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Boulevard

Luzerner Theater, verWANDLUNGEN,Choreografien von Erion Kruja und KOR’SIA,Premiere 12.03.22 besucht von Gabriela Bucher – Liechti

verWANDLUNGEN_The Wanderers von Erion Kruja_Luzerner Theater_Foto Ingo Hoehn_Eine Produktion der Compagnie Affenherz
verWANDLUNGEN_The Wanderers von Erion Kruja_Luzerner Theater_Foto Ingo Hoehn_Eine Produktion der Compagnie Affenherz

Produktionsteam:
Musikalische Leitung: Alexander Sinan Binder
Choreografie: KOR’SIA , Erion Kruja
Bühne und Kostüme: Sascha Thomsen , Erion Kruja
Licht: Sascha Thomsen , Erion Kruja
Besetzung:
TanzLuzern: Carlos Kerr Jr. , Dario Dinuzzi , Valeria Marangelli , Lisa Gareis , Phoebe Jewitt , Igli Mezini , Flavio Quisisana , Mathilde Gilhet , Mathew Prichard , Gabriele Rolle , Marija Burceva , Marta Llopis Mollá , Isabel Kooring Luzerner Sinfonieorchester

TanzLuzern widmet sich in seiner neusten Produktion mit zwei choreografischen Uraufführungen den  sehr aktuellen Themen Wandel, Veränderungen, Neuerungen, Verwandlungen.

verWANDLUNGEN_Lucid Dream von KORSIA_Luzerner Theater_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz
verWANDLUNGEN_Lucid Dream von KORSIA_Luzerner Theater_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz

Eine erste «Verwandlung» ergab sich bereits bei den Choreograf*innen: Die ursprünglich eingeladene Chinesin Yabin Wang entschied sich gegen eine Reise in die Schweiz, da sie nach ihrer Rückkehr vier Wochen strengste Isolation hätte auf sich nehmen müssen. KOR’SIA – die Italiener Mattia Russo und Antonio de Rosa – konnten kurzfristig einspringen und zeigten sich vom vorgesehenen Thema angesprochen. Sie und der Albaner Erion Kruja erarbeiteten für diesen Abend zwei unterschiedlichste Choreografien, die in ihrer Einzigartigkeit begeisterten.

Futuristische Kreaturen

verWANDLUNGEN_Lucid Dream von KORSIA_Luzerner Theater_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz
verWANDLUNGEN_Lucid Dream von KORSIA_Luzerner Theater_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz
In KOR’SIAs «Lucid Dream» bewegen sich die Tänzer*innen zum grössten Teil in einem sehr dunkel gehaltenen Raum. Erst gegen Schluss entpuppt dieser sich als ein mit violettem Teppich ausgelegtes Halbrund. Die Tänzer*innen sind identisch gekleidet: Kurze, silberne Hosen und Jacken, schwarze Kniestrümpfe, alle mit derselben steifen Kurzhaarperücke. Das erinnert an Ausserirdische, an futuristische Kreaturen, teilweise aber auch an Insekten. Langsam schälen sie sich aus dem Nebel zu Vogelgezwitscher, dem «Adagio for Strings» von Samuel Barber und der Stimme von Patricia Rezai, die einen Meditationstext rezitiert. Sie scheinen diverse Bewegungen auszuprobieren, zu prüfen, wohin diese führen könnten, was sich daraus machen lassen würde, denn so richtig fertig ausgeführt werden sie nicht. Meist werden sie aufgelöst, bevor sie richtig entstanden sind, gehen über in andere Posen, Beine verschlingen sich, heben sich gegenseitig an, Füsse berühren Gesichter, Hände berühren Füsse, man stürzt kunstvoll vornüber, seitlich, rückwärts, findet sich um gleich wieder wegzubrechen. Im letzten Teil marschieren alle in Formation über die Bühne, zielstrebig und doch irgendwie ziellos, kreuz und quer, militärisch ausgerichtet. Das erinnert etwas an Schwarmintelligenz von Vögeln. Alles endet, wie, es begonnen hat, die Kreaturen liegen wieder auf dem Boden, wie verlassene Larven, dazu Vogelgezwitscher.

