Zukunft von Arbeiten und Leben in ländlichen Räumen


Rund 100 Teilnehmende beim 7. Forum Regionalmanagement von HAWK und Uni in
Göttingen
Zum 7. FORUM Regionalmanagement und Wirtschaftsförderung in der HAWK
Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst sind jetzt mehr als 100
Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement
in Göttingen gekommen und haben intensiv über die Zukunft von Arbeiten und
Leben in ländlichen Räumen diskutiert. Prof. Dr. Ulrich Harteisen von der
HAWK und Prof. Dr. Christoph Dittrich, Leiter der Abteilung
Humangeographie des Geographischen Instituts der Universität Göttingen,
die gemeinsam die Veranstaltung durchführten, freuten sich über das volle
Haus und die lebhaften Diskussionen.
Prof. Dr. Ulrike Grabski-Kieron vom Geographischen Institut der
Universität Münster zeigte in ihrem Einführungsvortrag, dass ländliche
Räume schon immer auch ein Ort der Arbeit waren und bis heute sind.
Standortfaktoren haben sich jedoch immer einmal wieder verändert. So waren
die vorindustriellen Gewerberegionen überwiegend in den rohstoff- und
energiereichen Mittelgebirgen angesiedelt, heute oft Räume, in denen
Arbeitsplätze fehlen und die Bevölkerung abwandert. In der Gegenwart sind
es neben den harten auch die weichen Standortfaktoren, die einen
ländlichen Raum attraktiv zum Leben und Arbeiten machen. Harteisen hatte
in seinen einführenden Worten die Frage gestellt, wie die Digitalisierung
das Leben und Arbeiten in ländlichen Räumen verändern wird. Der Soziologe
Prof. Dr. Josef Hilbert, Geschäftsführender Direktor des Instituts Arbeit
und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen griff diese
Fragestellung auf und zeigte, dass die ländlichen Räume aufgrund ihrer
gegenwärtigen Wirtschaftsstruktur sehr unterschiedlich von der
Digitalisierung betroffen sein werden. Das Substituierungspotenzial von
Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung ist im verarbeitenden Gewerbe um
ein Vielfaches größer als im Dienstleistungsgewerbe (hier insbesondere im
Gesundheitssektor), weshalb sich Regionen mit vorherrschendem
verarbeitenden Gewerbe intensiv Gedanken zu ihrer Zukunftsfähigkeit machen
sollten.
Prof. Christoph Dittrich begrüßte am Nachmittag Referenten aus den vier
sehr unterschiedlichen ländlichen Regionen Bodensee-Oberschwaben,
Eichsfeld, Südtirol und Südniedersachsen. Die prosperierende Region
Bodensee-Oberschwaben hat vor allem ein Problem: Es fehlen die Flächen für
die Ansiedlung von Gewerbe und auch für neue Wohnstandorte, so
Verbandsdirektor Wilfried Franke. Für den Geographen Thomas Wieland von
der Universität Karlsruhe ist Südtirol zwar ein regionalökonomisches
Erfolgsmodell, aber auch in Südtirol sind die Grenzen des Wachstums
erreicht, denn die Ressource Fläche und das Potenzial an Fachkräften ist
knapp. Die Region Eichsfeld in Westthüringen zeichnet sich durch die
höchste Rückkehrerquote aus, berichtete Gerald Schneider,
stellvertretender Landrat des Landkreises Eichsfeld. Danach gefragt,
worauf das zurückzuführen sei, wurde auf die starke Bindung der
Eichsfelder an ihre Heimat verwiesen, hinzu kommen attraktive
Arbeitsplätze, die u.a. in neuen Gewerbegebieten entlang der BAB 38 in den
letzten zehn Jahren entstanden sind, machte Christoph Reimann, Leiter des
Wirtschaftsreferates des Landkreises Eichsfeld deutlich.
Den Blick auf Arbeit und Wirtschaft richtet auch das an der HAWK
angesiedelte Forschungsprojekt „Perspektiven für den Wirtschaftsstandort
Dorf“. In neunzehn Dörfern in Südniedersachsen wird aktuell eine
Vollerfassung der vorhandenen Wirtschaftsstrukturen durchgeführt. Dörfer
sind auch heute ein Standort der Wirtschaft, so konnten 728 Unternehmen in
den Dörfern identifiziert werden, an die sich nun die
Unternehmensbefragung richtet, so das HAWK-Forscherteam bestehend aus
Sandra Lindemann, Dr. Tobias Behnen und Marcus Cordier.
Im seinem Abschlussresumee unterstrich Prof. Ulrich Harteisen, dass
ländliche Räume nach wie vor ein bedeutender Standort für die Wirtschaft
sind, oft fehlt es aber an Sichtbarkeit. So besitze beispielsweise die
Ortschaft Katlenburg im Landkreis Northeim gute Voraussetzungen für
Arbeiten und Leben. Die Digitalisierung bietet den ländlichen Räumen
voraussichtlich mehr Chancen als Risiken. Die Chancen müssen aber auch
ergriffen werden und dazu können ganz sicher auch kompetente
Regionalmanager und Wirtschafsförderer beitragen.