Stark mit schwachem Herz? Wie Bewegung, Entspannung und gesunde Ernährung helfen

„Ohne aktive Rolle der Betroffenen geht’s nicht“: Herz-Reha-Spezialist
erklärt, wie sich Herzpatienten leicht mit Hilfe gesunder
Lebensstilmaßnahmen vor der Herzschwäche schützen oder eine bestehende
Erkrankung bremsen können
Zwar ist die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) mit bis zu vier Millionen
Betroffenen in Deutschland nicht heilbar. Dennoch kann die Kardiologie
dank moderner Therapien in Form von Medikamenten, interventionellen und
chirurgischen Verfahren die Entwicklung einer Herzinsuffizienz
verlangsamen, die Prognose der Patienten verbessern und im Einzelfall den
plötzlichen Herztod abwenden. „Ein elementarer Baustein der
Herzinsuffizienztherapie ist jedoch die Prävention durch einen gesunden
Lebensstil“, betont der Reha-Spezialist und Kardiologe Prof. Dr. Bernhard
Schwaab, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, anlässlich der
bundesweiten Herzwochen zur Herzinsuffizienz (Motto: „Stärke Dein Herz!
Herzschwäche erkennen und behandeln“) mit Infos unter
<herzstiftung.de/herzwochen> Warum Prävention bei der Herzschwäche so
bedeutsam ist, lässt sich an den häufigsten Ursachen oder
Risikokrankheiten der Herzinsuffizienz zeigen. Das sind insbesondere
- die koronare Herzkrankheit (KHK): Arteriosklerose oder
„Verkalkung“ der Herzkranzarterien, wodurch ein Herzinfarkt entstehen
kann,
- ein unkontrollierter Bluthochdruck,
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit),
- und Übergewicht mit Schwerpunkt am Bauch.
- Fehlende Entspannung, schlechter Schlaf
„Werden diese Herz- und Gefäßerkrankungen beziehungsweise Risikofaktoren
kontrolliert und bei Bedarf reduziert – auch durch einen gesunden
Lebensstil –, lässt sich effektiv eine Herzschwäche verhindern. Oder man
kann das Voranschreiten einer bestehenden Herzschwäche deutlich
verlangsamen“, hebt der Chefarzt an der Curschmann-Klinik, einem
Rehabilitationskrankenhaus für Kardiologie und Angiologie in Timmendorfer
Strand hervor. Weil die Medizin eine Herzschwäche bisher nicht heilen
kann, sei es umso wichtiger, „alle Möglichkeiten eines gesunden
Lebensstils auszuschöpfen, damit die Herzschwäche erst gar nicht entsteht
und das Leben mit dieser chronischen Erkrankung lebenswert bleibt. Dazu
zählt auch der Verzicht aufs Rauchen, eine der wichtigsten
Einzelmaßnahmen, Herz und Gefäße zu schonen“, erklärt Schwaab. Das
Eigenengagement der Betroffenen sei für einen gesunden Lebensstil als
Therapiebestandteil unerlässlich. „Ohne ihre aktive Rolle geht es nicht“,
betont Schwaab.
Herzinsuffizienz: Nicht nur das Herz, auch andere Muskeln leiden
Weil mit der Herzschwäche aufgrund der verminderten Pumpleistung alle
Organe wie Gehirn, Leber, Niere oder Lunge nicht mehr ausreichend
durchblutet werden, kommt es zu beschwerlichen Symptomen wie Luftnot bei
körperlicher Belastung oder Abgeschlagenheit. Neben dem Herzen sind auch
sämtliche Muskeln wie die Arm-, Bein-, Bauch-, Rücken- und Atemmuskulatur
von der verminderten Durchblutung betroffen. Deshalb erstreckt sich die
körperliche Schwächung auch auf diese Körperpartien – mit leidvollen
Folgen für die Patienten: das Treppensteigen wird zur Tortur oder Luftnot
bei Belastung erschwert den Alltag.
Fitter im Alltag: Neben Ausdauer auch Muskeln trainieren
Körperliches Training ist ein entscheidender Hebel für
Herzschwächepatienten, um im Alltag mobil bleiben zu können und dadurch
Lebensqualität zu behalten oder zu verbessern. Die Bewegungstherapie bei
Patienten mit Herzschwäche entlastet den Herzmuskel, indem vor allem die
periphere (äußere) Muskulatur und die Atemmuskulatur gestärkt werden. Der
Effekt dabei:
- stärkere Bein-, Bauch- und Rückenmuskulatur lässt Betroffene
leichter Treppen steigen
- kräftigere Arme können besser heben und tragen,
- eine stärkere Atemmuskulatur wird auch bei häufigem und
schnellerem Atmen während einer Anstrengung nicht so schnell müde.
„Eine stärkere äußere Muskulatur entlastet den schwachen Herzmuskel und
die Patienten haben weniger Luftnot bei körperlichen Aktivitäten im
Alltag“, weiß Prof. Schwaab aus Erfahrung mit Patienten. Studien haben
gezeigt, dass diese Art Trainingstherapie für das schwache Herz
unbedenklich ist und von den Patienten gut vertragen wird.
