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Trotz Steuerplus: Ampel hat kaum Mittel für zusätzliche Projekte

Prof. Dr. Jens Boysen-Hogrefe (https://www.ifw-kiel.de/de/experten/ifw
/jens-boysen-hogrefe/
), stellvertretender Direktor Konjunktur und Wachstum
am IfW Kiel, kommentiert die aktuelle Schätzung des Arbeitskreises
Steuerschätzungen, deren Mitglied er ist:

„Die öffentlichen Haushalte können mit deutlich mehr Steuereinnahmen
rechnen als noch im Frühjahr. Voraussichtlich kehren die Steuereinnahmen
auf den Vor-Coronapfad zurück. Allerdings werden die erwarteten
zusätzlichen Einnahmen nicht eins zu eins zusätzliche Projekte der
künftigen Koalitionäre finanzieren. Zum einen geht das Steuerplus auch auf
eine höhere Preisdynamik zurück, die wiederum auch die Güter betreffen
kann, die der Staat kauft. Das Steuerplus dürfte also zu einem Teil durch
inflationsbedingt höhere Preise für staatliche Käufe verpuffen.

Zum anderen ist die bisherige Finanzplanung in der mittleren Frist auf
einen Sparkurs ausgerichtet. Sicherlich werden die verschiedenen Ressorts
bemüht sein, die Mehreinnahmen zu nutzen, den Konsolidierungskurs zu
verlassen. Für wirklich neue Projekte wäre dann aber nicht mehr viel
übrig. Auch wenn sich die Ausgangslage für die Koalitionsverhandlungen mit
der neuen Steuerschätzung gebessert haben dürfte, ist die Situation nicht
vergleichbar mit den Verhandlungen der vorherigen GroKo, die noch aus dem
Vollen schöpfen konnte.“

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Statement zu Koalitionsverhandlungen: Neue Strukturen der ressortübergreifenden Zusammenarbeit


„Wichtiger als ein Klimaministerium ist, dass alle Ressorts gemeinsam an
der sozial-ökologischen Transformation arbeiten“ Alle drei Parteien der möglichen Ampelkoalition
bekennen sich zum Pariser Klimaziel. Das ist eine wichtige
Grundvoraussetzung, aber noch nicht hinreichend für aktiven und
ambitionierten Klimaschutz. Dr. Florian Kern, Leiter des Forschungsfelds
„Umweltökonomie und Umweltpolitik“ am Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung (IÖW) erläutert, welche politischen Strukturen die
neue Regierung schaffen sollte, um Klimaschutz wirksam und
sozialverträglich zu gestalten.

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„Damit Deutschland einen fairen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, muss
ein gewaltiger Ruck durch die Gesellschaft gehen. Roter Faden der neuen
Bundesregierung muss das Ziel einer sozial-ökologischen Transformation
sein, damit die notwendige Energie-, Mobilitäts- und Ernährungswende nicht
die bestehenden sozialen Spannungen zwischen Arm und Reich vergrößert.
Eine sozial gerechte Transformation im Sinne des ‚leave no one behind‘ des
European Green Deals ist nicht nur normativ geboten, sondern auch
strategisch wichtig. Fehlender gesellschaftlicher Rückhalt für den Wandel
könnte sonst zu vielen Konflikten und Verzögerungen führen, die das
Erreichen der Klimaziele erschweren.

Die neue Koalition braucht verbindliche Strukturen für eine effektive
Zusammenarbeit der Ministerien

Ein Klimaministerium mit Vetorecht – das fordern die Grünen in ihrem
Klimaschutz-Sofortprogramm. Wie FDP-Chef Christian Lindner durchscheinen
ließ, ziehen die Verhandlungspartner ein Klimaministerium zumindest in
Betracht. Doch dabei darf eine andere Forderung der Grünen nicht unter den
Tisch fallen: Ihr 100-Tage-Programm sieht auch eine Klima-Task-Force vor,
in der sich die Ministerien wöchentlich abstimmen. Die Idee geht in die
richtige Richtung: Zu oft mussten wir in den letzten Jahren beobachten,
wie sich unterschiedliche Ministerien gegenseitig blockierten – etwa
Umwelt- und Wirtschaftsministerium.

