Neuer Projektverbund: 500.000 Euro für Inklusion und Barrierefreiheit
Ein neuer Forschungs- und Praxisverbund ist am Start: „Inklusive
Hochschule und barrierefreies Bayern“. Sechs Partner wirken daran mit; der
Freistaat unterstützt sie mit einer halben Million Euro. Die Koordination
liegt bei der Universität Würzburg.
Konzipiert wurde der neue Verbund von den Universitäten Würzburg und
Bayreuth sowie der Technischen Hochschule Deggendorf und den Hochschulen
für angewandte Wissenschaften in Ansbach, Landshut und München.
Sein Ziel: Die durch Initiativen wie „Inklusive Hochschule“ oder „Bayern
barrierefrei 2023“ angestoßenen Prozesse zusammenführen und
wissenschaftlich begleiten. Dazu sollen die praxisorientierte Forschung
ausgebaut, neue Lehrformen entwickelt, Netzwerke gebildet und
Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden.
Der bayerische Landtag unterstützt das Vorhaben ab Januar 2017 ein Jahr
lang mit 500.000 Euro. „In unserer Gesellschaft sind noch viele
Fortschritte auf den Gebieten Inklusion und Barrierefreiheit nötig“, so
Universitätspräsident Alfred Forchel bei einer Pressekonferenz an der
Universität Würzburg, wo der neue Verbund vorgestellt wurde. Er freue sich
darum sehr über die finanzielle Förderung. Dafür dankte er dem
Landtagsabgeordneten Oliver Jörg, der die Finanzierung ermöglicht habe.
Inklusion ist mehr als Barrierefreiheit beim Bauen
Jörg erklärte bei der Pressekonferenz, dass der Landtag im Bereich der
Inklusion bislang primär das barrierefreie Bauen gefördert habe. Nun
würden deutliche inhaltliche Schwerpunkte gesetzt und die Perspektive auf
andere Felder ausgeweitet. Dazu gehört zum Beispiel die verstärkte
Integration der Thematik in die Lehre und die Entwicklung eines
barrierefreien multimedialen Leitsystems, das etwa Menschen mit
Sehbehinderungen durch öffentliche Gebäude lotsen soll.
Ein solches Leitsystem wird im Rahmen des neuen Projekts an der Hochschule
für angewandte Wissenschaften in Ansbach vorangetrieben, wie deren
Präsidentin Ute Ambrosius berichtete. Sie nahm an der Konferenz als
Vertreterin der am Verbund beteiligten Hochschulen teil.
Koordinationsteam an der Uni Würzburg
An der Universität Würzburg wird der Verbund von vier Personen
koordiniert: Professor Reinhard Lelgemann, Beauftragter der
Universitätsleitung für Studierende mit Behinderung und chronischer
Erkrankung, sein Stellvertreter Dr. Olaf Hoos, Sandra Mölter, Leiterin der
Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und
chronischer Erkrankung (KIS), und Bernd Mölter, Leiter der
Schwerbehindertenvertretung der Universität.
Sandra Mölter umriss bei der Konferenz die Ziele des Verbunds. Im
Einzelnen sollen folgende Vorhaben realisiert werden:
Ausbau der praxisorientierten Forschung
Es gilt, vorhandene Forschungsansätze auf den Gebieten Inklusion und
Barrierefreiheit zu vertiefen. Dazu sollen neben den einschlägigen
Disziplinen wie Architektur, Pädagogik und Sonderpädagogik auch andere
Fächer verstärkt einbezogen werden, zum Beispiel Psychologie, Kunst,
Ethnologie, Disability Studies oder Kommunikationswissenschaft. Für diese
Interdisziplinarität sind die Verbundpartner aufgrund ihrer vielfältigen
Kompetenzen sehr gut aufgestellt.
An der Universität Würzburg werden sich die Forschungsarbeiten den
Bedingungen widmen, unter denen inklusive (Hochschul-) Bildung gelingen
kann. An der Hochschule Landshut stehen die Erfahrungen im Mittelpunkt,
die gehörlose Menschen im akademischen Betrieb machen. Die Universität
Bayreuth befasst sich mit der Zugänglichkeit von Kultureinrichtungen; an
der Hochschule Ansbach wird ein barrierefreies multimediales Leitsystem
für öffentliche Gebäude entwickelt.
Integration in die Lehre / neue Lehrformen
Um die Fachleute von morgen für Fragen der Barrierefreiheit und Inklusion
zu sensibilisieren, entwickeln die Verbundpartner neue Module für ihre
Bachelor- und Master-Studiengänge.
So wird zum Beispiel die Fakultät für Architektur der Hochschule München
ein Format über Grundlagen der Inklusion in ihr Lehrangebot aufnehmen. Die
Hochschule Ansbach und die Technische Hochschule Deggendorf wollen
gemeinsam Ansätze für barrierefreies Lernen und Lehren mit digitalen
Medien entwickeln. Die Universität Würzburg widmet sich dem Transfer von
Erkenntnissen über Integration und Inklusion in die Schulen und
Hochschulen. Mit ihren gut 6.000 Studierenden, die in
Lehramtsstudiengängen eingeschrieben sind, besteht hierfür ein großes
Potenzial.
Netzwerk in Bayern erweitern
Die bayerischen Beauftragten für Studierende mit Behinderungen und
chronischen Erkrankungen stehen bereits in einem intensiven informellen
Kontakt. Dieses Netzwerk soll im Rahmen des Verbunds erweitert werden:
Geplant ist, zukünftig auch Organisationen von Betroffenen, politische
Akteure, einschlägige Landesstellen und Beauftragte, Berufsverbände,
örtliche Schwerbehindertenvertretungen, Studentenwerke, Integrationsämter
und andere für Inklusion und Barrierefreiheit relevante Partner mit
einzubinden. So soll eine gute Basis für Ideentransfer und
Wissensaustausch gelegt werden.
Wissen transferieren
Die Verbundpartner möchten vorhandene Angebote zur Beratung und
Qualifizierung systematisch aufbereiten und sie auf der Basis von
Ergebnissen aus den neuen Forschungs- und Lehrprojekten weiterentwickeln.
Davon sollen Universitäten, Hochschulen, Schulen und andere
Bildungseinrichtungen ebenso profitieren wie Museen, Kinos und weitere
Kulturinstitutionen.
Um Bildungs- und Kultureinrichtungen bei der Herstellung von
Barrierefreiheit zu unterstützen, werden in den Teilprojekten Empfehlungen
und Leitlinien entwickelt, die sich aus den praktischen Erfahrungen und
Forschungsergebnissen ableiten.
Neue Impulse für Inklusion
„Die Förderung des Verbundprojekts durch den Bayerischen Landtag freut uns
sehr“, so Sandra Mölter. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die neuen
Projekte der Inklusion und Barrierefreiheit viele neue Impulse geben und
dass wir damit die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am
gesellschaftlichen Leben weiter voranbringen. Und das nicht nur in Bayern,
sondern auch darüber hinaus.“