Wasserstofftechnologie: So halten Werkstoffe den Wechselwirkungen mit korrosiven Medien stand
Die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger stellt sehr hohe
Anforderungen an die Sicherheitstechnik und Betriebsfestigkeit von
Bauteilen, da bereits geringe Wasserstoff-Anteile mit Umgebungsluft zu
einer Versprödung von Werkstoffen führen können. Mittels individueller und
variabler Analysekonzepte werden am Fraunhofer LBF beispielsweise
Untersuchungen unter Druckwasserstoff durchgeführt. Damit können relevante
Schädigungsmechanismen identifiziert und Kennwerte zur Modellbildung und
zur Ableitung von geeigneten Bemessungskonzepten für wasserstoff-
beaufschlagte Bauteile ermittelt werden. Ergebnisse im Kontext Wasserstoff
stellt das Institut auf der »f-cell« vom 14. bis 15. September vor.
Auswirkungen von Korrosion
Korrosive Umgebungsmedien können zu einer starken Reduzierung der
Schwingfestigkeit sowohl im Zeit- als auch im Langzeitfestigkeitsbereich
führen. Zur Bewertung der Einflüsse unterschiedlicher Werkstoff-Medien-
Paarungen stehen am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und
Systemzuverlässigkeit LBF individuelle und variable experimentelle
Analysekonzepte zur Verfügung. Die Analyse umfasst die Ermittlung des
quasi-statischen sowie zyklischen Werkstoffverhaltens unter konstanten und
variablen Belastungsamplituden von Werkstoffproben sowie Bauteilen, auch
unter realitätsnahen Umgebungsbedingungen. Anhand der Untersuchungen
werden die jeweilig wirksamen Schädigungsmechanismen und darüber hinaus
auch das Werkstoffverhalten unter Medieneinfluss ermittelt, welche
anschließend in Konzepte zur Berücksichtigung von
schwingfestigkeitsmindernden Umgebungsbedingungen einfließen.
Zur Bewertung einer möglichen Wasserstoff-bedingten Anfälligkeit
unterschiedlicher Werkstoffe, ist es zwingend notwendig einsatzabhängig
deren quasi-statisches und zyklisches Werkstoffverhalten beschreiben zu
können. Nur hiermit kann ausgeschlossen werden, dass aufgrund von
Unkenntnis ein frühzeitiges Versagen von Bauteilen und Systemkomponenten
auftritt, was möglicherweise zu fatalen Folgen für den Nutzer führen
könnte.
Untersuchungen unter Druckwasserstoff
Die Untersuchung des quasi-statischen und zyklischen Werkstoffverhaltens
unter dem Medium Wasserstoff, erfolgt am Fraunhofer LBF seit mehreren
Jahren mit speziellen Versuchseinrichtungen zur Durchführung von kraft-
und dehnungsgeregelten Versuchen unter Druckwasserstoff mit Gasdrücken von
10 bis 50 bar. »Mithilfe unserer individuellen Analyse- und
Versuchskonzepte lassen sich Werkstoffe und Bauteile für die
Wasserstoffwirtschaft zuverlässig hinsichtlich ihrer Beanspruchbarkeit und
Lebensdauer bewerten«, so Dr. Christoph Bleicher, Leiter der Gruppe
Qualifizierung gegossener Komponenten im Fraunhofer LBF.
Werkstoffqualifizierung und Beanspruchbarkeitsanalyse am Beispiel
Edelstahl
In einem DFG-Forschungsprojekt wurde der Einfluss von Druckwasserstoff auf
das zyklische Werkstoffverhalten des Edelstahls 1.4521 (X2CrMoTi18-2)
untersucht. Dazu wurden dehnungsgeregelte Versuche unter 50 bar
Druckwasserstoffbeaufschlagung durchgeführt. Der Vergleich der
Versuchsergebnisse in Form einer Dehnungswöhlerlinie bei
Versuchsdurchführung unter Luft (schwarz), zeigt im Vergleich zu den
Ergebnissen unter Druckwasserstoff (blau), dass der
schwingfestigkeitsreduzierende Einfluss des Wasserstoffs insbesondere im
Kurzzeitfestigkeitsbereich, bzw. bei großen Dehnungsamplituden εa,t, zum
Tragen kommt. Der Vergleich der Lebensdauer für eine
Totaldehnungsamplitude von εa,t = 0.8 % ergibt eine Reduktion der
Anrissschwingspielzahl um den Faktor 20.
Die Auswertung der ermittelten Wechselverformungskurven verdeutlicht, dass
das Versagen unter dem Medium Druckwasserstoff im Vergleich zum Versuch an
Luft eher unvermittelt und ohne eine ausgeprägte Anrissphase auftritt.
Ohne einen erkennbaren Einbruch der Spannung kommt es zum schlagartigen
Versagen der Werkstoffprobe bei deutlich geringerer Lebensdauer. Diese
Änderung der Materialeigenschaften, insbesondere die Erhöhung der
Sprödigkeit, wird durch das Eindringen und die Einlagerung von Wasserstoff
in dem Metallgitter verursacht, was als Wasserstoffversprödung bezeichnet
wird.
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