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Weltweit erste öffentliche Megawatt-Ladung für Elektro-LKW

Gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft arbeitet die
Technische Hochschule Deggendorf (THD) daran, batterieelektrische Lkw auch
im Güterfernverkehr einsetzen zu können. Einen entscheidenden Schritt nach
vorne stellt dabei die Technologie des Megawatt-Ladens dar. Die ersten
Prototypen wurden am Freitag, 19. Juli, bei einer Veranstaltung mit
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am THD-Technologie Campus
Plattling der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ladesäule sowie der LKW
ermöglichen es erstmals, binnen der gesetzlich vorgeschriebenen
Lenkzeitpause die LKW-Batterien für 4,5 Stunden Betriebszeit aufzuladen –
ohne zusätzliche Wartezeiten.

Mehr als 70 Prozent aller Güter werden in Deutschland auf der Straße
transportiert – und zwar hauptsächlich mit Hilfe von Diesel-betriebenen
Fahrzeugen. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Umweltbilanz. 40
Prozent der gesamten Verkehrsemissionen von 148 Millionen Tonnen CO2
entfallen auf den Güterverkehr. Daher würde ein Umstieg von Diesel- auf
Elektroantrieb besonders große positive Effekte bringen. An den dafür
nötigen technischen und infrastrukturellen Lösungen arbeitete das
Forschungskonsortium NEFTON unter der Leitung des Lehrstuhls für
Fahrzeugtechnik der Technischen Universität München (TUM).

Prof. Dr.-Ing. Otto Kreutzer, wissenschaftlicher Leiter des
Forschungsbereichs Leistungselektronik der THD erklärt die Zielsetzung so:
„Ein Schlüssel für einen erneuerbaren Schwerlastverkehr ist die
Entwicklung innovativer Lade- und Versorgungslösungen, um den notwendigen
Stromnetz-Ausbau zu begrenzen. In Plattling erforschen wir Lösungen, die
keine zusätzlichen Stromtrassen benötigen.“ Und TUM-Professor Markus
Lienkamp betont ergänzend: „Die wissenschaftlichen Fakten sprechen eine
klare Sprache: Batterieelektrische LKW haben einen Wirkungsgrad von etwa
75 Prozent. Davon sind Brennstoffzellen-LKW mit nur 26 Prozent
Wirkungsgrad und eFuels mit einem Wirkungsgrad von lediglich 14 Prozent
meilenweit entfernt.“ Für den tatsächlichen effektiven Einsatz von
Elektro-Lkw fehle allerdings noch die Infrastruktur an den
Hauptverkehrsrouten. Hierfür sei die Technologie des Megawatt-Ladens ein
gewaltiger Schritt nach vorne.

Für Anton Angermaier, den Geschäftsführer der AVL Software and Functions
GmbH, ist klar, „dass die intelligente Integration von Batteriepuffern
sowie die direkte Anbindung an regenerative Energiequellen wie
Photovoltaik und Windkraft ein entscheidender Faktor für den erfolgreichen
Ausbau der Megawatt-Ladeinfrastruktur und deren Verträglichkeit mit dem
Stromnetz ist.“ Solch eine nachhaltige Lösung ermögliche nicht nur eine
stabile Energieversorgung, sondern trage auch erheblich zur Reduktion von
CO₂-Emissionen bei.

