„Das Strafrecht stößt hier an seine Grenzen“
Falschnachrichten sind zum großen Schreck geworden: Durch die sozialen
Medien verbreiten sie sich rasend schnell im Internet und finden dort
ebenso schnell viele Menschen, die sie glauben. Aktueller Fall: Die
Grünen-Politikerin Renate Künast hat nun wegen einer Falschmeldung
Strafanzeige gestellt. Ihr sei ein Zitat in den Mund gelegt worden. Doch
ist die Bestrafung der Verbreitung von Falschnachrichten im
Strafgesetzbuch überhaupt geregelt? Und wie sieht es bei der Verwendung
von Bots aus? Auf diese und weitere Fragen antwortet Rechtswissenschafter
Prof. Dr. Christoph Safferling an der Friedrich-Alexander-
Universität
Erlangen-Nürnberg (FAU) im Interview.
Herr Professor Safferling, Renate Künast hat wegen einer auf Facebook
geposteten Falschnachricht, einer sogenannten Fake News, im Zusammenhang
mit dem Mord an einer Freiburger Studentin und der Festnahme eines
Verdächtigen Strafanzeige und Strafantrag gestellt. Ist das Verbreiten
einer Falschmeldung wirklich strafbar?
Die Strafbarkeit ergibt sich hier aus § 187 StGB, der Verleumdung. Danach
ist strafbar, wer wider besseres Wissen unwahre Tatsachen behauptet, die
eine andere Person betreffen und diese verächtlich machen oder
herabwürdigen. Wird die Tat im Netz begangen, beträgt die Höchststrafe
fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Strafbar ist das im Übrigen
als üble Nachrede nach § 186 StGB selbst dann, wenn man sich keine
Gedanken um die Richtigkeit der Meldung macht und sie dennoch verbreitet.
Das Teilen einer solchen Falschmeldung bei Facebook kann daher bereits
strafbar sein.
Es besteht die Angst, dass mit solchen Fake News auch Wahlkämpfe
manipuliert werden. Dies wird noch dadurch geschürt, dass vor Spear
Phishing, also gezieltem Datenklau, auch der Bundestag nicht sicher ist
und so kompromittierende Informationen an die Öffentlichkeit gelangen
können. Schützt das Strafrecht gegen solche Angriffe?
Das Ausspähen und Abfangen von Daten ist strafbar. Dies trifft sogar dann
zu, wenn man ein solches Unterfangen vorbereitet, also wenn man sich
Passwörter verschafft oder entsprechende Computerprogramme herstellt. Das
Strafgesetzbuch ist also gerüstet. Schwierigkeiten bereitet hingegen
häufig die Strafverfolgung. Solche Angriffe können von überall auf der
Welt aus gesteuert werden, wo der lange Arm der deutschen Strafjustiz
nicht hinreicht. Auch die Cybercrime Convention – das Übereinkommen über
Computerkriminalität – schafft hier wegen rechtlicher Lückenhaftigkeit und
faktischer Umsetzungsdefizite nur bedingt Abhilfe.
In letzter Zeit wird auch heftig über Bots, semi-autonome
Computerprogramme, gesprochen, die automatisiert im Internet agieren. In
der gesellschaftlich-politischen Debatte sind derzeit Social-Media-Bots
besonders prominent. Sie generieren falsche Accounts auf Social-Media-
Plattformen und erstellen dann automatisiert Nachrichten oder beteiligen
sich an Chats und Forendiskussionen. Hilft das Strafrecht auch gegen
solche Automatismen?
Das ist eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Beim Einsatz von
Social-Media-Bots kommen erneut die Äußerungsdelikte (v.a.
Beleidigungsdelikte und etwa auch Volksverhetzung) in Betracht. Mittels
Bots können aber auch Computer infiziert werden, um persönliche Daten zu
stehlen oder Betrügereien (vor allem mittels Bot-Netze, also Netzwerke
infizierter Rechner, die vom Bot-Nutzer „ferngesteuert“ werden können) zu
begehen. Hier können wiederum die §§ 202a-c StGB erfüllt sein. Eine
Manipulation des infizierten Rechners kann ähnlich einer Sachbeschädigung
bestraft werden. Und auch betrügerische Internetwerbung kann
strafrechtliche Konsequenzen haben. Zur Verantwortung kann aber natürlich
immer nur der hinter dem Bot stehende Mensch gezogen werden. Diesem muss
jedenfalls Kenntnis der wesentlichen Umstände der Tat nachgewiesen werden.
