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Herzschwäche: Prognose mit Blick in die Augen?

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Lässt sich der Verlauf einer Herzinsuffizienz anhand der Pupillengröße und
der Reaktion der Pupille auf einen Lichtreiz vorhersagen? Eine Studie
hierzu am Herzzentrum Brandenburg in Bernau unterstützt die Herzstiftung
mit rund 68.000 Euro

Augen sagen mehr als tausend Worte. Sie sind nicht nur Spiegel der Seele,
sondern lassen bisweilen den Zustand innerer Organe erkennen. Einige
Krankheiten wie etwa die Alzheimer-Krankheit, Morbus Parkinson,
Depressionen, Diabetes, Rheuma, Fettstoffwechselstörungen,
Schilddrüsenerkrankungen oder Bluthochdruck lassen sich auch mit einem
Blick in die Augen ablesen. Die Ärzte benutzen dazu ein so genanntes
Pupillometer. Es sieht aus wie eine kleine Kamera, die einen Lichtblitz
aussendet und daraufhin die Größe und die Reaktion der Pupille innerhalb
weniger Sekunden misst. Das Messverfahren nennt man Pupillometrie und
liefert Medizinern Hinweise zu bestimmten Erkrankungen.

Die Prognose einer Herzschwäche in den Augen sehen
Ob sich bei Patienten anhand der Augen auch der Verlauf einer Herzschwäche
(Herzinsuffizienz) vorhersagen lässt, untersucht jetzt ein Team aus Ärzten
und Forschern am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg,
Universitätsklinikum der Medizinischen Hochschule Brandenburg, in einer
umfassenden Studie. Die Forschungsarbeit mit dem Titel „Die Pupillometrie
zur Vorhersage von patientenrelevanten Endpunkten bei Patienten mit akuter
Herzinsuffizienz (PURE)” wird von der Deutschen Herzstiftung mit 68.120
Euro gefördert. „Die Herzinsuffizienz kann einen dramatischen Verlauf bis
hin zur notfallmäßigen Klinikeinweisung nehmen. Gefragt sind deshalb
innovative diagnostische Verfahren, die frühe Anzeichen einer solchen
Entgleisung der Herzschwäche erkennen lassen. Für neue Erkenntnisse auf
diesem Gebiet fördern wir deshalb die Studie am Herzzentrum Brandenburg“,
betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Prof. Dr.
Thomas Voigtländer.

Mithilfe einer Augenmessung Leben retten
Herzinsuffizienz ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen. In
Deutschland leiden rund vier Millionen Menschen an Herzschwäche. Das
Problem: „Bislang lässt sich schlecht vorhersagen, wie der Verlauf einer
Herzinsuffizienz ist. Manche Patienten sind unter der medikamentösen
Therapie lange stabil, andere jedoch erleiden nach kurzer Zeit einen
schweren Rückfall“, sagt Dr. Tanja Kücken, Oberärztin
Funktionsdiagnostik/Ultraschall im Herzzentrum Brandenburg in Bernau und
Studienleiterin. Fast eine halbe Million Menschen hierzulande muss
jährlich mit einer Entgleisung der Herzinsuffizienz, einer so genannten
akuten kardialen Dekompensation, als Notfall ins Krankenhaus. Die
Betroffenen leiden an lebensgefährlichen Wasseransammlungen in der Lunge,
an starker Kurzatmigkeit oder gar schwerer Atemnot (Infos:
https://herzstiftung.de/herzinsuffizienz-symptome). Rund 40.000 von ihnen
sterben. Weitere tödliche Gefahren sind Herzinfarkt oder Schlaganfall.
„Wenn wir mithilfe der Pupillometrie die Wahrscheinlichkeit für einen
schweren Krankheitsverlauf inklusive Herz-Kreislauf-Komplikationen
abschätzen könnten, würde man diese Patienten engmaschiger überwachen und
auf eine erneute Dekompensation rechtzeitiger reagieren können“, erklärt
Dr. Kücken.

Autonomes Nervensystem steuert Pupille und Herzschlag
Doch was haben die Augen mit dem Herzen zu tun? Die Augen, genauer gesagt
die Reaktion der Pupillen, werden vom so genannten autonomen Nervensystem
gesteuert. Dieses regelt alle unwillkürlichen Grundfunktionen im Körper
wie zum Beispiel die Atmung, Verdauung, den Blutdruck und Herzschlag. Bei
einer Herzinsuffizienz kommt das autonome Nervensystem jedoch im Laufe der
Erkrankung ins Ungleichgewicht. Es kompensiert nur noch eingeschränkt die
bei Herzinsuffizienz-Patienten erhöhte Herzfrequenz. Hält dieser Zustand
länger an, können weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten. Da das
autonome Nervensystem auch die Reaktion der Pupillen steuert, könnten
möglicherweise nahende schwerwiegende Folgen am Herzen an den Pupillen
abzulesen sein.