Wenn die neue Koalition Strukturen für eine bessere ressortübergreifende
Zusammenarbeit schafft, dann darf sie dabei den Fehler von Merkels
Klimakabinett nicht wiederholen: Nur die Ressorts Umwelt, Finanzen,
Wirtschaft, Verkehr, Bau und Landwirtschaft waren am Klimakabinett
beteiligt. Sie erarbeiteten Beschlüsse über den Strukturwandel – in
Abwesenheit des Ministeriums für Arbeit und Soziales. Für eine sozial
verträgliche Transformation müsste jedoch gerade auch dieses Ministerium
mit an den Verhandlungstisch. Unser Vorschlag ist daher, das Klimakabinett
zu einem Transformationskabinett zu erweitern. Das Bundeskanzleramt müsste
darin anders als bisher aber nicht nur den kleinsten gemeinsamen Nenner
zwischen den Fachministerien suchen, sondern aktiv auf ambitionierte
Lösungen drängen. Die Forderung nach einem Klima-Kanzleramt ist daher
sicher richtig und könnte auch eine eigens einzurichtende Klima-Task-Force
umfassen.

Bürgerräte sollten das Kabinett flankieren

Beispiele aus Irland und Frankreich oder auch der bundesweite Bürgerrat
Klima zeigen, dass wissenschaftlich begleitete Bürgerräte ambitionierte
Lösungen und tragfähige Kompromisse erarbeiten können. Insofern ist es
unbedingt zu begrüßen, dass sich die Ampel-Parteien im Sondierungspapier
darauf einigen konnten, dass Bürgerräte und andere Beteiligungsformate dem
Parlament zuarbeiten sollen: Ein wichtiger Baustein, um die nötigen
Transformationsprozesse wie die Mobilitätswende, energetische Sanierungen
und den zügigen Ausbau von Erneuerbaren Energien voranzubringen.“

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Dr. Florian Kern ist Transformationsforscher am Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin. Hier leitet er seit 2018 das
Forschungsfeld „Umweltökonomie und Umweltpolitik“. Er studierte
Politikwissenschaften, Umweltpolitik und Innovationspolitik in Berlin,
Dänemark und England und forscht unter anderem zu
Nachhaltigkeitstransformationen, Umwelt, Energie- und Klimapolitik.
Die Empfehlungen zu neuen institutionellen Strukturen für eine bessere
ressortübergreifende Klimapolitik basieren auf dem Positionspapier
„Transformation? Ja, aber gerecht! Neue institutionelle Strukturen für
eine Just Transition“ sowie dem Projekt Neue gesellschaftliche Allianzen
für Wege einer „Just Transition“ in Deutschland.

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Deepfakes: Manipulationen als Gefahr für die Demokratie

Wie lässt sich prüfen, ob Informationen echt und vertrauenswürdig sind –
gerade solche, die über das Internet oder die Sozialen Medien verbreitet
werden? Die Möglichkeit, etwa Videos und Fotos mit Hilfe Künstlicher
Intelligenz (KI) zu manipulieren, machen eindeutige Antworten immer
schwieriger. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
haben sich im Auftrag des Europaparlaments mit den potenziellen Gefahren
der Deepfake-Technologie beschäftigt und Optionen für eine bessere
Regulierung entwickelt. Gemeinsam mit Partnern aus den Niederlanden,
Tschechien und Deutschland haben sie die Ergebnisse ihrer Studie vor EU-
Abgeordneten offiziell vorgestellt.