 

Familienfoto

verWANDLUNGEN_Lucid Dream von KORSIA_Luzerner Theater_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz
verWANDLUNGEN_Lucid Dream von KORSIA_Luzerner Theater_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz

Bei Erion Kruja tauchen die Tänzer*innen in «The Wanderers» aus urzeitlichen Tiefen auf. Eine Horde nackter Primaten amüsiert sich auf der Bühne, stellt sich zur Schau, laust sich gegenseitig, sehr zum Vergnügen des Publikums. Dann realisieren die Geschöpfe, dass es auf der anderen Seite – im Zuschauerraum – ebenfalls Geschöpfe gibt. Ein eindrücklicher Moment, wer beobachtet wen, wer sitzt hinter und wer vor der Glasscheibe?

 

Im zweiten Teil des Stücks erscheinen die Tänzer*innen in hochgeschlossenen, weissen Blusen, schwarzen Röcken und Hosen, bewegen sich anmutig und höflich miteinander in schönen Tanzposen und formieren sich am Schluss zu einem adretten Schlussbild, als wollten sie diesen gelungenen Tag festhalten fürs Familienalbum. Zum Adagio von Mahler löst sich die heile Welt aber langsam wieder auf, die Kleider fliegen, auch in diesem Stück stehen die Tänzer*innen wieder da wie am Anfang, falten die ausgezogenen Hosen und Hemden zusammen und präsentieren sie leicht ratlos dem Publikum – Zivilisation in Form von Kleiderhäufchen?

 

Beide Produktionen leben von starken Bildern und sehr gekonnt eingesetzten Lichteffekten. Meist steht das ganze Ensemble auf der Bühne. Die Choreografien sind weniger ausgerichtet auf spektakuläre, schnelle Schrittfolgen als auf ausdrucksstarke und teilweise völlig neue, unerwartete Kombinationen. Das Ensemble TanzLuzern führt diese mit viel Leichtigkeit und Eindringlichkeit aus. Musikalisch begleiten Streicher des Luzerner Sinfonieorchesters unter der Leitung von Alexander Sinan Binder. Eine Produktion, die freudig überrascht mit ihrer Originalität in Bewegung und Ausdruck. Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert.

 

Die Tänzer*innen von TanzLuzern liessen es sich nicht nehmen, am Ende des Abends ein Manifest gegen den Krieg in der Ukraine zu verlesen.

Text: www.gabrielabucher.ch

Fotos: Szenenfotos von Ingo Hoehn www.luzernertheater.ch

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Max Thürig  www.maxthuerig.ch

verWANDLUNGEN_The Wanderers von Erion Kruja_Luzerner Theater_Foto Ingo Hoehn_Eine Produktion der Compagnie Affenherz
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Ivo Hentschel wird Musikdirektor und Chefdirigent am Theater Hof ab der Saison 2021/2022

