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Auto/Motor

Deutsche „Hidden Champions“ ermöglichen Tesla-Werk Studie der Fachhochschule Dortmund

Für das neue Tesla-Autowerk „Gigafactory“ im brandenburgischen Grünheide spielen deutsche mittelständische Weltmarktführer eine entscheidende Rolle. Das offenbart eine aktuelle Studie von Prof. Dr. Jan-Philipp Büchler vom Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Dortmund.

 

Er analysierte Stellenanzeigen, Patentanmeldungen, Firmenvideos – und fütterte mit den Erkenntnissen seine „Hidden-Champions-Datenbank“: Als Experte für Unternehmensführung konnte Jan-Philipp Büchler schließlich 21 Firmen aus dem deutschsprachigen Raum identifizieren, die Maschinen und andere Schlüsseltechnologie zum Tesla-Werk beisteuern. Die Lieferanten stammen vor allem aus Nordrhein-Westfalen (39 Prozent) und Baden-Württemberg (33 Prozent), Bayern folgt mit 15 Prozent.

 

„Den Umfang an Neuerungen in der Produktion bei Tesla haben wir in der Automobilindustrie seit Jahrzehnten nicht gesehen“, kommentiert Jan-Philipp Büchler. Tesla stelle hohe Anforderungen, die deutschen Lieferanten könnten mit Innovationsstärke glänzen: Der Studie zufolge investieren Tesla-Lieferanten im Schnitt zehn Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung (F&E), sie übertreffen damit deutlich die ohnehin schon hohe Quote von „Hidden Champions“ von sechs Prozent. Zum Vergleich: Bei Dax-Unternehmen liegt die F&E-Quote bei durchschnittlich 3,0 bis 3,6 Prozent.

 

Details zur Studie (PDF-Datei): www.innovationexcellence.eu/tesla2

 

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Mobilität: Geh- und Radwegbrücke spart 24 Stunden Wartezeit pro Jahr

BauIng-Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin entwerfen Brücke über Bundesstraße Alt-Friedrichsfelde. Konstruktionen im neuen mobilen Zeitgeist, zu sehen am Campus Lichtenberg.  Sylke Schumann  Sylke Schumann / HWR Berlin
BauIng-Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin entwerfen Brücke über Bundesstraße Alt-Friedrichsfelde. Konstruktionen im neuen mobilen Zeitgeist, zu sehen am Campus Lichtenberg. Sylke Schumann Sylke Schumann / HWR Berlin

Bauingineurwesen-Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Recht
Berlin entwerfen Brücke über Bundesstraße Alt-Friedrichsfelde.
Konstruktionen im neuen mobilen Zeitgeist, zu sehen am Campus Lichtenberg.

Berlin, den 11. Februar 2022. Morgens zur Arbeit, an die Hochschule oder
zum Amt und später den gleichen Weg zurück in Richtung S-Bahn. Um die
Bundesstraße Alt-Friedrichsfelde an der in zwei Phasen geschalteten
Fußgängerampel in Höhe des Bildungs- und Verwaltungszentrums zu
überqueren, benötigen Hunderte von Fußgängerinnen und Fußgängern,
Radfahrerinnen und Radfahrern in einem Arbeitsjahr insgesamt einen ganzen
Tag – und starke Nerven.

Die Bundesstraße B1 zieht sich hier wie eine dicke Hauptschlagader durch
den Berliner Bezirk Lichtenberg, es pulsiert der Verkehr. Autos und
tonnenschwere Lkw donnern stadtein- und stadtauswärts oder stehen im Stau.
Auf beiden Straßenseiten und auf der schmalen Mittelinsel warten Menschen
darauf, die per pedes oder Pedale unterwegs sind, dass die Ampel für sie
auf Grün springt. Dafür brauchen sie einen langen Atem, wegen der
Emissionen jedoch besser nicht einen zu tiefen.