Wie lässt sich prüfen, ob Informationen echt und vertrauenswürdig sind –
gerade solche, die über das Internet oder die Sozialen Medien verbreitet
werden? Die Möglichkeit, etwa Videos und Fotos mit Hilfe Künstlicher
Intelligenz (KI) zu manipulieren, machen eindeutige Antworten immer
schwieriger. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
haben sich im Auftrag des Europaparlaments mit den potenziellen Gefahren
der Deepfake-Technologie beschäftigt und Optionen für eine bessere
Regulierung entwickelt. Gemeinsam mit Partnern aus den Niederlanden,
Tschechien und Deutschland haben sie die Ergebnisse ihrer Studie vor EU-
Abgeordneten offiziell vorgestellt.

Deepfakes sind zunehmend realistisch wirkende Fotos, Audios oder Videos,
in denen Personen mit Hilfe von KI-Technologien in neue Kontexte gestellt
oder ihnen Worte in den Mund gelegt werden, die so niemals gesagt wurden.
„Wir haben es mit einer neuen Generation digital manipulierter
Medieninhalte zu tun, die seit einigen Jahren immer kostengünstiger und
einfacher zu erzeugen sind und vor allem täuschend echt aussehen können“,
sagt Dr. Jutta Jahnel, die sich am Institut für Technikfolgenabschätzung
und Systemanalyse (ITAS) des KIT mit der gesellschaftlichen Dimension
lernender Systeme beschäftigt. Die Technik eröffne durchaus neue
Möglichkeiten für Kunstschaffende, für digitale Visualisierungen in
Schulen oder Museen und helfe in der medizinischen Forschung.

Gleichzeitig bringen Deepfakes jedoch erhebliche Gefahren mit sich, wie
die jetzt vorgestellte internationale Studie für den STOA-Ausschuss (steht
für Scientific Technology Options Assessment) des Europäischen Parlaments
zeigt. „Die Technologie kann missbraucht werden, um sehr effektiv Fake
News und Desinformationen zu streuen“, so Jahnel, die den Beitrag des ITAS
zur Studie koordiniert hat. So könnten gefälschte Audiodokumente dafür
eingesetzt werden, juristische Prozesse zu beeinflussen oder in Misskredit
zu bringen, und letztlich das Justizsystem bedrohen. Möglich wäre
beispielsweise auch, mit einem fingierten Video einer Politikerin nicht
nur persönlich zu schaden, sondern damit auch die Wahlchancen ihrer Partei
zu beeinflussen und in letzter Konsequenz dem Vertrauen in demokratische
Institutionen insgesamt zu schaden.

Kritischer Umgang mit Medieninhalten notwendig

Die Forschenden aus Deutschland, den Niederlanden und Tschechien machen
konkrete Lösungsvorschläge. Aufgrund des rapiden technologischen
Fortschritts dürfe man sich nicht auf Vorschriften zur Technikentwicklung
beschränken. „Um die öffentliche Meinung manipulieren zu können, müssen
Fakes nicht nur hergestellt, sondern vor allem auch verbreitet werden“,
erläutert Jahnel. „Bei der Regelung zum Umgang mit Deepfakes müssen wir
daher in erster Linie bei Internetplattformen und Medienunternehmen
ansetzen“. KI-gestützte Technologien für Deepfakes werden sich jedoch auch
so kaum ganz aus der Welt schaffen lassen. Im Gegenteil, die Forschenden
sind davon überzeugt, dass sich Individuen und Gesellschaften künftig
immer häufiger mit visuellen Desinformationen konfrontiert sehen.
Essenziell sei es daher, solchen Inhalten künftig noch kritischer
gegenüberzutreten und Fertigkeiten weiterzuentwickeln, die dabei helfen,
die Glaubwürdigkeit von Medieninhalten kritisch zu hinterfragen. Auf
deutscher Seite hat an der Studie neben dem ITAS das Fraunhofer-Institut
für System- und Innovationsforschung mitgewirkt, in den Niederlanden das
Rathenau Institut als Projektkoordinator und in Tschechien das Technology
Centre CAS.

