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Ärzte-Odyssee wegen unklarer Herzschmerzen: Oft stecken die kleinen Gefäße des Herzens dahinter

Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Kardiologe, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M.  Foto: Andreas Malkmus  Deutsche Herzstiftung
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Kardiologe, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M. Foto: Andreas Malkmus Deutsche Herzstiftung
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Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Kardiologe, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M.  Foto: Andreas Malkmus  Deutsche Herzstiftung
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Kardiologe, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M. Foto: Andreas Malkmus Deutsche Herzstiftung

Weltherztag: Herzstiftung macht auf Gefäßerkrankungen des Herzens
aufmerksam und wie man sich vor ihnen schützt. Zusätzlich zur koronaren
Herzkrankheit (KHK) als Hauptursache des Herzinfarkts, rücken auch
Erkrankungen der kleinen Herzgefäße (Mikrogefäße) in den Fokus der
Herzmedizin

Erkrankungen des Herzens, die durch eine verminderte Blutzufuhr und den
dadurch entstehenden Sauerstoff- und Nährstoffmangel verursacht werden,
sind die mit Abstand häufigste Herzerkrankung. Der Herzinfarkt ist
darunter die fatalste Erscheinung mit all seinen schwerwiegenden Folgen
wie Herzschwäche oder plötzlicher Herztod. Diesem Ereignis geht allerdings
oft jahrzehntelang unbemerkt die koronare Herzkrankheit (KHK) voraus.
Hierbei verengen typischerweise Ablagerungen aus Cholesterin, Kalk,
Entzündungszellen und Bindegewebe zunehmend die Blutgefäße, vor allem die
Koronararterien im Herzmuskel (Arteriosklerose/„Arterienverkalkung“).
„Besonders wichtig ist deshalb, dass jeder seine persönlichen
Gesundheitswerte wie LDL-Cholesterin, Blutzucker und Blutdruck kennen
sollte, um sein individuelles Herzinfarkt-Risiko zu verringern“, sagt
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen.
Herzstiftung. „Ebenso wichtig ist, die Anzeichen einer Erkrankung der
Herzkranzgefäße, die sich bereits lange vor dem Infarkt unter körperlicher
Belastung mit Symptomen wie Atemnot, Brustenge und Brustschmerzen
bemerkbar machen können, gut zu kennen“, so der Kardiologe anlässlich des
Weltherztags unter dem Motto „Schütze Deine Gefäße!“. Hierzu stellt die
Herzstiftung ein umfangreiches Infopaket zur Verfügung unter
https://herzstiftung.de/weltherztag
„Wer einen Herzinfarkt erleidet, kann sein Herz vor irreparablen Schäden
und Komplikationen bis hin zum Tod nur schützen, indem er oder sie bei
Verdacht auf Herzinfarkt sofort den Rettungsdienst mit dem Notruf 112
alarmiert“, warnt Voigtländer, der Ärztlicher Direktor des Agaplesion
Bethanien-Krankenhauses in Frankfurt am Main ist. Denn beim Herzinfarkt
zählt jede Minute, weil der Infarkt jederzeit in bösartige
Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern übergehen kann, die zum
Herzstillstand führen und nach wenigen Minuten den Tod bedeuten.
Herzinfarkte ereignen sich meist zu Hause. Daher ist es auch wichtig, bei
Bewusstlosigkeit bereits dort mit der Wiederbelebung zu beginnen. Das über
den Notruf 112 herbeigerufene Rettungsteam kann dann mit einem
Defibrillator das flimmernde Herz wieder in seinen normalen Rhythmus und
den Patienten anschließend sofort in die nächstgelegene Klinik zur
Infarktversorgung bringen. Infos unter https://herzstiftung.de
/herznotfall-verhalten

