Rezept für nachhaltigere Ernährung“ DBUdigital: Online-Salon zur künftigen Rolle von Großküchen


Für Köchinnen und Köche, Küchen in Kliniken und
Kindertagesstätten, Kantinen und Mensen in Firmen, Alten- und Pflegeheimen
oder in Universitäten dürfte dieses Thema bedeutend sein: Die Deutsche
Bundesstiftung Umwelt (DBU) lädt in ihrer Reihe #DBUdigital morgen
(Mittwoch) zu einem Online-Salon über die Ernährungswende in Großküchen
ein. „Die Welt ist, wie und was der Mensch isst“, sagt DBU-Generalsekretär
Alexander Bonde. „Das Agrar- und Ernährungssystem ist global Ursache von
rund einem Viertel klimaschädlicher Treibhausgasemissionen und etwa 80
Prozent Biodiversitätsverlust. Großküchen als Teil der erheblich
zunehmenden Gemeinschafts- und Außer-Haus-Verpflegung können das Rezept
für eine nachhaltigere Ernährung werden – und für die Gesundheit von
Mensch und Erde“, so Bonde.
„Sechs Millionen Chancen, um für gutes Essen zu begeistern“
Anmeldungen zur Teilnahme am DBU-Online-Salon von 14 bis 16 Uhr sind noch
unter dem Link https://www.dbu.de/@OnlineSalo
Silvia Bender, die Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministeri
kurz BMEL, ist mit einem Impulsvortrag dabei. Die 52-jährige
Agrarwissenschaftlerin nennt die Gemeinschaftsverpflegung „einen wichtigen
Hebel, um die Bürgerinnen und Bürger mit gesundem, nachhaltigem und
schmackhaftem Essen in Berührung zu bringen“. Bender: „Sechs Millionen
Menschen essen täglich allein in Kantinen – das sind täglich sechs
Millionen Chancen, um für gutes Essen zu begeistern.“ Die
Gemeinschaftsverpflegung ist nach ihren Worten „der Ort, wo jeder
unabhängig von Herkunft, Bildung und sozialem Status gutes, gesundes Essen
lernen kann“.
Das Konzept der „Planetaren Belastbarkeitsgrenzen“
Und es ist abzusehen, dass Außer-Haus- und darunter vor allem die
Gemeinschaftsverpflegung mit beeinflussen, ob und wie in Kantinen, Küchen
und Mensen zum Beispiel von Kitas, Krankenhäusern, Alten- und
Pflegeheimen, aber auch von Haftanstalten, Jugendherbergen sowie Schulen,
Universitäten und Unternehmen ein Umsteuern glückt – zu mehr
Nachhaltigkeit sowohl bei der Lebensmittelproduktion als auch der
Ernährungsweise. Bonde: „Beides ist unverzichtbar, wenn Menschen und
Planet gesund bleiben sollen.“ Warum Veränderungen bei Erzeugung und
Konsum von Lebensmitteln notwendig sind, legte 2009 ein internationales
Forschungsteam um Prof. Dr. Johan Rockström mit dem Konzept der
„Planetaren Belastbarkeitsgrenzen“ (engl. planetary boundaries) dar: Es
skizziert für neun zentrale Systeme und Prozesse des Planeten die
ökologischen Grenzen der Erde. Werden diese überschritten, stehen die
Ökosysteme der Welt und damit die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel.
Zwei mögliche Auslöser: Lebensweise und Ernährungsstil des Menschen.
Zwei Drittel der Männer, die Hälfte der Frauen und jedes sechste Kind in
Deutschland haben Übergewicht
Negativ zu Buche schlagen nicht nur die ernährungsbedingten
Treibhausgasemissionen und die dadurch beschleunigte Klimakrise.
