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Wie eine Smartwatch Herz-Kreislauf-Patienten unterstützen kann

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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung, Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg  Foto: Jörg Müller
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung, Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg Foto: Jörg Müller

Was taugen Pulsmessung und EKG durch Wearables? Herzstiftung erklärt
Möglichkeiten und Grenzen moderner Smartwatches

Moderne Smartwatches sind wahre Allrounder: Die intelligenten Uhren zeigen
nicht nur Wetter und Nachrichten an, sondern ermöglichen E-Mail-Empfang,
Telefonate und das Erfassen von Gesundheitsdaten. Je nach Modell werden
Schritte gezählt, Kalorienverbrauch ermittelt oder Puls und Blutdruck
gemessen. Einige der sogenannten „Wearables“ erstellen sogar einfache
EKGs, inklusive Warnfunktion für Vorhofflimmern. Das macht sie für
Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen interessant. Doch wie
verlässlich sind die Messfunktionen der tragbaren Mini-Computer? Können
sie Herzpatienten wirklich eine Hilfe sein, etwa um Vorhofflimmern oder
gefährlich hohe Blutdruckwerte zu erkennen? „Smartwatches entwickeln sich
tatsächlich zunehmend in Richtung kleiner medizinischer Diagnosegeräte“,
bestätigt der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Meinertz vom
Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Einige Modelle seien
bereits als Medizinprodukte zertifiziert worden. „Einen Arztbesuch können
sie nicht ersetzen, aber durchaus ergänzen. Allerdings sollte vom Arzt
eine Indikation für die Erkennung oder Therapiekontrolle einer Erkrankung
wie Vorhofflimmern oder Bluthochdruck gestellt sein“, so Meinertz. (1)
Mehr Informationen über die Möglichkeiten und Grenzen moderner
Smartwatches zur Unterstützung von Herz-Kreislauf-Patienten bietet die
Herzstiftung unter www.herzstiftung.de/smartwatches-herzpatienten

So funktioniert die Pulsmessung per Smartwatch
Die Pulsmessung durch eine Smartwatch funktioniert optisch mittels
Infrarotlicht durch die sogenannte Photoplethysmographie (PPG). Bei diesem
Verfahren wird Infrarotlicht in die Haut gesendet und gemessen, wie viel
Licht die Haut reflektiert. Diese Menge ist abhängig davon, wie viel Blut
durch die oberflächlichen Kapillaren fließt. Da bei jedem Pulsschlag die
Blutmenge in den Kapillaren zunimmt, wird in diesem Moment mehr Licht
absorbiert und weniger reflektiert. Die Uhr rechnet die reflektierte
Lichtmenge in eine Pulswelle um. Über diese Pulswellenanalyse lassen sich
die Herzfrequenz ermitteln und eine Rhythmusstörung erkennen. „Die
Zuverlässigkeit der Geräte bei der Pulsmessung durch eine Smartwatch liegt
bei über 90 Prozent und entspricht damit der Messgenauigkeit einer Messung
mit einem Brustgurt“, erklärt Meinertz. Wichtig sei allerdings, dass
sowohl Handgelenk als auch Sensor sauber seien und die Uhr ausreichend
dicht an der Haut sitze, damit die Messwerte nicht ungenau würden.
Auf einer anderen Technik beruht die Erstellung eines Elektrokardiogramms
(EKG). Hierbei misst das Gerät den elektrischen Impuls, der jeden
Herzschlag auslöst. Für die Messung müssen die Träger der Smartwatch
zunächst einen Sensor drücken und den 30-sekündigen Messvorgang abwarten.
Dieser sollte am besten in Ruhe durchgeführt werden. Die Uhr erstellt auf
diese Weise ein 1-Kanal-EKG, das Herzrhythmusstörungen zuverlässiger
erkennt als bei einer reinen Pulsmessung.
Relativ neu sind Smartwatches, die auch den Blutdruck messen können. Für
eine zuverlässige Messung ist es allerdings nötig, das Gerät regelmäßig
mit einem Blutdruckmessgerät zu kalibrieren. Zudem müssen sich die
Anwender genau an die Vorgaben halten und beispielsweise vor der Messung
keinen Kaffee trinken oder Sport treiben. Mehr Infos sind abrufbar unter
www.herzstiftung.de/smartwatches-herzpatienten

