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Zuschnappen, verdauen, atmen

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Zuschnappen, verdauen, atmen  Photo: Lukas FasbenderWissenschaftler zeigen, dass die Venusfliegenfalle Stickstoff-Verbindungen
ihrer Beute zur Energiegewinnung einsetzt
Die Venusfliegenfalle fängt Insekten nicht nur, um an wertvolle Nährstoffe
zu gelangen: Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Heinz Rennenberg und Lukas
Fasbender vom Institut für Forstwissenschaften der Universität Freiburg
hat nachgewiesen, dass die fleischfressende Pflanze aus ihrer Beute auch
Energie gewinnt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ihre
Ergebnisse im Fachjournal „New Phytologist“ vorgestellt.

Die Venusfliegenfalle ist in den USA in einem Gebiet mit nährstoffarmen
Böden beheimatet. Den Standortnachteil gleicht sie aus, indem sie mit
ihren Fangblättern Insekten einschließt und diese mithilfe eines
Verdauungssafts zersetzt. So kann sie der Beute Nähstoffe wie etwa
Phosphor oder Stickstoff, die in den Böden nicht in ausreichendem Maß
enthalten sind, entziehen. Bisher ging die Forschung davon aus, dass der
Vorgang für die Gewinnung von Energie keine Rolle spielt, weil der Pflanze
dafür die Veratmung von Produkten der Photosynthese ausreicht. In der
Photosynthese werden mithilfe von Lichtenergie aus Kohlenstoffdioxid und
Wasser Sauerstoff sowie Glukose produziert. Diese kann dann durch
Veratmung in Energie umgesetzt werden, wobei wiederum Kohlenstoffdioxid
abgegeben wird.

Dagegen haben die Forscherinnen und Forscher nun mithilfe eines
Experiments gezeigt, dass die Venusfliegenfalle aus ihrer Beute auch
Energie gewinnt. Sie brachten dafür eine künstliche Nahrung – eine mit der
Aminosäure Glutamin versehene Lösung – zwischen die Fangblätter der
Pflanze ein. Bei dem im gefütterten Glutamin enthaltenen Kohlenstoff
verwendeten die Forscher stabile, nicht–radioaktive 13C-Isotope, die sich
aufgrund ihrer höheren Masse von anderen Kohlenstoffatomen unterscheiden.
Mithilfe eines Infrarot-Lasers gelang der Nachweis, dass diese 13C-Isotope
in dem Kohlenstoffdioxid, das die Pflanze ausatmet, enthalten waren –
beginnend etwa eine bis zwei Stunden nach Beginn der Nahrungsaufnahme.

Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass der Prozess von
Nahrungsaufnahme und Energiegewinnung bei der Venusfliegenfalle komplexer
ist als bislang angenommen: Die fleischfressende Pflanze nutzt demnach die
Energie, die sie aus ihrer Photosynthese gewinnt, um die Verdauung zu
starten und somit an Nährstoffe zu gelangen. Um diesen Prozess in Gang zu
halten, gewinnt sie weitere Energie aus der Veratmung von Aminosäuren, die
sie ihrer Beute entzieht – und erschließt sich so eine weitere Energie-
Quelle.

Heinz Rennenberg ist Professor für Baumphysiologie, Lukas Fasbender
Doktorand an der Professur für Ökosystemphysiologie an der Fakultät für
Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg.

Originalveröffentlichung:
Lukas Fasbender, Daniel Maurer, Jürgen Kreuzwieser, Ines Kreuzer, Waltraud
X. Schulze, Jörg Kruse, Dirk Becker, Saleh Alfarraj, Rainer Hedrich,
Christiane Werner and Heinz Rennenberg (2017): The carnivorous Venus
flytrap uses prey-derived amino acid carbon to fuel respiration. In: New
Phytologist, doi: 10.1111/nph.14404

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2017/pm.2017-01-20.8