Gravierende Folgen für Artenvielfalt, Böden, Wasser und Wälder haben auch
Pestizide und Düngemittel, eine weltweite Verschwendung von 930 Millionen
bis zwei Milliarden Tonnen Lebensmittel jedes Jahr und somit viele
vergeudete Ressourcen, ein zu hoher Fleischkonsum und damit einhergehender
überdimensionierter Futtermittelbedarf für die fleischliefernden Tiere,
inklusive immenser Waldrodungen für Flächen zum Sojaanbau. Aktuell liegt
der Verzehr von Fleisch in Deutschland im Durchschnitt bei etwa 57,3
Kilogramm pro Kopf und Jahr – viermal so viel wie empfohlen. Als zentrale
Instanz für eine nachhaltige Ernährung gilt die Deutsche Gesellschaft für
Ernährung (DGE). Eine Erkenntnis: In Deutschland und anderen
Industrieländern ist das Essen zu kalorienreich. Zu süß, zu salzig, zu
fett. Zwei Drittel der Männer, rund die Hälfte der Frauen und jedes
sechste Kind in Deutschland haben Übergewicht.
Ernährungsstrategie der Bundesregierung bis Ende 2023
Die Bundesregierung plant bis Ende 2023 eine Ernährungsstrategie auf Basis
eines BMEL-Eckpunktepapiers. Oben auf der Liste: die
Gemeinschaftsverpflegung mit dem Ziel, für sie bis 2030 die DGE-
Qualitätsstandards verbindlich zu verankern. Staatssekretärin Bender: „Die
Ernährungswende wird nur gelingen, wenn wir möglichst viele Menschen von
den Vorzügen einer saisonalen, regionalen und klimabewussten Ernährung
überzeugen – im Sinne der eigenen Gesundheit sowie des Klima- und
Umweltschutzes.“
Schlüsselrolle von Großküchen bei der Ernährungswende für eine
nachhaltigere und gesunde Verpflegung
Dass Gemeinschaftsverpflegung und Großküchen bei diesem Vorhaben eine
Schlüsselrolle spielen, ist kein Zufall: Die Gesellschaften sind global
rasant im Wandel. Menschen werden immer älter, und immer mehr leben in
Senioren- und Pflegeheimen. Die Zahl der Singlehaushalte steigt ebenso wie
der Anteil berufstätiger Frauen, der Bedarf an Ganztagsbetreuungsangeboten
für Kinder nimmt deshalb ebenfalls beträchtlich zu. Und neben
individualisierten Ernährungsgewohnheiten verstärkt eine zunehmende
Mobilität und die oft dadurch verursachte Entfernung zwischen Arbeitsplatz
und Wohnort einen Trend: Großküchen, werden als Orte für Verpflegung
bedeutender – „am besten mit einer nachhaltigen, saisonalen, regionalen
und klimaschonenden Ernährung“, so Bonde. Derzeit versorgen die
Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung in Deutschland zwischen 16 und
17 Millionen Gäste jeden Tag. Die Zahl dürfte steigen.
DBU-Projekt „GeNAH“ mit Fachhochschule Münster für mehr Nachhaltigkeit in
der Gemeinschaftsverpflegung
Der DBUdigital-Online-Salon nimmt mögliche Rezepte für eine
Ernährungswende in Großküchen unter die Lupe. Zur Sprache kommt dabei auch
ein von der DBU mit rund 467.000 Euro gefördertes Projekt des „Instituts
für nachhaltige Ernährung“ (iSuN) an der Fachhochschule (FH) Münster für
mehr Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung. Beteiligt sind das
Bistum Münster, die Himmlischen Herbergen als evangelische Tagungshäuser
mit bundesweit etwa 310 Bildungsstätten sowie Kliniken in Münster und
Lengerich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Der Name „GeNAH“ des
bis Ende 2023 laufenden Projekts ist Programm: gerechte und nachhaltige
Außer-Haus-Angebote. „Nicht einzelne Küchen stehen im Mittelpunkt, sondern
die Strukturen der großen Träger“, sagt Projektleiterin Prof. Dr. Petra
Teitscheid. Welche Erfolge ein solcher innovativer Ansatz bislang gebracht
hat, erläutert sie im Online-Salon.