Ursache für Brustschmerzen nicht selten trotz Katheteruntersuchung
ungeklärt
Nach Expertenschätzungen liegen bei 50 Prozent der Patienten mit Verdacht
auf KHK und Angina Pectoris-Symptomen (Brustschmerzen), die eine
Herzkatheteruntersuchung erhalten, allerdings nicht die typischen
Verengungen der Herzkranzgefäße vor, sondern andere Ursachen. Zunehmend
rücken hierbei Engstellen der ganz kleinen Herzgefäße in den Fokus, die
durch eine Fehlfunktion zu Herzschmerzen und einer deutlich
eingeschränkten Belastbarkeit der Patienten führen. Eine solche koronare
mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) oder mikrovaskuläre Angina ist durch eine
eingeschränkte Dehnbarkeit oder eine verstärkte Verkrampfungsneigung
(Koronarspasmen) der kleinen und kleinsten Herzgefäße gekennzeichnet.
„Betroffene mit Symptomen der mikrovaskulären Angina wie Brustschmerzen,
Brustenge und Atemnot schon bei geringer körperlicher Belastung
unterliegen einem hohen Leidensdruck. Häufig wird aufgrund des fehlenden
Befunds in den großen Herzkranzgefäßen auch auf eine psychische Erklärung
ausgewichen“, berichtet Prof. Voigtländer und betont: „Besonders wichtig
ist daher eine weitergehende Diagnostik, damit die eigentliche Ursache –
nämlich eine mögliche Fehlfunktion der kleinen und kleinsten
Herzkranzgefäße gefunden wird.“ Nur so könne auch rasch die passende
Therapie gefunden werden. „Wie bei der KHK, liegen den Erkrankungen der
Mikrogefäße des Herzens Risiken wie Bluthochdruck, hohes LDL-Cholesterin,
Diabetes oder genetische Faktoren zugrunde, die eine entsprechende
Behandlung mit Medikamenten und Veränderungen des Lebensstils erfordern“,
erklärt der Kardiologe.
Frauen sind aufgrund hormoneller Unterschiede und der unterschiedlichen
Herzanatomie (im Schnitt kleineres Herz, kleinere Gefäße) häufiger von
mikrovaskulärer Angina betroffen als Männer. Zum Weltherztag informiert
die Herzstiftung über die CMD im Herzstiftungs-Podcast unter
https://herzstiftung.de/podcast-unklare-herzschmerzen

Diagnose „mikrovaskuläre Angina“ meist erst nach Odyssee durch Arztpraxen
Bis es mit Hilfe bildgebender Verfahren (Herz-Ultraschall, MRT oder
Positronenemissionstomographie/PET) zur Diagnose einer mikrovaskulären
Angina kommt, haben Betroffene häufig eine Odyssee durch eine Vielzahl an
(Fach-)Arztpraxen hinter sich. Entsprechend hoch ist der Leidensdruck,
weil die Belastbarkeit im Alltag aufgrund der immer wieder auftretenden
Beschwerden Atemnot und Brustschmerzen eingeschränkt ist. Kardiologen wie
Prof. Dr. med. Peter Ong, Oberarzt der Abteilung für Kardiologie und
Angiologie des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, spezialisiert auf die
Erforschung und kardiologische Versorgung von Patienten mit einer
mikrovaskulären Angina, fordern einen „ganzheitlichen Blick auf die
Herzdurchblutung“. Denn diese kleinen und kleinsten feinverzweigten
Blutgefäße im Herzmuskel regeln 80 bis 90 Prozent der Durchblutung und
sind damit die Hauptversorger des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Doch noch liege – auch in der Diagnostik – der Blick vor allem auf den
großen Herzgefäßen, die jedoch nur wie große Leitungsrohre das Blut zur
eigentlichen Verteilerstelle lieferten. „Gerade bei Patienten, die über
zwei bis drei Jahre über anhaltende Beschwerden im Brustkorb klagen, aber
keine Diagnose vorliegt, sollte man deshalb unbedingt auch an eine
mikrovaskuläre Angina denken und dazu die vorhandenen modernen
Untersuchungsverfahren einsetzen“, betont Prof. Ong.