Ivo Hentschel Foto Uwe Arens
Ivo Hentschel Foto Uwe Arens

Zur Saison 2021/2022 wird Ivo Hentschel neuer Musikdirektor und Chefdirigent am Theater Hof.Er wird das dann frisch renovierte Haus mit „Médée“ von Luigi Cherubini feierlich wiedereröffnen. Weitere Höhepunkte in seiner ersten Spielzeit am Theater Hof werden „Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Donizetti sowie die deutschsprachige Erstaufführungvon „Helena Citrónová“ desthailändisch-amerikanischen Komponisten Somtow Papinian Sucharitkul sein.SeinerOper, die im Januar 2020 in Bangkok uraufgeführt wurde, liegt die reale Person Helena Citrónová zugrunde, eine slowakische Jüdin, die während des zweiten Weltkriegs ins Konzentrationslager Ausschwitz deportiert wurde und dort ein deutsches Geburtstagsständchen für einen SS-Wächter singen musste. „Mit Ivo Hentschel kommt ein sehr vielseitiger Künstler als Musikdirektor an unser Haus, der sowohl im klassischen Musiktheater, als auch in den Bereichen Operette und Musical viel Erfahrung mitbringt. Er kennt das Haus, weil er bereits in der Spielzeit 2013/14 äußerst erfolgreich als 1. Kapellmeister am Theater Hof engagiert war. Wir, also Theaterleitung, Solisten, Chor und Hofer Symphoniker, freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit und auf Musiktheater auf höchstem Niveau“, sagt Intendant Reinhardt Friese.„Das Theater Hof bietet in jeder seiner vier Sparten einen herausragend vielfältigen Spielplan. Ich freue mich außerordentlich auf die Aufgabe, diesen als Musikdirektor und Chefdirigent mitzugestalten und ihn gemeinsam mit dem Ensemble, dem Chor, den Hofer Symphonikern und allenMitarbeitern des Theaters in großer Lebendigkeit und Qualität für unser Publikum umzusetzen“, so Ivo Hentschel.Der in Stuttgart geborene Dirigent ging nach dem Studium an der Musikhochschule Mannheim den klassischen Kapellmeister-Weg vom Repetitor bis zum Musikdirektormit Stationen am Theater der Stadt Heidelberg, am Theater Hofund am Staatstheater Cottbus. Er war Kapellmeister an der Komischen Oper Berlin für das Jahr ohne amtierenden Generalmusikdirektor (2017/18) und ist seitdem mit diesem Haus als regelmäßiger Gastdirigent eng verbunden. Darüber hinaus dirigierte er als Gastunter anderem anden Theatern Bern, Bonn und Lübeck und am Nationaltheater Mannheim. Als Konzertdirigent stand er u.a. am Pult des Konzerthausorchesters Berlin, des Orchesters der Komischen Oper Berlin, des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie Koblenz, der Neuen Philharmonie Westfalen und der Jenaer Philharmonie. Seit 2019/2020 ist er Erster ständiger Gastdirigent am Mecklenburgischen Staatstheater.Ivo Hentschel hat sich mit seiner stilsicheren und gleichzeitig inspiriert lebendigen Lesart der Partituren als versierter Operndirigent und spannender Konzertdirigent einen Namen gemacht und verfügt über ein breites Repertoire von Barock bis 21. Jahrhundert. Ein weiterer Schwerpunkt von Ivo Hentschel liegt auf der Konzeption und Durchführung musikpädagogischer Angebote.

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Stadttheater Sursee, Frau Luna, Operetten-Revue von Paul Lincke, Première 11. Januar 2020 besucht von Léonard Wüst

Mondszene mit den Hauptfiguren Fritz (Andres Esteban, vorne) und Frau Luna (Raya Sarontino, Podest) Foto Roberto Conciatore
Mondszene mit den Hauptfiguren Fritz (Andres Esteban, vorne) und Frau Luna (Raya Sarontino, Podest) Foto Roberto Conciatori

Produktion und Besetzung:
Produktionsleitung und musikalische Gesamtverantwortung: isabelle Ruf – Weber
Inszenierung, Choreografie und Bühne: Björn B. Bugiel
Choreinstudierung und musikalische Assistenz: Achim Glatz
Technik , Licht und Bauten:  Flynn Bolliger, Köstüme: Ariann Gloor
Frisuren und Maske: Hanni Nievergelt, Requisiten: Daniela Bucher Schmidlin

Flora/Frau Luna Raya Sarontino
Fritz Steppke:  Andres Esteban, Lämmermeier:  Stefan Wieland
Pannecke: Jens Olaf Müller, Frau Pusebach Cécile Gschwind
Marie/Jungfrau: Corinne Achermann, Theophil: Andreas Fitze
Ella/Stella: Gianna Lunardi, Egon/Prinz Sternschnuppe: Livio Schmid
Anna/Venus: Gaby Meier –  Felix, Bierkutscher/Mars: Pius Berger

Stenzeichen: Corinne Achermann, Lars Bolliger, Vera Christen, Larissa Deplazes, Cédric Dillier, Colin Dillier, Serge Dillier, Elena Erni, Aline Ghidoni, Urs Heller, Philipp Riedweg, Marion Sidler, Mara Wyder, Nina Wyder
Chor, Ballett und Orchester des Stadttheaters Sursee

Rezension:

