Fortschritt bei Krebsbehandlung: S3-Leitlinie zur chronischen lymphatischen Leukämie aktualisiert

Die Neuauflage der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge für
Patient*innen mit einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)” zeigt
eindrucksvoll die enormen Fortschritte, die in den vergangenen Jahren bei
der Krebsbehandlung und speziell bei der Erkrankung des lymphatischen
Systems gemacht wurden.
Das ist insbesondere für die Geriatrie erfreulich,
denn das durchschnittliche Alter bei einer CLL-Erstdiagnose liegt bei
ungefähr 70 Lebensjahren.
„Früher, auch zum Veröffentlichungszeitpunkt der ersten Leitlinenversion,
war bei der CLL der Standard noch eine Immun-Chemotherapie. Mittlerweile
behandelt man aber mit zielgerichteten Medikamenten in Tablettenform, die
in der Regel wirksamer, nebenwirkungsärmer und verträglicher sind als
Zytostatika, sodass die Patientinnen und Patienten nicht nur länger,
sondern auch besser leben”, erklärt Privatdozent Dr. Valentin Goede,
Leitender Oberarzt im Altersmedizinischen Zentrum des Cellitinnen-
Krankenhauses St. Marien in Köln. Gemeinsam mit dem dortigen Chefarzt
Professor Ralf-Joachim Schulz hat er das Leitlinien-Update stellvertretend
für die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) verantwortet. Unter
Federführung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische
Onkologie (DGHO) waren ingesamt 26 Fachgesellschaften und Institutionen an
dem rund dreijährigen, intensiven Arbeitsprozess beteiligt.
Das lymphatische System ist ein komplexes Netzwerk aus Organen, Gefäßen,
Lymphknoten und Lymphflüssigkeit, das im gesamten Körper verteilt ist. Es
übernimmt zentrale Aufgaben für das Immunsystem, den Flüssigkeitshaushalt
und den Transport bestimmter Nährstoffe. Die chronische lymphatische
Leukämie ist die häufigste Leukämieform bei Erwachsenen in Deutschland,
mit etwa 5.600 Neuerkrankungen pro Jahr. Bei der früher als Standard
benutzten Immun-Chemotherapie handelte es sich um eine Infusionsbehandlung
– und mithilfe eines umfassenden Geriatrischen Assessments (Comprehensive
Geriatric Assessment, CGA) sollte entschieden werden, welche
Chemotherapieintensität am angemessensten ist. Mit den neuen
chemotherapiefreien CLL-Medikamenten wurde die Notwendigkeit einer CGA-
Empfehlung im neuen Leitlinien-Update zunächst infrage gestellt – im
Gegensatz zu anderen Lymphom-Leitlinien, bei denen Immun-Chemotherapie
nach wie vor ein Behandlungsstandard geblieben ist. “In dem CLL-
Leitlinien-Update gibt es natürlich auch weiterhin den Hinweis, dass
Behandlungsentscheidungen an die Gebrechlichkeit, den funktionellen Status
und die Komorbiditäten, sprich die geriatrischen Merkmale eines Patienten,
anzupassen sind”, erklärt Valentin Goede.
Evidenzlage für zukünftige Empfehlung des Geriatrischen Assessments
entwickelt sich gut
Neuere, während der Entstehung des Leitlinien-Updates aufkommende Daten
zum CGA bei der Systemtherapie – dazu zählt nicht nur die Immun-Chemo-,
sondern auch die zielgerichtete Medikamenten-Therapie (Biologika) – legen
nahe, dass es trotzdem sinnvoll sein kann, ein CGA zu machen. „Dieses
dient dort dann der Entscheidung, wie mit CGA identifizierte
Vulnerabilitäten zu behandeln sind, also zum Beispiel eine Immobilität,
Sturzneigung, Mangelernährung oder Demenz. Im Sinne der DGG werden diese
Daten beim nächsten Leitlinien-Update aufgegriffen und auch bei der CLL in
neue CGA-Empfehlungen münden. Ich bin da zuversichtlich, weil sich die
Evidenzlage dafür sehr dynamisch entwickelt”, sagt Goede.
Hier finden Sie das Update der S3-Leitlinie zur chronischen lymphatischen
Leukämie (CLL): https://register.awmf.org/de/l