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Historische Blattflohsammlung erweist sich als wertvoller Schatz für die Wissenschaft

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Eine historische Blattflohsammlung des deutschen Forstwissenschaftlers
Theodor Hartig aus den Jahren 1834 bis 1851 wurde vor Kurzem in der
Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) wiederentdeckt und
analysiert. Die Sammlung erwies sich nun als wissenschaftlich äußerst
wertvolles Archiv sogenannter Originalbelege vieler Blatt- und
Schildlausarten. Artenforscher aus Kanada, den USA und Deutschland
veröffentlichten ihre Erkenntnisse jetzt im zoologischen Fachjournal
Zootaxa.

Naturkundliche Sammlungen wachsen historisch über sehr lange Zeiträume, so
auch die Zoologische Staatssammlung München – dort werden seit über 200
Jahren Tierpräparate gesammelt, aufbewahrt, archiviert und
wissenschaftlich bearbeitet. Insgesamt lagern inzwischen über 23 Millionen
Sammlungsexemplare in den Münchner Magazinen. Erst kürzlich entdeckten
Wissenschaftler:innen dort eine vor 150 Jahren aus den Augen verlorene
Kleinsammlung von Blattflöhen des deutschen Forstwissenschaftlers Theodor
Hartig (1805-1880) wieder. 155 kleine Blattflöhe versteckten sich offenbar
seit über 100 Jahren getrocknet und sicher aufbewahrt in den Beständen der
ZSM – um sich nun als wissenschaftliche Schätze für die
Artenforscher:innen zu erweisen.

Eine kürzlich veröffentlichte Forschungsarbeit um Bryan Brunet vom Ottawa
Research and Development Centre, Kanada mit Beteiligung von Michael
Raupach, Kurator für Hemiptera an der Zoologischen Staatssammlung München
belegt den wissenschaftlichen Wert der historischen Blattflohsammlung. Die
Sammlung enthält sogenannte Primärtypen für 29 Arten, die einst von Hartig
beschrieben wurden. Sieben davon sind nur durch ein einziges Exemplar
vertreten, diese werden als Holotypus bezeichnet.

Sogenannte zoologische „Typen-Exemplare“ sind Originalbelege von Tieren,
die Artenfor-scher:innen als Grundlage für die Beschreibung bisher
unbekannter Arten dienen. In der Zoologie ist es (wie auch in der Botanik)
üblich, dass jede neu entdeckte Art von den Beschreiber:innen anhand eines
solchen „Typus-Exemplars“ belegt wird. So hat auch der bedeutende
Forstwissenschaftler und Blattflohforscher Theodor Hartig in den Jahren
1834 bis 1851 zahlreiche neue Blatt- und Schildlausarten in mehreren
Publikationen wissenschaftlich beschrieben. Die Originalbelege bzw.
Referenzexemplare der Insekten galten allerdings nach seinem Tod 1880 als
verschollen. Wie sich nun gezeigt hat, gelangte die winzige
Blattflohsammlung offenbar zusammen mit der Hautflügler-Sammlung Hartigs
durch den ehemaligen ZSM Kurator Joseph Kriechbauer (1819-1902) unerkannt
in die Bestände der ZSM.

Die nun erfolgte Identifizierung der Blatt- und Schildlausarten gelang
insbesondere mit Hilfe von Hartigs historischen Tagebuchaufzeichnungen -
eine wahre Detektivarbeit. Heinz-Otto Rehage vom LWL-Museum für Naturkunde
mit Planetarium Münster entschlüsselte hierfür eine von Hartig selbst
entwickelte spezielle Farb- und Zahlenkodierung.

„Unsere Detektivarbeit hat sich gelohnt. Hartigs Blatt- und
Schildlaussammlung ist von großem wissenschaftlichem Wert für uns
Artenforscher. Physische Belegexemplare - egal wie alt - sind für unsere
Forschung unerlässlich. Sie konservieren nicht nur die sichtbaren Merkmale
des jeweiligen Insekts, sondern oft auch mikroskopische Details oder mit
etwas Glück sogar noch molekulare Informationen, wie alte DNA-Fragmente.
Die sichere und fachgerechte Aufbewahrung insbesondere von Typusexemplaren
in naturhistorischen Sammlungen ist Kern unserer Arbeit. Kurator:innen
kommen und gehen, die Sammlungen bleiben“, so Michael Raupach von der ZSM,
Co-Autor der Studie.