Frau Luna Szenenfoto von Roberto Conciatore, FritzeSteppke, Andres Esteban links Andreas Fitze rechts als Theopil
Frau Luna Szenenfoto von Roberto Conciatore, FritzeSteppke, Andres Esteban links Andreas Fitze rechts als Theophil
Mitten auf dem Platz steht eine der typischen, vom gebürtigen Berliner Ernst Theodor Amandus Litfaß „erfundenen“ Säulen, die nach ihm benannt sind, natürlich vollbeklebt mit Plakaten. Auf einem in typischem berlinisch vermerkt: Det Auge det Jesetzes wacht! Links davon richtet Wirtin Anna ihre Terrassentische und Stühle, während Pannecke schon ungeduldig nach einem Bier verlangt, derweil Berliner und Berlinerinnen über den Platz schreiten, vorbeispazieren oder kurz verweilen. Hier streut Regisseur Bugiel schon mal eine kleine Tanzeinlage ein um das Treiben im Berlin der goldenen 1920/30er Jahre noch zu unterstreichen.

Grundlage der Geschichte

Raya Sarontino, auf Erden als als Flora Huschke, mit Gaby Meier Felix, links und Cècile Gschwind, rechts.
Raya Sarontino, auf Erden als als Flora Huschke, mit Gaby Meier Felix, links und Cècile Gschwind, rechts.
Fritz Steppke ist Mechaniker und wohnt zur Untermiete bei der Witwe Pusebach in Berlin. Er ist verlobt mit der Pusebach-Nichte Marie und sehr interessiert an der Fliegerei und an Außerirdischem. Er bastelt einen Ballon für die Mondfahrt. Mit von der Mondpartie sind auch die besten Freunde Lämmermeister und Pannecke. In Handlung und Text erscheint häufig sogenannter Berliner Etagen-Kolorit, bevor sich die Gondel des Steppke-Ballons eines Nachts heimlich in den Berliner Himmel erhebt, Zielrichtung Mond. Da Steppke sich vorher schlafen legt, wird offengelassen, ob die Reise real oder nur im Traum geschieht.

2 Bühnenbilder in 3 Aufzügen und einer Pause

Nach ungefähr der Hälfte des ersten Aktes wird ein zusätzliches Bühnenelement von rechts auf die Bühne geschoben. Es zeigt das Geschehen in der Wohnung der, wie sie sich selbst nennt, möblierten Zimmerwirtin Witwe Pusebach, der Tante von Marie (Mieze) Pusebach und Zimmervermieterin von Fritze Steppke, dem Verlobtem eben dieser Mieze.

Witwe Pusebach (grandiose Cècile Gschwind) besingt mit „O Theophil“ eine amouröse Enttäuschung, die sie immer noch beschäftigt, während ebendieser Theophil, Polizist mit typischer preussischer Pickelhaube, vokal mit „Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe» mit Ella anbandeln will.

Top besetzte Rollen u.a. Raya Sarontino Frau Luna, Göttin des Mondes, Andres Esteban als Fritze Steppke, Wachtmeister Theophil (Andreas Fitze), der selbstverliebte Egon , Prinz Sternschnuppe (Livio Schmid), die klar singende Marie (Corinne Achermann) oder der mondbesessene Lämmermeier (Stefan Wieland, diesmal Bariton nicht Countertenor).

Die Litfaßsäule öffnet sich, die vier Berliner Raumfahrer steigen ein und unter Feuerwerk und Getöse verwandelt sich die Säule in eine Rakete, hebt ab, fliegt in die unendlichen, noch unbekannten Weiten des Weltraums. Die Traumreise, oder die Reise im Traum hat begonnen, der Vorhang schliesst sich.