Studentinnen und Studenten des dualen Studiengangs Bauingenieurwesen der
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) wollten Abhilfe
schaffen. Sie planten für den Weg zum Areal und ihrem Campus eine Geh- und
Radwegbrücke. Dafür erstellten sie Lage- und Baupläne, entwarfen
Konstruktionen, berechneten in einem ersten Entwurf die Statik und Kosten
und nahmen die Bauplanung vor für einen „Lichtenberger Bogen zur Bildung“.
Zu sehen sind die vielfältigen Entwürfe für einen innovativen und
nachhaltigen Kompromiss in Form einer Überführung, die dem
Bildungsstandort und dem Zeitgeist gerecht wird, im Foyer des Hauses 6b
der HWR Berlin, Alt-Friedrichsfelde 60 in 10315 Berlin.

Das Projekt im Rahmen des Brückenbau-Seminars im dualen Studiengang
Bauingenieurwesen selbst war eine in jeder Hinsicht praktische
Alternativlösung. Wegen der Covid19-Pandemie und den damit verbundenen
Beschränkungen waren Lehre und Klausuren in Präsenz lange nicht möglich.
Die künftigen Bauingenieurinnen und -ingenieure und ihr Dozent schwenkten
deshalb um auf eine umfangreiche Abschlussarbeit zu diesem Bauvorhaben mit
reellem Potenzial. Der langjährige Lehrbeauftragte am Fachbereich Duales
Studium der HWR Berlin, Diplomingenieur Robert Geyer, gab seinen
Studierenden die Aufgabe, den Stadt- und Straßenverkehr durch eine Geh-
und Radwegbrücke langfristig zu entlasten, den multifunktionalen
Gebäudekomplex aus Ämtern und Hochschule nachhaltig und für alternative
Mobilität anzubinden. Denn damit würde im doppelten Wortsinne auch eine
Brücke geschlagen zur geplanten Radschnellstraße, die die östlichen und
südöstlichen Bezirke Berlins mit dem Berliner Ring im Norden und der A 113
im Süden verbindet – ein Gewinn für das Image und die verkehrstechnische
Vernetzung des Bezirks Lichtenberg.

Rechts und links entlang der achtspurigen Fahrbahn ragen bis zu
zwanziggeschossige Hochhäuser in der für die DDR typischen Plattenbauweise
empor, nach der Bauhaus-Maxime „form follows function“. Zwischen den
Großwohnsiedlungen, errichtet bis in die 1990er Jahre, befindet sich der
weitläufige Bildungs- und Verwaltungskomplex. Hier, nördlich des
Tierparks, sind Büros des Statistik-, Gesundheits-, Sozial- und Umwelt-
und Naturschutzamtes untergebracht. Alt-Friedrichsfelde 60 ist auch die
Adresse des Standorts Lichtenberg der Hochschule für Wirtschaft und Recht
Berlin. An diesem Campus studieren rund 5 000 angehende
Verwaltungsinformatiker*innen, Verwaltungsrechtler*innen,
Rechtspfleger*innen, Immobilienrechtler*innen, künftige Kriminal- und
Polizeikommissarinnen und -kommissare sowie dual Studierende in 18
betriebswirtschaftlichen und technischen Disziplinen.

Die neue Geh- und Radwegbrücke soll all den Passantinnen und Passanten
jährlich nicht nur 24 Stunden Wartezeit ersparen, sondern als stilvoller
Kontrast auch einen optisch positiven Akzent im Stadtteil setzen.
Studierende entwarfen zum Beispiel eine Fachwerkbrücke mit tragenden
Holzelementen. Der nachhaltige und nachwachsende Werkstoff soll aus
regionalen Forstwirtschaft stammen, ein hochwertiger Holzschutz eine
Nutzungsdauer von 80 Jahren garantieren. Ein anderes Modell besticht durch
eine ausladende Rampenkonstruktion, will visuelle Verbindungen zu den
Gebäudekomplexen entlang der Straße schaffen. In jedem Fall wird die
Brücke barrierefrei.

