonstruktion wiegt bei einer Gesamtfläche von 46 Quadratmetern nur
circa 1,5 Tonnen. Die Umsetzung der Konstruktion erfolgte durch die FibR
GmbH Stuttgart, Industriepartner des Projekts.

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Einfach Spitze – Italianità in Grosswangen entdeckt von Herbert Huber

Impression Vilmas Pasta Laden
Impression Vilmas Pasta Laden

So hat jede Geschichte ihren Anfang. Gemäss „Heimatscheinbüechli“ bin ich ein heimatberechtigter  Grosswanger. Diese Ehre habe ich vom Vater Gottfried Wilhelm Huber geerbt. Denn er ist im Unterdorf aufgewachsen. Als Sohn eines Schreiners. Als seine Schwester und meine Patentante Ihren 100sten Geburtstag feierte geschah dies, auf Gotti’s Wunsch, in Grosswangen.

Vilmas Pasta Portrait
Vilmas Pasta Portrait

Und wie es üblich ist an einem so überaus wichtigen Geburtstag, erschien auch der Gemeindepräsident Beat Fischer mit einem flotten bunten Blumenstrauss. „Aha eine vo dene Fischer besch Du“, bemerkte meine Gotte und darauf wurde tüchtig geprostet. Gwundrig wie ich bin, wollte ich mehr über diesen interessanten Mann erfahren. Mit Stolz erzählte er mir, dass er mit einer Italienerin verheiratet sei. Und wie glücklich, denn seine Vilma, geborene „Di Tommaso“ produziere mit Leidenschaft, ja geradezu mit Inbrunst, original italienische Pasta.

So wurde ich hellhörig, wie eben nur ein Schreibender und Koch es werden kann. So ging es auch nicht lange – diese Vilma wollte ich persönlich kennen lernen.

Die erste Begegnung

Vilmas Pasta Laden
Vilmas Pasta Laden

Das war ein Erlebnis. Im „Schutz“ etwas ausserhalb des Dorfes weist ein Wegweiser unmissverständlich darauf, dass hier etwas mit Pasta passiert. Vor dem Wohnhaus und einer Scheune steht eine mächtige Platane. Von der Aussenwand der kleinen Manufaktur lächelt mich Don Camillo (Schauspieler Fernandel) freudvoll an. Natürlich Pasta geniessend. Die italienischen Farben dominieren den Vorplatz: „Vilmas Pasta“ steht in grossen Lettern schwungvoll geschrieben. Sehr professionell, geht mir durch den Kopf. Kaum zu Ende gedacht, erscheint diese Vilma. Spontan „Ciao“ rufend und „Härzlech wellkomme i minrere Wäut! Der Grosswanger Dialekt ist perfetto – der Auftritt authentisch „italienisch“.

Vilma’s Geschichte

Vilmas Pasta Laden
Vilmas Pasta Laden

So zeigte mir Vilma zum ersten Mal, das war vor gut 7 Jahren, ihr kleines Reich. Und schoss gleich los: Ja, sie sei als Tochter italienischer Einwanderer mit ihrem Bruder in Ruswil aufgewachsen. „Tschinggeli“ seien sie halt damals gewesen“, erzählt Vilma. Doch das war einmal. Auf jeden Fall waren Essen und Genuss bei den Italienern sicher höher gewertet als zu diesen Zeiten in einer Schweizer Familie. Und irgendwie „rotierte“ etwas im Hirni dieser Vilma – nämlich eine Vision , dereinst mit der italienischen Küche Menschen rundum glücklich zu machen.

Vilma engagierte sich überall wo etwas los und viel Temperament gefragt war. In Vereinsleben, im Sport und in der Kultur wie Theater und Musik. Vilma wurde auch bekannt als Fasnachtskleider Näherin und kaum zu glauben als Fussball Fan. Dem sagt man schlicht und einfach gelebte Integration!

Vilmas Pasta Catering
Vilmas Pasta Catering

Eines Tages lernte Vilma an einem Fasnachtsball ihren Zukünftigen kennen und verliebte sich in den flotten Grosswanger, den Gemeindepräsidenten eben. 1993 übernahmen sie den elterlichen Hof und gründeten eine Familie. Die Kinder sind heute erwachsen. Sicher auch Dank der guten Kost aus Mutter’s Küche, welche vielseitig und von viel Temperament geprägt war.

An der Bäuerinnen Fachschule lautete das Thema ihrer Abschlussarbeit: Das ABC der Pastaproduktion. Mit einem mini kleinen handgetriebenem “Maschineli“ der Marke Imperial und zehn Wäscheständern aus der Landi  wurde die „Werkstatt der Produktion von Pasta“ ausgestattet. Und was da getüftelt wurde, war für Vilma der Beweis: Das wird ihre Zukunft sein.