Weitere Pilotstudie am KIT zu gesellschaftlichen Antworten auf Deepfakes

Aufbauend auf die europäische Studie untersucht derzeit ein
interdisziplinäres Projekt am KIT, wie effektive gesellschaftliche
Antworten auf Deepfakes aussehen könnten. Neben der
Technikfolgenabschätzung arbeiten dabei Fachleute aus Informatik,
Kommunikations- und Rechtwissenschaft sowie qualitativer Sozialforschung
des KIT zusammen. Ziel ist es, die Erkenntnisse und Ansätze der
unterschiedlichen Disziplinen zusammenzuführen. Eine Pilotstudie soll
insbesondere die Perspektive von Nutzerinnen und Nutzern genauer
untersuchen. (jm)

Der vollständige Report „Tackling deepfakes in European policy“ für das
Panel for the Future of Science and Technology (STOA) des Europäischen
Parlaments steht online zur Verfügung:
https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document.html?reference=EPRS_STU(2021)690039

Kontakt für diese Presseinformation:

Jonas Moosmüller, ITAS – Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: +49 721 608 26796,
<Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.>

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und
vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den
globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie,
Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 600
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in
Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften
zusammen. Seine 23 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein
forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle
Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die
Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und
Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und
Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der
deutschen Exzellenzuniversitäten.

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Grünes Licht für die Ampel? Expert:innen warnen vor zu vielen „Roten Linien“

Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grüne und FDP haben begonnen /
Verhandlungsexpert:innen der Unis Hohenheim und Potsdam beleuchten
Möglichkeiten und potenzielle Schwierigkeiten

Jamaika ade: Nach den jüngsten Ereignissen zur Wahl am 26. September 2021
scheint der Kurs klar auf die Ampel gerichtet zu sein (Rot-Gelb-Grün). In
öffentlichen Auftritten haben SPD, Grüne und FDP mehrfach die guten
Chancen für ein solches Bündnis betont. Doch wie geeint ist die Front
wirklich? Die Verhandlungsexpert:innen Prof. Dr. Uta Herbst von der
Universität Potsdam und Prof. Dr. Markus Voeth von der Universität
Hohenheim in Stuttgart haben gemeinsam mit ihren Teams die öffentlichen
Auftritte der Parteien in den letzten Tagen genau verfolgt. Zusammen
leiten sie die Negotiation Academy Potsdam (NAP) und beschäftigen sich mit
Verhandlungsstrategien und -taktiken. Ihr Fazit: Die Parteien zeigen sich
verhandlungsbereit und kommunizieren gleichzeitig auffallend viele Themen,
die keinen Verhandlungsspielraum bieten, sogenannte „rote Linien“.
Prinzipiell sei dies eine gute und klare Kommunikation. Doch eine große
Zahl „roter Linien“ erzeuge auch viel Konfliktpotenzial bei drei
Verhandlungsparteien.

Nach den ersten Sondierungsgesprächen tragen SPD, Grüne und FDP ein
positives Stimmungsbild nach außen: Man spricht von großem Vertrauen
zwischen den Parteien, auch und vor allem durch die vielen
„vertrauensbildenden Maßnahmen“, die man durchgeführt habe: Keine
Indiskretionen, die Gemeinsamkeiten werden hervorgehoben und betont.

Eine solche offene und klare Kommunikation sei bei diesen Verhandlungen
wichtig – doch erst jetzt, da die Ampel konkreter wird, gehe es auch
wirklich ums Eingemachte, sagen die beiden Direktoren der Negotiation
Academy Potsdam (NAP) Prof. Dr. Uta Herbst von der Universität Potsdam und
Prof. Dr. Markus Voeth von der Universität Hohenheim.