Zum Projekt selbst sagte der Vorstand für Forschung und Entwicklung der
MAN Truck & Bus SE, Dr. Frederik Zohm: „Insbesondere für das Megawattladen
haben wir mit NEFTON Technologien entwickelt, mit denen es gelingt, E-Lkw
bei kurzen Stopps mit sehr hohen Ladeleistungen zu laden. Im
Forschungsfokus standen dabei neben der Technik die Praxistauglichkeit,
Kosten und Netzanschlussleistung.“ Gemeinsam mit den Projekt-Partnern habe
man klar gezeigt, dass Elektro-Lkw und Megawattladen die perfekte
Kombination für die umfassende Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs
sei. Die Technologie sei da, nun gelte es, den Ausbau der
Ladeinfrastruktur im Markt in engem Schulterschluss von Politik,
Energiewirtschaft und Fahrzeugherstellern voranzutreiben.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger war bei der Veranstaltung in
Plattling von dem wohl erstmals in Deutschland durchgeführten Ladevorgang
mit 1.000 kW sichtlich beeindruckt und stellte in seiner Ansprache darauf
ab, dass „das Forschungsprojekt zeigt, Hightech und Expertise aus Bayern
gestalten die Mobilität der Zukunft. Solche Initiativen dekarbonisieren
schrittweise Logistik und Güterverkehr und stärken damit auch den Standort
Bayern. Ich bedanke mich deshalb bei allen, die sich erfolgreich am
NEFTON-Projekt beteiligt haben. Gerade das Megawatt Charging System (MCS)
beschleunigt die Ladezeiten der Lastkraftwagen massiv und ist deshalb ein
Meilenstein für die Elektromobilität.“ MAN habe die Praxistauglichkeit
dieser Technologie bereits unter Beweis gestellt und maßgeblich an der
Standardisierung mitgewirkt. Die MCS-Technologie berücksichtige das Land
Bayern auch bei seinem aktuellen Förderprogramm. „In der ersten Runden
finanzieren wir damit 86 Ladepunkte für den Straßengüterverkehr, im
Spätherbst soll der nächste Förderaufruf starten. Gemeinsam mit unseren
Wasserstoff-Förderungen steht dieses Programm für die Technologieoffenheit
der Bayerischen Staatsregierung in der Mobilität“, so Aiwanger.

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E-Lkw: Wie viele Schnellladestationen werden in Europa benötigt?

Eine gemeinsame Studie des Fraunhofer ISI und von Amazon liefert wichtige
Erkenntnisse hinsichtlich der optimalen Anzahl und Standorte öffentlicher
Schnellladestationen für den Langstrecken-Lkw-Verkehr in Europa. Auf
Grundlage des berechneten Verkehrsaufkommens für 2030 und 1,6 Millionen
Lkw-Fahrtenkombinationen analysiert die Studie mit Hilfe des Open-Source-
Tools CHALET von Amazon 20.000 potenzielle Standorte für Lkw-Ladestationen
entlang europäischer Autobahnen. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits 1000
öffentliche Megawatt-Ladestationen ausreichen könnten, um 91 Prozent des
erwarteten Langstreckenverkehrs von E-Lkw abzudecken.

Um die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor im Allgemeinen und
schwerer Lkw im Besonderen zu verringern, müssen alle EU-Mitgliedstaaten
in den kommenden Jahren eine Infrastruktur für alternative Kraftstoffe
aufbauen. Dazu gehört auch der Ausbau der öffentlichen
Schnellladeinfrastruktur für Lkw entlang von Autobahnen. Eine EU-
Verordnung legt bereits konkrete Mindestziele für die öffentliche Lkw-
Ladeinfrastruktur für alle EU-Mitgliedstaaten fest: So soll es in
Deutschland bis 2030 insgesamt rund 300 Lkw-Ladestationen geben,
europaweit mehr als 2.000. Angesichts der begrenzten Reichweite von
batterieelektrischen Lkw im Vergleich zu Diesel-Lkw stellt sich die Frage,
wie viele Schnellladestationen in Europa benötigt werden.

Bislang gibt es allerdings erst wenig Erkenntnisse über optimale
Ladestandorte für den Lkw-Fernverkehr in Europa. Die Studie hat daher auf
Basis von Berechnungen des europäischen Lkw-Verkehrsaufkommens im Jahr
2030, öffentlich zugänglicher Standorte in Europa und existierender Lkw-
Haltestellen ein optimiertes Lkw-Ladenetz entwickelt, das den erwarteten
Ladebedarf mit einer Mindestanzahl an Ladestationen deckt. Die Studie
berücksichtigt auch Kapazitätsbeschränkungen im Hinblick auf
Platzverfügbarkeit sowie Netzanschluss und berechnet einen optimierten,
schrittweisen Netzausbau entlang der Strecken mit der höchsten Nachfrage
in Europa.

