Weltweit erste öffentliche Megawatt-Ladung für Elektro-LKW
Gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft arbeitet die
Technische Hochschule Deggendorf (THD) daran, batterieelektrische Lkw auch
im Güterfernverkehr einsetzen zu können. Einen entscheidenden Schritt nach
vorne stellt dabei die Technologie des Megawatt-Ladens dar. Die ersten
Prototypen wurden am Freitag, 19. Juli, bei einer Veranstaltung mit
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am THD-Technologie Campus
Plattling der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ladesäule sowie der LKW
ermöglichen es erstmals, binnen der gesetzlich vorgeschriebenen
Lenkzeitpause die LKW-Batterien für 4,5 Stunden Betriebszeit aufzuladen –
ohne zusätzliche Wartezeiten.
Mehr als 70 Prozent aller Güter werden in Deutschland auf der Straße
transportiert – und zwar hauptsächlich mit Hilfe von Diesel-betriebenen
Fahrzeugen. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Umweltbilanz. 40
Prozent der gesamten Verkehrsemissionen von 148 Millionen Tonnen CO2
entfallen auf den Güterverkehr. Daher würde ein Umstieg von Diesel- auf
Elektroantrieb besonders große positive Effekte bringen. An den dafür
nötigen technischen und infrastrukturellen Lösungen arbeitete das
Forschungskonsortium NEFTON unter der Leitung des Lehrstuhls für
Fahrzeugtechnik der Technischen Universität München (TUM).
Prof. Dr.-Ing. Otto Kreutzer, wissenschaftlicher Leiter des
Forschungsbereichs Leistungselektronik der THD erklärt die Zielsetzung so:
„Ein Schlüssel für einen erneuerbaren Schwerlastverkehr ist die
Entwicklung innovativer Lade- und Versorgungslösungen, um den notwendigen
Stromnetz-Ausbau zu begrenzen. In Plattling erforschen wir Lösungen, die
keine zusätzlichen Stromtrassen benötigen.“ Und TUM-Professor Markus
Lienkamp betont ergänzend: „Die wissenschaftlichen Fakten sprechen eine
klare Sprache: Batterieelektrische LKW haben einen Wirkungsgrad von etwa
75 Prozent. Davon sind Brennstoffzellen-LKW mit nur 26 Prozent
Wirkungsgrad und eFuels mit einem Wirkungsgrad von lediglich 14 Prozent
meilenweit entfernt.“ Für den tatsächlichen effektiven Einsatz von
Elektro-Lkw fehle allerdings noch die Infrastruktur an den
Hauptverkehrsrouten. Hierfür sei die Technologie des Megawatt-Ladens ein
gewaltiger Schritt nach vorne.
Für Anton Angermaier, den Geschäftsführer der AVL Software and Functions
GmbH, ist klar, „dass die intelligente Integration von Batteriepuffern
sowie die direkte Anbindung an regenerative Energiequellen wie
Photovoltaik und Windkraft ein entscheidender Faktor für den erfolgreichen
Ausbau der Megawatt-Ladeinfrastruktur und deren Verträglichkeit mit dem
Stromnetz ist.“ Solch eine nachhaltige Lösung ermögliche nicht nur eine
stabile Energieversorgung, sondern trage auch erheblich zur Reduktion von
CO₂-Emissionen bei.
Zum Projekt selbst sagte der Vorstand für Forschung und Entwicklung der
MAN Truck & Bus SE, Dr. Frederik Zohm: „Insbesondere für das Megawattladen
haben wir mit NEFTON Technologien entwickelt, mit denen es gelingt, E-Lkw
bei kurzen Stopps mit sehr hohen Ladeleistungen zu laden. Im
Forschungsfokus standen dabei neben der Technik die Praxistauglichkeit,
Kosten und Netzanschlussleistung.“ Gemeinsam mit den Projekt-Partnern habe
man klar gezeigt, dass Elektro-Lkw und Megawattladen die perfekte
Kombination für die umfassende Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs
sei. Die Technologie sei da, nun gelte es, den Ausbau der
Ladeinfrastruktur im Markt in engem Schulterschluss von Politik,
Energiewirtschaft und Fahrzeugherstellern voranzutreiben.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger war bei der Veranstaltung in
Plattling von dem wohl erstmals in Deutschland durchgeführten Ladevorgang
mit 1.000 kW sichtlich beeindruckt und stellte in seiner Ansprache darauf
ab, dass „das Forschungsprojekt zeigt, Hightech und Expertise aus Bayern
gestalten die Mobilität der Zukunft. Solche Initiativen dekarbonisieren
schrittweise Logistik und Güterverkehr und stärken damit auch den Standort
Bayern. Ich bedanke mich deshalb bei allen, die sich erfolgreich am
NEFTON-Projekt beteiligt haben. Gerade das Megawatt Charging System (MCS)
beschleunigt die Ladezeiten der Lastkraftwagen massiv und ist deshalb ein
Meilenstein für die Elektromobilität.“ MAN habe die Praxistauglichkeit
dieser Technologie bereits unter Beweis gestellt und maßgeblich an der
Standardisierung mitgewirkt. Die MCS-Technologie berücksichtige das Land
Bayern auch bei seinem aktuellen Förderprogramm. „In der ersten Runden
finanzieren wir damit 86 Ladepunkte für den Straßengüterverkehr, im
Spätherbst soll der nächste Förderaufruf starten. Gemeinsam mit unseren
Wasserstoff-Förderungen steht dieses Programm für die Technologieoffenheit
der Bayerischen Staatsregierung in der Mobilität“, so Aiwanger.