Ein Student designte eine Röhre mit ovalen Holzbögen oberhalb des
Tragwerks, die sich wie eine Knospe öffnen. Er sieht darin den
Hochschulcampus versinnbildlicht, Bildung und Wissen als „Blüten der
Zukunft“. Alle vorgeschlagenen Konstruktionen gliedern sich funktional und
architektonisch in städtebauliche Umgebung ein und sind zugleich Ausdruck
der Weiterentwicklung in der Denkweise über Architektur und Mobilität –
eine Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Zum dualen Studiengang Bauingenieurwesen der HWR Berlin
https://www.hwr-berlin.de/hwr-berlin/fachbereiche-und-
zentralinstitute/fb-2-duales-studium/studieren-am-
fachbereich/studiengaenge/detail/59-bauingenieurwesen/

Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin

Die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin ist mit über 11 500
Studierenden eine der großen Hochschulen für angewandte Wissenschaften –
mit ausgeprägtem Praxisbezug, intensiver und vielfältiger Forschung, hohen
Qualitätsstandards sowie einer starken internationalen Ausrichtung. Das
Studiengangsportfolio umfasst Wirtschafts-, Verwaltungs-, Rechts- und
Sicherheitsmanagement sowie Ingenieurwissenschaften in über 60
Studiengängen auf Bachelor-, Master- und MBA-Ebene. Die HWR Berlin
unterhält 195 aktive Partnerschaften mit Universitäten auf allen
Kontinenten und ist Mitglied im Hochschulverbund „UAS7 – Alliance for
Excellence“. Als eine von Deutschlands führenden Hochschulen bei der
internationalen Ausrichtung von BWL-Bachelorstudiengängen und im Dualen
Studium belegt die HWR Berlin Spitzenplätze in deutschlandweiten Rankings
und nimmt auch im Masterbereich vordere Plätze ein. Die HWR Berlin ist
einer der bedeutendsten und erfolgreichen Hochschulanbieter im
akademischen Weiterbildungsbereich und Gründungshochschule. Die HWR Berlin
unterstützt die Initiative der Hochschulrektorenkonferenz „Weltoffene
Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit“.

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Nachhaltige Elektromobilität für Europa

Gemeinsam mit neun Partnern entwickelt die Hochschule Landshut ein
datenbasiertes Konzept, um die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität
auszubauen und die europäischen Verkehrs- und Stromnetze zu entlasten. Das
Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Vorhaben mit
insgesamt knapp 4,2 Millionen Euro.

Der Ausbau der Elektromobilität und der dafür notwendigen
Ladeinfrastruktur ist eines der Kernziele der Europäischen Union.
Schnelles Laden und Netzstabilität sind dabei die Hauptthemen. Die
Konzepte hierfür benötigen umfassende Daten, auf deren Grundlage sich die
Auswirkungen auf die Netzstabilität, die Nachhaltigkeit sowie das
Optimierungspotential beurteilen lassen. Da bisher allerdings kaum
Untersuchungen dazu durchgeführt wurden, ist die Datenlage sehr gering.
Hier setzt das neue Forschungsprojekt Open Mobility Electric
Infrastructure (OMEI) unter Leitung der Hochschule Landshut an. Das
Projektteam aus insgesamt zehn Institutionen und Unternehmen will eine
frei verfügbare Datengrundlage schaffen, um eine nachhaltige, regionale
Ladeinfrastruktur zu planen und Konzepte für eine intelligente Nutzung der
E-Fahrzeuge zu bewerten. Darauf aufbauend entwickelt das Konsortium zudem
optimale ökologische, ökonomische und technische Lösungen für
Ladeinfrastrukturen im europäischen Verkehrsnetz, die regionale
erneuerbare Energien mit nachhaltiger Energiespeicherung kombinieren. Das
Konsortium will damit ein datenbasiertes Konzept übertragbar auf Europa
schaffen, wie Elektromobilität nachhaltig und wirtschaftlich ausgebaut
werden kann. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das
Vorhaben mit insgesamt knapp 4,2 Millionen Euro.

Belastung der europäischen Verkehrsnetze

„Der notwendige Ausbau der Elektro-Ladeinfrastruktur belastet die
europäischen Verkehrs- und Stromnetze enorm“, erläutert Projektleiter
Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger, Wissenschaftlicher Leiter am
Technologiezentrum Energie (TZE) der Hochschule Landshut, „um den
Leistungsbedarf zu decken, brauchen wir Schnellladesysteme an den
Hauptverkehrswegen in ganz Europa.“ Ein solcher Netzausbau sei allerdings
sehr ressourcenintensiv. Daher ist es wichtig, nachhaltige und
netzschonende Ladeinfrastrukturen zu schaffen und mehr regionale
erneuerbare Energien hierfür zu nutzen.

