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Giftalarm in der Küche

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Die meisten Familien in Deutschland legen großen Wert auf ein sauberes
Zuhause. Damit es überall blitzt und blinkt, werden hierzulande allein für
den Kauf von Haushaltsprodukten zum Waschen, Pflegen und Reinigen jedes
Jahr rund vier Milliarden Euro aufgewendet.

Für kleine Kinder indes birgt die blitzeblanke Wohnung auch
gesundheitliche Gefahren, warnt die Stiftung Kindergesundheit: Jedes Jahr
müssen etwa 20.000 Kinder wegen Vergiftungen oder Verätzungen medizinisch
behandelt werden. Betroffen sind vor allem Kleinstkinder im Alter von 10
Monaten bis zu zwei Jahren. Als Ursache solcher Unfälle haben die
Haushaltschemikalien mittlerweile die Medikamente überholt, berichtet die
Stiftung in einer aktuellen Stellungnahme.

Jährlich erreichen rund 220.000 Anfragen die bundesweiten acht
Informationszentralen, weil Kleinkinder gefährliche Substanzen geschluckt
haben. Die Zahl dieser Anfragen hat sich in den letzten 15 Jahren
verdoppelt. In rund 40 Prozent der Fälle sind chemische Helfer für Küche,
Haushalt und Toilette der Grund für den Giftnotruf.

Welche Produkte am häufigsten im Kindermund landen, zeigt die Statistik
der Anfragen, die in den Jahren zwischen 2006 und 2015 alleine das
Giftinformationszentrum Erfurt erreicht haben: Am gemeldeten Unfall
beteiligt waren feste Kohlenanzünder (1.662 Fälle), Geschirrspülmittel
(1.327), Knicklicht (1.253), WC-Stein (1.102), Waschmittel (1.041),
Geschirrspültabs (946), Dusch- und Schaumbäder (817), Duftöle (784),
Geräteentkalker (743) oder Silicagel (714). Zum Glück kommt es nicht immer
zu einer tatsächlichen Schädigung. Es wächst jedoch die Zahl der Produkte,
die bei Kindern zu gefährlichen Verletzungen führen können. In 20 bis 40
Fällen pro Jahr führen sie sogar zum Tod.

Als besonders gefährliche Substanzen gelten nach Angaben des
Bundesinstituts für Risikobewertung BfR folgende Produkte: Abbeizer,
Abflussreiniger, Ammoniakzubereitungen, Backofen- und Grillreiniger,
Benzin, Chemikalien, Entkalker, Essigessenz, Lampenöle, flüssige
Grillanzünder, Methanol, methanolhaltige Brennstoffe für Heizkamine,
Brennstoffzellen, Puder, Rohrreiniger, Schädlingsbekämpfungsmittel (z. B.
Wühlmausgifte), Unkrautvernichter, Kühlerfrostschutz, Bremsflüssigkeit
sowie Steinreiniger. Auch verschluckte Knopfzellenbatterien sind
gefährlich.

Gefahr geht auch von neuen Produkten aus, betont die Stiftung
Kindergesundheit: Die bunten, glänzenden, wie große Bonbons aussehenden
Flüssigwaschmittel, „Liquid Caps“ genannt, werden von Kindern oft mit
Süßigkeiten verwechselt. Sie können schon in kleinen Mengen zu Übelkeit,
Erbrechen oder Atemnot führen.

Die Art der häufig vorkommenden Vergiftungen ist je nach dem Alter der
Kinder verschieden, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. In der Zeit,
in der sie laufen lernen, sind Vergiftungen mit Zigaretten besonders
häufig, danach geht die Hauptgefahr von den Haushaltschemikalien aus, die
häufig in Bodennähe, z. B. in Unterschränken gelagert werden. Wenn die
Kinder dann auch noch lernen, auf Stühle und Bänke zu klettern, gibt es
einen weiteren Anstieg der Vergiftungsmöglichkeiten. Im dritten und
vierten Lebensjahr spielen die Medikamente die wichtigste Rolle. Mit
zunehmender Selbständigkeit des Kindes nach dem vierten Lebensjahr steigt
die Zahl der Vergiftungen durch Pflanzen an.

Gefährliche Ablenkung durch das Handy
Zu den Unfällen kommt es vielfach dann, wenn die aufsichtführende Person
kurz abgelenkt wird. Das passiert häufig, wenn jemand unerwartet an der
Tür klingelt, das Handy läutet, die Milch überkocht oder die Mutter oder
der Vater dringend auf die Toilette müssen.

Untersuchungen haben außerdem ergeben, dass Kinder in Familien mit
ungünstiger Wohnsituation durch Vergiftungen besonders gefährdet sind: Das
Bemühen der Eltern, gefährliche Haushaltsmittel sicher zu verwahren,
scheitert häufig an den mangelhaften räumlichen Bedingungen. Erhöht ist
die Vergiftungsgefahr außerdem für die Kinder in Familien mit
Migrationshintergrund und für Kinder aus unvollständigen Familien. Sie
sind doppelt so häufig betroffen, wie es ihrem Anteil an der Bevölkerung
entspräche.