Bessere körperliche Belastbarkeit im Alltag = bessere Lebensqualität
Grundlage der Bewegungstherapie ist ein Ausdauertraining auf dem
Fahrradergometer und/oder etwa Nordic Walking im Freien. Auch Rudern, auf
dem Laufband trainieren oder tanzen sind auch möglich – „im Prinzip jede
Form der Ausdauerbelastung“, so Reha-Spezialist Prof. Schwaab. Ein
Ausdauertraining von 30 Minuten mehrmals in der Woche kann die
Sauerstoffaufnahme und körperliche Belastbarkeit deutlich verbessern.
Hinzu kommt ein muskuläres Kraft-Ausdauer-Training, auch dynamisches
Krafttraining genannt, an Geräten, mit Hanteln oder elastischen Bändern.
Empfohlen werden geringe Gewichte und häufige Wiederholungen. „Pressatmung
während des Trainings ist unbedingt zu vermeiden. Stattdessen atmet man
mit offenem Mund im Rhythmus der Bewegung mit dem Gerät oder einer Hantel
ein und aus“, erklärt der Reha-Mediziner. Wichtig: Vor Beginn der
Bewegungstherapie sollten Patienten mit einem Kardiologen die geeignete
Trainingsstärke festlegen. Zu Beginn empfiehlt es sich außerdem, das
Training unter ärztlicher Kontrolle in einer ambulanten
Herzinsuffizienzgruppe zu betreiben. „Wer sich regelmäßig einer
Bewegungstherapie unterzieht sowie Dauer und Intensität des Trainings
langsam erhöht, kann so die körperliche Belastbarkeit im Alltag steigern.
Das verbessert die Lebensqualität“, betont der Herzstiftungs-Vorstand. Als
Sturz-Prophylaxe eignet sich zusätzlich eine spezielle Gymnastik zur
Verbesserung von Koordination, Gleichgewicht und Beweglichkeit.
Ambulante Herzinsuffizienzgruppen (HIG) ermöglichen Patienten mit
Herzschwäche ein wohnortnahes Trainingsprogramm. HIG sind seit 2022 von
allen Trägern der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung
anerkannt. Jeder Arzt kann die Teilnahme an einer HIG verordnen. Infos zur
Kardiologischen Reha und HIG: <herzstiftung.de/reha-broschue
Hilfen bei Ängsten und Depressionen
Akute Luftnot und die damit verbundenen Einschränkungen im Alltag führen
bei Herzschwächepatienten sehr häufig zu Angstzuständen oder zu einer
Depression. Im Rahmen der ambulanten Betreuung kann bei Ängsten und
depressiven Zuständen eine psychologische Therapie eingeleitet werden, die
den Patienten hilft, die Krankheit besser zu verarbeiten, Ängste abzubauen
und sich entspannen zu können. Entspannungsformen können Musik, Malen,
Atemübungen, Yoga, autogenes Training, Spazierengehen oder anderes sein,
was individuell hilft. „Ziel einer begleitenden ärztlichen oder
psychologischen Therapie ist es, die Angst im Alltag zu nehmen, damit
Patienten das Vertrauen in den eigenen Körper und damit ihre gewohnte
Sicherheit zurückbekommen.“ In diesem Kontext spielt auch die Bewältigung
weiterer Belastungsfaktoren wie andauernder Stress und seine Auswirkung
auf Schlaf, den Konsum von Alkohol und anderen Rauschmitteln sowie
Atemstörungen im Schlaf (Atemaussetzer, Schnarchen) eine wichtige Rolle.
Denn diese Faktoren können wiederum das Risiko für Herzinfarkt und
Schlaganfall erhöhen und eine Entgleisung der Herzschwäche befördern.
Infos: <herzstiftung.de/podcast-herzs
Gesund ernähren: Herzschwäche stabil halten oder verbessern
Eine ausgewogene und gesunde Ernährungsweise trägt durch verschiedene
Komponenten dazu bei, eine Herzschwäche stabil zu halten, indem sie etwa
hilft, Belastungsfaktoren wie Übergewicht, Muskelabbau, Bluthochdruck oder
Diabetes zu vermeiden. Dazu zählen folgende Komponenten:
Zufuhr von Eiweiß: Eine Zufuhr während des körperlichen Trainings von 0,8
bis 1,0 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag – bei gesunder
Nierenfunktion – ist wichtig für den Muskelaufbau und, um einem
schleichenden Muskelschwund (Kachexie) entgegenzuwirken.
Konsum von Salz: Bei Herzschwäche ist Salz nur begrenzt zu konsumieren.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt höchstens fünf Gramm Salz
am Tag. Die ideale Menge kann jedoch variieren, da Patienten sehr
unterschiedlich auf Salz in der Nahrung reagieren. Grundsätzlich: Salz
bindet Wasser im Körper, dadurch kann der Blutdruck ansteigen und dieser
höhere Blutdruck wiederum belastet das schwache Herz zusätzlich. Daher
sollten Herzschwächepatienten übermäßigen Salzverbrauch im Essen
vermeiden. Entscheidend ist jedoch nicht die gemessene Menge an Salz,
sondern, dass der tägliche Salzkonsum nicht zu einem höheren Blutdruck und
zu Wassereinlagerungen führt.