Intelligente Ladeinfrastruktur mithilfe von KI

Die Forschenden wollen deshalb im ersten Schritt Lade-, Anwender-,
Energie-, und Verkehrsdaten sammeln, um die Effekte einer intelligenten
Ladeinfrastruktur auf die Energiewende zu berechnen. Dazu errichtet das
Team an einer europäischen Hauptverkehrsader (z.B. entlang der Autobahn
A3) in zwei Modellregionen Demonstrationsanlagen, die eine
Schnellladesäule mit einem hybriden Energiespeicher kombinieren. Damit
könnten mehr regionale Energien für die Ladung von E-Autos genutzt werden,
wobei die Energiespeicher als Leistungspuffer dienen. Dies würde das
europäische Versorgungsnetz weniger belasten und Kosten beim Ausbau
überregionaler Ladeinfrastruktur einsparen. Zudem plant das Team eine
dritte Anlage für Endverbraucher, die bidirektional funktioniert, d.h. bei
der E-Autos sowohl geladen als auch entladen werden können. „Bei dieser
Vehicle-to-Home-Variante wollen wir das Potential der verfügbaren
Speicherkapazitäten der stehenden Fahrzeuge nutzen und somit netzbasierte
Lade- bzw. Entladeszenarien mithilfe von künstlicher Intelligenz
entwickeln“, so Prof. Pettinger. Ziel des Teams ist es, mithilfe dieser
beiden Ansätze am Ende ein gesamtheitliches Konzept für eine nachhaltige
Ladeinfrastruktur vorzulegen.

Thema in die Gesellschaft tragen

So erstellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand der
gesammelten Daten Simulationsmodelle, um standortunabhängige und
wirtschaftliche Betriebsstrategien zu entwickeln und zu optimieren. Die
generierten Daten werden schließlich über offene Datenportale zugänglich
gemacht. Zudem will das Konsortium durch eine aktive Bürgerbeteiligung das
Thema in die Gesellschaft tragen, um eine Akzeptanz für nötige
Veränderungen zu erzeugen. Die Ergebnisse werden daher in einer Anwender-
App transparent veröffentlicht.

Enge Zusammenarbeit des Konsortiums unter Leitung des TZE

Um das Projekt wie geplant umsetzen zu können, arbeiten die Projektpartner
in engem Austausch zusammen: Während die Batteriehersteller JB, FENECON
sowie der Ladesäulenbetreiber MER für die Errichtung und den Betrieb der
Energiespeicher bzw. Schnellladesäulen zuständig sind, erarbeitet das TZE
gemeinsam mit HEITEC den Systemaufbau sowie die Betriebsstrategien der
Ladeinfrastruktur und der Energiespeicher. Darüber hinaus ist das TZE
gemeinsam mit der Universität Passau für die Simulationsmodelle
verantwortlich und testet die Vehicle-to-Home-Anwendungen. Dr. Gerl, der
wissenschaftliche Projektkoordinator für den Lehrstuhl für verteilte
Informationssysteme betont, dass „nur durch eine umfangreiche und
nachhaltig verfügbare Datenbasis es gelingen kann, KI-basierte
Systemsimulationen und Optimierungen für Elektroladeinfrastrukturen in
Europa zu entwickeln. Dies ist der Fokus unserer Teilprojekts“.

Das Unternehmen Technagon entwickelt mit Abstimmung der technischen
Anforderungen eine bidirektionale Wallbox für Vehicle to Home Anwendungen.
TZE, IL und Technagon validieren und testen diese Anwendung an den
jeweiligen Standorten und Testfahrzeugen. Auf Basis von Stromnetz- und
Smart Meter-Daten, gestellt durch EVG Perlesreut eG, werden diese
Betriebsstrategien auf V2G Anwendungen validiert und optimiert. Im
Konsortium wird abschließend ein Betriebskonzept für Fahrzeugspeicher
(V2G/V2H) erarbeitet.

