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"Smart City": "Wir müssen schneller werden"

Die Idee von der intelligenten Stadt oder „Smart City“: Digitale Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt dabei, die Stadt moderner und lebenswerter zu machen. Drahtlose Netzwerke haben dabei eine Schlüsselrolle.  Quelle: Martin Schulz  Copyright: H-BRS
Die Idee von der intelligenten Stadt oder „Smart City“: Digitale Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt dabei, die Stadt moderner und lebenswerter zu machen. Drahtlose Netzwerke haben dabei eine Schlüsselrolle. Quelle: Martin Schulz Copyright: H-BRS
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An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) forschen Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler zu gesellschaftlich relevanten Themen und
Fragestellungen. Unter dem Titel „H-BRS aktuell“ lassen wir in
unregelmäßigen Abständen Expertinnen und Experten zu aktuellen Themen zu
Wort kommen. Die Beiträge stellen wir zur Veröffentlichung bereit (bitte
gegebenenfalls nur komplette Frage-Antwort-Komplexe kürzen). Außerdem
stehen die Forscherinnen und Forscher gerne für weitere Fragen zur
Verfügung.

Die Stadt der Zukunft soll intelligent sein: Weltweit setzen Städte und
Kommunen auf Digitalisierung und Vernetzung, um effizienter, nachhaltiger
und lebenswerter zu werden. Das Konzept der „Smart City“ umfasst digitale
Lösungen für alle Bereiche des täglichen Lebens, von der Abfallentsorgung
über die Bildung bis zu Mobilität und Wohnen. Professor Michael Rademacher
von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg beschäftigt sich mit der Sicherheit von
drahtlosen Netzwerken vor allem im Bereich der kritischen Infrastrukturen.
Im Interview spricht der Informatiker über den Rückstand im öffentlichen
Raum, Datenschutz und warum er Kameras für den falschen Weg hält.

Herr Professor Rademacher, in Hürth hat die Stadt Mülleimer aufgestellt,
die eine Leerungsaufforderung senden, wenn sie zu mehr als der Hälfte
gefüllt sind. In Bonn wurden Bäume mit Sensoren ausgestattet, die den
Feuchtigkeitsgehalt im Boden messen und die Daten an das Amt für Umwelt
und Stadtgrün senden. Andere Städte haben Straßenlaternen, die nachts nur
dann mit voller Stärke aufleuchten, wenn sie Radfahrer oder Fußgänger
erkennen. Sind das technische Spielereien, oder steckt mehr dahinter?

Michael Rademacher: Keineswegs. Die Digitalisierung des öffentlichen
Raums, also das Konzept der einer sogenannten „Smart City“, ist ein
zentrales Zukunftsthema. Im privaten und beruflichen Umfeld sind wir
bereits deutlich weiter. Wenn wir etwa mit einer VR-Brille oder mit einem
Sprachmodell wie ChatGPT interagieren, fällt der Rückstand im öffentlichen
Raum besonders auf. Vernetzte technische Systeme können, richtig
durchdacht, echten Mehrwert bieten und sowohl Lebensqualität als auch
wirtschaftliches Wachstum steigern.

Wie weit sind wir auf dem Weg zur Smart City?

Rademacher: In Deutschland stehen wir noch am Anfang. Die zunehmende
Elektrifizierung, zum Beispiel durch E-Mobilität oder dezentrale
Energieerzeugung, zwingt uns jedoch, schneller zu werden. In der
Verwaltung sehen wir dank des Onlinezugangsgesetzes, das den gesetzlichen
Rahmen für den Weg zum digitalen Bürgerservice beschreibt, erste
Fortschritte. In vielen anderen Bereichen hinken wir hinterher. Jetzt
müssen die richtigen Grundlagen gelegt werden.

Wenn überall in der Stadt Sensoren und Kameras angebracht sind, kommen wir
dann nicht dem Überwachungsstaat sehr viel näher?

Rademacher: Diese Sorge ist verständlich und berechtigt. Ich selbst halte
Kameras für den falschen Weg, es gibt andere Arten von Sensoren, welche
gezielter dem Anwendungsfall entsprechen. Generell haben wir es jedoch
selbst in der Hand. Es gibt vielversprechende Ansätze zur Anonymisierung
und Pseudonymisierung von Daten. Die Umsetzung ist komplex, aber sie ist
eine zwingende Voraussetzung für erfolgreiche Digitalisierung.

Worauf müssen die Städte achten, damit einerseits die Potenziale genutzt
werden, und andererseits Sicherheit und Privatheit gewahrt bleiben?

Rademacher: Städte müssen ihre Datenschutzkompetenz ausbauen. Datenschutz
wird oft negativ gesehen, das muss sich ändern. Gleichzeitig sollten
Kommunen technologieoffen bleiben und von Anfang an hohe IT-
Sicherheitsanforderungen definieren. Vielleicht lässt sich dadurch nicht
jeder Anwendungswunsch sofort umsetzen, doch der entstehende Druck führt
zu besseren Lösungen am Markt.

In Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich mit sicheren
Kommunikationsnetzen. Was kann die Forschung, was kann die Hochschule zu
einem Fortschritt bei der Digitalisierung beitragen?

Rademacher: Alle Systeme, die Daten erfassen oder verarbeiten, sind
vernetzt, meist drahtlos. Sichere Netze und geschützter Datentransfer sind
daher die Basis jeder Digitalisierung. Unsere Forschungsgruppe
konzentriert sich auf zwei Kernfragen: erstens die sichere Übertragung von
Daten und zweitens die Verfügbarkeit drahtloser Netze. Daten müssen auf
dem Weg vor Manipulation und Mitlesen geschützt sein, und ein Sensor nützt
nur, wenn das Netz stabile Abdeckung bietet. Unser Ziel ist es immer, die
Forschungsarbeiten in demonstrierbare Prototypen zu überführen, um einen
direkten Mehrwert aufzuzeigen. Das funktioniert derzeit sehr gut.

Zur Person:
Michael Rademacher ist Professor für Informatik, insbesondere Embedded
Systems und Netze an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Er interessiert sich
vor allem für die drahtlose Vernetzung von kritischen Infrastrukturen.
Zudem ist er für das Fraunhofer-Institut für Kommunikation,
Informationsverarbeitung und Ergonomie tätig. Dort leitet er die
Forschungsgruppe „Secure Mobile Communication“, die zu
Sicherheitskonzepten für drahtlose Netzwerke forscht.

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