Vilmas Pasta heute

Vilmas Pasta Catering
Vilmas Pasta Catering

Jahre sind vergangen und bei meinem letzten Besuch präsentierte Vilma voller Stolz Die top eingerichtet Produktionsstätte mit grossen Pastamaschinen, Vakuumier- Geräten, professioneller Wage und Inkasso Stelle für das Steueramt. Zwei Mitarbeiter stehen ihr zur Seite. Der „Laden“ ist schmuck eingerichtet, so richtig „anmächelig“  dekoriert. Man fühlt sich buchstäblich in Italien.

Inzwischen sind meine Familie, Freunde, Gastronomen und Bekannte total verliebt in Vilmas Pasta. Von den hauchdünnen Taglierin und einer breiten Palettei bis hin zum ganzen Ravioli Sortiment. Und ich will als Koch auch nicht nachbohren, wieso alles so original und eben authentisch italienisch ist.  Dieses Geheimnis des Erfolges lasse ich bei Vilma ruhen. Dort nämlich, in ihrem Herzen, das in Grosswangen für grossen Pasta Erfolg, schlägt.

Ein paar Tips, im Umgang mit Pasta hingegen durfte ich der Vilma bei der Verkostung der pikanten „Chorizo Ravioli picante“ doch noch entlocken. War daran etwa der süffige Valpolicella schuld? Oder sein fratello Barbera?

 

Das hegen und pflegen von Pasta:

Vilmas Pasta Catering
Vilmas Pasta Catering

Pasta sollte immer à la minute gekocht werden. Das heisst: nie vorkochen, abspülen und wieder wärmen. Der Gast wartet auf die Pasta und nicht umgekehrt. Pasta frisch zubereitet ist eine super Sache. Zu beachten gibt es Folgendes: Luftgetrocknete Pasta ist bei kühler, dunkler und trockener Lagerung (nicht im Kühlschrank!) sicher 2 bis 3 Monate haltbar. Sie wird allerdings durch die Lagerung nicht besser. Lufttrocknen geht so: in einem dunklen, trockenen Raum mindestens 48 Stunden trocknen lassen (Pasta muss hart sein und «glasig» klingen).

Vilmas Pasta Portrait
Vilmas Pasta Portrait

Getrocknet werden z. B. Nudeln, indem man sie über einen Holz- oder Kunststoffstab hängt oder luftige Häufchen auf einem Gitter macht. Trocknen im Dörrapparat würde ich nicht empfehlen. Das ist sehr heikel, da die Pasta aussen zu schnell trocknet und im Innern noch feucht sein kann. Frisch produzierte Pasta kann man ohne einfrieren 3 bis 4 Tage im Kühlschrank aufbewahren. Man kann sie aber auch sofort einfrieren – und später gefroren kochen, ohne sie vorher aufzutauen. Beim Einfrieren sollte man die Nudeln oder Ravioli möglichst nicht aufeinanderlegen (sonst kleben sie), und wenn, dann schichtweise mit einem Metzger-Papier dazwischen. Teigwaren tauen sehr schnell auf.

Vilmas Pasta Team
Vilmas Pasta Team

Betreffend Salmonellen besteht keine Gefahr, da ja die Pasta anschliessend gekocht wird. Schimmel entsteht nur dann, wenn die Teigwaren noch feucht gelagert werden. Oder halbtrockene und feuchte sich mischen. Trotzdem würde ich, auch wenn Sie noch so stolz auf Ihre hausgemachten sind, diese nicht verschenken. Denn wenn die Beschenkten diese nicht so kochen, wie Sie es tun, gibt es einen Flop. Gefrorene sollten Sie erst recht nicht weiterschenken, denn diese tauen sehr schnell wieder auf, verlieren an Qualität und kleben aneinander. Und deswegen extra eine Transporttiefkühltasche zu kaufen, lohnt sich kaum. Wenn das Pastageschenk nicht richtig verpackt ist, z. B. vakuumiert in Schalen, besteht auch die Gefahr, dass irgendwo ein «Chäferli» reinkommen könnte.

Auf Nummer sicher gehen

So rät Vilma: Geniessen Sie Ihre Pasta zu Hause mit Freunden. Da gehen Sie auf Nummer sicher. Und noch ein Tipp: In Grosswangen dürfen Sie sicher mal Frau Vilma Fischer- Di Tommaso besuchen. Vielleicht plaudert Sie aus dem Näh- respektive Pastakästchen? Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Kleine Fotodiashow zur Kolumne:

fotodiashows.wordpress.com/2021/07/11/einfach-spitze-italianita-in-grosswangen-entdeckt-von-herbert-huber/

Text www.herberthuber.ch

Fotos: https://www.vilmas-pasta.ch/

Homepages der andern Kolumnisten:   www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch    www.leonardwuest.ch  http://paul-lascaux.ch/  

 

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