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Appell an Olaf Scholz: Schutz der Kinder vor ungesunder Lebensmittelwerbung muss jetzt gesetzlich verankert werden!

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Ein breites Bündnis aus Organisationen und Initiativen aus Medizin,
Gesundheitsförderung, Wissenschaft, Verbraucherschutz sowie Kinder- und
Jugendschutz appelliert in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf
Scholz, das Gesetz zur Beschränkung von Werbung für ungesunde
Lebensmittel, die sich an Kinder richtet (KLWG), noch vor der Sommerpause
umzusetzen. Mehr als ein Jahr nach der Vorstellung der Eckpunkte durch
Bundesernährungsminister Cem Özdemir herrscht politischer Stillstand beim
Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung. Die Ampel-Koalition hat im
Koalitionsvertrag den Auftrag formuliert, den Schutz vor Werbung für
Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt sicherzustellen.

Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare
Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes
Gesellschaft (DDG), erklärt: „Werbung für süße Snacks und fettiges Fast
Food flutet jeden Tag die Kinderzimmer. Der politische Stillstand bei der
Regulierung von Werbung für Ungesundes ist nicht länger tragbar.
Bundeskanzler Olaf Scholz darf nicht länger am Spielfeldrand stehen und
tatenlos zuschauen, wie das Gesetzesvorhaben auf die lange Bank geschoben
wird. Gemeinsam mit mehr als 35 Verbänden, Organisationen und
Fachgesellschaften wollen wir das Bundeskanzleramt nochmal aufrütteln und
daran erinnern, dass wir alle Verantwortung für die Gesundheit von Kindern
und Jugendlichen tragen.“
Dr. med. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, fügt hinzu:
„Jeder siebte Todesfall in Deutschland ist laut der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf ungesunde Ernährung
zurückzuführen. Auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, Werbung
für ungesunde Lebensmittel gesetzlich einzuschränken, um Fehlernährung bei
Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen. Wir setzen die gesunde Zukunft
unserer Kinder aufs Spiel, wenn die Bundesregierung das Vorhaben nicht
endlich anpackt und verbindliche Regelungen verankert.“
Angela Schütze-Buchholz, Vizepräsidentin des Berufsverbands der Kinder-
und Jugendärzte (BVKJ) betont: „Kinder essen doppelt so viel Süßigkeiten,
aber nur halb so viel Obst wie empfohlen. Das bleibt nicht ohne Folgen. 15
Prozent der Kinder- und Jugendlichen in Deutschland sind von Übergewicht
betroffen. Ihnen drohen im weiteren Leben schwerwiegende Folgeerkrankungen
wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauferkrankungen. Unsere
Gesellschaft darf nicht zulassen, dass eine Generation kranker Menschen
heranwächst. Das vielkonsumierte ungesunde Zuckergetränk muss zum
Auslaufmodell werden. Gesunde Nahrungsmittel – am besten preiswerter als
ungesunde Alternativen – sollten zur ersten Wahl werden.“
Die wissenschaftliche Grundlage für die Notwendigkeit einer Regulierung
ist unbestreitbar: Werbung wirkt, sie steigert das Kauf- und
Konsumverhalten und fördert die Ernährungspräferenzen von Kindern.
Vorschläge für eine solche Regulierung liegen seit über einem Jahr auf dem
Tisch. Nun liege es an den politischen Verantwortlichen, diese Vorschläge
in ein wirksames und konsequentes Gesetz zu gießen, betont das Bündnis.
Laut einer Studie der Universität Hamburg sehen mediennutzende Kinder
zwischen drei und 13 Jahren pro Tag im Schnitt 15 Werbespots für ungesunde
Lebensmittel. 92 Prozent der gesamten Werbung, die Kinder wahrnehmen,
vermarktet ungesunde Lebensmittel wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten.
Um Fehlernährung bei Kindern zu bekämpfen, empfiehlt die
Weltgesundheitsorganisation (WHO), Junkfood-Werbung gesetzlich
einzuschränken. Der WHO zufolge müssen Werbeschranken verbindlich sein,
Kinder aller Altersgruppen schützen und auf konkreten Grenzwerten für
Zucker, Fett und Salz basieren.
„Die Regelungen müssen umfassend sein und dort wirken, wo Kinder Werbung
ausgesetzt sind – sei es bei TV-Werbung, Außenwerbung oder Influencer-
Werbung in den sozialen Medien“, heißt es in dem offenen Brief. „Die
omnipräsente Werbung für ungesunde Lebensmittel hat fatale gesundheitliche
Folgen. Eltern müssen tagtäglich gegen eine Milliardenindustrie ankämpfen,
die ihre Kinder mit geschickten Marketingtricks lockt. Die Gesundheit der
Kinder darf nicht zwischen den Interessen der Industrie zerrieben werden.
Die Politik muss den Stillstand beenden und die Gesundheit der Jüngsten in
unserer Gesellschaft durch ein starkes Gesetz schützen.“
Das Bündnis fordert den Bundeskanzler eindringlich auf, sich dafür
einzusetzen, dass das KLWG als wichtige Maßnahme für mehr Kindergesundheit
ohne weitere Verzögerungen und Abschwächungen umgesetzt wird. „Der Schutz
der Kindergesundheit muss Vorrang haben vor den wirtschaftlichen
Interessen der Werbeindustrie und der Hersteller ungesunder Lebensmittel“,
so das abschließende Plädoyer der Verbände.