„Direkt nach der Wahl ging es um die Frage, ob man sich ein solches
Bündnis überhaupt vorstellen könnte. Mit dem Start der
Sondierungsgespräche liegt der Fokus jetzt erstmals wirklich auf
inhaltlichen Übereinstimmungen von SPD, Grüne und FDP. Hier zeigen die
Wahlprogramme aber, dass die Parteien in einzelnen Punkten sehr weit
auseinander liegen.“

„Rote Linien“ beim Klimaschutz, Steuererhöhungen und Mindestlohn

In Vorbereitung der bevorstehenden Sondierungsgespräche haben alle drei
Parteien deshalb sogenannte „Rote Linien“ formuliert. „Damit ist gemeint,
dass eine Partei nur dann an der Ampel teilnehmen will, wenn die anderen
Parteien ihre Vorstellungen an einer bestimmten Stelle mittragen und man
an dieser Stelle nicht gezwungen wird, hinter die rote Linie zu gehen“,
erklärt Prof. Dr. Uta Herbst von der Uni Potsdam. „Die Grünen sehen
beispielsweise eine rote Linie beim Klimaschutz, die SPD bei
Steuererhöhungen, die FDP beim Mindestlohn“, ergänzt Dr. Max Ortmann aus
dem Potsdamer NAP-Team.

Durch das Vorab-Formulieren solcher „roter Linien“ soll den jeweils
anderen Parteien klargemacht werden, an welchen Stellen eine Partei keine
Verhandlungsbereitschaft mitbringt. Vielmehr erwarte man an solchen
Stellen, dass die anderen Parteien bei den eigenen Vorstellungen
mitziehen. „Das Formulieren von roten Linien hat eine wichtige
Signalfunktion für die bevorstehenden Sondierungsgespräche“, betont Prof.
Dr. Herbst.

Doch gerade, wenn es mehrere Verhandlungsparteien gibt, schüren „rote
Linien“ auch schnell Konfliktpotenzial. Prof. Dr. Voeth: „SPD, Grüne und
FDP sollten nicht zu viele rote Linien formulieren, da hierdurch der
Verhandlungsraum eingeschränkt wird. Zum anderen müssen die Beteiligten
aufpassen, keine im Widerspruch zueinanderstehenden roten Linien zu
formulieren.“

Beispielsweise könnte es sein, dass das Klimaschutzprogramm der Grünen nur
mit Steuererhöhungen funktioniert. Wenn die FDP nun genau an dieser Stelle
eine rote Linie formuliere, dann könnte es sein, dass es am Ende keine
Lösung gibt, die zugleich beide rote Linien beachtet. „In diesem Fall
säßen alle in der Zwickmühle: man will sich einigen, kann es aber nicht,
da man zu viele und dann auch noch widersprüchliche Vorbedingungen
formuliert.“

Niklas Bronnert vom Hohenheimer Standort der NAP geht weiter: „In diesem
Fall müsste zumindest eine Partei doch eine Lösung hinter ihrer roten
Linie akzeptieren. Das wäre aber mit einem Gesichtsverlust verbunden.
Immerhin hätte man dann ja bereits im Vorfeld in der Öffentlichkeit
verkündet, dass man hier eine rote Linie habe, die nicht überschritten
werden dürfe.“

Prof. Dr. Herbst und Prof. Dr. Voeth raten den Parteien daher, das Vorab-
Formulieren von „roten Linien“ nur mit absoluter Vorsicht einzusetzen. „Zu
viele ‚rote Linien‘ machen Verhandlungen schwieriger und ggf. sogar
Verhandlungsergebnisse und damit die Ampel unmöglich.“

HINTERGRUND: Negotiation Academy Potsdam (NAP)

Die Negotiation Academy Potsdam (NAP) wurde 2013 an der Universität
Potsdam gegründet und verfügt seit 2016 über einen zweiten Standort an der
Universität Hohenheim. Tätigkeitsfelder der NAP sind die Bereiche
Verhandlungsforschung, Verhandlungsschulung und der Dialog zwischen
Wissenschaft und Praxis. Ihr Leitbild ist ein ganzheitliches Verständnis
von Verhandlungen als Managementprozess, der neben der eigentlichen
Verhandlungsführung vor allem auch vor- und nachgelagerte
Managementaufgaben betrachtet (z. B. Verhandlungsvorbereitung oder
Verhandlungscontrolling).

Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
http://www.uni-hohenheim.de/presse

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