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Politik

Demokratieforschung in Zeiten politischen Klimawandels – DVPW tagt an der Europa-Universität Viadrina

Mit welchen politischen Strategien lässt sich dem Erstarken von
Autoritarismus, Extremismus und Populismus in Europa und weltweit
begegnen? Wie bewältigen liberale Demokratien unbeschädigt die
Herausforderungen durch die Corona-Pandemie, ökologische und finanzielle
Krisen und den russischen Angriffskrieg?

Diese Fragen diskutieren internationale Expertinnen und Experten auf der
politikwissenschaftlichen Tagung mit dem Titel „Political Climate Change“,
die am Mittwoch, dem 22., und am Donnerstag, dem 23. September 2022, an
der Europa-Universität Viadrina im Logensaal (Logenstraße 11) stattfindet.

Die Tagung ist eine Kooperationsveranstaltung des Instituts für
Europastudien (IFES) der Europa-Universität Viadrina mit den
Arbeitskreisen „Demokratieforschung“ und „Vergleichende Diktatur- und
Extremismusforschung“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft
(DVPW). Sie findet auf Englisch und Deutsch statt und will den Austausch
von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fördern, die
Demokratieforschung aus regionaler, europäischer und globaler Perspektive
betreiben.

„Seit einigen Jahren erleben wir vor allem in Demokratien einen Wandel bei
politischen Auseinandersetzungen. Es geht nicht mehr um das bessere
Argument, sondern um das Diskreditieren anderer Meinungen. Politische
Gemeinsamkeiten erodieren, aus politischen Kontrahenten sind politische
Feinde geworden. Langfristig gefährdet das die Demokratie, so wie die
globale Erwärmung langfristig die Lebensbedingungen der Menschheit
verändert und möglicherweise gefährdet. Die Beiträge der Konferenz widmen
sich beiden Komplexen und diskutieren sie vor einem gemeinsamen Horizont“,
sagt Dr. Timm Beichelt, Inhaber der Viadrina-Professur für Europastudien
und einer der Organisatoren der Tagung.

Die Tagung richtet sich an ein Fachpublikum, eine vorherige Anmeldung bis
spätestens 4. September 2022 ist notwendig:
https://forms.gle/rui6gyQerzhxB1n66

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Analysen zur Bundestagswahl: Perspektiven und Daten aus der Wissenschaft

Inwiefern wurden die Wahlentscheidungen bei der vergangenen Bundestagswahl
durch Einstellungen zum Klimawandel oder durch den Wohnort beeinflusst?
Wie präsentierten sich die Kandidierenden in den Sozialen Medien und
inwiefern repräsentieren sie die Wählerschaft? Das Transferjournal
„easy_social_sciences“ widmet seine neueste Ausgabe der deutschen
Bundestagswahl 2021 und liefert Daten und Analysen.

Die Gastherausgeberin und -herausgeber Frauke Riebe, Lukas Hetzer und L.
Constantin Wurthmann vom GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften
haben in acht Artikeln wertvolle Einsichten zur Bundestagswahl 2021
zusammengetragen.

Beleuchtet werden – auch vor dem Hintergrund des Vertrauensverlusts bei
den US-amerikanischen Wahlen im vergangenen Jahr – wie hoch das Vertrauen
der deutschen Bevölkerung in die Wahl war und wie es grundsätzlich um die
„Elektorale Integrität“ der Wahl bestellt war.

Auch der Einfluss des Klimawandels auf die Wahlentscheidung der Deutschen
findet Eingang in das Heft, vor allem verbunden mit der Frage, für wie
wichtig das Klimathema in den unterschiedlichen Alterskohorten erachtet
wurde.

Über inhaltliche Positionen hinweg haben weitere Faktoren die
Wahlentscheidung beeinflusst. Dazu gehören beispielsweise die ideologische
Selbstverortung der Bürgerinnen und Bürger im politischen Spektrum
zwischen links und rechts und die Passung dieser Selbstverortung zu den
tatsächlichen Positionen der Kandidierenden. Als ebenfalls einflussreicher
Faktor auf die Wahlentscheidung hat sich der Wohnort in der Stadt oder auf
dem Land erwiesen, was im Heft insbesondere am Beispiel einer
Wahlentscheidung für die AfD nachvollzogen wird.

Da die Bundestagswahl 2021, unter anderem durch die speziellen Bedingungen
der Corona-Pandemie, auch stark durch den Diskurs in den Sozialen Medien
bestimmt war, trägt das Heft auch diesem Thema Rechnung und stellt eine
Analyse der politischen Kommunikation der Spitzenpolitiker auf Twitter
vor.

easy_social_sciences ist eine Transferzeitschrift, die vom GESIS Leibniz-
Institut für Sozialwissenschaften herausgegeben wird. Die Zeitschrift ist
interdisziplinär ausgerichtet und greift aktuelle Themen aus der
sozialwissenschaftlichen Forschung auf. In der Zeitschrift werden
qualitätsgeprüfte Beiträge aus dem wissenschaftlichen Umfeld publiziert
und an eine breite Leserschaft adressiert.

