Neue Konzepte für das Leben in der grünen Stadt


Fraunhofer UMSICHT auf der BAU 2019
Moose an der Wand, Gemüse vom Dach und recycelter Bauschutt – neue
Konzepte für das Leben in der grünen Stadt
Immer mehr Menschen leben in der Stadt, sodass innovative Verfahren und
Systeme für eine urbane Begrünung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Für ein
ressourcenschonendes Wachstum der boomenden Baubranche müssen zugleich
neue Recyclingverfahren und kreislaufgerechte Produkte entwickelt werden.
Auf der Messe BAU 2019, vom 14. bis 19. Januar in München, stellt
Fraunhofer UMSICHT gleich drei verschiedene Projekte vor, die den urbanen
Raum künftig noch lebenswerter, effizienter und nachhaltiger gestalten
können.
aut Prognosen der Vereinten Nationen werden in gut 30 Jahren fast 70
Prozent der Weltbevölkerung im urbanen Lebensraum Zuhause sein. Mit dieser
Entwicklung gewinnt die Integration grüner Flächen in das Stadtgebiet
zunehmend an Bedeutung. Durch die geschickte Verbindung von Natur und
Technik und die Entwicklung smarter Materialien, Strukturen und
Oberflächen kann die Begrünung des urbanen Raums eine Vielzahl positiver
Auswirkungen auf den Menschen sowie das Stadt- und Gebäudeklima haben.
Die Urbanisierung führt darüber hinaus zu einem derzeit rasant wachsenden
Wohnungsbau, für den jährlich allein in Deutschland rund 600 Millionen
Tonnen mineralische Rohstoffe eingesetzt werden. Um künftig das Vorkommen
natürlicher Rohstoffe zu schonen und ein nachhaltiges Wachstum der
Baubranche zu erreichen, bedarf es neuer Recyclingkonzepte und
alternativer Rohstoffquellen für die Bauindustrie. Herausforderungen, für
die Fraunhofer UMSICHT auf der Messe BAU 2019 in München innovative
Lösungen und Strategien vorstellt.
Substratsystem für vertikales Mooswachstum
»VerticalGreenMoss« verfolgt die Entwicklung eines Substratsystems zum
flächendeckenden, kontrollierten und zeitoptimierten Moosbewuchs in der
Vertikalen. Damit beschäftigt sich das Projekt mit einer bislang wenig
erforschten Methode. Moose wachsen in ihrem natürlichen Ökosystem zwar
häufig vertikal, eine langfristig erfolgreiche gezielt technische
Anzüchtung ist bislang jedoch noch nicht gelungen. Im Rahmen der BMBF-
Fördermaßnahme »GO-Bio« nimmt sich das Projekt »VerticalGreenMoss« dieser
Herausforderung an.
Im Projekt werden relevante Parameter für ein vertikales Mooswachstum in
der freien Natur ermittelt und Daten natürlicher Substrate und Standorte
erhoben und analysiert. Die Grundlage für die Strukturierung technisch
hergestellter Substrate stellen Abformungen natürlicher Oberflächen und
die Untersuchung der sich darstellenden Substrattopologie dar. Auf Basis
dieser Ergebnisse werden anschließend geeignete Substratoberflächen
entwickelt, mittels moderner 3D-Drucktechnik umgesetzt und mit
Moosfragmenten oder Sporen angeimpft. Zur Optimierung können die
Oberflächen mit Wirksubstanzen – in Kombination mit oder im Anschluss an
den 3D-Druck – ergänzt werden. Experimentelle Untersuchungen zur
Mooskultivierung liefern valide Daten zum Besiedlungserfolg und zur
Ermittlung der Aufwuchsgeschwindigkeit.
Weitere Informationen unter: www.bryo-engineering.com
Nachhaltiges Konzept für urbane Lebensmittelproduktion
Aufgrund immer mehr dicht besiedelter Ballungszentren werden unbebaute
Flächen im urbanen Raum zunehmend weniger. Mit nachhaltigen und
ressourcenschonenden Konzepten integriert Fraunhofer UMSICHT unter der
Dachmarke »inFARMING®« die Agrarwirtschaft in Gebäuden und ermöglicht
damit Nahrungsmittel und Wirkstoffe in einem regionalen und ganzheitlichen
Kontext zu produzieren und anzubieten. Für die agrarwirtschaftliche
Nutzung stellt das Gebäude oder das Quartier als Ressource dabei Energie,
Wasser und Nährstoffe bereit.