Japanische Forscher finden erste Indizien
Erste Hinweise dafür, dass ein Zusammenhang zwischen der Pupillenreaktion
auf einen Lichtreiz sowie der Pupillengröße und der Prognose für
Herzinsuffizienzpatienten besteht, haben japanische Wissenschaftler um Dr.
Kohei Nozaki vom Kitasato University Hospital, Sagamihara vor wenigen
Jahren gefunden. „Doch die Ergebnisse lassen noch keine eindeutigen
Rückschlüsse zu“, sagt Dr. Susanne Fichtner, Koordinatorin der Studie am
Herzzentrum Brandenburg. Denn die individuellen Unterschiede in der
Pupillengröße variieren zu sehr, als dass man allgemeine Rückschlüsse
daraus ziehen könnte. Zudem beeinflussen bestimmte Substanzen wie Koffein,
Nikotin, Medikamente oder bestimmte kognitive Beanspruchungen die Pupille.
Auch unterscheiden sich die Pupillen-Eigenschaften bei Asiaten und
Europäern.

Studie untersucht 100 Patienten mit Herzinsuffizienz
Aus diesem Grund gehen die Bernauer Herzspezialisten diesen ersten
Indizien genauer auf den Grund. Sie untersuchen die Pupillen von 100
Studienteilnehmern mit akuter Herzinsuffizienz. Die erkrankten
Studienteilnehmer sind in der Regel 75- bis 80-jährige Patienten, die
meist über die Rettungsstelle mit einer akuten kardialen Dekompensation
ins Herzzentrum Brandenburg eingeliefert werden und stationär behandelt
werden müssen. An einer Kontrollgruppe mit 55 gleichaltrigen herzgesunden
Probanden nehmen Wissenschaftler der kooperierenden Universität Potsdam
die Tests vor.

Welche Pupillenreaktionen sagen Herzrisiko voraus?
In einem ersten Experiment messen die Ärzte nach der Klinikeinlieferung
direkt am Krankenbett mit einem Handpupillometer die Reaktionen der
Pupille auf einen Lichtreiz. Diese Messung wird kurz vor der Entlassung
wiederholt. Die jüngst begonnene Studie ist auf die Dauer von zwei Jahren
angelegt. Die Studienteilnehmer werden nach 90 Tagen und Ablauf eines
Jahres noch einmal kontaktiert. „Wir versuchen herauszufinden, ob
bestimmte Messwerte wie etwa Durchmesser der Pupille, Geschwindigkeit der
Reaktion, Beschleunigung, Latenz- und Entspannungszeit mit einem erhöhten
Risiko für einen früheren Rückfall und andere gravierende Herz-Kreislauf-
Komplikationen einhergehen“, erklärt Studienleiterin Dr. Kücken.

Ärzte untersuchen auch kognitive Leistungsfähigkeit
In einem weiteren Versuch werden mit einem so genannten Eyetracker die
Pupillen analysiert während die Studienteilnehmer eine kognitive Aufgabe
lösen. Die Patienten sollen bei diesem Versuch Zahlenreihen vorwärts und
rückwärts wiedergeben, die ihnen während der Pupillenmessung per
Lautsprecher vorgespielt werden. In einem zweiten Durchgang wird die
Zahlenreihe immer um eine Ziffer verlängert, wenn die Teilnehmer alles
richtig gemacht haben. Sinn und Ziel dieses zweiten Experimentes ist es,
die Pupillenreaktion auch bei geistiger Beanspruchung zu untersuchen.
Finden die Bernauer Herzspezialisten in ihrer Studie entscheidende
Pupillenwerte, ließe sich die Augenmessung als einfache, schnelle und
kostengünstige Methode in Kliniken und Praxen etablieren, um das Risiko
von Herzinsuffizienz-Patienten einzuschätzen und ihr Leben besser zu
schützen.
(weg)

Forschung nah am Patienten
Dank der finanziellen Unterstützung durch Stifterinnen und Stifter,
Spender und Erblasser kann die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit der von
ihr 1988 gegründeten Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF)
Forschungsprojekte in einer für die Herz-Kreislauf-Forschung
unverzichtbaren Größenordnung finanzieren. Infos zur Forschungsförderung
der Deutschen Herzstiftung: https://herzstiftung.de/forschung-und-
foerderung

Service für Patienten:
Infos zu Ursachen, Diagnostik, Therapie und Symptomen der Herzschwäche
bietet die Deutsche Herzstiftung unter
https://herzstiftung.de/herzschwaeche und in der aktuellen Ausgabe der
Zeitschrift HERZ heute 2/2023 „Hilfe für das schwache Herz“, kostenfrei
anzufordern unter Tel. 069 955128-400 oder unter
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