1000 Ladestationen könnten fast gesamten E-Lkw-Verkehr in Europa abdecken
Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem Anteil von 15 Prozent
batteriebetriebener Lkw im Fernverkehrsbestand 1000 optimal ausgewählte
Ladestationen verteilt über Europa 91 Prozent des E-Lkw-Fernverkehrs
abdecken könnten, 500 Stationen etwa die Hälfte des Verkehrs. Das ist
überraschend, da die Anzahl der in der Studie vorgeschlagenen Standorte
geringer ausfällt als die EU-Mindestinfrastrukturziele. Bei ihren
Berechnungen gingen die Autoren konservativ vor: Sie nahmen kein
Depotladen an und legten eine Praxisreichweite von nur 400 km zugrunde,
die einige neue Batterie-Lkw-Modelle bereits heute überschreiten.

Was die optimalen Standorte für Lkw-Ladestationen in Europa anbelangt,
empfiehlt die Studie, den Fokus auf stark befahrene Strecken an wichtigen
Verkehrsknotenpunkten zu legen. Wenn das Ladenetz später ausgebaut wird,
können sukzessive Standorte auf weniger stark befahrenen Strecken
hinzukommen.

Weniger, aber leistungsstarke Ladestationen für eine schnelle Umstellung
Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am
Fraunhofer ISI und Studienautor, betont: »Die Ergebnisse zeigen, dass
sogar weniger Ladestandorte als von der Europäischen Union gefordert, fast
den gesamten europäischen E-Lkw-Verkehr abdecken würden. Diese neuen
Standorte müssen aber eine ausreichende Netzleistung haben, wobei einige
eine Kapazität von bis zu 12 Megawatt benötigen werden, um bis zu 20 MCS-
Anschlüsse versorgen zu können. Dies verdeutlicht die Herausforderungen
beim Energiebedarf und der Netzinfrastruktur, den die Elektrifizierung des
europäischen Lkw-Güterfernverkehrs mit sich bringt. Mehrere europäische
Regierungen arbeiten aber bereits aktiv an genau diesen
Herausforderungen.«

Patrick Plötz kommt zu dem Schluss, dass ein strategisch geplantes Netz
auf der Grundlage von Megawatt-Ladestationen die Verbreitung
batteriebetriebener Lkw in Europa stark fördern könnte: »Unsere
Untersuchung legt nahe, dass Industrie und Politik die weitere Entwicklung
und Einführung von Megawatt-Ladesystemen wie MCS beschleunigen müssen.
Denn dies ermöglicht etwa Logistikunternehmen, die keine Möglichkeit zum
Depotladen haben, ihre Flotten zu elektrifizieren. Durch öffentliche MCS-
Stationen könnten Herausforderungen etwa bei der Stromversorgung oder
durch den Erwerb entsprechender Immobilien vermieden werden, die oft eine
große Hürde für die Anschaffung von batteriebetriebenen Lkw sind.«

Weitere Informationen
Die Studie ist Teil des HoLa-Projekts, das vom Bundesministerium für
Digitales und Verkehr im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität mit
insgesamt 12 Millionen Euro gefördert und als Technologie- und
Erprobungsprojekt im Rahmen der Umsetzung des »Gesamtkonzepts
Klimafreundliche Nutzfahrzeuge« durchgeführt wird. Fördermittel dieser
Maßnahme werden auch im Rahmen des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans
(DARP) über die europäischen Aufbau- und Resilienzfazilitäten (ARF) im
Programm NextGenerationEU bereitgestellt. Die Förderrichtlinie wird von
der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ)
umgesetzt.

