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Fachverband Messen und Ausstellungen: „Worten müssen schnell Taten folgen“

Der Fachverband Messen und Ausstellungen (FAMA) appelliert an die Bundesregierung, die angekündigten Hilfen schnell und unbürokratisch umzusetzen. Denn: Teile der Messewirtschaft kämpfen aktuell mit teils weitreichenden Folgen der Corona-Krise. Insbesondere der Messebaubereich und andere wichtige Serviceunternehmen leiden akut unter der Situation.
 
Absagen und Verschiebungen von regionalen, nationalen und internationalen Messen und Ausstellungen stehen wegen der Corona-Pandemie fast täglich im Fokus. Nach einer Mitgliederbefragung stellt der FAMA-Vorsitzende Hans-Joachim Erbel fest: „Den Worten müssen nun schnell Taten folgen. Unsere Mitglieder wie die Dienstleister rund um Messen und Ausstellungen vertrauen auf die Zusagen der Bundesregierung. Ob Liquiditätshilfen, Bürgschaften, Kredite oder Steuerstundungen: Es gilt, die Messewirtschaft in ihrer ganzen Bandbreite als wertvoller Impulsgeber für den Wirtschaftsstandort zu sichern. Gerade auf dem hoffentlich schnell einsetzenden Weg der Normalisierung kommt unserer Branche eine zentrale Bedeutung zu.“
 
Der FAMA vertritt Mitglieder aus ganz Deutschland und Österreich: Die Veranstalter von Messen und Ausstellungen wissen um deren große Bedeutung für die jeweiligen Standorte und Branchen. Von den Absagen und zeitlichen Verlegungen sind neben den Veranstaltern ganze Wirtschaftszweige betroffen wie etwa das Handwerk oder die Hotellerie und Gastronomie. „Der Mittelstand als fundamental wichtiger Baustein einer prosperierenden Wirtschaft muss mit aller Kraft über die Krise hinaus in die Zukunft geführt werden“, so der FAMA.
 
Messen und Ausstellungen sind laut FAMA „unverzichtbare Plattformen“ für Unternehmen wie Besucher und damit für die Wirtschaftskraft: Der Beitrag der deutschen Messewirtschaft zur gesamten Wirtschaftsleistung beläuft sich auf jährlich rund 28 Milliarden Euro. Die Messen sichern pro Jahr mehr als 230 000 Arbeitsplätze. Das hat eine Studie des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben.
 
Der FAMA stellt fest: „Nicht nur wir als vielfach private Veranstalter, sondern auch unsere Partner wie etwa die Messebauunternehmen und Aussteller leiden erheblich unter den wirtschaftlichen Folgen der ohne Zweifel notwendigen Absagen und Verlegungen. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir aber die regionalwirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Kompetenz sichern. Denn das wird der Nukleus für einen zügigen Aufschwung nach der Krise sein. Messen waren und sind ein Symbol für Vertrauen. Deshalb bitten wir die Bundesregierung, auch unser Vertrauen in die Zusagen nicht zu enttäuschen.“ Dann wird es gelingen, nach Beendigung der Ausnahmesituation an die Erfolgsgeschichte der Messen anzuknüpfen

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Coronavirus: Handel in Deutschland steht vor einer enormen Belastungsprobe

Laut Bamberger Betriebswirtschaftlern könnte das Virus zu existentiellen
Problemen für stationäre Händler führen. Chancen ergeben sich für den
Online-Handel.

In Italien bleiben seit dem 12. März 2020 alle stationären Geschäfte mit
der Ausnahme von Lebensmittelhändlern und Apotheken für vorerst zwei
Wochen geschlossen. Sollte es in Deutschland auch dazu kommen, hätte dies
große Konsequenzen für die Handelsbranche.

Laut Prof. Dr. Eric Sucky und Dr. Björn Asdecker vom Lehrstuhl für
Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Produktion und Logistik, an der
Universität Bamberg stellt das Coronavirus den Handel schon jetzt vor
große Herausforderungen: „Durch die spontanen Hamsterkäufe der vergangenen
Wochen ist es für Händler derzeit sehr schwierig, ihren Warenbedarf zu
kalkulieren“, erklärt Lehrstuhlinhaber Eric Sucky die aktuelle Situation.
„Die erhöhten Schwankungen der Bedarfsverläufe, die so nicht zu
prognostizieren waren, verursachen einen beachtlichen zusätzlichen
Koordinationsaufwand, um die Warenverfügbarkeit zu gewährleisten.“

Mögliche Wirtschaftshilfen sollten die Bedürfnisse des stationären Handels
berücksichtigen

Außerdem rechnet Björn Asdecker in den kommenden Wochen mit
Lieferengpässen und steigenden Einkaufspreisen. Sollte nun zusätzlich zu
diesen Belastungen eine Schließung der Geschäfte drohen, könnte dies zu
existenziellen Problemen für stationäre Händler führen.