  1. Akt: Die Mondlandung
Raya Sarontino als Frau Luna
Raya Sarontino als Frau Luna

Nach einer kurzen Ouvertüre hebt sich der Vorhang und – wir sind, zusammen mit den Berlinern, auf dem Mond in einer spektakulären Umgebung, umgeben vom tiefblauen Weltall mit über 1200 funkelnden Sternen, eine halbmondförmige Treppe führt Richtung Unendlichkeit, in die unerforschten Weiten des Universums. Wie es den vier Berlinern bei ihrem Besuch unseres Erdtrabanten ergeht! Man träumt mit, lässt sich mitreissen und anstecken, wird infiziert von diesem „Mondfieber“ der andern Art. Für einmal sind wir die „Aliens“, werden von den Mondbewohnern gemustert, ja neugierig interessiert begafft, begutachtet und eingeordnet. Erstaunlicherweise existiert von jedem Mondfahrer jeweils ein „Alter Ego“ auf dem Erdtrabanten, fast fühlt man sich in vertrauter persönlicher Umgebung. Trotz mehrheitlicher Nichtexistenz dieser Rasse, „menschelet“ es auch hier. Aber anders als zuhause, haben die Bewohner hier keinen regierenden Bürgermeister, wie die Berliner, sondern eine Alleinherrscherin, die Göttin des Mondes „Frau Luna“, die in glamourösem Ambiente, umgeben von illustren Gästen ihre Herrschaft zelebriert. Ganz oben auf der Treppe intoniert Raya Sarontino die Arie Von Sternen umgeben umhüll‘ ich die Welt (Bin Göttin des Mondes – Frau Luna genannt), stimmgewaltig und selbstbewusst. Nebst den anderen Trabanten, wie Venus, Mars usw. sind auch alle Sternzeichen anwesend, was besonders Hobbyastrologe Lämmermeister fasziniert, ein ganzer Hofstaat von Elfen Pagen etc. ist Frau Luna zu Diensten und mit Prinz Sternschnuppe ist auch ein langjähriger Verehrer der Mondgöttin mit seinem Raumschiff angereist, muss aber feststellen, dass seine Angebetete im Moment nur Augen für den „Exoten“ Fritze Steppke hat. Der Mond scheint ein ewiger Vergnügungspark zu sein. Venus, Mars und die Götter der Gestirne geben sich ein Stelldichein bei rauschenden Festen, deren absoluter Höhepunkt die «Milchstrassenparade» ist, bei der alle Sternzeichen die Mondtreppe herabschreiten und in deren Verlauf man auch vernimmt, dass die Zwillinge von der Jungfrau mit dem Wassermann gezeugt wurden!  Prinz Sternschnuppe liebt Frau Luna, doch diese interessiert sich momentan nur für Steppke. Theophil erkennt in Frau Pusebach einen seiner amourösen Fehltritte auf der Erde. Pannecke, mit dem sie eigentlich verbunden ist, bändelt mit Frau Venus an. Theophil liebt Stella und leiht für der Reisenden Rückreise das Sphärenmobil des Prinzen aus, denn deren Ballon ist geplatzt. Nach einigen Turbulenzen findet jeder Topf seinen Deckel, und die Erdbewohner reisen zurück in der Erkenntnis, dass es auf dem Mond auch nicht anders zugeht als in der heimischen Mansardenwohnung.

  1. Akt: Zurück in der Realität, im Berliner Alltag

Wir finden uns wieder im Bühnenbild des ersten Aktes. Etwas verändert hat sich dieser Alltag aber doch. Fritz Steppkes Traum vom Fliegen wird wahr, seine Verlobte Marie verschafft ihm eine Stelle beim ersten Luftschiffkapitän Graf Zeppelin. Es werden die Hochzeitstermine für Pannecke und seine Witwe Pusebach und ebenso für Marie und Fritze Steppke fixiert, ansonsten geht das Berlinerleben seinen üblichen Lauf. Die Berliner feiern das junge Brautpaar, die Musik der freiwilligen Feuerwehr Alexanderplatz spielt dazu auf. Sie alle sind versammelt, inkl. Ihrer Alter Egos vom Mond und atmen wieder die gewohnte „Berliner Luft“, die sie im fulminanten Finale auch besingen.

Fazit:

Die eigentlichen Hauptdarsteller sind die vier Berliner Mondfahrer, nicht die der Revue namensgebende Titelfigur Frau Luna. Eine großartige Leistung aller Beteiligten, ob auf oder hinter der Bühne und im Orchestergraben. Meene Begleitung und ikke waren hell begeestert und haben die Berliner Luft förmlich eingesogen, nicht nur eingeatmet. Mit dieser Inszenierung ist klar, sind die Sorser alles andere als hinter dem Mond zuhause, noch möchte man sie dorthin schiessen und wenn doch, würden sie mit dieser Inszenierung auch dort oben grosse Erfolge feiern.

