Grimme-Preis 2025: Fernsehserie "Uncivilized" von KHM-Absolvent Bilal Bahadır gewinnt in der Kategorie Fiktion
Der KHM-Absolvent Bilal Bahadır wird für sein Seriendebüt „Uncivilized“
(ZDF) mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. Auch weitere Absolvent*innen
der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) werden beim Grimme-Preis für
ihre herausragende Fernsehpraxis geehrt.
Die Jury hat die Preisträger*innen des 61. Grimme-Preises bekannt gegeben:
In der Kategorie Fiktion gewinnt die Serie „Uncivilized“ von Bilal
Bahadır. Der KHM-Absolvent wird als Regisseur und Headhunter, Çağdaş Eren
Yüksel (Kollektiv Zwo) als Produzent der Serie mit einem Grimme-Preis
ausgezeichnet. Die KHM-Absolventen Mahmoud Belakhel und Christian Löhr
führten bei der sechsteiligen Serie die Kamera. Die feierliche Verleihung
der Grimme-Preise findet am 4. April 2025 im Theater der Stadt Marl statt.
Die Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt: „Die Terrorattacke von
9/11 2001, das islamistische Massaker in der Redaktion von 'Charlie Hebdo'
2015, die rassistischen Morde in Hanau 2020: Die meisten dieser
Gewalttaten haben an anderen Orten stattgefunden – und doch werfen sie
lange schwere Schatten auf die Figuren in dieser Serie. In bislang
unerreicht komprimierter Form zeigt 'Uncivilized', wie das entfesselte
Grauen dieser historischen Ereignisse nicht nur den Lauf der Welt
verändert hat, sondern wie es sich, kaum wahrnehmbar, in kleinen, aber
nachhaltigen Impulsen in das Leben von jungen Deutschen mit türkischer
oder arabischer Herkunft einschreibt. Über viele Jahre haben Bilal Bahadır
und Çağdaş Eren Yüksel an ihrem Projekt gearbeitet. Beachtlich, wie sie in
diesem langen, aufreibenden Prozess den genauen Blick verfestigen konnten.
Leichthändig, fast beiläufig und doch unbestechlich nehmen die beiden
Serienschöpfer Situationen ins Visier, in denen das Gift des stillen
Ressentiments und des latenten Rassismus sich grausam ausbreiten darf.
Dabei kommt 'Uncivilized' in keinem Moment didaktisch oder angestrengt
daher. Mit Witz und Vitalität werden hier die Mikroaggressionen
offengelegt, denen junge Menschen mit muslimischem Hintergrund in
Deutschland ausgesetzt sind. Dabei machen Bilal Bahadır und Çağdaş Eren
Yüksel nicht den Fehler, ihre Figuren als 'Vorzeigemigranten' in Szene zu
setzen, sondern sie präsentieren sie als das, was junge Leute eben meist
sind und sein sollen: experimentier-freudig und lebenshungrig, bockig und
vorlaut. (...)“
Mit „Kroymann - Ist die noch gut?“ wird erneut eine Fernseharbeit der
Kölner Produktionsfirma btf mit einem Grimme-Preis in der Kategorie
Unterhaltung ausgezeichnet. Die 2012 von den KHM-Absolventen Philipp
Käßbohrer und Matthias Murmann gegründete Produktionsfirma btf wurde in
den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit Grimme-Preisen für
herausragende Fernseharbeiten ausgezeichnet.
In diesem Jahr zeichnet die Studierendenjury des Grimme-Preises die KHM-
Absolventin Steffi Niederzoll für ihren Debütfilm „Sieben Winter in
Teheran“ (2023, 97 Min.) aus. Der bereits mehrfach preisgekrönte
Dokumentarfilm erhielt im vergangenen Jahr u.a. den Deutschen Filmpreis in
Gold als „Bester Dokumentarfilm“.
Der Grimme-Preis gilt als die bedeutendste Auszeichnung für
Fernsehproduktionen im deutschsprachigen Raum. Mit einem Grimme-Preis
werden Fernsehsendungen und -leistungen ausgezeichnet, die für die
Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind. Leitziel der im Grimme-
Preis institutionalisierten Fernsehkritik ist eine umfassende
Auseinandersetzung mit dem Fernsehen, das als zentrales und bedeutsames
Medium mit vielfachen gesellschaftlichen Bezügen und Wirkungen verstanden
wird. In diese kritische Auseinandersetzung sind alle Themen und Formen
des Fernsehens einbezogen.
„Uncivilized“, 2024, fiktionale Serie, 6 Folgen
Regisseur & Headautor: Bilal Bahadır; Bildgestaltung: Christian Mario
Löhr, Mahmoud Belakhel; Produktion: Cocktailfilms, Kollektiv Zwo GmbH im
Auftrag von ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel; Förderung: Film- und
Medienstiftung NRW
Inhalt: 9/11, Charlie Hebdo, Hanau, Stuttgarter Krawallnacht und der
Angriffskrieg auf die Ukraine: fünf Perspektiven auf Menschen aus der
Minderheitsgesellschaft, die im Schatten medialer Großereignisse
unsichtbar blieben. Eine Fiction-Serie nach wahren Begebenheiten und auf
Grundlage von mehr als 150 Tiefeninterviews. Über die Nuancen des
Alltagsrassismus und fünf Lebenswege, die eine ungewollte Wendung
eingenommen haben.
Bilal Bahadır über „Uncivilized“: „Die Serie erzählt auf niedrigschwellige
Weise eine unbequeme Realität, die ich nur zu gut aus meinem eigenen
Alltag kenne. 'Uncivilized' soll diese Vielschichtigkeit und Ambivalenz in
den Geschichten bewahren und bewusst auf eindimensionale Darstellungen und
Klischees verzichten. Ich glaube, dass das Publikum sich so
unvoreingenommen und mitfühlend mit den Protagonist*innen
auseinandersetzen kann, und hoffe, dass die Serie einen Raum für Empathie
und Verständnis öffnet – jenseits von gängigen Stereotypen oder simplen
Zuschreibungen.“
Bilal Bahadır wurde 1983 in Stadthagen, Niedersachsen, geboren und ist in
Ankara in der Türkei aufgewachsen. Seit 2002 lebt er in Köln. Nach einer
Ausbildung zum Drogisten und dem Abitur am Abendgymnasium Köln begann er
2012 sein Studium an der Kunsthochschule für Medien (KHM). Sein Kurzfilm
„Mein Freund, der Deutsche“ (2016) wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit
„Paperland“ schloss er 2019 sein Studium an der KHM erfolgreich ab.
„Uncivilized“ ist sein Seriendebüt, für das er 2025 mit dem Grimme-Preis
in der Kategorie Fiktion ausgezeichnet wird.