Auf die Trinkmenge achten: Je nach Witterung/Außentemperatur, je nach
körperlicher Aktivität und damit verbundenem Schwitzen, je nach
Nierenfunktion und Ausmaß der Herzschwäche und eventuell
Wassereinlagerungen ist die Trinkmenge individuell festzulegen. Wenn
Diuretika zu hoch dosiert eingenommen werden, kann der Körper zu trocken
werden – es kommt zu Verwirrtheit und schnellem Herzschlag oder die
Mineralstoffe im Blut (Natrium, Kalium) sinken zu weit ab. Besonders an
heißen Tagen sollten Herzschwächepatienten darauf achten, genügend zu
trinken, aber auch nicht zu viel: über 2 Liter am Tag sind wegen der
Diuretika-Einnahme zu vermeiden. Auch kann eine übermäßige
Flüssigkeitszufuhr bei herzkranken Patienten die Herzleistung
verschlechtern. Die Trinkmenge am besten mit Ärztin/Arzt individuell
besprechen. Sehr wichtig ist das tägliche Wiegen, um Wassereinlagerungen
im Körper frühzeitig zu entdecken.
Zucker vermeiden: Viel Zucker in Lebensmitteln (oft versteckt in
Fertigprodukten) und Getränken erhöht das Risiko für Übergewicht,
Bluthochdruck und Diabetes, was sich ungünstig auf eine Herzschwäche
auswirkt.
Mittelmeerküche: Herzschutz auf dem Teller
Für Herzpatienten und auch bei Herzschwäche empfiehlt die Deutsche
Herzstiftung die Mittelmeerküche, weil sie das Risiko für Herz- und
Gefäßerkrankungen deutlich reduzieren kann, indem sie mehrere Aspekte für
den Herzschutz wie beispielsweise Gewichtskontrolle, Salzverzicht oder die
Reduktion von Entzündungseffekten kombiniert.
Das Konzept der mediterranen Kost setzt auf einen hohen Anteil an Gemüse,
Obst, Salat, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen sowie auf Oliven- und Rapsöl
und auf Kräuter anstelle von Salz. Fisch, Meeresfrüchte und Geflügel
werden gegenüber rotem Fleisch bevorzugt. Speziell der tägliche Konsum von
ausreichend Gemüse und Ballaststoffen (mindestens 30 Gramm Ballaststoffe
pro Tag) kann durch den relativ geringen Energiegehalt dieser
Nahrungsmittel dazu beitragen, das Körpergewicht stabil zu halten und
Übergewicht zu vermeiden. Der hohe Anteil an Gemüse, Früchten und
Vollkornprodukten liefert wichtige Nährstoffe und Antioxidantien, die
Entzündungen im Körper reduzieren können. „Als herzgesunde Ernährungsweise
trägt die Mittelmeerküche zur Senkung des Risikos für Herz- und
Gefäßerkrankungen bei“, bestätigt der Herzstiftungs-Vorstand Prof.
Schwaab. Infos unter <herzstiftung.de/mediterrane-e
(wi)
Service zu den Herzwochen
Die Herzwochen stehen unter dem Motto „Stärke Dein Herz! Herzschwäche
erkennen und behandeln“ und richten sich an Patienten, Angehörige, Ärzte
und alle, die sich für das Thema Herzschwäche interessieren. An der
Aufklärungskampagne beteiligen sich Kliniken, niedergelassene Kardiologen,
Krankenkassen und Betriebe. Infos zu Patienten-Seminaren, Online-
Vorträgen, Telefonaktionen und Ratgeber-Angeboten (Text, Video, Podcast)
sind unter <herzstiftung.de/herzwochen> abrufbar oder per Tel. 069
955128-400 zu erfragen.
Neuer Ratgeber zur Herzinsuffizienz
Für Patienten mit einer Herzschwäche, Angehörige und Interessierte bietet
die Deutsche Herzstiftung den neuen Ratgeber „Stärke Dein Herz!
Herzschwäche erkennen und behandeln“ an. In der Broschüre (152 S.)
informieren renommierte Herzspezialisten leicht verständlich und
ausführlich darüber, wie eine Herzschwäche entsteht und was heute mit
Medikamenten, Interventionen und Sport therapeutisch erreicht werden kann,
um Lebensqualität und Lebenszeit zu verbessern. Die kostenlose Broschüre
kann telefonisch (069 955128-400), online (<herzstiftung.de/bestellung>)
oder per E-Mail (<
angefordert werden.
Herzstiftungs-Podcasts der imPULS-Reihe:
Prof. Dr. Bernhard Schwaab zur Bedeutung der Reha bei Herzschwäche:
<herzstiftung.de/podcast-herzs
Prof. Dr. Christoph Herrmann-Lingen (Universitätsmedizin Göttingen) im
Podcast zum Thema „Bei Herzschwäche leiden Herz und Seele“:
<herzstiftung.de/podcast-herzs
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