Das aktuelle Heft mit dem Titel: "Die Bundestagswahl 2021:
Perspektiven und Daten aus der deutschen Wahlstudie" kann unter
https://www.gesis.org/easy kostenfrei heruntergeladen werden.

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Zehn Freiburger Thesen zum Grundeinkommen

Masterclass von Claus Leggewie am Freiburger FRIBIS zeigt Potenziale eines
Grundeinkommens zur Krisenbewältigung auf

„Ein bedingungsloses Grundeinkommen kann ein sehr wirkungsvolles
Instrument sein, um vielfältige soziale, ökonomische und ökologische
Krisen zu bewältigen, mit denen unsere Gesellschaften zunehmend
konfrontiert werden“, sagt der Politologe Prof. Dr. Claus Leggewie
(Universität Gießen), der als Gastprofessor am Freiburger Institut zur
Erforschung des Grundeinkommens (FRIBIS) eine Masterclass mit 14
Doktorand*innen und Masterstudierenden zu dem Thema durchgeführt hat.
Ergebnis der Masterclass sind zehn Thesen, die Potenziale eines
bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) zur Krisenbewältigung und
-prävention aufzeigen. Die Thesen sollen als Impuls in Wissenschaft,
Politik und Gesellschaft wirken.

Durch ein BGE würde jede*r Bürger*in eines Gemeinwesens lebenslang ein
partizipatives Einkommen erhalten. Das Grundeinkommen ist als
individueller Rechtsanspruch weder an eine Erwerbsarbeit gebunden noch an
eine Vorab-Prüfung der Bedürftigkeit nach Einkommen und Vermögen, Herkunft
und Bildung, Beruf und Alter.

Die zehn Freiburger Thesen lauten:

1. Das BGE unterstützt den Wunsch nach einer Selbstbestimmung, die aus
Freiheit und Verantwortung für sich selbst und andere erwächst.
2. Das BGE ist in Teilen bereits Realität (z. B. in Form von Kindergeld).
Die Weiterentwicklung ist ein andauernder „realutopischer“ Prozess. Die
Debatte darum verhandelt, welche Zukunftsvorstellungen wir umsetzen
wollen.
3. Eine Grundeinkommensgesellschaft kann Menschen mehr Handlungsspielräume
verschaffen, um sich zu bewähren, zu entfalten und mit ihren verschiedenen
Talenten einzubringen.
4. Das garantierte Grundeinkommen eröffnet allen Geschlechtern
Möglichkeiten für emanzipatorische Prozesse, verringert
Abhängigkeitsverhältnisse (mindert also die „Macht über“) und fordert
gleichzeitig zur Verantwortung für sich und andere auf (ermutigt also zu
„Macht zu“).
5. Der Freiheitsspielraum, den ein garantiertes Grundeinkommen eröffnen
soll, wird nicht erst durch einen revolutionären Bruch geschaffen. Er
beruht auf Experimenten und Maßnahmen, die bereits jetzt erfolgen und die
in allen politischen Lagern und Milieus anschlussfähig sind.
6. Sinnstiftung findet nicht erst und nicht nur im Bereich der Freizeit
statt, sondern auch in der professionellen, bezahlten (Lohn-)Arbeit der
generativen, sozialen und materiellen Reproduktion.
7. Das BGE verstärkt vorhandene Tendenzen zu kürzeren Tages-, Jahres- und
Lebensarbeitszeiten und  kann dabei vor Verarmung und
Massenarbeitslosigkeit schützen.
8. Flexible Arbeitsverhältnisse sind nur erwünscht, wenn sie die
Selbstbestimmung der Arbeitnehmer*innen stärken und auf Augenhöhe
ausgehandelt werden. Voraussetzung dafür ist die (hohe) Qualifikation und
Anerkennung der Arbeitskraft, die wiederum durch kollektive
Arbeitsverträge geschützt werden.
9. Auch im Hinblick auf die notwendige (weltweite) ökologische
Transformation bietet das BGE Möglichkeiten, lokale und globale
Initiativen der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit zu stärken und zu
fördern.
10. Soziale Innovation muss von der Gesellschaft, von der Mehrheit der
Bürger*innen getragen werden. Ein BGE gegen den Willen der Mehrheit der
Bevölkerung (re)produziert nur Entmündigung und hierarchische
Machtverhältnisse.

Für die Nachwuchswissenschaftler*innen des FRIBIS war die Zusammenarbeit
mit dem Politologen Claus Leggewie überaus bereichernd. Die zehn
Freiburger Thesen zum bedingungslosen Grundeinkommen halten die Ergebnisse
dieser Zusammenarbeit fest und tragen sie in eine breitere Öffentlichkeit.
Sowohl Prof. em. Dr. Claus Leggewie als auch der leitende Direktor des
FRIBIS, Prof. Dr. Bernhard Neumärker, stehen für Interviews zur Verfügung.