„Durch den intensiven Wettbewerb untereinander und insbesondere mit dem
Onlinehandel ist die Lage für den niedergelassenen Einzelhandel auch ohne
Corona angespannt. Ein Blick in die deutschen Innenstädte reicht, um zu
erkennen, dass sich die Anzahl der Geschäftsaufgaben häufen“, so Björn
Asdecker. „Bei dieser Ausgangslage könnte das Coronavirus für die
verbliebenen Händler zu einer echten Gefahr werden. Dies sollte man bei
der Diskussion möglicher Wirtschaftshilfen unbedingt berücksichtigen.“

Onlinehandel könnte von der Reduktion von Sozialkontakten profitieren

Gleichzeitig ergeben sich aus der aktuellen Krise aber auch Chancen. Diese
sieht Björn Asdecker insbesondere für den Onlinehandel. „Die Reduktion von
Sozialkontakten wird dazu führen, dass große Bevölkerungsteile in den
kommenden Tagen und Wochen vermehrt Zeit im Internet verbringen und dort
auch bestellen. Dies wird neue Kundengruppen erschließen.“ Zwar werden der
Onlinehandel und die Zustellbranche nicht vom Coronavirus verschont
bleiben. Gleichwohl lässt sich das Geschäftsmodell aufgrund des minimalen
persönlichen Kontakts im Krisenfall grundsätzlich aufrechterhalten und
kann deshalb einen wichtigen Versorgungsbeitrag leisten.

Eine besondere Gelegenheit ergibt sich nach Meinung von Asdecker für den
Lebensmittel-Onlinehandel. Bislang kaufen Kunden Lebensmittel nur sehr
selten im Internet. Laut der Studie „Tradedimensions“ des
Marktforschungsunternehmens Nielsen zeichnen Lebensmittel für
Einzelhandelsumsätze in Höhe von 205,7 Milliarden Euro verantwortlich.
Davon werden bislang nur 1,6 Milliarden Euro im Internet erzielt. Dies
entspricht weniger als einem Prozent. „Wenn es die Lebensmittel-
Onlinehändler in den kommenden Wochen schaffen, ihre Ausliefernetzwerke
aufrechtzuerhalten, könnte das für dieses schwierige Marktsegment einen
Durchbruch darstellen und dem Onlinehandel langfristig zu weiterem
Wachstum verhelfen“, schlussfolgert Asdecker.

Weitere Detailinformationen finden Sie unter: www.uni-
bamberg.de/pul/news010120/artikel/corona-virus-wird-fuer-den-handel-in-
deutschland-zu-einer-enormen-belastungsprobe

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IfW-Konjunkturprognose: BIP dürfte 2020 schrumpfen

Als Folge des Corona-Virus rechnet das IfW Kiel mit einem harten
Konjunktureinbruch, gefolgt von einer starken Gegenbewegung. Das BIP in
Deutschland dürfte 2020 um 0,1 Prozent schrumpfen, 2021 dann um 2,3
Prozent zulegen. Ein solcher konjunktureller V-Effekt ist auch für den
Euroraum und die Weltkonjunktur zu erwarten. Der staatliche Haushaltssaldo
dürfte dieses Jahr nur noch leicht positiv und 2021 leicht negativ sein.

Die Folgen der Corona-Pandemie unterbrechen die sich abzeichnende zaghafte
Belebung der deutschen Konjunktur jäh und kosten über einen Prozentpunkt
an Wirtschaftsleistung in diesem Jahr. Die Industrie rutscht wieder tiefer
in die Rezession. Die Binnenwirtschaft, bislang Stütze der konjunkturellen
Entwicklung, gerät ebenfalls unter Stress. Weltweit ist mit drastischen
Rückgängen der Wertschöpfung zu rechnen. Dies geht aus den heute
veröffentlichten Konjunkturprognosen für Deutschland, den Euroraum und die
Weltwirtschaft des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) hervor.

