Gemeinschaftsdiagnose 2/2023: Kaufkraft kehrt zurück – Politische Unsicherheit hoch


Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für das Jahr 2023
einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland um 0,6 %. Damit
wird die Prognose vom Frühjahr 2023 kräftig um 0,9 Prozentpunkte nach
unten revidiert. „Der wichtigste Grund dafür ist, dass sich die Industrie
und der private Konsum langsamer erholen, als wir im Frühjahr erwartet
haben“, sagt Oliver Holtemöller, stellvertretender Präsident und Leiter
der Abteilung Makroökonomik am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
Halle (IWH).
Deutschland befindet sich seit über einem Jahr im Abschwung. Der
sprunghafte Anstieg der Energiepreise im Jahr 2022 hat der Erholung von
der Pandemie ein jähes Ende bereitet. Die schon zuvor anziehende
Verbraucherpreisinflation ist auf über 8 % gestiegen. Dadurch wird den
privaten Haushalten Kaufkraft entzogen. Die Leitzinsen sind um über vier
Prozentpunkte gestiegen. Das trifft insbesondere die Bauwirtschaft.
Die Stimmung in den Unternehmen hat sich zuletzt erneut verschlechtert,
dazu trägt auch politische Unsicherheit bei. Insgesamt deuten die
Indikatoren darauf hin, dass die Produktion im dritten Quartal 2023
nochmals spürbar gesunken ist. Allerdings haben mittlerweile die Löhne
aufgrund der Teuerung angezogen, die Energiepreise abgenommen und die
Exporteure die höheren Kosten teilweise weitergegeben, sodass Kaufkraft
zurückkehrt. Daher dürfte der Abschwung zum Jahresende abklingen und der
Auslastungsgrad der Wirtschaft im weiteren Verlauf wieder steigen.
Für das Jahr 2024 liegt die Prognose mit 1,3 % nur 0,2 Prozentpunkte unter
der Prognose vom Frühjahr. In den Jahren danach wird sich bemerkbar
machen, dass das Potenzialwachstum aufgrund der schrumpfenden
Erwerbsbevölkerung mittelfristig deutlich zusammenschmilzt.
Die konjunkturelle Schwäche ist mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt
angekommen. Die Institute erwarten allerdings nur einen moderaten Anstieg
der Arbeitslosigkeit auf 2,6 Millionen Personen im Jahr 2023. Im kommenden
Jahr wird die Zahl der Arbeitslosen wohl leicht sinken.
An der Preisfront entspannt sich die Lage nach und nach. Die
Inflationsrate dürfte im Jahr 2023 bei 6,1 % liegen und auf 2,6 % im Jahr
2024 zurückgehen. Die Kerninflation (Inflation ohne Energiepreise) sehen
die Institute im laufenden Jahr bei 6,1 % und im kommenden Jahr bei 3,1 %.
Langfassung des Gutachtens
Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Kaufkraft kehrt zurück – Politische
Unsicherheit hoch. Herbst 2023. Halle (Saale) 2023.
Die Langfassung des Gutachtens ist unter
https://gemeinschaftsdiagnose.