Neue Hoffnung für Nierenpatienten: DGIM verleiht Theodor-Frerichs-Preis
Warum entwickeln manche Menschen eine schwere Nierenerkrankung, wie zum
Beispiel ein nephrotisches Syndrom, während andere verschont bleiben?
Dieser bisher ungeklärten Frage hat sich Dr. med. Felicitas Eugenia Hengel
vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf intensiv gewidmet.
Beim
nephrotischen Syndrom ist die Filterfunktion der Niere gestört, große
Mengen Eiweiß gehen über den Urin verloren und es kommt zu ausgeprägten
Wassereinlagerungen im Körper. Die Ärztin und Wissenschaftlerin konnte
zeigen, dass bestimmte Autoantikörper maßgeblich an der Entstehung des
Krankheitsbildes beteiligt sind – und schafft damit die Grundlage für neue
diagnostische und therapeutische Ansätze.
Für ihre herausragende wissenschaftliche Leistung wurde sie von der
Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) mit dem Theodor-
Frerichs-Preis 2025 ausgezeichnet. Der mit 30.000 Euro dotierte Preis
wurde gestern im Rahmen der feierlichen Eröffnung des 131.
Internistenkongresses in Wiesbaden verliehen.
Beim nephrotischen Syndrom funktioniert der Nierenfilter nur noch
eingeschränkt. In der Folge verlieren die Nieren Eiweiß, was zu
Wassereinlagerungen im Körper und einem erhöhten Risiko für Infektionen
sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt. Dr. med. Felicitas Eugenia Hengel
vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf konnte nachweisen, dass
bestimmte Antikörper, die sich gegen das Eiweiß Nephrin richten, eine
entscheidende Rolle dabei spielen. In ihrer multizentrischen Studie mit
über 500 Patientinnen und Patienten zeigte sich: Fast 90 Prozent der
betroffenen Kinder und 69 Prozent der erkrankten Erwachsenen tragen diese
Antikörper im Blut. Damit könnte ein gezielter Bluttest künftig helfen,
die Erkrankung besser zu erkennen und schneller zu behandeln.
Neue Therapieoption mit Rituximab
Um zu bestätigen, dass die Autoantikörper tatsächlich die Erkrankung
verursachen, entwickelte Dr. Hengel ein spezielles Mausmodell. Die
Antikörper griffen dort direkt die Filterzellen der Niere an und führten
so zur typischen Erkrankungsausprägung. Besonders relevant für die
klinische Praxis: In ersten Untersuchungen zeigte sich, dass das
Medikament Rituximab, das bestimmte Immunzellen gezielt ausschaltet, zu
einer nachhaltigen Besserung bei vielen Patientinnen und Patienten führte.
Diese Erkenntnis bietet das Potenzial, die bislang unspezifische
Behandlung mit allgemeinen Immunsuppressiva künftig deutlich zu
verbessern.
Ausgezeichnete Wissenschaft mit klinischer Relevanz
Dr. Felicitas Eugenia Hengel studierte und promovierte an der Universität
Heidelberg. Seit 2021 arbeitet sie als Assistenzärztin am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und forscht dort als Clinician
Scientist in der Nephrologie. Ihre Arbeiten wurden bereits in hochrangigen
internationalen Fachzeitschriften wie dem New England Journal of Medicine
veröffentlicht. Sie ist zudem Teil eines von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs zur
Erforschung glomerulärer Erkrankungen.
Kongresspräsident und Nephrologe Professor Dr. med. Jan Galle würdigt die
Forschung mit Nachdruck: „Dr. Hengel hat mit ihrer Arbeit einen wichtigen
Beitrag zur Nephrologie geleistet. Ihre Ergebnisse sind nicht nur
wissenschaftlich bedeutsam, sondern haben auch das Potenzial, die
Versorgung von Patientinnen und Patienten mit nephrotischem Syndrom
entscheidend zu verbessern.“
Preisverleihung im Rahmen des 131. Internistenkongresses
Der Theodor-Frerichs-Preis wird traditionell bei der feierlichen Eröffnung
des Internistenkongresses verliehen. Mit dieser Auszeichnung ehrt die DGIM
herausragende wissenschaftliche Arbeiten, die das Verständnis, die
Diagnose und die Behandlung internistischer Erkrankungen wesentlich
voranbringen.
Prämierte Arbeit: Hengel, F. E., Dehde, S., Lassé, M., et al. (2024).
Autoantibodies targeting nephrin in podocytopathies. The New England
Journal of Medicine. https://doi.org/10.1056/NEJMoa