Als gefährlichster Platz im Haushalt erweist sich die Küche, sagt die
Stiftung Kindergesundheit. Studien in den Niederlanden haben ergeben, dass
bunte Plastikflaschen oder Spülmaschinentabs auf Kleinkinder eine stärkere
Anziehungskraft ausüben als altersgerechtes Spielzeug.

Die Stiftung weist außerdem auf eine weitere, selten bedachte
Gefahrenquelle hin, nämlich auf den Haushalt von Opa und Oma. Der ist
leider nur selten kindersicher: Die von den Großeltern benötigten
Medikamente werden häufig sichtbar auf einem Tisch oder in einem leicht
zugänglichen Schrank aufbewahrt. Auch die Taschen von Oma und Opa werden
von Kindern unbemerkt durchstöbert und die bunten vermeintlichen
Süßigkeiten probiert.

Nicht erbrechen lassen!
Wenn ein Kind in einem unbeaufsichtigten Augenblick eines der riskanten
Produkte erwischt hat, sollte man sofort versuchen, seinen Mund mit Wasser
auszuspülen, um die Reste aus dem Mund zu entfernen. Danach sollte man dem
Kind sofort viel zu trinken geben: ein Glas Leitungswasser, Tee oder Saft.
Damit wird das Gift zumindest stark verdünnt. Wichtig: Keine Milch zu
trinken geben! Milch beschleunigt unter Umständen die Giftaufnahme durch
den Darm.

Kinder, die Haushaltchemikalien zu sich genommen haben, sollten auf keinen
Fall zum Erbrechen gebracht werden. Es besteht sonst die Gefahr, dass der
dabei entstehende Schaum in die Lungen gerät und zu einer chemischen
Lungenentzündung führt.

Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt, möglichst alle Putz- und
Reinigungsmittel außer Reichweite der Kinder aufzubewahren, am besten
wegzuschließen. Haushaltschemikalien sollten nicht im selben Schrank oder
Regal wie Lebensmittel aufbewahrt werden. Als besonders riskant erweist
sich immer wieder das Umfüllen von Chemikalien in Getränkeflaschen oder
Lebensmittelbehälter.

Nicht zögern, Giftnotruf anrufen!
Selbst beim leisesten Verdacht, das Kind könnte gefährliche Mengen einer
giftigen Substanz eingenommen haben, sollte man auf keinen Fall erst auf
eventuelle Anzeichen einer Vergiftung warten, sondern sofort handeln. Das
heißt: Sich so schnell wie möglich mit einem Arzt oder mit einer der
Giftinformationszentren in Verbindung setzen. Diese können den anrufenden
Eltern meist sofort sagen, ob eine akute Gefahr besteht und was
gegebenenfalls zu unternehmen ist. Sie vermitteln auch die Information, ob
ein Arzt- oder Krankenhausbesuch notwendig ist.

Diese Zentren sind unter folgenden Telefonnummern zu erreichen: Berlin
030/19240; Bonn 0228/19240; Erfurt 0361/730730; Freiburg 0761/19240;
Göttingen 0551/19240; Homburg/Saar 06841/19240; Mainz 06131/19240; München
089/19240; Wien +43-1-406 43 43; Zürich +41-44-251 51 51.

Eltern sollten in die Hocke gehen
Medikamente sollten für Kinder unerreichbar aufbewahrt werden, am besten
in einem abschließbaren Schrank. Das gilt auch für die Antibabypille: Sie
sollte nicht offen auf dem Nachttisch oder auf der Ablage im Badezimmer
herumliegen. Medikamente sollten im Beisein von Kleinkindern niemals als
Bonbons oder Fruchtsaft erklärt oder als wohlschmeckend bezeichnet werden.
Puder darf niemals in Kinderhand geraten.

Die Stiftung Kindergesundheit verweist auf eine praktische Empfehlung der
Spezialisten beim Giftnotruf Berlin: „Wenn Ihr Kind mobil wird, begeben
Sie sich einmal in gleicher Höhe wie Ihr Kind auf eine Entdeckungsreise
durch Ihre Wohnung: Sie werden erstaunt sein, was plötzlich alles in
Reichweite Ihres Kindes ist.“

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Dinner-Symposium des Freundeskreises
der Stiftung Kindergesundheit

Für ein gesundes Aufwachsen von Kindern:
20 Jahre Stiftung Kindergesundheit

am 24. März 2017, 18.00 - 22.30 Uhr, München
Veranstaltungsort:  Hotel Holiday Inn Munich City Centre, Hochstr. 3,
81669 München, Großer Saal

Das Jubiläumssymposium adressiert in Vorträgen und einer Podiumsdiskussion
die Bedingungen und neue Herausforderungen für die Gesundheit von Kindern
und Jugendlichen und für die Gestaltung ihrer Zukunft. Auf einem Markt der
Möglichkeiten stellen sich aktuelle Präventionsinitiativen vor.

Zur Veranstaltung tragen renommierte Persönlichkeiten aus Politik,
Wissenschaft, Kunst und Verbänden bei,  u.a. die Bayerische
Gesundheitsministerin Melanie Huml, die Ehrenkuratorin Dr. Irene Epple-
Waigel sowie die Schirmherrin der Stiftung, die Regisseurin und Oscar-
Preisträgerin Caroline Link.

Das genaue Programm können Sie in den kommenden Tagen unter:
www.kindergesundheit.de einsehen