Internationale Summer School: Fokus auf Sedimentarchive der Ostsee als „Vergangenheitszeugen“ und „Zukunftsindikatoren“
Gestern ging die 20. Coastal Summer School zu Ende, zu der Teilnehmende
aus aller Welt auf die Ostseeinsel Hiddensee gekommen war. Gut eine Woche
beschäftigten sie sich intensiv mit der geologischen Entwicklung der
Ostsee, insbesondere mit den Sedimentschichten des Binnenmeeres als
Archive vergangener Biodiversität sowie mit der Frage, inwieweit diese
„Zeitzeugen“ auch Aufschluss über zukünftige Biodiversität in einer durch
Menschen veränderten Umwelt erlauben. Begleitet wurden sie von 14
Expert:innen, die ihnen fächerübergreifend neueste Erkenntnisse zum
Schwerpunktthema und Einblicke in innovative Methoden der genetischen und
physiologischen Biomarkeranalyse vermittelten.
Die Coastal Summer School wird alljährlich seit 2002 zu unterschiedlichen
Schwerpunktthemen der Küstenforschung gemeinsam vom Alfred-Wegener-
Institut Helmholz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), dem
Helmholtz-Zentrum Hereon sowie dem Leibniz-Institut für Ostseeforschung
Warnemünde (IOW) veranstaltet. Das diesjährige Programm, das trotz
Sturmtief „Viktor“ und Ostsee-Sturmhochwasser durchgeführt werden konnte,
umfasste insgesamt 13 Seminare bzw. Workshops sowie zwei Inselexkursionen.
Im Fokus stand die Erforschung der Sedimentarchive der Ostsee. Denn Spuren
vergangenen Lebens bleiben in den Sedimenten von Gewässern über Tausende
von Jahren erhalten. Anhand dieser Archive lassen sich frühere
Umweltbedingungen und die frühere Artenvielfalt rekonstruieren –
beispielsweise während natürlicher Klimaschwankungen, die es mehrfach in
den gut 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit gab, in denen letztlich die
Ostsee in ihrer heutigen Form entstanden ist. Die Reaktionen der Lebewesen
auf Umweltveränderungen in der Vergangenheit nutzen heute Forschende
verschiedener Disziplinen, um über einen integrativen Ansatz
Zukunftsszenarien für verschiedene Umweltbedingungen zu entwerfen und
insbesondere Klimawandelfolgen abschätzen zu können.
Ausgerichtet auf junge, in Studium und Forschung aber schon
Fortgeschrittene, wie Master- und PhD-Studierende sowie Postdocs in den
Bereichen Meereswissenschaften, Geologie, Biologie oder
Küstenzonenmanagement, hatte die Summer School nicht nur Teilnehmende aus
Ostseeanrainerstaaten wie Deutschland und Finnland angesprochen. Auch aus
Indien, Kenia, Nigeria, und den USA hatten junge Menschen die lange
Anreise auf sich genommen. „Bei der Programmgestaltung war es den
ausrichtenden Institutionen besonders wichtig, dass die jungen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das allgemeine Potenzial der
Erforschung von Sedimentarchiven verstehen. Denn nicht nur
Ostseevergangenheit kann so entschlüsselt werden und eventuell auch
Einblick in die Zukunft gewähren. Auch andere Gewässer ‚schreiben ihr
Tagebuch‘ ins Sediment, was wertvollen Aufschluss über Vergangenheit und
Zukunft und damit auch Hinweise auf geeignete Managementstrategien des
jeweiligen Naturraums geben kann“, betont Sandra Kube vom IOW, das in
diesem Jahr federführend für die Organisation der Summer School zuständig
war.
Ein besonderer Schwerpunkt der Summer School lag daher auf neuesten
methodischen Ansätzen zur Untersuchung von Sedimentarchiven: Dazu gehört
unter anderem die Isolation und Analyse von sehr alter DNA, also
Erbinformation, die Organismen vor mehreren 100 bis mehreren 1000 Jahren
im Sediment hinterlassen haben, oder die Wiederbelebung und physiologische
Erforschung sehr alter Dauerstadien tierischer oder pflanzlicher
Kleinstorganismen, die Aufschluss über vergangene Umweltbedingungen
erlauben. Auch die Nutzung von Sequenzdaten aus öffentlich zugänglichen
Datenbanken für die Erforschung alter DNA sowie statistische Methoden
standen auf dem Programm. Exkursionen zum Kennenlernen der geologischen
und biologischen Besonderheiten der Insel Hiddensee, die eng mit der
Entstehungsgeschichte der Ostsee verknüpft sind, rundeten die Erfahrungen
der Teilnehmenden ab. „Die jungen Leute haben fantastisch mitgezogen und
nehmen hoffentlich viel aus der Summer School mit, nicht zuletzt, wie
wichtig das Zusammenspiel unterschiedlicher Disziplinen ist, um komplexe
Umweltstudien zu erarbeiten“, resümiert Kube abschließend.
Weitere Informationen zur Coastal Summer School 2023 und ihrem Programm:
https://www.io-warnemuende.de/
Summer School Koordination und Kontakt am IOW:
Dr. Sandra Kube | Tel.: 0381 – 5197 104 |
Kontakt IOW-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
Dr. Kristin Beck | T.: 0381 – 5197 135 |
Dr. Matthias Premke-Kraus | T.: 0381 – 5197 102 | matthias.premke-kraus
@io-warnemuende.de
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