Bohrung im sibirischen Permafrost erfolgreich beendet
Eine gemeinsame Expedition des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und
Meeresforschung (AWI) und des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ ist
soeben zu Ende gegangen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
beider Einrichtungen machen sich nun an die Auswertung der Daten.
Die Permafrostlandschaften auf der Nordhalbkugel gelten als
Schlüsselregionen für den Globalen Wandel – und sind daher für die
Forschung besonders interessant. Im Zuge der Erderwärmung tauen weite
Areale auf und entlassen große Mengen Kohlendioxid und Methan in die
Atmosphäre. Wie viel Treibhausgas tatsächlich entweichen wird, dazu gibt
es lediglich grobe Schätzungen.
Genauere Informationen erhofft sich ein Team des Deutschen
GeoForschungsZentrum (GFZ), Helmholtz-Zentrum Potsdam und des Alfred-
Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
von Untersuchungen im Permafrost des Lena-Deltas. Unter widrigen
Bedingungen bohrten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam
mit russischen Partnern während der vergangenen vier Wochen auf der
sibirischen Halbinsel Bykovsky in den Untergrund.
Dort im hohen Norden Sibiriens liegt die Landschaft noch unter einer
dichten Schneedecke. Die Temperaturen fielen auf bis zu minus 29 Grad
Celsius, teilweise herrschte starker Wind. Vermeintlich einfache Arbeiten
wie das Wechseln des Bohrgestänges gerieten unter diesen Bedingungen zur
Tortur und dauerten wesentlich länger als üblich, berichten die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie hatten keine Wahl: Wer den
Permafrost erforschen will, sollte im Winter kommen. Im Sommer, wenn die
oberste Schicht taut, versinken Crew und schweres Gerät rasch im Morast.
Das blieb dem deutsch-russischen Team erspart. Soeben wurden die Arbeiten
erfolgreich abgeschlossen, insgesamt 96 Meter gefrorene Kerne wurden
erbohrt. Das Material stammt aus verschiedenen Schichten, die durch
unterschiedliche Entstehungsbedingungen und unterschiedliche Temperaturen
gekennzeichnet sind.
„Die Proben werden gekühlt und dann für weitere Analysen in unser Labor
nach Potsdam gebracht“, sagt Prof. Susanne Liebner, Leiterin der
Helmholtz-Nachwuchsgruppe MicroCene in der Sektion Geomikrobiologie am
GFZ. „Hier untersuchen wir die mikrobiellen Lebensgemeinschaften und deren
Funktion im Kohlenstoffkreislauf in den unterschiedlichen Sedimenten“
Auf diese Weise will Liebners Team herausfinden, welche
Stoffwechselprozesse in den unterschiedlichen Zonen bevorzugt ablaufen.
„Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass in der Übergangszone zwischen
dauerhaft gefrorenem Untergrund und aufgetauten Schichten durch
mikrobielle Prozesse ein Teil des Methans (CH4) zu Kohlendioxid (CO2)
umgewandelt wird“, sagt Liebner. „Dies ist zwar auch ein Treibhausgas,
dennoch ist dieser Prozess eine wichtige Senke für das deutlich
klimawirksamere Methan, wir sprechen auch von einem ,Methanfilter´.“ Die
aktuellen Forschungen sollen präzisere Daten dazu liefern, welche Art und
welche Menge an Treibhausgasen im Zuge der Erderwärmung tatsächlich aus
dem tauenden Permafrost abgegeben wird.
Neben den geomikrobiologischen Arbeiten des GFZ, werden Ausmaß und
Geschwindigkeit der Permafrostdegradation, also die Veränderungen, die im
Zuge steigender Temperatur auftreten, vom AWI untersucht. Diese
Informationen sind auch für die arktische Infrastruktur wichtig. Bereits
heute gibt es vielfach Probleme, weil Häuser und Straßen, die einst auf
fest gefrorenem Grund errichtet worden waren, nun im weichen Untergrund
versinken.