Im Rahmen der Analyse wurde das Open-Source-Tool CHALET von Amazon
verwendet, das Industrie, Regierungen und lokale Behörden dabei
unterstützt, optimale Standorte für Ladeinfrastruktur von
Elektrofahrzeugen zu finden. Es berücksichtigt Faktoren wie
Verkehrsströme, Fahrzeugreichweite und Fahrtzeiten, um vorrangige
Standorte für E-LKW-Ladepunkte zu ermitteln und so den Übergang zu einem
nachhaltigen Verkehrssektor zu beschleunigen. Der Open-Source-Code ist
hier einsehbar: <https://github.com/amzn/chalet-charging-location-for-
electric-trucks
>

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Neue Plattform für die Automobil- und Zulieferbranche

Vernetzung fördern, Technologien bewerten, Weiterbildungsangebote finden

Die Transformationsnetzwerke „TrendAuto2030plus“ für die Städteregion
Aachen-Bonn-Köln-Gummersbach und „ATLAS Automotive“ für die Region
Südwestfalen haben gemeinsam eine Kompetenzplattform für die Automobil-
und Zulieferindustrie in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Dieser virtuelle
Raum soll den unternehmensübergreifenden Austausch sowie die regionale
Zusammenarbeit erleichtern und stärken.

„Die Automobil- und Zulieferindustrie in Deutschland ist bereits heute mit
radikalen Veränderungen bei Antriebstechnologien, Digitalisierung und
Vernetzung konfrontiert. Der Transformationsdruck wird sich in den
nächsten Jahren weiter verschärfen. Um zukunftsfähig zu sein, müssen sich
die Unternehmen intensiv mit ihren Geschäftsmodellen auseinandersetzen.
Viele kleine und mittlere Unternehmen müssen diese großen
Herausforderungen mit geringen Ressourcen bewältigen. Mit der
Kompetenzplattform unterstützen wir die Branche“, erklärt Ulrich
Steinsiepe, Leiter der Geschäftsstelle von TrendAuto2030plus der TH Köln.

Mobilitätsatlas, Technologiedatenbank, Weiterbildungsdatenbank

Die Kompetenzplattform umfasst drei Bausteine: Ein Mobilitätsatlas
fungiert als ein interaktives Register. Er listet alle relevanten
Stakeholder der Branche in der Region mit dem Ziel auf, die Vernetzung von
Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie Entwicklungs- und
Dienstleistungsanbietern voranzutreiben. Damit verbindet das Tool die
gesamte Wirtschaftsregion und schafft einen Überblick über das Ökosystem
der Branche.

Als zweiter Baustein zeigt eine Technologiedatenbank aufkommende
Technologien und Trends für die Automobilindustrie und angrenzende
Bereiche auf und stellt diese anhand ihres Wirkungs- und Reifegrads vor.
Sie kann als eine Art Frühwarnsystem für Unternehmen dienen: Mit welchen
Technologien ist mittel- und langfristig zu rechnen? Wie ist mein
Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb aufgestellt? Gibt es eine
Technologie, die das Potential hat, mein Unternehmen grundlegend zu
verbessern?

Ergänzend listet eine Weiterbildungsdatenbank passende
Qualifizierungsangebote auf. Über verschiedene Filtermöglichkeiten können
Angebote identifiziert und verglichen werden. So können sowohl
Führungskräfte als auch Beschäftigte herausfinden, welche
Qualifizierungsmöglichkeiten existieren und welche für sie am besten
geeignet sind.

Studie belegt notwendige Anpassungen

Hintergrund für die Entwicklung der Kompetenzplattform ist der hohe
Transformationsdruck, unter dem die Automobil- und Zulieferindustrie
steht. Die Studie „Zukunft der Automobilwirtschaft in Nordrhein-Westfalen“
zeigt die Relevanz der Branche für das Bundesland auf. Demnach arbeiten in
NRW rund 195.000 Beschäftigte unmittelbar in der Automobilwirtschaft und
erzielen eine Bruttowertschöpfung von 19,9 Milliarden Euro. Die Branche
ist vor allem durch kleinere und mittlere Unternehmen geprägt. So
beschäftigen 64 Prozent der automobilnahen Betriebe der Studie zufolge
gerade einmal neun oder weniger Mitarbeitende und müssen dem
Transformationsdruck mit vergleichsweise geringen Mitteln begegnen.

