Autonome Outdoor-Navigation für Maschinen rund um Ackerbau, Viehzucht und Forst


Autonome und robuste Navigation ist für Landwirtschaftsroboter oder
Maschinen, die autonomer werden sollen, eine essenzielle Fähigkeit, um
sicher und zuverlässig mobil zu sein. Was technologisch, aber auch
ökonomisch jetzt schon eingesetzt werden kann, zeigt das Fraunhofer IPA
mit seinen Demonstratoren vom 12. bis 18. November 2023 auf der
Landwirtschaftsmesse »agritechnica« in Hannover.
Die aktuellen Anforderungen an die Landwirtschaft sind geradezu konträr:
Einerseits soll sie immer ertragreicher werden bei möglichst geringen
Kosten. Andererseits werden Nachhaltigkeit und Biodiversität immer
wichtiger. Hinzu kommen regulatorische Vorhaben wie beispielsweise das
vieldiskutierte potenzielle Verbot des Herbizids Glyphosat.
Diesen Anforderungen begegnen zu können, ist herausfordernd. Abhilfe
können autonome Systeme oder Roboter schaffen. So werden bereits Drohnen
eingesetzt, um Informationen über Pflanzenstress wie Dürren oder
Nährstoffmangel zu ermitteln, landwirtschaftliche Flächen präzise zu
vermessen oder Bonituren durchzuführen. Auch bodengebundene Systeme fahren
in sehr kleiner Stückzahl bereits über Felder und unterstützen bei der
(häufig noch konventionellen) Beikrautregulierung. Ernteroboter werden im
Forschungskontext erprobt.
Allen autonomen Systemen ist gemein, dass sie sich selbstständig in ihrer
Umgebung fortbewegen müssen und das unabhängig von der spezifischen
Aufgabe, die sie am Ende ausführen. Um eine solche autonome Fortbewegung
zu ermöglichen und damit Roboter zu ihrer eigentlichen Aufgabe zu
befähigen, entwickelt das Fraunhofer IPA eine Outdoor-Navigation. Sie
erkennt vollautonom ihre Umgebung wie Pflanzreihen oder unterschiedliche
Untergründe und passt die Pfadplanung daran an. Gäste auf der Fachmesse
agritechnica können diese Navigation anhand von zwei live autonom
fahrenden Landwirtschaftsrobotern vom 12. bis 18. November 2023 in
Hannover in Halle 11, Stand C62 erleben.
Indoor-Navigation verlässt die Hallen
In Innenbereichen gelingt es bereits gut, dass mobile Roboter mithilfe von
Sensordaten ihre Umgebung erfassen und ihre Pfadplanung dynamisch daran
anpassen. Diese Technologie kann nun sukzessive in die hochkomplexe und
dynamische Außenwelt überführt werden. Dazu gehören der Ackerbau, aber
auch weitere Anwendungen, die aus technologischer Sicht dazwischenliegen.
Ein Beispiel ist die Intralogistik in Außenbereichen: Hier ist das Umfeld
sehr ähnlich zu Innenbereichen strukturiert. Ställe hingegen sind
komplexer als übliche Innenbereiche und sind für die autonome Navigation
ähnliche anspruchsvoll wie Außenbereiche. Gleiches gilt für Prozesse, die
der Ernte nachgelagert sind.
Die Weiterentwicklung hin zur Outdoor-Navigation ist nicht so einfach: Im
Gegensatz zu Innenräumen weisen viele Außenbereiche meist keine
stationären Strukturen wie Wände oder Regale auf, an denen sich mobile
Roboter dauerhaft auch über Wochen orientieren können. Ganz im Gegenteil:
Mögliche Hindernisse sind in Außenbereichen unterschiedlich beschaffen und
müssen interpretiert werden. Hohes Gras ist flexibel und überfahrbar, ein
Rehkitz darf unter keinen Umständen übersehen werden, egal wie eng es sich
an den Untergrund schmiegt. Die Untergründe selbst können ebenfalls sehr
unterschiedlich sein und verschiedene Befahrbarkeiten aufweisen. Und je
nach Wetterlage sind die Sichtverhältnisse eingeschränkt, was weniger oder
zumindest weniger gute Sensordaten zur Folge haben kann.
IPA-Roboter demonstrieren autonome Pfadplanung
Die am Fraunhofer IPA unter der Leitung von Kevin Bregler entwickelte
autonome Outdoor-Navigation kommt mit all diesen Herausforderungen zurecht
und ermöglicht, Landwirtschaftsroboter beispielsweise zur mechanischen
Beikrautregulierung zu nutzen. Neben der Software-Entwicklung baut die
Forschungsgruppe auch prototypische Landwirtschaftsroboter mit dem Namen
»CURT«. Zwei dieser Roboter machen die Navigation auf dem Messestand
erlebbar.
CURTdiff wird autonom Pflanzreihen zwischen künstlich aufgeschütteten
Dämmen, wie im Kartoffel- oder Spargelanbau üblich, erkennen und diese
vollautonom abfahren. CURTmini, der kleinste Vertreter der Roboter, wird
auf einer Fläche mit unterschiedlich gut befahrbaren Bodenmodulen z. B.
aus Gras, Holz oder Schotter fahren und je nach erkannter Befahrbarkeit
seinen Pfad entsprechend planen und Hindernissen selbstständig und
situationsadaptiv ausweichen. Dieser Parcours ist dank austauschbarer
Bodenmodule interaktiv, sodass die Gäste sich durch das Wechseln der
Bodenmodule von der ad-hoc-Pfadplanung überzeugen können. Darüber hinaus
können die Gäste auch selbst Hindernisse auf die Strecke der Roboter
werfen und sehen, wie der Roboter den Pfad dynamisch umplant. Videos am
Messestand veranschaulichen mögliche Anwendungskontexte wie Wein- oder
Apfelanbau.
Das Entwicklerteam des Fraunhofer IPA adressiert mit seinen Exponaten
insbesondere Hersteller und Anwender von Landmaschinen. Aber die
Navigationssoftware ist auch für eine Vielzahl weiterer autonomer
Maschinen im Innen- und Außenbereich interessant. CURTmini ist zudem als
Forschungsplattform käuflich erwerbbar.