Die zehn Thesen sind auf der Webseite des FRIBIS als Download verfügbar:
https://www.fribis.uni-freiburg.de/2022/zehn-thesen-zum-grundeinkommen

Über das Freiburger Institut zur Erforschung des Grundeinkommens:
Das FRIBIS – Freiburg Institute for Basic Income Studies – ist ein
Kompetenzverbund von sechs Instituten an der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg zur Erforschung des bedingungslosen Grundeinkommens.

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Mehr Leistung im ÖPV für weniger Geld? VHB expert Jörn Schönberger zum 9 -Euro-Ticket aus Sicht der BWL

Das im Frühjahr 2022 eingeführte „9-Euro-Ticket“ wird als Beschleuniger
der sog. „Verkehrswende“ gehypt. Dies weckt in der Öffentlichkeit
Hoffnungen auf eine kurz- bis mittelfristige Reduktion der Preise im
öffentlichen Personenverkehr (ÖPV). Diese Hoffnung ist jedoch aus der
Perspektive der Verkehrsbetriebslehre nicht gerechtfertigt, sagt Jörn
Schönberger, Lehrstuhlinhaber der Professur für Verkehrsbetriebslehre und
Logistik der Technischen Universität Dresden.

Der Öffentliche Personenverkehr betrifft uns alle
Die Fahrgastbeförderung im ÖPV verursacht schon jetzt ökonomische Defizite
für die durchführenden Verkehrsunternehmen. Deren durchschnittlicher
Kostendeckungsgrad liegt deutschlandweit bei ca. 78%. In Form von
Verlustübernahmen durch die öffentliche Hand können diese heute
ausgeglichen werden, da der ÖPV Teil der Daseinsvorsorge ist. Für die
Ausweitung des ÖPV-Angebots und signifikant steigende Fahrgastzahlen
müssten infra-strukturelle Engpässe beseitigt, das „Fahren auf Verschleiß“
durch aufwändige Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen vermieden werden.
Die Finanzierung dieser Investitionen in die Infrastruktur ist ebenfalls
Aufgabe der öffentlichen Hand, das heißt, der Allgemeinheit.

Mehr Leistung braucht mehr Ressourcen – auch im Öffentlichen
Personenverkehr
Insbesondere für die Sicherstellung der Klimaverträglichkeit der
steigenden ÖPV-Leistungen muss in die Erneuerung und Modernisierung
bestehender Fuhrparks und Werkstatt-Infrastrukturen investiert werden.
Laut einer Studie des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen wird hierfür
je Einwohner mit einer Steigerung der Finanzierungslast von 120 EUR (2018)
auf fast 300 EUR (2030) zu rechnen sein. Die Erwirtschaftung von
Überschüssen, die zur Finanzierung von zusätzlichen Fahrzeugen,
betrieblicher Infrastrukturen und Personalzuwachs verwendet werden
könnten, nur durch eine Steigerung der Fahrgastzahlen ist jedoch nicht zu
erwarten, da steigende Fahr-gasteinnahmen zu einer Reduktion der
Verlustausgleiche führen.
Ob die öffentliche Hand zukünftig in der Lage und auch gewillt sein wird,
die zusätzlichen Kosten einer ÖPV-Angebotsausweitung auszugleichen, ist
unklar. Angebote wie das 9-Euro-Ticket ändern nichts an der bestehenden
strukturellen Unterfinanzierung des ÖPV in Deutschland. Sie führen aber zu
steigenden Nutzerzahlen im ÖPV und legen damit die Grenzen des derzeit
realisierbaren ÖPV-Angebots schonungslos offen.

Wo setzt die BWL an? - Zusätzliche Kosten durch zusätzliche Erlöse decken
Ein Ansatz ist die Übertragung von Konzepten aus dem Revenue Management
für ÖPV-Angebote, die über die Grundversorgung hinausgehen, um zusätzliche
Erlöse aus dem Ticketverkauf zu erzielen. Hierfür müssen aber die
gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert werden.
Auch eine dauerhafte Beteiligung jeglicher Unternehmen an den Kosten für
die Versorgung ihrer Standorte mit hochwertigen ÖPV-Leistungen ist
denkbar. Immerhin sind Berufspendler wesentliche Nutznießer des ÖPV.
Verursacher von Lastspitzen der ÖPV-Nachfrage könnten geglättet oder
vermieden werden, indem Schicht- und Stundenpläne jeglicher Art
systematisch hinterfragt, an die heutigen Erfordernisse und Möglichkeiten
angepasst und mit Hilfe von Methoden des Operations Research mit den
Anforderungen des ÖPV integriert werden.

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