Stadt Bochum Infos:Fünf Leiter der Hochschule Bochum tauschten sich aus: „Der Zeitgeist spricht für uns“
Ein Alumni-Treffen der besonderen Art
Ehemaligen-Treffen gibt es an Hochschulen viele. Da macht auch die Hochschule Bochum keine Ausnahme: noch Anfang Juni trafen sich über 150 Alumni des Fachbereichs Mechatronik und Maschinenbau. Etwas ganz besonderes hingegen war die Zusammenkunft von fünf Männern Mitte Juli: Es war ein Austausch der letzten fünf Rektoren und Präsidenten der Hochschule Bochum.
Eingeladen hatte der aktuelle Präsident der Hochschule Bochum, Prof. Dr. Jürgen Bock. Gemeinsam mit seinen Vorgängern, Prof. Dr. Heinz Becker (Rektor von 1989 – 1997), Prof. Dr. Martin Grote (Rektor von 19897– 2002), Prof. Dr. Reiner Dudziak (Rektor von 2002 – 2006) und Prof. Dr. Martin Sternberg (Präsident von 2006 – 2016) schaute er auf den Wandel der Hochschule und der Hochschulpolitik der letzten Jahrzehnte und versuchte Chancen und Perspektiven für die Hochschule auszuloten.
Es war eine lockere, aber auch konzentrierte und sachliche Gesprächsrunde, zu der die Rektoren und Präsidenten sich zusammenfanden und bei der auch aktuelle Themen nicht fehlten. Eines der spannendsten ist derzeit die Absicht der Landesregierung, die Hochschulpaktmittel zu verstetigen. Natürlich begrüßen dies die NRW-Hochschulen; allein für die Fachhochschulen geht um 100 Mio. Euro jenseits des Jahres 2021! Die Frage allerdings, wie diese Mittel verteilt werden, ist noch nicht entschieden. „Verteilungskämpfe hat es immer gegeben“, wusste da Altrektor Prof. Becker einzuwerfen. Insgesamt aber sieht er wie seine Kollegen welche positive Entwicklung die Fachhochschulen genommen haben.
Zu Prof. Beckers Amtszeit baute die Hochschule ihre internationalen Kontakte auf, etwa in die asiatische Metropole Singapur. Und bereits in den 90er Jahren begann eine Diskussion, die die Hochschule in der einen oder anderen Facette bis heute begleitet: Wie interdisziplinär kann und soll eine Fachhochschule sein? Denn der Blick über den Rand des eigenen Fachgebietes bezieht auch die Denkwelten anderer Disziplinen mit ein.
In der Amtszeit von Prof. Grote weitete die Hochschule ihre Perspektive in der Lehre von der Ausbildung zur Bildung: Sie gründete das damalige „Institut für Schlüsselkompetenzen – IZK“ (heute Institut für Bildung, Kultur und Nachhaltige Entwicklung – IBKN). Mochte es zunächst nur um Einzelkompetenzen wie Präsentationstechniken, Umgang mit anderen Kulturen oder allgemein Arbeiten in Gruppen gehen, die zusätzlich zum Fachstudium vermittelt wurden, reicht das Angebot des IBKN heute von der Lehrerbildung (in Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität Wuppertal) über das Angebot des Bachelor-Studiengangs „Nachhaltige Entwicklung“ bis hin zu Studium Generale.
Und bis heute haben die Rektoren und Präsidenten für die Überzeugung gestanden, dass Bildung der Studierenden eine Querschnittsaufgabe der Hochschule ist, die darum auch nicht nur in den Fachbereichen vermittelt werden sollte. Und mag das IBKN und seine Rolle in der Lehre auch innerhalb der Hochschule in machen Aspekten kritisch gesehen werden, insgesamt betrachtet hat es der Hochschule sehr genutzt: sehr schnell etwa wurde das Modell von der großen „Schwester“ in Köln übernommen und bis heute wird das Konzept bei der Akkreditierung von Studiengängen besonders positiv aufgenommen.
