Ausstellung: Der „Welsche Gast“ des Thomasin von Zerklaere
Die erste umfassende Verhaltens- und Tugendlehre in deutscher Sprache –
der „Welsche Gast“ von Thomasin von Zerklaere – steht im Mittelpunkt einer
Ausstellung, zu der die Universitätsbibliothek Heidelberg einlädt. Vier
mittelalterliche Handschriften dieses Werks, die zwischen 1250 und 1460/70
entstanden sind, werden zu sehen sein. Das besondere Augenmerk liegt dabei
auf den über die Jahrhunderte hinweg erfolgten Veränderungen durch das
Abmalen der Bilder. Die Eröffnung findet am 24. April 2017 statt. Die
Ausstellung „Die Tücken von knapp 300 Jahren ‚Copy & Paste‘“ wurde in
Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich „Materiale Textkulturen“ der
Universität Heidelberg erarbeitet.
Pressemitteilung
Heidelberg, 19. April 2017
Ausstellung: Der „Welsche Gast“ des Thomasin von Zerklaere
Universitätsbibliothek Heidelberg präsentiert vier Handschriften der
mittelalterlichen Verhaltens- und Tugendlehre
Die erste umfassende Verhaltens- und Tugendlehre in deutscher Sprache –
der „Welsche Gast“ von Thomasin von Zerklaere – steht im Mittelpunkt einer
Kabinettausstellung, zu der die Universitätsbibliothek Heidelberg einlädt.
Vier mittelalterliche Handschriften dieses Werks, die zwischen 1250 und
1460/70 entstanden sind, werden zu sehen sein. Das besondere Augenmerk
liegt dabei auf den über die Jahrhunderte hinweg erfolgten Veränderungen
durch das Abmalen der Bilder. Die Eröffnung findet am 24. April 2017
statt. Die Ausstellung „Die Tücken von knapp 300 Jahren ‚Copy & Paste‘“,
die in Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich „Materiale
Textkulturen“ der Universität Heidelberg erarbeitet wurde, wird bis zum 3.
September gezeigt.
„Im Mittelalter ist jedes Buch ein Unikat. Auch bei Kopien wird jeder
Buchstabe abgeschrieben und jedes Bild abgemalt. Obwohl die Kopisten dabei
großen Wert auf die Bewahrung des übergreifenden Konzepts legten,
veränderten sich die Bilder. Die Unterschiede sind zurückzuführen auf
technische Fertigkeiten und künstlerische Freiheiten, aber auch auf
Verständnisprobleme der Illustratoren oder die Anpassung an den
Zeitgeschmack“, erläutert der Hamburger Kunsthistoriker Prof. Dr. Peter
Schmidt, der Mitglied des Sonderforschungsbereichs „Materiale
Textkulturen“ ist und gemeinsam mit Lisa Horstmann die Kabinettausstellung
konzipiert hat. Anhand der vier Handschriften des „Welschen Gastes“, die
sich im Besitz der Universitätsbibliothek befinden, wird unter anderem
danach gefragt, ab welchem Grad Bildinhalte missverständlich werden oder
nicht mehr mit zugehörigen Textstellen in Verbindung gebracht werden
können.
Das in mittelhochdeutscher Sprache verfasste Werk wurde 1215/16 von
Thomasin von Zerklaere verfasst, einem Kleriker aus dem norditalienischen
Friaul. Er widmete sein Werk dem deutschsprachigen Adel seiner Zeit. Sich
selbst wie auch sein Werk bezeichnete er dabei als den „welihischen gast“,
als „Fremden aus Italien“. Insgesamt 25 überlieferte Handschriften aus
drei Jahrhunderten zeugen von der großen Verbreitung des illustrierten
Gedichts, das aus rund 15.000 Versen besteht. Inhaltlich geht es zum
Beispiel um das richtige Benehmen am Tisch, die Pflichten eines guten
Herrschers oder auch die Auswirkungen des menschlichen Tuns und Lassens
auf das Leben im Jenseits.
Zur Ausstellungseröffnung lädt die Universitätsbibliothek am Montag, 24.
April 2017, ein. Zur Begrüßung sprechen der Direktor der Bibliothek, Dr.
Veit Probst, und Prof. Dr. Ludger Lieb, der Sprecher des
Sonderforschungsbereichs „Materiale Textkulturen“ ist. Prof. Schmidt wird
sich in einem Festvortrag mit dem Thema „Autorbild ohne Autor: Die Bilder
der Werkübergabe im ‚Welschen Gast‘ des Thomasin von Zerklaere“
beschäftigen. Anschließend besteht die Möglichkeit, die Ausstellung zu
besichtigen. Die Veranstaltung findet im Handschriftenlesesaal der
Universitätsbibliothek, Plöck 107-109, statt. Beginn ist um 18.15 Uhr.
Die Kabinettausstellung „Der ‚Welsche Gast‘ des Thomasin von Zerklaere.
Die Tücken von knapp 300 Jahren ‚Copy & Paste‘“ ist (außer an Feiertagen)
in der Universitätsbibliothek, Plöck 107-109, täglich von 10 bis 18 Uhr
geöffnet.