Europa-Premiere: Neue biologische Mitralklappenprothese verspricht längere Haltbarkeit
Prof. Dr. Jan Gummert, Direktor der Klinik für Thorax- und
Kardiovaskularchirurgie, und sein Team am Herz- und Diabeteszentrum NRW
(HDZ NRW), Bad Oeynhausen, setzen 56-jährigem Patienten erstmals eine
biologische Herzklappe ein, die dank neuer Technologie besser als bisher
vor Kalkablagerungen schützen soll.
„Das oberste Ziel aus herzchirurgischer Sicht ist es immer, eine erkrankte
Herzklappe zu reparieren“, sagt Professor Dr. Jan Gummert, Direktor der
Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Herz- und
Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen. „Es gibt jedoch viele
Patienten, bei denen die Klappe ersetzt werden muss.“
In einer solchen Situation wünschen sich die meisten Patienten eine
biologische Klappe, um eine lebenslang notwendige Therapie mit
gerinnungshemmenden Medikamenten zu vermeiden. Eine lange Lebensdauer
einer biologischen Klappe ist daher von besonderer Bedeutung. Für den
Ersatz der Mitralklappe steht mit dem jetzt erstmals in Europa am HDZ NRW
erfolgreich durchgeführten Eingriff eine neue Bioprothese zur Verfügung,
die Hoffnung auf eine deutliche Verbesserung in der langfristigen
Versorgung der betroffenen Patientinnen und Patienten macht.
„Unsere Erfahrungen zeigen, dass biologische Herzklappen zwar viele Jahre
halten, es aber dennoch in aller Regel nach zehn bis 15 Jahren zu
Verschleißerscheinungen kommen kann, so dass die Klappe ausgetauscht
werden muss“, erläutert Gummert. Wissenschaftliche Studien beschäftigen
sich daher seit geraumer Zeit mit den Verbesserungsmöglichkeiten des
biologischen Klappengewebes, um Ablagerungen zu verringern und damit
dauerhaft einen ungestörten Blutfluss sicherzustellen.
Die von Prof. Gummert und seinem Team implantierte Mitralklappe
(Hersteller: Edwards Lifesciences) wird bereits seit 2022 in den USA
eingesetzt. Sie besteht aus einem neuartigen, sogenannten Resilia-
Rinderperikardgewebe, dessen chemische Eigenschaften den Kalzifizierungs-
und Degenerationsprozess im Tierversuch nachweislich besser aufhalten
können als bisher verwendetes Gewebe. Bei Aortenklappenpatienten werden
Prothesen mit Resilia-Gewebe bereits seit einiger Zeit bei ausgewählten
Patientengruppen genutzt. „Natürlich gilt es nun, Langzeitdaten für
weitere Erkenntnisse zu sammeln“, betont Gummert. „Die bisherigen
Ergebnisse bei Patienten sind auf jeden Fall ermutigend.“
Hintergrundinformation:
Die Mitralklappe befindet sich auf der linken Seite des Herzens zwischen
der linken Herzkammer und dem linken Vorhof. Sie funktioniert wie ein
Ventil, öffnet sich in der Füllungsphase der linken Herzkammer und
schließt sich zu Beginn der Auswurfphase, sobald die linke Herzkammer das
Blut in den Körper pumpt. Alle Bestandteile der Klappe können erkranken
und die Klappe in ihrer Funktion so stark beeinträchtigen, dass eine
Rekonstruktion nicht mehr möglich und ein Klappenersatz notwendig ist.
Bei einer hochgradigen Mitralklappenschwäche steht in den meisten Fällen
eine herzchirurgische Operation an. Ist das individuelle Risiko aufgrund
des Alters oder aufgrund von Begleiterkrankungen jedoch zu hoch, kann ein
kathetergestütztes Verfahren empfohlen werden.
Die MITRIS RESILIA-Herzklappe besteht aus innovativem Rinderperikardgewebe
mit einer Nitinoldrahtform, die es ihr ermöglicht, sich während der
Implantation nach innen zu entfalten. Sie ist unter Röntgenstrahlung
sichtbar.
Quellen: hdz-nrw.de, Edwards Lifesciences
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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, mit 35.000 Patientinnen und Patienten
pro Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und
modernsten Zentren seiner Art in Europa. Unter einem Dach arbeiten fünf
Universitätskliniken und drei Universitäts-Institute seit mehr als 30
Jahren interdisziplinär zusammen. Das HDZ NRW ist seit 1989
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum. Die Professorenschaft des
HDZ NRW ist zusätzlich seit 2023 Mitglied der Medizinischen Fakultät OWL
der Universität Bielefeld. Die Einrichtung ist bekannt als größtes
Herztransplantationszentrum in Deutschland.
In der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie des HDZ NRW unter
der Leitung von Prof. Dr. med. Jan Gummert werden jährlich 3.500 Eingriffe
am Herzen und den herznahen Gefäßen durchgeführt. Die Klinik ist
deutschlandweit führend in den Bereichen Herzklappenoperationen,
Herztransplantationen, Kunstherzimplantationen sowie Herzschrittmacher-/
ICD-Eingriffe. Seit 1989 wurden hier mehr als 5.500
Herzunterstützungssysteme implantiert. Mit 96 Herztransplantationen in
2022 (gesamt: über 2.700) ist das HDZ NRW das größte
Herztransplantationszentrum in Deutschland. Zu den weiteren Schwerpunkten
der Klinik zählen die minimalinvasive Klappenchirurgie und die
Bypasschirurgie am schlagenden Herzen.