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Reversible Brennstoffzelle bricht Wirkungsgrad-Rekord

Prof. Ludger Blum neben reversibler Hochtemperatur-Brennstoffzelle am Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3)  Copyright: Forschungszentrum Jülich / R.-U. Limbach
Prof. Ludger Blum neben reversibler Hochtemperatur-Brennstoffzelle am Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3) Copyright: Forschungszentrum Jülich / R.-U. Limbach
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Prof. Ludger Blum neben reversibler Hochtemperatur-Brennstoffzelle am Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3)  Copyright: Forschungszentrum Jülich / R.-U. Limbach
Prof. Ludger Blum neben reversibler Hochtemperatur-Brennstoffzelle am Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3) Copyright: Forschungszentrum Jülich / R.-U. Limbach

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich
haben ein hochgradig effizientes Brennstoffzellen-System in Betrieb
genommen, das einen elektrischen Wirkungsgrad im Wasserstoffbetrieb von
über 60 Prozent erzielt. Ein so hoher Wert wurde bis jetzt von keinem
anderen Forscherteam weltweit berichtet. Und die Anlage weist noch eine
weitere Besonderheit auf: Die neu entwickelten reversiblen Hochtemperatur-
Brennstoffzellen können nicht nur Strom erzeugen, sondern lassen sich auch
für die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse nutzen.

Reversible Brennstoffzellen, englische Bezeichnung „reversible Solid Oxide
Cell“, kurz rSOC, verbinden praktisch zwei Geräte in einem. Der Zelltyp
ist daher in besonderer Weise für den Bau von Anlagen geeignet, die
Elektrizität in Form von Wasserstoff zwischenspeichern und diesen zu einem
späteren Zeitpunkt wieder rückverstromen können. Eine derartige
Speichertechnologie könnte eine wichtige Rolle bei der Energiewende
spielen. Sie wird benötigt, um Schwankungen erneuerbarer Energien
auszugleichen und dem Auseinanderlaufen von Angebot und Nachfrage
entgegenzuwirken. Zusätzlich bietet sich der Einsatz für abgelegene
Stationen auf Inseln und Bergen an, um dort eine autarke Energieversorgung
sicherzustellen.

Die außergewöhnliche Eigenschaft der Reversibilität weisen nur
Hochtemperatur-Brennstoffzellen, kurz SOFC, englisch „Solid Oxide Fuel
Cell“, auf, die bei etwa 800 Grad Celsius betrieben werden. Aufgrund der
hohen Temperatur können für diesen Brennstoffzellentyp unedlere und
kostengünstigere Materialien als für Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen
verwendet werden. Gleichzeitig arbeiten Hochtemperatur-Brennstoffzellen
höchst effizient. Anders als Niedertemperatursysteme, deren Wirkungsgrad
im Betrieb mit Wasserstoff auf etwa 50 Prozent begrenzt ist, können
Hochtemperatur-Brennstoffzellen auch einen deutlich höheren Wirkungsgrad
erzielen.

Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich ist es nun gelungen, den
Wirkungsgrad noch weiter zu steigern und erstmals einen Wert von über 60
Prozent zu realisieren. Für ihre Anlage ermittelten die Forscher im
Testbetrieb einen elektrischen Wirkungsgrad von 62 Prozent. „Möglich wurde
dies durch ein verbessertes Stackdesign in Verbindung mit einer
optimierten und hochintegrierten Anlagentechnik, die mehr als 97 Prozent
des zugeführten Wasserstoffs elektrochemisch umsetzt“, erklärt Prof.
Ludger Blum vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3).

Eine dieser Verbesserungen liegt in der Dimensionierung der Wandlereinheit
(engl. „Stack“). „Unser Stack kommt auf eine Leistung von 5 Kilowatt,
womit in etwa der Stromverbrauch zweier Haushalte gedeckt werden könnte.
Bislang musste man immer mehrere Einheiten im Kilowatt-Maßstab
kombinieren, um eine vergleichbare Leistung zu erreichen“, erläutert
Ludger Blum. Der Forscher hofft, dass sich so auch die Herstellungskosten
senken lassen, da insgesamt weniger Einheiten für den Bau leistungsstarker
Anlagen benötigt werden.

Im Elektrolysemodus, wenn das System Wasserstoff produziert, lässt sich
die Jülicher Anlage sogar noch mit einer deutlich höheren Leistung fahren.
Bei einer Stromaufnahme des Stacks von 14,9 Kilowatt erzeugt sie dann pro
Stunde 4,75 Kubikmeter (Nm3/h) Wasserstoff, was einem Systemwirkungsgrad
von 70 Prozent entspricht. Damit arbeitet die Versuchsanlage bereits jetzt
effizienter als alkalische und Polymerelektrolyt-Elektrolyseure, die auf
60 bis 65 Prozent kommen und heute Standard sind.

„Die Elektrolyse funktioniert für den Anfang schon recht gut, hier sehen
wir aber auf jeden Fall noch ein Verbesserungspotenzial“, berichtet Ludger
Blum. Hochtemperatur-Systeme von anderen Entwicklern, die speziell für die
Elektrolyse optimiert wurden, erreichen heute Wirkungsgrade von über 80
Prozent. Im Brennstoffzellenmodus arbeiten diese dann allerdings nicht so
effizient, wie das neue Jülicher System.

Die Jülicher Forscher haben bereits weitere Optimierungen angedacht, mit
denen sie den sogenannten „Round-trip“-Wirkungsgrad weiter steigern
wollen. Die Kennzahl beschreibt, welcher Wirkungsgrad bei der
Wiederverstromung, also nach Herstellung von Wasserstoff und
Rückverstromung, übrig bleibt. Die Wissenschaftler wollen den Wert von
aktuell 43 Prozent auf über 50 Prozent verbessern.

Für einen Wasserstoffspeicher wäre dieser Wert sensationell, auch wenn die
Technologie in dieser Hinsicht nicht mit Batteriespeichern mithalten kann,
die teilweise auf über 90 Prozent kommen. Dafür bieten Brennstoffzellen-
Systeme andere Vorteile. Da der Energiewandler, die Brennstoffzelle, und
der Energieträger Wasserstoff klar voneinander getrennt sind, kann immer
wieder neu Wasserstoff zugeführt oder auch abgeleitet werden. Der Größe
der speicherbaren Energiemenge sind so kaum Grenzen gesetzt.