„Die konkreten wirtschaftlichen Folgen durch das Corona-Virus sind derzeit
kaum zu beziffern. Die Prognose unterliegt einer erheblichen Unsicherheit
und beruht auf der für uns zum Zeitpunkt der Erstellung wahrscheinlichsten
Annahme, dass die Pandemie zur Mitte des Jahres abflaut und es danach zu
spürbaren wirtschaftlichen Aufholeffekten kommt. Das wäre dann eine
Rezession im Zeitraffer“, sagte IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths.

Erst Einbruch, dann Gegenbewegung

In diesem Szenario schrumpft das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten
Quartal um 0,4 Prozent und im zweiten Quartal um 1 Prozent. Ab dem dritten
Quartal dürfte eine starke Gegenbewegung einsetzen und das BIP im Winter
zum Vorjahresniveau aufgeschlossen haben. „Mehr Arbeitstage im
Schlussquartal erleichtern das Aufholen der Produktionsausfälle, das ist
aber nur ein Zwischenspurt“, so Kooths. Während das BIP in diesem Jahr um
0,1 Prozent schrumpft, dürfte es im nächsten Jahr um 2,3 Prozent zulegen.

Damit korrigiert das IfW seine bisherige Prognose für das laufende Jahr
aufgrund der Corona-Pandemie um 1,2 Prozentpunkte nach unten, für das
kommende Jahr um 0,8 Prozentpunkte nach oben. Durch eine hohe Anzahl an
Werktagen ist die Zuwachsrate 2020 überzeichnet, ohne diesen
Kalendereffekt würde das BIP sogar um 0,4 Prozent schrumpfen. Die hohen
Zuwachsraten in der zweiten Jahreshälfte führen zu einem statistischen
Überhang, der 2021 einen ganzen Prozentpunkt der Jahreszuwachsrate
ausmacht.

„Maßgeblich für die wirtschaftlichen Einbußen sind Vorsichtsmaßnahmen, die
Teile des Wirtschaftslebens ebenso hemmen wie die hohe Unsicherheit über
Dauer und Schwere der Pandemie und ihrer Folgen. Hinzu kommen
Produktionsrückgänge, weil Vorprodukte aus Asien nicht oder zu spät
geliefert werden“, sagte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr.

Grafik: Bruttoinlandsprodukt Deutschland_Veränderung gegenüber dem
Vorquartal (siehe Anhang)

Rezession im Euroraum

Auch im Euroraum dürfte eine Rezession – insbesondere in Italien, aber
auch im Durchschnitt der Währungsunion – unvermeidbar sein. Das BIP im
Euroraum schrumpft demnach im laufenden Jahr um 1 Prozent und legt im
kommenden Jahr wieder um etwas über 2 Prozent zu. Die Arbeitslosenquote im
Euroraum wird wohl vorerst wieder steigen, und der zuletzt moderate
Verbraucherpreisanstieg wird sich merklich verlangsamen.

Global sind die negativen Effekte durch das Virus neben Europa vor allem
in Asien besonders stark. Erhebliche wirtschaftliche Einbußen sind
angesichts stark gesunkener Rohstoffpreise auch für die Schwellenländer zu
erwarten. Selbst unter optimistischen Annahmen über den weiteren Verlauf
der Pandemie dürfte die Zuwachsrate der Weltproduktion im Jahr 2020
insgesamt von 3 Prozent auf 2 Prozent zurückgehen – die geringste Zunahme
seit der Großen Rezession 2008/2009. Kommt es zu einer zügigen
Normalisierung der Lage, ist 2021 ein Produktionsanstieg von 4 Prozent zu
erwarten.

Kooths: „In China dürfte die Wertschöpfung im ersten Quartal 2020 erstmals
seit Mao Zedong deutlich schrumpfen, allerdings ist aufgrund des
drastischen Durchgreifens des Staates mit einer raschen Erholung zu
rechnen. Wie stark die Krise Italien wirklich erwischt, welche
Schwierigkeiten das für die Eurozone bringt und was Corona für die
Wirtschaft in den USA bedeutet, ist momentan kaum abzusehen. Für die
deutsche Konjunktur bestehen daher erhebliche Abwärtsrisiken über das hier
skizzierte Szenario hinaus. Aber es gibt auch Aufwärtschancen, etwa einer
rascher als erwarteten medizinischen Lösung zur Eindämmung der Pandemie
oder ihrer gesundheitlichen Folgen.“

