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100 Jahre Soziale Arbeit in Hamburg – Feier mit Ausstellung und Stadtführung

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100 Jahre Soziale Arbeit in Hamburg – Feier mit Ausstellung und
Stadtführung
Ausstellung, Vorträge und eine Stadtführung – so feiert das Department
Soziale Arbeit der HAW Hamburg in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen.
Die Feier am 4. und 5. Mai am Campus Berliner Tor würdigt die beiden
Gründerinnen Gertrud Bäumer und Marie Baum und beleuchtet die weitere
Entwicklung. Ebenfalls ist das Jubiläum Thema der neuen Ausgabe des
„standpunkt : sozial“ sowie einer Sonderausgabe der Fachzeitschrift
"Soziale Arbeit".

Jubiläumsfeier 100 Jahre Soziale Arbeit:
HAW HAMBURG, 20099 Hamburg
DONNERSTAG, 04. Mai 2017, 13 - 18 UHR, Berliner Tor 21
FREITAG, 05. Mai 2017, 8 - 18.30 UHR, Alexanderstraße 1


Ein Hintergrundgespräch zum Jubiläum mit den Organisatoren Professorin Dr.
Frauke Schwarting und Professor Dr. Dieter Röh.

Frau Schwarting, Herr Röh, was war Ihre Motivation, diese 100-Jahr-Feier
zu organisieren?

Frauke Schwarting: Der Geburtstag ist ein schöner Anlass, die eigene
Geschichte mal in den Vordergrund zu rücken. Vor einigen Jahren haben
Dieter Röh und ich mit Studierenden Originalunterlagen aus den 1920er und
1930er Jahren entstaubt und bearbeitet und wir haben Feuer gefangen und
unser kleines Archiv angelegt. Die zeitgeschichtlichen Situationen mit
ihren Ideen und Kontroversen, das Engagement so verschiedener Menschen,
auch in Hamburg, haben Spuren in unseren heutigen Formen hinterlassen. Und
es ist spannend und lehrreich, die eigenen Wurzeln kennen zu lernen, im
Guten wie im Schlechten.

Dieter Röh: Ich sehe das ähnlich und man hat nicht oft die Gelegenheit, an
einer Institution genau in der Zeit tätig zu sein, an der ein so
besonderes Jubiläum gefeiert wird. Wir waren uns daher sehr schnell einig,
dass wir hierzu etwas beitragen möchten. Wir beide sind sehr
geschichtsinteressiert, ich lehre das Fach zudem im Bachelor-Studiengang
Soziale Arbeit und so lag es nahe, das Jubiläum inhaltlich gestalten zu
wollen. Zum Glück haben wir weitere Kolleginnen und Kollegen aus dem
Department Soziale Arbeit, eine ehemalige Kollegin und Lehrbeauftragte und
Studierende gewinnen können, mit uns in die Vorbereitung einzusteigen.

Welche Impulse erhoffen Sie sich von dem historischen Rückblick? Was hat
Sie an der Geschichte bewegt?

Dieter Röh: Geschichte ist immer ein Lehrstück für das, wonach man streben
sollte und was man vermeiden muss, individuell und gesellschaftlich. Die
soziale Frauenschule wurde im Zuge der entstehenden Professionalisierung
Sozialer Arbeit mit einem solchen Eifer und Pioniergeist gegründet, dass
man darauf bewundernd zurückblicken kann. Ohne jede Vorerfahrung, ohne
Lehrbücher, ja ohne eine ganz genaue Vorstellung von dem, was und wozu man
die jungen Frauen ausbildete, haben die Gründungsmitglieder und die ersten
Leiterinnen einfach begonnen. Gleichzeitig ist die damalige soziale Arbeit
beziehungsweise Fürsorge sehr schnell in die Fänge der Nationalsozialisten
geraten. Solche Verwicklungen gilt es gerade heute mit einem wachen
politischen Bewusstsein zu verhindern. Und auch in den Folgejahren, ab
1945, ist die Ausbildung und später das Studium politisch geblieben, haben
sich die Studierenden und Lehrenden mit der politischen Seite der Sozialen
Arbeit auseinandergesetzt und versucht, auf gesellschaftliche Prozesse
Einfluss zu nehmen oder zumindest diese besser zu verstehen. In dieser
Hinsicht können wir auch für heute einiges lernen.

Frau Schwarting, welche Facetten in der Geschichte der Ausbildung der
Sozialen Arbeit sind für Sie am wertvollsten und was interessiert Sie am
meisten an diesem Fachgebiet?