Nachhaltige Energieversorgung für E-Mobilität

Am Ende soll das Projekt dazu beitragen, die Elektromobilität auszubauen,
Netzüberlastungen zu vermeiden und den Bürgern und Bürgerinnen die
nachhaltige Nutzung der elektrischen Antriebe zu ermöglichen. Prof. Kosch
und Prof. Sauer betonen zusammen die technologische Innovationskraft des
Projekts. „Die daten-basierte Optimierung der Elektroladeinfrastruktur
sowie die Realisierung von Vehicle-to-Home- und Vehicle-to-Grid- Konzepten
in Bayern ist ein wichtiger Meilenstein für das zukunftsfähige nachhaltige
Mobilitätssystem in Deutschland“, führt Prof. Kosch aus. Prof. Sauer
ergänzt, dass „der Einsatz von Methoden der KI zur Steigerung der
Energieeffizienz in der Vehicle-to-Home- Vernetzung ein sehr hohes
Potential besitzt, und die Projektergebnisse für das regionale Energie-
Ökosystem sehr relevant sein werden.“ „Uns ist wichtig, eine nachhaltige
Energieversorgung für die Elektromobilität sicherzustellen“, so Prof.
Pettinger, „damit senken wir die CO2-Bilanz jedes E-Fahrzeugs.“

Über das Projekt OMEI

Das Projekt Open Mobility Elektro-Infrastruktur (OMEI) läuft noch bis Ende
2024 und wird von der Hochschule Landshut in Kooperation mit neun Partnern
durchgeführt. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger,
dem wissenschaftlichen Leiter des Technologiezentrums Energie der
Hochschule Landshut. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr
fördert das Vorhaben mit fast 4,8 Millionen Euro.

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Wege zur nachhaltigen Mobilität im eigenen Wohnviertel DBU fördert Studie der Ruhr-Universität Bochum

Wie kann nachhaltige Mobilität im eigenen Wohnviertel
attraktiver werden? Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat zu dieser
Frage eine Akzeptanzstudie der Ruhr-Universität Bochum mit rund 96.000
Euro gefördert und veranstaltet zum Thema am Mittwoch, 23. Februar, von 14
bis 17 Uhr das DBU-Online-Forum „Nachhaltige Mobilität im Quartier“. Wer
will, kann live dabei sein: www.dbu.de/@OnlineForumMobilitätQuartier.

„Der Verkehrssektor bleibt bislang eine Baustelle, um die Klimaziele von
Paris zu erreichen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Wir
brauchen nicht nur eine konsequente Verkehrswende mit technischen
Innovationen und Antriebstechnologien auf Basis erneuerbarer Energien,
sondern zugleich auch eine Mobilitätswende, die zu einem veränderten
Verhalten mit umweltfreundlichen, sozial-gerechten und wirtschaftlich
tragbaren Alternativen inspiriert.“ Mögliche Ideen erläutert beim DBU-
Online-Forum Prof. Dr. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für
Sozialforschung in einem Impulsvortrag.

Drei Quartiere der Stadt Bochum wurden untersucht

Bochum gehört zu den Städten in Deutschland, die bereits auf dem Weg zu
einem nachhaltigen Mobilitätswandel sind. So sollen bis 2030 insgesamt 15
Prozent der bisher mit dem Auto gefahrenen Wege per Bus, Bahn, Fahrrad
oder zu Fuß zurückgelegt werden. Die Forschenden des Zentrums für
interdisziplinäre Regionalforschung ZEFIR an der Ruhr-Universität Bochum
(RUB) haben in den drei Stadtteilen Hamme, Gerthe und Wiemelhausen
zunächst untersucht, welches Verkehrsangebot vorhanden ist. Daran schloss
sich eine Mobilitäts-Umfrage mit 2.179 Menschen an. Außerdem wurden
Anwohnerinnen und Anwohner mit Blick auf die Mobilität nach ihren
Einstellungen und Gewohnheiten befragt und danach, was aus ihrer Sicht für
einen erfolgreichen Wandel vor Ort notwendig wäre. Im Online-Forum am
Mittwoch werden die Studienergebnisse vorgestellt.

