Juristen contra Mediziner: Wer besiegt den Schwarzen Tod?
Juristen spielten bei der Pestbekämpfung vom Spätmittelalter an eine
wachsende Rolle: Während die Mediziner noch darüber stritten, ob die
Körpersäfte schuld waren an der Ausbreitung der Seuche, organisierten
juristisch gebildete Amtsträger eine beispiellose Strategie staatlicher
Intervention. Diese war zwar erfolgreich, oft aber auch brutal, wie
Rechtshistoriker Prof. David von Mayenburg im neuen „Forschung Frankfurt“
darlegt.
Im Jahr 1606 brach in der Umgebung der kleinen Universitätsstadt Altdorf
bei Nürnberg die Pest aus. Die Studenten ergriffen aus Angst vor
Ansteckung die Flucht – zum Missfallen einiger Professoren. Insbesondere
Vizekanzler Konrad Rittershausen, ein Jurist, widersetzte sich seinen
Kollegen aus der Medizin und rief den akademischen Nachwuchs zur Rückkehr
auf. „Der Fall Altdorf steht beispielhaft für das auch heute noch häufig
schwierige Verhältnis medizinischer und juristischer Experten in Fragen
der Seuchenbekämpfung“, schreibt Prof. David von Mayenburg in der neuesten
Ausgabe von Forschung Frankfurt, die den Schwerpunkttitel „Pandemie: Was
bleibt?“ trägt. Der Rechtshistoriker nahm den Fall zum Anlass für ein
Projekt zur Frage, wie die juristischen Experten des Mittelalters und der
frühen Neuzeit auf die Pest reagierten, wie sie mit anderen Experten
interagierten und welche Bedeutung juristisches Expertenwissen für den
Aufstieg des modernen Gesundheitsstaats hatte. In „Forschung Frankfurt“
entwirft er ein lebendiges Bild früherer Gesellschaften und deren Umgang
mit Pandemien bis hin zu den strikten Methoden eines Girolamo Gastaldi im
Rom des 17. Jahrhunderts. Parallelen zur heutigen Corona-Situation drängen
sich auf, die ebenfalls nicht nur medizinische, sondern auch viele
juristische Fragen aufwirft.
Weitere Beiträge in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins der
Goethe-Universität gehen zum Beispiel folgenden Fragen nach: Was wissen
wir über die körperlichen Langzeitfolgen von COVID, insbesondere bei
kardiologischen Beschwerden? Wie können wir unser Gesundheitssystem für
künftige Pandemien besser aufstellen? Wie hat die Coronapandemie unser
Zusammenleben geprägt? Was wird im Schulalltag übrigbleiben von
Homeschooling und Distanzlernen? Und wie kann sich die Wirtschaft für
weitere Krisen besser wappnen? Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie
im alten Athen Seuche und Exzess Hand in Hand gingen und dass in China
schon einmal die erfolgreiche Pandemiebekämpfung den Status der Machthaber
festigte – nämlich bei den mächtigen Kaisern der Qing-Dynastie.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von
Journalisten kostenlos bestellt werden bei:
Alle Beiträge sind online verfügbar unter: www.forschung-frankfurt.de.