Frauke Schwarting: In der Gestaltung der Ausbildung vom Ende des
Kaiserreichs bis zur heutigen spätmodernen Gesellschaft spiegeln sich ja
die Auseinandersetzungen, was eigentlich soziale Probleme sind, wie
soziale Unterstützung aussehen kann und soll, was man dafür wissen und
können muss – insofern finde ich jede der Zeiten spannend.  Für mich
persönlich ist besonders interessant, wie sehr die Entwicklung
professioneller Sozialer Arbeit von Frauen geprägt ist: die Gründung,
damals in Form der Sozialen Frauenschule, war ein zentraler Beitrag zur
Ermöglichung der Berufstätigkeit der Frauen aus der bürgerlichen Schicht;
die Hamburger Honoratiorinnen und Honoratioren haben mit Gertrud Bäumer
und Marie Baum als Leitung ja zwei in der Frauenbewegung bekannte
Persönlichkeiten gewonnen. Und auch die zweite Phase eines starken Ausbaus
in den 70er Jahren ging mit Zunahme von Dienstleistungsberufen und auch
Frauenerwerbstätigkeit einher. Sehr wertvoll finde ich auch die Impulse
für eine politische und sozialwissenschaftliche Selbstreflektion Sozialer
Arbeit, die vor allem in den 70er und 80er Jahren wurzelten und später ein
wichtiger Bestandteil ethischer und professioneller Debatten wurden.

Wohin geht die Reise der Sozialen Arbeit? Wo stehen wir in 100 Jahren?

Frauke Schwarting: Oh je, wir wissen nicht einmal sicher, wo wir in 20
oder 30 Jahren stehen! Ich würde mir sehr wünschen, dass sich soziale
Phantasie und Konzepte für gute soziale Gestaltung des gesellschaftlichen
Lebens und Teilhabe der Menschen mindestens so voran bewegen wie die
technischen und ökonomischen Entwicklungsprozesse, die ja derzeit rasant
sind und auch neue soziale Fragen und Probleme aufwerfen. Theorie und
Praxis Sozialer Arbeit leisten da wichtige Beiträge!

Dieter Röh: Ich hoffe, dass sich die Soziale Arbeit weiter
professionalisiert und gleichzeitig ihre politische Seite wiederentdeckt
oder dieses Bewusstsein wachhält. Wir können an der Bearbeitung und Lösung
sozialer Probleme und damit an der Gestaltung der Gesellschaft nur
mitwirken, wenn wir es einerseits schaffen, Menschen in konkreten
Problemlagen so zu unterstützen, dass sie diese zukünftig selbst
bewältigen können, wobei manche auch dauerhaft unterstützt werden müssen.
Und wir andererseits gestaltend und präventiv an der Verbesserung der
gesellschaftlichen Chancen arbeiten. Für beides ist die Soziale Arbeit
ethisch, theoretisch und methodisch gut gerüstet.

Festprogramm

Donnerstag, 4. Mai, Empfang in der Aula Berliner Tor (HAW Hamburg)

13:00 Uhr: Ankommen, Registrierung
13:30 Uhr: Grußworte
14:00 Uhr: Festvortrag Prof. Dr. Ralph-Christian Amthor (Hochschule
Würzburg): Soziale Arbeit und gesellschaftlicher Wandel – Historische
Entwicklungslinien und gegenwärtige Herausforderungen in der Lehre und
Wissenschaft
14:45 Uhr: Von der Sozialen Frauenschule bis zum Department Soziale
Arbeit. Fotografische Impressionen aus 100 Jahren
15:15 Uhr: Hinweise zum Programm des Folgetags, Publikationen, Ausstellung
15:30 Uhr: Empfang/Ausklang
ca. 18 Uhr Ende

Freitag, 5. Mai, Tagungs- und Feiertag in der Versammlungsstätte
Alexanderstraße
08:00 Uhr: Gebäude- und Ausstellungsöffnung
10.00 Uhr: Vortrag Prof. Dr. Dieter Röh: Die Geschichte der
Sozialarbeitsausbildung in Hamburg (HAW Hamburg)
11.00 Uhr: Gesprächsrunde auf dem Podium mit Studierenden, Alumnis,
Lehrenden und Emeriti zum Thema: „Soziale Arbeit als Gestalterin der
Gesellschaft?! Studium, Praxis und Wissenschaft im Wandel“
12:30 Uhr: Mittagspause
14:00 Uhr: themenbezogene Workshops
17:00 Uhr: Playback-Theater
18.30 Uhr: Jubiläumsfest
Zirka 23 Uhr: Ende