Bauwirtschaft und Arbeitsmarkt kaum negativ betroffen

Die deutschen Exporte dürften erstmals seit der Großen Rezession auch auf
Jahresbasis schrumpfen und im Vergleich zum Vorjahr um 1 Prozent
zurückgehen. „Der Corona-Effekt schickt die Industrierezession in die
Verlängerung, damit werden sich auch die Ausrüstungsinvestitionen erst
später stabilisieren“, so Kooths. Die Unternehmensinvestitionen insgesamt
dürften im laufenden Jahr um etwa 1 Prozent zurückgehen. Die Zuwachsrate
der privaten Konsumausgaben dürfte sich gegenüber dem Vorjahr und dem
Referenzszenario ohne Corona-Effekt auf 0,4 Prozent vierteln, wobei hier
vor allem Vorsichtsmaßnahmen der Verbraucher durchschlagen, weniger
Einkommenseffekte – ablesbar an der von 10,9 Prozent (2019) auf 11,6
Prozent (2020) steigenden privaten Sparquote.

Die Bauwirtschaft dürfte hingegen kaum betroffen sein, weil diese
weiterhin von einer regen Wohnungsnachfrage profitiert und auch
produktionsseitig keine größeren Einschränkungen etwa durch fehlendes
Material oder Arbeitskräfte zu erwarten sind. Die Bauinvestitionen dürften
dieses und nächstes Jahr um 3,4 Prozent bzw. 2,8 Prozent zulegen. Für den
Arbeitsmarkt erwarten die IfW-Forscher kaum negative Beschäftigungseffekte
durch den Konjunktureinbruch. Bei einem V-förmigen Konjunkturverlauf, auch
wenn dieser heftig ausfallen sollte, werden die allermeisten Unternehmen
darauf bedacht sein, ihr Personal zu halten. Die Arbeitslosigkeit dürfte
daher im gesamten Prognosezeitraum mit einer Quote von 5 Prozent nahezu
unverändert bleiben.

Der Konjunktureinbruch lässt auch den staatlichen Budgetsaldo auf etwa 14
Mrd. Euro in diesem Jahr abschmelzen. 2021 dürfte der Saldo mit knapp 5
Mrd. Euro ins Defizit drehen. Deutschland erfüllt aber weiterhin das
Maastricht-Kriterium.

Felbermayr: „Die Bundesregierung setzt mit dem Kurzarbeitergeld und den
Liquiditätshilfen für Unternehmen auf die richtigen Instrumente, weil sie
zielgenau, selbstdosierend und reaktionsschnell wirken. Deutschland ist
insgesamt gut aufgestellt, um die schlimmsten Folgen zu vermeiden, auch
weil die Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre
Eigenkapitalausstattung deutlich gestärkt haben. Für den Fall, dass die
Corona-Krise deutlich länger andauert, sollte man aber schon jetzt weitere
Maßnahmen vorbereiten. Hierzu zählen die Stundung von Steuerzahlungen und
verbesserte Bilanzregeln, ebenso die vollständige Abschaffung des
Solidaritätszuschlages.“

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Volkswirte wollen mehr Hilfen für die Wirtschaft

Eine Gruppe von prominenten Wirtschaftswissenschaftlern unterstützt das
Paket der Koalition mit Hilfen für die Wirtschaft in der Corona-Krise.
Gleichzeitig jedoch fordern sie die Regierung auf, mehr zu tun. „Es sind
bereits jetzt weitergehende Schritte erforderlich“, heißt es in einem
15seitigen Papier der sieben Volkswirte, das am Mittwoch veröffentlicht
wurde. „Wenn erforderlich, muss zur Behebung der wirtschaftlichen
Auswirkungen der Corona-Krise von der Schwarzen Null im Staatshaushalt
abgewichen werden, und es sind die Spielräume zu nutzen, die die
Schuldenbremse bietet“, schreiben sie.

Als besonders zielführend und wirksam stufen die Ökonomen die bereits vom
Koalitionsausschuss beschlossenen Maßnahmen zur Erleichterung beim Zugang
zu Kurzarbeitergeld sowie damit verbundene Erstattungen der Sozialbeiträge
durch die Bundesagentur für Arbeit ein. Diese Maßnahmen unterstützten die
Unternehmen, Beschäftigte zu halten und begrenzten damit schädliche
Zweitrundeneffekte auf den Konsum. Gelänge es, Unternehmenspleiten und
Entlassungen so zu verhindern, sei die Chance gut, dass sich die
Konjunktur nach Abflauen der Infektionswelle schnell wieder fange und
ausgefallene Produktion nachgeholt werde.