Wie verlässlich sind Smartwatches?
Verschiedene Untersuchungen, unter anderem der Stiftung Warentest,
bescheinigen den Uhren eine hohe Verlässlichkeit, beispielsweise bei der
Pulsmessung. Bei korrekter Anwendung gilt auch die Blutdruckmessung als
zuverlässig. Weniger geeignet sind die Uhren hingegen zur Erkennung
ernsthafter kardiologischer Vorfälle. Eine umfangreiche Studie des
Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung aus dem Jahr 2019
untersuchte, wie zuverlässig Smartwatches mittels Pulswellenanalyse
Herzrhythmusstörungen erkennen können. Die Ergebnisse waren zwar
überwiegend gut. Allerdings konnten 20 Prozent der Daten nicht ausgewertet
werden, da es Probleme mit der Signalqualität gab, insbesondere, wenn sich
die Probanden während der Messung bewegt hatten. Das zeigt, dass die
Messungen der Wearables ihre Grenzen haben, insbesondere bei ernsthaften
Erkrankungen. „Sie sind in der Lage Vorhofflimmern zu erkennen und zu
dokumentieren, allerdings bedarf es einer Bestätigung der Diagnose für die
erfasste Rhythmusstörung durch den Facharzt“, betont Meinertz. Besonders
wichtig für Anwender von Smartwatches ist ihm der Punkt: „Die 1-Kanal-EKG-
Erfassung ermöglicht nicht die Erkennung von Durchblutungsstörungen des
Herzmuskels. Weder die Apple Watch noch andere Smartwatches sind daher
dafür geeignet, einen Herzinfarkt oder bösartige Herzrhythmusstörungen zu
erkennen.“ Zudem hätten diese Systeme zwar „ihre Vorteile, aber auch ihre
Nachteile“, so Meinertz, wenn sie nicht mit einer Indikationsstellung und
einer klaren Fragestellung, in der Regel durch einen Kardiologen, zum
Einsatz kämen: beispielsweise zur Erkennung von Vorhofflimmern, zur
Diagnose und Therapieüberwachung von Bluthochdruck, perspektivisch auch
von Diabetes. (1) Wer als medizinischer Laie jung und ohne kardiovaskuläre
Vorerkrankung ständig eine Smartwatch zur Kontrolle dieser Vitalwerte
gebrauche, laufe eher Gefahr, verunsichert zu werden.

„Nur ein Mediziner kann die richtigen Schlüsse aus den Messungen ziehen“
Auch sollten Anwender die Uhren richtig bedienen können, um korrekte Werte
zu erhalten. „Moderne Smartwatches können helfen, den Herzrhythmus
kontinuierlich aufzuzeichnen und dabei einen unregelmäßigen Herzschlag,
der auf Vorhofflimmern hindeutet, festzustellen“, so Meinertz. Es brauche
in der Regel allerdings einen Mediziner, um aus den Messungen die
richtigen Schlüsse für die weitere Diagnostik und Therapie zu ziehen.
Außerdem gelte: Bei Schmerzen im Brustraum, die auf einen Herzinfarkt
hinweisen könnten, dürfen Betroffene keine Zeit mit der Smartwatch
verlieren, sondern müssen nach wie vor sofort den Notruf unter 112
verständigen.

(cme/wi)

Literatur:

(1) US Preventive Services Task Force. Screening for Atrial Fibrillation:
US Preventive Services Task Force Recommendation Statement. JAMA.
2022;327(4):360–367. doi:10.1001/jama.2021.23732
(2) Wearable-basierte Detektion von Arrhythmien; Positionspapier der
Deutschen Gesellschaft für Kardiologie;
https://doi.org/10.1007/s12181-021-00488-3

Service-Tipp: Worauf Sie beim Kauf einer Smartwatch achten sollten und
weitere Informationen zu den Messfunktionen der Geräte erhalten Sie im
Online-Beitrag unter www.herzstiftung.de/smartwatches-herzpatienten sowie
mit dem Beitrag „Uhr statt Manschette“ von Joachim Mohr in der Ausgabe
4/2021 der Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute. Ein Probeexemplar dieser
Ausgabe kann kostenfrei bei der Herzstiftung angefordert werden unter Tel.
069 955128-400 oder per Mail unter www.herzstiftung.de/bestellung

Online-Beitrag: www.herzstiftung.de/smartwatches-herzpatienten