Luzerner Theater, Luisa Miller von Giuseppe Verdi, besucht von Marinella Polli

Produktion:
Musikalische Leitung Jonathan Bloxham Regie Kateryna Sokolova
Bühne Nikolaus Webern Kostüme Constanza Meza-Lopehandía
Licht Ulrich Eh Dramaturgie Ursula Benzing
Chor Manuel Bethe
Produktion:
Luisa Miller Eyrún Unnarsdóttir
Miller, ihr Vater – André Baleiro Graf von Walter Michael Hauenstein
Rodolfo, sein Sohn Azer Zada Federica von Ostheim – Marcela Rahal
Wurm, Schlossvogt Christian Tschelebiew Laura, Bauernmädchen Elvira Margarian
Bauer Piero Regis Friedrich Schiller Timon Crienitz
Opernchor Luzerner Theater Extrachor Luzerner Theater Luzerner Sinfonieorchester
Am Luzerner Theater ist eine Neuproduktion in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln von einer anderen Verdi Oper zu erleben. Es handelt sich um ‘Luisa Miller’, ein Melodramma tragico in drei Akten, mit dem Libretto von Salvatore Cammarano nach Friedrich Schillers ‚Kabale und Liebe’. Die musikalische Leitung hat Jonathan Bloxham, Regie übernimmt Kateryna Sokolova.
Ein brillanter musikalischer Abend

Jonathan Bloxham und dem Luzerner Sinfonieorchester gelingt es, jeden Takt, jede Note, die Sentimentalität (vielleicht noch mehr als die Romantik), die Atmosphäre und die typische musikalische Farbe dieser Verdi Oper perfekt wiederzugeben. Und, was immer sehr wichtig ist, auch die Begleitung der Sänger stimmt: der britische Maestro dirigiert so kompetent und präzis, dass die Musik, richtigerweise auch in den intimsten Szenen, mit intensiver aber kontrollierter Dramatik fliesst.
Gute Leistung der SängerInnen

Was den Gesang betrifft, drei Interpreten stellen in ‚Luisa Miller’ den Mittelpunkt dar. Und dies obwohl sie alle ohne grosse Evergreens auskommen müssen. Lange Arien à la Verdi sind in dieser Oper selten, wir erwähnen hier nur die sehr bekannte, von Azer Zada perfekt gesungene ‘Quando le sere al placido’ im III Akt (Szene 7). Der aserbaidschanische Tenor ist sehr charismatisch als Rodolfo, und dies sowohl gesanglich als auch szenisch. Ihm ebenbürtig ist sicher Eyrun Unnarsdottir, deren Gesangsleistung, was Aussagekraft, Vitalität, Sicherheit und Timbre betrifft, in jedem Moment tadellos ist. Ihnen zur Seite stehen der portugiesische Bariton André Baleiro, der als Miller, Luisas Vater, das Publikum begeistert, Michael Hauenstein als Graf von Walther, Rodolfos Vater, und Christian Tschelebiew. Der in Stuttgart geborene Bassbariton ist grossartig als Wurm, der intrigante Bösewicht (Nomen est Omen), ein dramaturgisch hochspannender Schlüsselcharakter in dieser Verdi Tragödie. Gesanglich mehr als schauspielerisch gut ist Marcela Rahal als die Herzogin Federica von Ostheim, die Rodolfo unbedingt heiraten möchte. Erstklassig ist auch die Leistung des von Manuel Bethe vorbereiteten Chors (Opernchor Luzerner Theater, Extrachor Luzerner Theater).
Eine tragische Love Story und grosse Intrigen

‚Luisa Miller’, eine theatralisch und musikalisch sehr leidenschaftliche und effektvolle Oper, ist Verdis dritte Vertonung eines Dramas von Friedrich Schiller. Der Komponist aus Busseto liebte und bewunderte nicht nur Shakespeare, sondern auch den grossen deutschen Autor. Die neue Inszenierung am Luzerner Theater zeigt aber vor allem wie wenig sich die Regisseurin Kateryna Sokolova – ganz anders als Schiller, der sich nicht besonders für Liebe, sondern vor allem für die grossen Ideale und deren Realisierung interessierte – um die politische und soziale Situation der Welt von gestern und von heute, um die Konsequenzen der Macht autoritärer Herrscher und der Gewalt von Tyrannen kümmert. Wichtig sind für sie die Love Story zwischen den zwei Protagonisten Luisa und Rodolfo und die Intrigen der Bösewichter. Eigentlich – es sei hier zugegeben – wie für Verdi auch, der, um den Erwartungen der Zensur zu entsprechen, das Stück auf ein für eine Oper geeignetes Libretto reduzieren musste. Das von Nikolaus Webern geschaffene ziemlich bunte Bühnenbild, die wechselnden Lichteffekte vom Light Designer Ulrich Eh und die opulenten, oft kitschigen Kostüme von Constanza Meza-Lopehandia tragen dazu bei, aus der Tragödie in gewissen Momenten eine Quasikomödie zu machen.

Dazu noch die unnötige Omnipräsenz des Geistes von Schiller, gespielt von Timon CrienizDer Beifall am Schluss galt vor allem den SängerInnen, dem Maestro und dem Luzerner Sinfonieorchester.
Text: https://marinellapolli.ch/
Fotos: Ingo Hoehn https://www.luzernertheater.ch und Marinella Polli
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Luisa Miller Elvira Margarian Timon Crienitz Eyrún Unnarsdóttir André Baleiro Opernchor und Extrachor Luzerner Theater Foto Ingo Hoehn