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Im Walzertakt ins neue Jahr, KKL Luzern, 1. Januar 2020 besucht von Léonard Wüst

Solist Violine Vadim Gluzman Foto Marco Borggreve
Solist Violine Vadim Gluzman Foto Marco Borggreve

Besetzung und Programm:

Luzerner Sinfonieorchester
James Gaffigan, Leitung
Vadim Gluzman, Violine

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
Marsch für Militärmusik Nr. 2 C-Dur «Zapfenstreich»
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61

Johann Strauss II (1825 – 1899)
Ouvertüre zur Operette «Die Fledermaus»
«Seid umschlungen, Millionen», Walzer op. 443
«An der schönen blauen Donau», Walzer op. 314
«Unter Donner und Blitz», Polka op. 324

Johannes Brahms (1833 – 1897)
Ungarischer Tanz Nr. 1 G-Dur
Ungarischer Tanz Nr. 4 fis-Moll

 

Rezension:

Luzerner Sinfonieorchester
Luzerner Sinfonieorchester

Dass Beethoven musikalische Schlachtengemälde durchaus liebte, demonstrierte er mit «Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria». Auch seine Militärmärsche gehören in diese musikalische Kategorie. Und sogar sein einzigartiges Violinkonzert eröffnete Beethoven mit einem Instrument, das sich vorzüglich für Märsche eignet – nämlich mit der Solopauke, die zumindest im ersten Satz immer wieder eine wichtige Rolle spielt. Sonst aber herrscht hier pures Melos: Wohl in keinem anderen Werk verwöhnt Beethoven das Ohr des geneigten Musikfreundes mit einem derart opulenten Melodienreichtum. Nach der Konzertpause heisst es dann: alles Walzer. Von Wiener Walzermelodien, aber auch von Brahms’ Ungarischen Tänzen geht eine besondere Anziehungskraft aus – eine melancholische Aura von nostalgischer Zartbittersüsse. Walzerklänge locken und verführen, und sie künden insgeheim von kleinen, süssen Herzensgeschichten, von schüchternem Werben und heimlichen Neigungen, von schwärmerischem Glücksgefühl und verstohlener Wehmut. Ausgelassener Scherz und stiller Schmerz, leidenschaftlicher Frohsinn und federleichte Trauer gehen hier sozusagen eng umschlungen Hand in Hand.

Mix aus zwei Reminiszenzen

Es liegt nahe, dass einerseits der heuer zu feiernde 250ste Geburtstag Beethovens und andrerseits die weltweite Beachtung, das kulturelle Neujahrs TV Ereignis schlechthin, das alljährliche Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im Saal des Musikvereins in der österreichischen Hauptstadt, die Programmierung bestimmt haben. Beethoven im Jahr 2020 fast ein must, Walzer andererseits, weltweit eine never ending Erfolgsstory, besonders zum Jahresanfang als publikumswirksame Absicherung? Andererseits haben sich die Luzerner in den letzten Jahren jeweils, mit Erfolg,  deutlich von den Wienern abgegrenzt mit ihren Neujahrsprogrammen. Sei es, wie z.B. letztes Jahr mit Rossini, 2017 mit Gershwin usw.

1. Konzertteil mit Beethovens Violinkonzert

James Gaffigan Dirigent
James Gaffigan Dirigent

Beethovens Violinkonzert, uraufgeführt 1806, war völlig neuartig für seine Zeit. Es hat einen Umfang, wie noch kein Violinkonzert davor. Anfangs verurteilten die Kritiker das Werk. Seinen verdienten Durchbruch erlebte es, nachdem Joseph Joachim es als Dreizehnjähriger 1844 unter der Leitung von Felix Mendelssohn in London gespielt hatte. Seither hat es seinen festen Platz im Konzertrepertoire. Obwohl das einzige Violinkonzert Beethovens und von allen grossen Violinisten geschätzt, ja geliebt, wird es dennoch recht selten programmiert.

Der erste Satz entspricht der Sonatensatzform. Vier leise Paukenschläge, gefolgt von der Vorstellung des Hauptthemas durch die Holzbläser, leiten den Satz ein, dessen liedhaftes und doch majestätisches Hauptthema eine lyrische Stimmung verbreitet. Das Paukenmotiv kehrt an mehreren Stellen des Satzes wieder. Die Solovioline setzt erst nach der Vorstellung der beiden Hauptthemen und einer etwa dreiminütigen Orchesterpassage ein.

