DDG: Verpasst die Krankenhausreform die Chance für echte Patientenorientierung? Eine Reform mit dem Menschen im Fokus
Bundesgesundheitsminister Lauterbach strebt mit der Krankenhausreform
Daseinsfürsorge, Qualitätsverbesserung und Entbürokratisierung an. Die
Arbeitsfassung des Krankenhausversorgungsverbesse
gibt Einblicke in die geplante Umsetzung. Die Deutsche Diabetes
Gesellschaft (DDG) bemängelt, dass die konkrete Verbesserung der
Patientenversorgung zu kurz kommt. Sie warnt vor einem bürokratischen
Aufwand durch die parallele Nutzung von Vorhaltevergütung und
Fallpauschalen. Die DDG betont die Notwendigkeit, das Wohl und die
Sicherheit der Patienten in den Fokus zu rücken und die Sichtweise der
Fachgesellschaften stärker zu berücksichtigen.
Mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten auf der einen und weniger
Bürokratie und ökonomischen Druck auf der anderen Seite: Dies sind zwei
zentrale Versprechen der Krankenhausreform, an der die
Regierungskommission sowie die Gesundheitsminister von Bund und Ländern
seit mehreren Monaten arbeiten. Seit vergangener Woche kursiert der Text
der ersten Arbeitsfassung des BMG, der die Vorhaben in groben Zügen
schildert, allerdings noch zahlreiche Leerstellen enthält. „Dieser Entwurf
enttäuscht nach dem ersten Lesen meine Hoffnung, dass die
Krankenhausreform die Sprechende Medizin stärken und eine an den
Patientenbedürfnissen orientierte Versorgung etablieren wird“, sagt DDG
Präsident Professor Dr. med. Andreas Fritsche aus Tübingen.
Damit Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte dem Patienten mehr Zeit
widmen können, seien einschneidende Maßnahmen zur Entbürokratisierung
notwendig, so der DDG Präsident. Dieses Thema kommt nach Meinung des
Diabetes-Experten in der aktuellen Arbeitsfassung des Gesetzes zur
Krankenhausreform deutlich zu kurz. Maßnahmen, die zeitaufwendige Prozesse
etwa im Bereich der Dokumentation oder der Abrechnung verschlanken, fehlen
bislang gänzlich. „Im Gegenteil: Die an sich zu begrüßende Einführung der
an Leistungsgruppen gebundenen Vorhaltevergütung als zentrale
Finanzierungssäule macht das System sogar noch komplexer“, so Fritsche.
Denn die Vergütung nach Diagnosebezogenen Fallgruppen (Diagnosis-related
group oder auch DRG) sollte zwar an Bedeutung verlieren, wird de facto
aber beibehalten. „Die neu geschaffenen Pauschalen für die Vorhaltung der
Leistungsgruppe Diabetologie/Endokrinologe wird über DRG definiert werden.
Das DRG-System wird damit nur in ein gröberes Leistungsgruppenbudget
gepresst und deswegen droht trotz oder mit dem neuen System erhebliche
Mehraufwände in der Verwaltung – genau das Gegenteil, was die Reform
verspricht!”, kritisiert der Tübinger Diabetologe. Wie eine Analyse des
Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) zeigte, erhöht sich mit
jeder Komplexitätssteigerung auch das Missbrauchspotenzial und damit der
notwendige Kontrollaufwand. „Auch diese zusätzlichen Strukturen können
sich die Kliniken bei weiterhin gedeckelten Budgets weder personell noch
finanziell leisten“, so Fritsche. „Insgesamt entsteht der Eindruck, dass
bei dieser Reform nicht die Verbesserung der Patientenversorgung im
Vordergrund steht, sondern nur wieder eine neue Abrechnungsstruktur
eingeführt wird.“
Fritsche hofft, dass sich im Verlauf der weiteren Ausarbeitung des
Reformgesetzes noch umfangreiche, auch grundlegende Änderungen ergeben
werden. „Wir als Fachgesellschaft werden unsere Perspektive weiter
konstruktiv in den Prozess einbringen, um die Versorgung der Millionen
Menschen mit Diabetes tatsächlich zu verbessern“, versichert der DDG-
Präsident. Mindestens jeder fünfte stationär behandelte Patient im
Krankenhaus hat einen Diabetes mellitus, der bei der Behandlung der
Aufnahmediagnose ins Krankenhaus mitberücksichtigt und behandelt werden
muss. Die DDG gestalte den Prozess unter Federführung der
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF) und gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für
Innere Medizin (DGIM) aktiv mit.
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