Ebenfalls ein besonderes Lehrkonzept hat die Bochumer Architekturausbildung, das vor allem mit der „BlueBox“ als Lernort verbunden ist. Hier haben die Architekturstudierenden alle einen eigenen Arbeitsplatz vor Ort. So lernen sie nicht zuletzt voneinander; jüngere Studentinnen und Studenten profitieren von den Erfahrungen ihrer älteren Kommilitoninnen und Kommilitonen. In der Amtszeit von Prof. Grote gelang es der Hochschule und dem Entwickler diese Konzeptes, Prof. Wolfgang Krenz, die Landesregierung davon zu überzeugen, das bis dahin nur als Bibliothekslager genutzte Gebäude für die neue Lehridee zu gewinnen. Dabei hatte sie wichtige Verbündete: Der Wattenscheider Textilunternehmer Klaus Steilmann, der mit dem damaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement befreundet war, setze sich für dieses ungewöhnliche Anliegen – und später auch immer wieder – für die Hochschule ein.
Zur Amtszeit von Prof. Dudziak rückte der Ausbau der internationalen Kontakte wieder in den Vordergrund der Aktivitäten. „Ich bin seit 1982 ‚China-infiziert‘, schmunzelte der Ingenieur. Die Hochschule war, ergänzt Prof. Becker, die erste in Deutschland, die Kontakte mit Hochschule der Volksrepublik China aufgenommen hat. Folgerichtig war die Fachhochschule mit dabei, als an der Tongji-Universität in Shanghai die Chinesisch-Deutsche Hochschule für angewandte Wissenschaften –CDHAW eingerichtet wurde. „Die Zusammenarbeit der deutschen Hochschulpartner und der CDHAW ist das erfolgreichste DAAD-Programm im Bachelor-Bereich“, freut sich Prof. Dudziak.
Für Prof. Sternbergs Amtszeit sieht er selbst die Einführung des Nachhaltigkeitsgedankens und die Hochschulautonomie als wichtigste inhaltliche Themen. Hinzu kamen die weiteren guten hochschulpolitischen Rahmenbedingungen, die unter anderem zur Gründung des Campus Velbert/Heiligenhaus führten. „Es ist eine glückliche Periode der Expansion“, stellte Prof. Sternberg fest. In Deutschland und Nordrhein-Westfalen ist in den letzten Jahren die Wichtigkeit der Bildung im politischen Bewusstsein deutlich gewachsen. Dazu hat er selbst auch als Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz einen Beitrag geleistet.
Alle Rektoren/Präsidenten betonten bei ihrem Treffen, was ihnen persönlich für die weitere Entwicklung der Hochschule wichtig ist. So verwies Prof. Becker auf die pädagogische Ausbildung, wie bereits auch bei der Lehrerausbildung der Hochschule zu sehen ist. Prof. Grote stellte die Hochschule als Weiterbildungsanbieter in den Mittelpunkt seines Ausblicks. Prof. Dudziak appellierte dafür, die Hochschule wie ein Unternehmen im Bildungsmarkt zu betrachten, das Angebot, Nachfrage und Wettbewerb im Blick hat. Und Prof. Sternberg schließlich hob den Bildungsauftrag hervor, dem die Fachhochschulen gerecht werden sollten.
All dies trifft natürlich auch auf die Entwicklungen, die die Hochschulen aktuell herausfordern. Da ist die Digitalisierung zu nennen, die die Hochschule Bochum in Lehre und Forschung aufgreifen muss; sei es indem sie den Studierenden die Ideen und Strategien der Industrie 4.0 näherbringt, sei es durch die verstärkte Einführung von MOOCs (Massive Open Online Courses), sei es durch digital gestützte Forschungsmethoden. Da ist die Perspektive, dass jenseits der geburtenstarken Jahrgänge und des großen Runs auf die Hochschule die Konkurrenz auf dem Bildungsmarkt steigen wird und die Notwendigkeit zunimmt, ein möglichst attraktives stimmiges und einmaliges Identitätsprofil zu entwickeln. Oder indem Hochschulen ihre Stärken zugleich in Allianzen finden, wie es die BO bereits heute mit dem Konzept RuhrValley und der Ruhr Master School tut.
Bange wurde den Rektoren/Präsidenten in Anbetracht dieser Herausforderungen aber nicht. Denn dass der Stellenwert der Fachhochschulen insgesamt und der der Hochschule Bochum gewachsen ist, ist offensichtlich. „Der Zeitgeist“, freut sich Präsident Bock, „spricht für uns“.
Weil sie ihren Austausch als außerordentlich anregend empfanden, haben sich die Rektoren-/Präsidenten-Alumni übrigens vorgenommen, ihr Treffen jährlich zu wiederholen...
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