Im institutseigenen Photonik-Labor erforscht und getestet, sorgen
innovative Materialien und Kultivierungssysteme, spezifische
Lichtszenarien und neu entwickelte Kreislaufverfahren für Nährstoffe,
Wasser und Energie dann für eine effektive Verknüpfung von
Produktionssystemen und Gebäudeinfrastrukturen.
Als erstes Referenzprojekt wird der »ALTMARKTgarten« in Oberhausen nach
seiner Fertigstellung Anfang 2019 das »inFARMING®«-Konzept im
gebäudeintegrierten Dachgewächshaus umsetzen. Im Auftrag der OGM
Oberhausener Gebäudemanagement GmbH und in Zusammenarbeit mit der Stadt
Oberhausen entsteht dort ein neues Bürogebäude, das durch die Möglichkeit
der Produktion von nachhaltigen und regionalen Lebensmitteln auf dem Dach
in dieser Form bisher einzigartig in Deutschland ist.
Mit den entwickelten Technologien von Fraunhofer UMSICHT können dort
künftig etwa Wasserströme oder Abwärme aus dem Gebäude zur Versorgung der
Pflanzen verwendet, Transportwege minimiert, Abfälle reduziert und
Stoffkreisläufe effizient geschlossen werden.
Weitere Informationen unter: www.infarming.de
Gefördert wird das Projekt: »Altmarktgarten – Systemlösungen für Grün in
der Stadt, Gestaltung und Bau eines gebäudeintegrierten Dachgewächshauses
zur nachhaltigen Pflanzenproduktion und als Nukleus für städtebauliche
Kultur- und Innovationsprozesse« durch das Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Rahmen des Bundesprogrammes
»Nationale Projekte des Städtebaus«.
Aus Bauschutt werden homogene Bauprodukte
Insbesondere der städtische Wohnungsbau trägt dazu bei, dass es in
Deutschland derzeit einen Bauboom zu verzeichnen gibt. Für den Bau werden
meist Primärrohstoffe wie Sand oder Kies eingesetzt, da jährlich nur fünf
Prozent des Bauschutts als hochwertiges Produkt für den Einsatz im Hochbau
in die Bauwirtschaft zurückgeführt werden. Der anfallende Bauschutt landet
meist im Straßen- und Wegebau und je nach Schadstoffbelastung oft auch auf
Deponien und ist damit einer neuerlichen Wertschöpfung in zirkulären
Geschäftsmodellen endgültig entzogen.
Das Fraunhofer-interne Projekt »BauCycle« entwickelt eine ganzheitliche
Recyclingstrategie für feinkörnigen Bauschutt mit dem Ziel, heterogenen
Bauschutt wieder in homogene Bauprodukte überführen zu können. Dadurch
soll der Einsatz von Primärrohstoffen reduziert, ein nachhaltigeres Bauen
ermöglicht und auch der Verknappung von Deponieraum und zunehmendem
Flächenverbrauch entgegengewirkt werden.
Parallel arbeitet das Forschungskonsortium aus vier Instituten an der
Umsetzung einer dynamischen Marktplattform, die das Angebot von
Recyclingfirmen und den Bedarf von Unternehmen, die Recyclingmaterial
verarbeiten können, miteinander verbindet. Ziel ist es dabei die in
Quantität und Qualität schwankenden und an unterschiedlichen Orten
generierten Sekundärrohstoffe aus Abbruchmaßnahmen mit etablierten
Produktionsprozessen der Baustoffindustrie zu verbinden. Damit schafft
»BauCycle« nicht nur neue Wertstoffe für den Bausektor, das Projekt
kombiniert auch die drei Geschäftsfelder Produktentwicklung,
Sortiertechnologie und Vermarktung. Seit 2016 arbeiten Fraunhofer UMSICHT,
Fraunhofer IBP, Fraunhofer IML und Fraunhofer IOSB gemeinsam an der
Verwertungsstrategie, die in Teilen auch in anderen Branchen, etwa im
Glasrecycling oder der Bergbauindustrie, ihren Einsatz finden kann.
Weitere Informationen unter: www.baucycle.de
Fraunhofer UMSICHT stellt im Rahmen des Gemeinschaftsstands der
Fraunhofer-Gesellschaft aus (Halle C2, Stand Nr. 528). Unser Team freut
sich auf ihren Besuch.