Dafür müsse allerdings alles getan werden, um Liquiditätsengpässe bei
Unternehmen zu vermeiden, die entweder Umsatzeinbrüche erleiden oder durch
fehlende Teile Produktionsunterbrechungen hinnehmen müssen. Zielführende
Instrumente hierfür seien die generelle zinsfreie Stundung von Voraus- und
Nachzahlungen bei Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer. Außerdem
empfehlen die Ökonomen verbesserte Abschreibungsbedingungen, die
großzügige Gewährung des Investitionsabzugs und eine großzügigere
Gestaltung des steuerlichen Verlustrücktrags. Eine Ausweitung des
Grenzbetrags über eine Million Euro hier, würde es mittleren und großen
Unternehmen ermöglichen, in angemessener Weise an dieser Maßnahme zu
partizipieren.

Auch das Vorziehen der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags auf den
1. Juli wäre allein aus psychologischen Gründen zu begrüßen, schreiben die
Autoren. Sie erhöhe unmittelbar die verfügbaren Einkommen weiter Teile der
Bevölkerung. Dies könne zu relativ geringen Kosten das Vertrauen in die
Handlungsfähigkeit der Politik und in eine rasche wirtschaftliche Belebung
nach dem Abflauen der Krise stärken. Aufgrund der Stornierung von Messen,
Reisen und Veranstaltungen bis in den Mai hinein und wegen
Produktionsausfällen in der Industrie würde sich die schon einige Jahre
laufende Industrierezession im ersten Halbjahr 2020 wahrscheinlich zu
einer gesamtwirtschaftlichen Rezession auswachsen.

Liquiditätshilfen etwa durch Kredite der KfW halten die Ökonomen für
sinnvoll, aber möglicherweise nicht ausreichend. „Wenn es nicht gelingen
sollte, die Ausbreitung der wirtschaftlichen Schockwellen einzudämmen, so
dass es in größerem Stil zu Unternehmensinsolvenzen käme, wäre als letzte
Möglichkeit daran zu denken, dass sich der Staat mit Eigenkapital an
Unternehmen beteiligt.“ Dies wäre analog zur Rettung von Banken in der
Krise 2008/09. Im Vergleich zum Bankensystem gebe es in der Realwirtschaft
jedoch eine weitaus größere Anzahl von kleinen und mittleren Unternehmen,
so dass die Umsetzung mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

Wichtig sei bei allen Maßnahmen, dass diese „timely, targeted, and
temporary“ sein sollten, also schnell greifen müssen, zielgenau und von
vorübergehender Natur. Dabei habe der deutsche Staat für die
vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend fiskalischen Spielraum. So verfüge
„die deutsche Finanzpolitik, nicht zuletzt wegen der im internationalen
Vergleich niedrigen Schuldenstandquote, über große Potenziale zur
Stabilisierung der Wirtschaft“. Weder Schuldenbremse noch europäische
Fiskalregeln stünden dem im Wege. „Die Schuldenbremse weist explizit eine
Ausnahme für Krisensituationen auf“, heißt es. Gleiches gelte für den
Stabilitäts- und Wachstumspakt.

Da der Corona-Schock längst ein globaler Schock geworden sei, sei bei all
diesen Maßnahmen auch eine Koordination auf europäischer und globaler
Ebene not-wendig, heißt es in dem Papier. „Die wesentliche Schwierigkeit
ergibt sich daraus, dass das Corona-Virus sowohl einen Angebotsschock als
auch einen Nachfrage-schock auslöst.“ Der massive Einbruch an den Börsen
könne weitere Erschütterungen auslösen und die Abwärtsdynamik in der
Realwirtschaft verstärken, fügen die Ökonomen an.

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Zu den Autoren gehören der frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der
Wissenschaftliche Direktor des IMK Sebastian Dullien, der Präsident des
Kieler Instituts für Weltwirtschaft Gabriel Felbermayr, ifo-Präsident
Clemens Fuest, IW-Direktor Michael Hüther, der Düsseldorfer
Wirtschaftsprofessor Jens Südekum und die Präsidentin des Center for
European Policy Research (CEPR) Beatrice Weder di Mauro.

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