Gut therapiebar mit Medikamenten
Nach aktueller Studienlage ist laut Prof. Ong das Risiko für schwere
Ereignisse wie Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall durch eine mikrovaskuläre
Angina zwar geringer als bei Patienten, die eine KHK mit Stenosen
(Verengungen) der großen Herzgefäße haben. Dennoch bestehe ein nicht zu
unterschätzendes Risiko für diese Ereignisse. Eine medikamentöse
Behandlung senkt dieses Risiko und verbessert vor allem die Lebensqualität
deutlich. Oft lindere bereits die medikamentöse Therapie von
Bluthochdruck, Diabetes und hohem LDL-Cholesterin die Beschwerden.
Individuell kommen für die Betroffenen darüber hinaus – je nach Ursache
der mikrovaskulären Angina – weitere Medikamente in Frage: Patienten mit
Koronarspasmen profitieren zum Beispiel häufig von Kalziumantagonisten und
Nitratpräparaten, bei akuten Beschwerden vor allem von einem Nitrospray.
Patienten mit einer eingeschränkten Erweiterungsfähigkeit der Gefäße
profitieren wiederum sehr häufig von Betablockern. „Ist erst einmal die
Diagnose bei diesen Patienten gestellt, können wir ihnen mit Medikamenten
effektiv helfen und dazu beitragen, ihre Belastbarkeit im Alltag und ihre
Prognose zu verbessern“, bestätigt Kardiologe Prof. Ong.
(wi/ne)

Info-Service zum Weltherztag
Informationen zum Themenschwerpunkt des Weltherztags „Schütze Deine
Gefäße!“ finden Sie unter: https://herzstiftung.de/weltherztag

Hören Sie rein! Über die mikrovaskuläre Angina informieren der aktuelle
Podcast mit Prof. Dr. Peter Ong (Stuttgart) unter https://herzstiftung.de
/podcast-unklare-herzschmerzen
Weitere Informationen zur mikrovaskulären Angina bietet die Herzstiftung
unter https://herzstiftung.de/unklare-herzschmerzen

Informationen rund das Thema Schutz der Herzgefäße bietet der Ratgeber
„Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt“, kostenfrei zu bestellen bei der
Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/bestellung oder Tel. 069
955128-400

Herzinfarkt-Risiko-Test
Die Herzstiftung bietet unter https://herzstiftung.de/risiko einen
kostenfreien Herzinfarkt-Risikotest an.
HerzFit-App
Die HerzFit-App ist kostenfrei im Apple Store (für iPhone) oder im Google
Play Store (Android) für das Smartphone verfügbar. Informationen zur
HerzFit-App und ihrer Funktionsweise sind unter www.herzstiftung.de
/herzfit-app abrufbar.

Zusatzmaterial für Redaktionen zum Weltherztag

KHK und Herzinfarkt: Zahlen
Die Herzerkrankung mit der höchsten Morbidität (vollstationäre
Krankenhausaufnahmen) und Mortalität (Gestorbene) im Jahr 2021 ist nach
Angaben des aktuellen „Deutschen Herzberichts 2022“ der Deutschen
Herzstiftung die Koronare Herzkrankheit (KHK) (=ischämische
Herzkrankheiten) mit 552.669 vollstationären Krankenhausaufnahmen (davon
Herzinfarkt: 194.409) und 121.172 Sterbefällen (davon Herzinfarkt: 45.181
Gestorbene) in Deutschland.

Auf diese Herzinfarkt-Anzeichen achten
Ein typisches Herzinfarkt-Symptom sind schwere Schmerzen, die länger als
fünf Minuten andauern. Die Schmerzen sind typisch im Brustkorb, häufig
hinter dem Brustbein. Zusätzlich können Schmerzen im Rücken (zwischen den
Schulterblättern) oder im Oberbauch (Verwechslung mit „Magenschmerzen“
möglich) ein Alarmzeichen sein. Die Schmerzen können in Arm, Hals oder
Oberbauch ausstrahlen, sie sind flächenhaft und werden als brennend und
drückend mit Engegefühl in der Brust beschrieben. Je älter die Person mit
Herzinfarkt ist, desto weniger ausgeprägt kann der typische Brustschmerz
sein. Bei Frauen häufiger als bei Männern können – zusätzlich zu den oben
genannten Schmerzen oder auch alleine – weitere Symptome wie Atemnot,
Übelkeit oder Erbrechen, Schwitzen, Benommenheit oder Schwindel sowie
unerklärliche Müdigkeit ein Alarmzeichen sein. Weitere Infos zu den
infarkttypischen Alarmzeichen: https://herzstiftung.de/herzinfarkt-
anzeichen