Programmierbare Laserstrahlen sparen mehr als 30 Prozent Energie


Neue Freiheiten eröffnen sich in der Lasermaterialbearbeitung: Mit einem
Flüssigkristall-Modulator lässt sich das Strahlprofil eines Lasers
zeitlich hochaufgelöst frei programmieren. Der Strahl kann auch in
identische Kopien aufgeteilt werden. Zusammen mit einer Inline-
Prozessüberwachung und einer intelligenten Steuerung wird eine Null-
Fehler-Produktion möglich. Details werden im EU-Projekt METAMORPHA
erforscht. Das Modul wird in drei Anwendungen zusammen mit großen
Industriepartnern erprobt. 30 Prozent Energieeinsparung gegenüber
herkömmlichen Verfahren sind dabei das angepeilte Mindestziel.
Die Technik: Schnell, genau und flexibel
Von Ultrakurzpuls (UKP)-Lasern hat man schon viel gehört: Mit Pulsen im
Piko- oder Femtosekundenbereich können sie auch härteste Materialien
abtragen und das auf Mikrometer genau. UKP-Laser sind inzwischen mit
mehreren Hundert Watt Ausgangsleistung verfügbar, so dass sich Forschung
und Entwicklung auf die Frage konzentrieren, wie man »die PS auf die
Straße bringt«.
Am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen wird daran seit
Jahren gearbeitet. Neben verschiedenen UKP-Lasern verfügt das Team am
Fraunhofer ILT auch über neueste Hochleistungs-Flüssigkristall-
zur Strahlformung bei der Lasermaterialbearbeitung. Diese Modulatoren
vertragen bis zu 150 Watt Laserleistung. Im EU-Projekt »METAMORPHA – Made-
to-measure micromachining with laser beams tailored in amplitude and
phase« werden zwei von ihnen in einem Optikmodul zusammengeschaltet. Das
Modul kann ein Strahlprofil einzeln oder als Multistrahl formen und ist
mit verschiedenen Bearbeitungsanlagen kompatibel, zum Beispiel 3-Achs-
Maschinen, 5-Achs-Maschinen, Drehmaschinen oder Rolle-zu-Rolle-Maschinen.
Mit maschinellem Lernen zur Null-Fehler-Produktion
Ein großer Vorteil der Flüssigkristall-Modulatoren ist ihre Fähigkeit, das
Strahlwerkzeug mehr als 60-mal in der Sekunde zu verändern. Das ermöglicht
eine Optimierung des Bearbeitungsprozesses oder auch einen Prozesswechsel
in einem geschlossenen Regelkreis. Dafür wird der Prozess kontinuierlich
überwacht und mit einer intelligenten Steuerung geregelt. Optimiert werden
Prozessparameter und -strategie über maschinelles Lernen, wodurch
letztlich eine Fertigung mit 100 Prozent Gutteilen ermöglicht werden soll.
Nach einer entsprechenden Lernphase lassen sich so Prozesse auch
simulieren und optimierte Prozessparameter vordefinieren.
Das Hauptziel des Projektes sind umfangreiche Einsparungen von Energie und
die ressourceneffiziente Produktion. Das interessiert besonders die drei
Industriepartner Ceratizit, thyssenkrupp und Philips. Sie alle haben
Prozesse, für die der geplante laserbasierte Fertigungsansatz einen
enormen Fortschritt hin zu einer nachhaltigen, wirtschaftlichen Produktion
bedeuten würde.
Bei thyssenkrupp soll der Laser Prägewalzen strukturieren. Diese werden
heute über Funkenerosion bearbeitet. Dafür fallen über 10 GWh pro Jahr an.
Der Laser soll davon 90 Prozent sparen und darüber hinaus durch präzise
Restrukturierung von verschlissenen Oberflächen eine zehnfach längere
Lebensdauer der Prägewalzen erreichen. Bei Ceratizit geht es darum,
Hartmetallstempel und Prägestempel zu fertigen und verschlissene Werkzeuge
wiederaufzubereiten. Mit einer photonischen Prozesskette soll das
schneller und sparsamer geschehen. Philips will in diesem Projekt die
Herstellung eines Produktes aus dem Consumer-Bereich durch einen
universellen Laserbearbeitungskopf stark vereinfachen.
EU-Projekt METAMORPHA
Gemeinsam wollen die Projektpartner neueste Lasertechnik, Prozesswissen
und Steuerungs-Know-how zusammenführen, um etablierte Verfahren wie das
Funkenerodieren oder das nasschemische Ätzen zu ersetzen und so
signifikant Energie und Ressourcen zu sparen. Auch die Wiederaufbereitung
von Werkzeugen mittels Lasermaterialbearbeitung ist ein wichtiger Schritt
zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Am Ende wird die Lasertechnik
so einen signifikanten Beitrag zum Schutz von Umwelt und Gesundheit
leisten. Das Projekt startete am 1. September 2022 und wird mit einer
Laufzeit von vier Jahren von der Europäischen Union gefördert.
Projektpartner:
• Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT (Koordinator)
• RWTH Aachen Universität - Lehrstuhl für Technologie Optischer
Systeme (TOS)
• LASEA
• Universitat Politècnica de València (UPV)
• Datapixel
• fentISS
• Arditec
• Vivid Components Germany
• Ceratizit
• thyssenkrupp Steel Europe
• Philips Consumer Lifestyle