Aufmerksamkeit wichtig für Tuberkulosekontrolle
Deutschland gehört bei der Tuberkulose zu den sogenannten
Niedriginzidenzländern, für die das Ziel der Weltgesundheitsorganisation
gilt, die Zahl der Neuerkrankungen bis zum Jahr 2035 auf weniger als 1 pro
100.000 Einwohner zu senken. In den vergangenen Jahren hat das Robert
Koch-Institut für Deutschland einen kontinuierlichen Rückgang der
Tuberkulose-Fallzahlen registriert, besonders ausgeprägt in den Jahren
2019 (4.815 Fälle) und 2020 (4.185 Fälle). Im Jahr 2021 (3.938 Fälle) fiel
der Rückgang geringer aus. Für das Jahr 2022 zeigt sich nun ein leichter
Anstieg der Fallzahlen auf 4.076 Fälle (Stand 1.3.2023), das entspricht
einer Inzidenz von 4,9 pro 100.000 Einwohner. „Daraus lässt sich jedoch
aktuell keine Änderung des langfristigen Trends ableiten“, heißt es im
Editorial des Epidemiologischen Bulletins 11/2023 zum Schwerpunktthema
Tuberkulose anlässlich des Welttuberkulosetages am 24. März.
Gefährdet für eine Ansteckung sind in erster Linie enge Kontaktpersonen
von an offener Lungentuberkulose erkrankten Personen, nach längerem oder
wiederholtem Kontakt; das Ansteckungsrisiko nach einmaligem, kurzem
Kontakt ist sehr gering. Die Verbreitung einer Tuberkulose-Infektion wird
begünstig durch beengte Wohnverhältnisse, unzureichende Ernährung,
schlechte hygienische Bedingungen und eine mangelhafte
Gesundheitsversorgung. Die globalen Auswirkungen auf die Epidemiologie der
Tuberkulose durch bewaffnete Konflikte, Flucht und Migration betreffen
auch Länder mit niedriger Inzidenz wie Deutschland.
Die Entwicklung im Jahr 2022 dürfte vor allem mit den Folgen des
Kriegsgeschehens in der Ukraine in Zusammenhang stehen. In diesem Jahr kam
es erwartbar zu einer Erhöhung der Tuberkulosefälle in der Gruppe der in
der Ukraine geborenen Menschen. Sie haben aufgrund der höheren Inzidenz
von Tuberkulose in ihrem Heimatland (etwa 70/100.000 Einwohner) ein
höheres Infektions- und Erkrankungsrisiko. Das Krankheitsgeschehen in der
in Deutschland geborenen Bevölkerung konzentriert sich mittlerweile auf
die Altersgruppen über 80 Jahre, die ihre Infektion in Zeiten erwarben,
als Tuberkulose auch in Deutschland häufiger auftrat. Eine Erkrankung
tritt bei Erwachsenen häufig erst nach Jahren oder Jahrzehnten auf.
Bei klassischen Symptomen wie länger bestehendem Husten, Nachtschweiß,
Fieber und Gewichtsverlust sollte aber immer auch an Tuberkulose gedacht
werden. Aufmerksamkeit bei Betroffenen und insbesondere bei allen im
Gesundheitswesen Tätigen ist daher für eine frühe Erkennung und
erfolgreiche Versorgung der Tuberkulose wichtig. Die Gesundheitsämter
tragen entscheidend dazu bei, dass Erkrankte früh diagnostiziert,
leitliniengerecht behandelt und infektionsgefährdete Personen im engen
Patientenumfeld untersucht und bei Bedarf vorbeugend behandelt werden.
Die Tuberkulosekontrolle erfordert eine multidisziplinäre Zusammenarbeit
aller Akteure. Daher gibt es seit einigen Jahren im Vorfeld des
Welttuberkulosetags eine Tagung, die vom Bundesministerium für Gesundheit
unterstützt wird. Die drei Veranstalter sind das Deutsche Zentralkomitee
zur Bekämpfung der Tuberkulose, das Forschungszentrum Borstel, Leibniz
Lungenzentrum und das RKI. Für die diesjährige (Online-)Tagung am
20.3.2023 liegen 1.000 Anmeldungen vor. Bundesgesundheitsminister Prof.
Dr. Karl Lauterbach wird ein Grußwort sprechen.
Weitere Informationen: www.rki.de/tuberkulose