Solist Violine Vadim Gluzman Foto Marco Borggreve
Solist Violine Vadim Gluzman Foto Marco Borggreve

Für den 2. Satz, das Larghetto machen Leibowitz und Kolisch in ihrem“ Dialoge über Aufführungsfragen bei „Beethoven“ einen Andante-Charakter geltend, dessen Bewegungsform sich ebenfalls in Halben artikuliere. Aufgrund des charakteristischen Motivs aus Viertelnote mit angebundenem Achtel ordnet Kolisch diesen Satz dem Typ ›Adagio alla breve‹ zu. In Partitur und Stimmensatz trägt Leibowitz die Alla-breve-Vorschrift nach. Der Metronomwert= 30 wird aus den von Beethoven gemachten Metronomangaben(= 60) für die langsamen Sätze des Streichquartetts op. 59,2 und der Neunten Sinfonie abgeleitet. Vorurteilsfrei und leidenschaftlich hat sich hier Gluzman für einen Weg entschieden, der die technischen Herausforderungen zum Strahlen bringt. Er demonstriert, auch und Dank dem kongenialen  Zusammenspiel mit dem grossartigen Orchester, emotionale Überzeugtheit, ohne je sentimental oder selbstgefällig zu werden. Den dritten Satz spielt der Solist so klar und zugleich so verwegen und hingebungsvoll wie kaum ein anderer in neuerer Zeit. Kenntnisreich und leidenschaftlich Gluzman geht mit nicht weniger Ernst zur Sache als andere Interpreten. Aber um wie vieles leichter, quasi dem Himmel näher wirkt seine Darbietung, wie viel tiefer in die Musiksubstanz aus Artikulation, Tongebung und Phrasierung dringt er ein. Gluzman ist bedingungslos virtuos. Sein Können stellt er ganz in den Dienst von Beethovens wundervollem Bewegungsdrang, heißblütig spielend und präzis kalkulierend. Das Orchester ist in der Größe ideal besetzt und ausbalanciert. Unter Leitung seines Chefs, James Gaffigan, hält es ohne Mühe mit. Kenntnisreich, unbelastet und engagiert hat sich Guzman für einen Weg entschieden, der die technischen Herausforderungen zum Strahlen bringt. Ein stürmischer, langanhaltender Applaus belohnte die Protagonisten für diesen Ohrenschmaus und schlussendlich gewährte uns der Solist noch die Gavotte aus der E-Dur-Partita von Bach als Zugabe.

2. Konzertteil alles Walzer, zumindest fast

Neujahrskonzert ganz ohne Walzer, davon rückten die Luzerner für einmal ab, ergänzten das Set aber noch passend  mit zwei ungarischen Tänzen von Brahms, kannten und mochten sich doch diese beiden Komponisten sehr gut. Schon brauste eine Fledermaus durch den Konzertsaal und zwar in Form der Ouvertüre aus der gleichnamigen Strauss Operette, welche mit rasantem Drive und packendem Rhythmus fulminant den „Wiener Teil“ des Konzertes einläutete. Ebenso überzeugend kamen dann die übrigen Werke von ­Johann Strauss II, der eher sanfte Walzer «Seid umschlungen Millionen», die rasante Polka «Unter Blitz und Donner» und natürlich der Walzer der Walzer «An der schönen blauen Donau».

Gaffigan schöpfte grosszügig aus dem Vollen, liess sein Orchester fast zügellos laufen, ja galoppieren in das neue Jahr. Die zugegebene „Tritsch-Tratsch-Polka“ hob den Stimmungspegel noch mehr und fast logisch dann noch, wie in Wien alle Jahre wieder, der das Konzert abschliessende, schlicht unvermeidliche «Radetzky-­Marsch»,-bei dem das Mitklatschritual noch nicht ganz dem Wiener Original entsprach, aber Innerschweizer sind ja bekanntlich schnell lernfähig und bis ganz am Ende, nachdem Gaffigan den Dirigentenstab noch an den Fagottisten abgetreten hatte und selber mitklatschte, ja fast mittanzte, passte fast alles. Der Applaussturm und die Bravorufe sowie auch die vielen strahlenden Gesichter im KKL gaben den Programmveranwortlichen Recht

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: sinfonieorchester.ch/home und

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