Je intelligenter ein Bot aber agiert, desto schwieriger kann eine solche
Zurechnung werden. Das Strafrecht stößt hier tatsächlich an seine Grenzen.
Erlangen-Nürnberg (FAU) im Interview.
Herr Professor Safferling, Renate Künast hat wegen einer auf Facebook
geposteten Falschnachricht, einer sogenannten Fake News, im Zusammenhang
mit dem Mord an einer Freiburger Studentin und der Festnahme eines
Verdächtigen Strafanzeige und Strafantrag gestellt. Ist das Verbreiten
einer Falschmeldung wirklich strafbar?
Die Strafbarkeit ergibt sich hier aus § 187 StGB, der Verleumdung. Danach
ist strafbar, wer wider besseres Wissen unwahre Tatsachen behauptet, die
eine andere Person betreffen und diese verächtlich machen oder
herabwürdigen. Wird die Tat im Netz begangen, beträgt die Höchststrafe
fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Strafbar ist das im Übrigen
als üble Nachrede nach § 186 StGB selbst dann, wenn man sich keine
Gedanken um die Richtigkeit der Meldung macht und sie dennoch verbreitet.
Das Teilen einer solchen Falschmeldung bei Facebook kann daher bereits
strafbar sein.
Es besteht die Angst, dass mit solchen Fake News auch Wahlkämpfe
manipuliert werden. Dies wird noch dadurch geschürt, dass vor Spear
Phishing, also gezieltem Datenklau, auch der Bundestag nicht sicher ist
und so kompromittierende Informationen an die Öffentlichkeit gelangen
können. Schützt das Strafrecht gegen solche Angriffe?
Das Ausspähen und Abfangen von Daten ist strafbar. Dies trifft sogar dann
zu, wenn man ein solches Unterfangen vorbereitet, also wenn man sich
Passwörter verschafft oder entsprechende Computerprogramme herstellt. Das
Strafgesetzbuch ist also gerüstet. Schwierigkeiten bereitet hingegen
häufig die Strafverfolgung. Solche Angriffe können von überall auf der
Welt aus gesteuert werden, wo der lange Arm der deutschen Strafjustiz
nicht hinreicht. Auch die Cybercrime Convention – das Übereinkommen über
Computerkriminalität – schafft hier wegen rechtlicher Lückenhaftigkeit und
faktischer Umsetzungsdefizite nur bedingt Abhilfe.
In letzter Zeit wird auch heftig über Bots, semi-autonome
Computerprogramme, gesprochen, die automatisiert im Internet agieren. In
der gesellschaftlich-politischen Debatte sind derzeit Social-Media-Bots
besonders prominent. Sie generieren falsche Accounts auf Social-Media-
Plattformen und erstellen dann automatisiert Nachrichten oder beteiligen
sich an Chats und Forendiskussionen. Hilft das Strafrecht auch gegen
solche Automatismen?
Das ist eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Beim Einsatz von
Social-Media-Bots kommen erneut die Äußerungsdelikte (v.a.
Beleidigungsdelikte und etwa auch Volksverhetzung) in Betracht. Mittels
Bots können aber auch Computer infiziert werden, um persönliche Daten zu
stehlen oder Betrügereien (vor allem mittels Bot-Netze, also Netzwerke
infizierter Rechner, die vom Bot-Nutzer „ferngesteuert“ werden können) zu
begehen. Hier können wiederum die §§ 202a-c StGB erfüllt sein. Eine
Manipulation des infizierten Rechners kann ähnlich einer Sachbeschädigung
bestraft werden. Und auch betrügerische Internetwerbung kann
strafrechtliche Konsequenzen haben. Zur Verantwortung kann aber natürlich
immer nur der hinter dem Bot stehende Mensch gezogen werden. Diesem muss
jedenfalls Kenntnis der wesentlichen Umstände der Tat nachgewiesen werden.
Je intelligenter ein Bot aber agiert, desto schwieriger kann eine solche
Zurechnung werden. Das Strafrecht stößt hier tatsächlich an seine Grenzen.