Andere Verkehrsmittel als Alternativen wahrnehmen

Wichtig ist nach den Worten von Prof. Dr. Sören Petermann, Studienleiter
und RUB-Lehrstuhlinhaber für Stadt- und Regionalsoziologie, diejenigen,
die vorzugsweise mit dem Auto fahren, dahingehend zu motivieren, andere
Verkehrsmittel überhaupt als Alternativen wahrzunehmen. Studien-Mitautorin
Anne Graf vom ZEFIR ergänzt: „Die Gründe für Verhaltensänderungen waren
bei den Gewohnheits-Autofahrern besonders interessant.“ Die Befragten
gaben zum Beispiel an, dass „allein eine höhere Taktung von öffentlichen
Verkehrsmitteln kein Anreiz für den Autoverzicht wäre“. Vielmehr müssten
Angebote „mit ähnlichen Vorzügen“ geschaffen werden. Graf: „Als Vorteile
des Autofahrens geben Befragte unter anderem Flexibilität,
Sicherheitsgefühl und Ungestörtsein an.“ Ein Argument dabei laut Graf: im
Auto könnten mögliche Ansteckungen mit Krankheitserregern vermieden werden
– während der Corona-Pandemie ein Grund, um von Bus und Bahn auf das Auto
umzusteigen. Ähnliche Anreize zur Abkehr vom Auto könnten Graf zufolge
Angebote wie Car- und Bike-Sharing, autonom fahrende Minibusse oder
Seilbahnkabinen ermöglichen.

Das Fahrrad als „Hoffnungsträger für eine nachhaltige Mobilitätswende“

Als „Hoffnungsträger für eine nachhaltige Mobilitätswende“ bezeichnet
Petermann das Fahrrad. So nannten die Befragten Pedelecs, also mit
Elektromotor unterstützte Räder, als sogenannte Gamechanger, besonders bei
der Nutzung auf anspruchsvollen Strecken oder beim Transport. Gamechanger
können Menschen, Firmen, Produkte oder Technologien sein, die bisherige
Regeln oder Mechanismen außer Kraft setzen und etwa Branchen oder Märkte
von Grund auf verändern. Petermann: „Wer ein Pedelec besitzt, sattelt
leichter aufs Rad um und legt auch mehr Kilometer auf diese Weise zurück.“
Viele Städte seien bereits auf dem Weg, die Radinfrastruktur auszubauen.
„Der Blick in die Niederlande und nach Dänemark zeigt, dass sich damit ein
Großteil der städtischen Mobilität insgesamt gestalten lässt“, so
Petermann. Studien-Mitautorin Graf: „Förderlich für den Fahrradverkehr
sind etwa eigene Fahrradspuren oder -wege und eigene Überführungen –
bestenfalls beleuchtet und überdacht für das Sicherheitsempfinden und als
Schutz gegen Niederschläge.“

Positive Einstellung zu nachhaltigen Verkehrsmitteln förderlich

Die Studienergebnisse zeigen, dass „bei der Wahl von nachhaltigen
Mobilitätsangeboten zwei Faktoren entscheidend sind“, sagt Petermann.
„Erstens: Welche Verkehrsmittel stehen mir zur Verfügung? Und zweitens:
Habe ich eine grundsätzlich positive Einstellung beispielsweise zum
Fahrrad?“ Der emotionale Bezug zum Verkehrsmittel hänge von persönlich
erlebten Vorteilen ab: „Gründe fürs Radfahren sind Sportbegeisterung oder
Umweltbewusstsein; dagegen wird das Autofahren durch kostenlose
Parkplätze, fließenden Verkehr auf gut ausgebauten Straßen und Dienstwagen
gefördert.“ Nach der Präsentation der Studienergebnisse folgt beim DBU-
Online-Forum eine Gesprächsrunde mit Anne Klein-Hitpaß vom Deutschen
Institut für Urbanistik difu in Berlin, Mobilitätsmanagerin Mechtild
Stiewe der Stadt Bochum, Doris Bäumer vom Zukunftsnetz Mobilität NRW und
Verkehrsverbund Rhein Ruhr in Gelsenkirchen sowie mit Tobias Terpoorten,
Anwohner im Untersuchungsgebiet Bochum-Gerthe.

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