Über das Projekt

TrendAuto2030plus – ein Projekt der TH Köln – und ATLAS Automotive – eine
Initiative der Gemeinnützigen Gesellschaft für digitalisierte und
nachhaltige Zusammenarbeit mbH – unterstützen die Automobil- und
Zulieferindustrie bei der Transformation. Dabei vernetzen sie Unternehmen
mit Forschungseinrichtungen und Partnern wie Arbeitnehmer- und
Arbeitgeberverbänden, IHKs und Wirtschaftsförderungen. Neben
TrendAuto2030plus und ATLAS fördert das Bundesministerium für Wirtschaft
und Klimaschutz (BMWK) noch 20 weitere Projekte dieser Art in Deutschland.
Die Kompetenzplattform bietet die Chance, zukünftig auch die Daten der
anderen Projektregionen zu sammeln und so ein bundesweites digitales
Netzwerk als Fundament für neue Partnerschaften, den Fortschritt neuer
nachhaltiger Technologien und die Qualifizierung von Beschäftigten zu
schaffen.

Weitere Informationen finden sich unter <www.kompetenzplattform.nrw>

Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-,
Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-,
Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 23.500 Studierende
in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln
gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den
Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und
Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten
machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und
Wegbereiterin.

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RWI: Ja zum Tempolimit, Nein zur Städtemaut – bundesweite Akzeptanz verkehrspolitischer Maßnahmen variiert stark

Das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat die Akzeptanz in
der deutschen Bevölkerung gegenüber 25 verkehrspolitischen Maßnahmen im
Jahr 2024 mittels einer bundesweiten Befragung untersucht. Wenn die
Verkehrspolitik Alternativen zum Auto attraktiver macht, befürworten das
die meisten Befragten. Soll der Autoverkehr dagegen teurer oder
unattraktiver werden, sinken die Zustimmungsraten in der Bevölkerung. Eine
umstrittene Maßnahme erfährt inzwischen eine hohe Zustimmung: Die
Einführung des Tempolimits auf Autobahnen wird von der Mehrheit der
Befragten befürwortet. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt die
Auswertung der Befragung in einer neuen RWI-Kurzstudie. ...

... Für die Analyse wurden zudem im Rahmen des RWI Klima-Mobilitäts-Panels
regelmäßig bundesweit Befragungen durchgeführt, gefördert durch die
Stiftung Mercator.

Das Wichtigste in Kürze:

- Auf Basis der neuen Befragungswelle des RWI Klima-Mobilitäts-Panels hat
das RWI die Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung gegenüber 25
verkehrspolitischen Maßnahmen im Jahr 2024 untersucht. Auf Grundlage
vorheriger Befragungen können zudem die Zustimmungsraten für eine Reihe
von Maßnahmen über die Zeit betrachtet werden. Während sogenannte Push-
Maßnahmen den Verkehr nachhaltiger gestalten sollen, indem Autofahren
teurer oder unattraktiver wird, können sogenannte Pull-Maßnahmen über
attraktivere Mobilitätsangebote zu mehr Nachhaltigkeit im Verkehrssektor
führen. Wie auch frühere Untersuchungen zeigen konnten, werden Pull-
Maßnahmen generell besser akzeptiert als Push-Maßnahmen.

- Push-Maßnahmen, bei denen es um andere Verkehrsmittel als das Auto geht
– wie beispielsweise die Einführung einer Kerosinsteuer für den
Luftverkehr – erfahren in der Bevölkerung eine relativ hohe Zustimmung.
Die Push-Maßnahme mit der höchsten Zustimmung ist allerdings die
Einführung eines Tempolimits von 130 km/h auf Autobahnen. Rund 63 Prozent
der Befragten und auch die Mehrheit der Autofahrer unter ihnen befürworten
ein solches Tempolimit. Dabei ist die Zustimmung seit 2019 gestiegen.
Allerdings: Die Einführung eines Tempolimits gehört zu den am stärksten
polarisierenden Maßnahmen, da sie gleichzeitig auf starke Zustimmung und
große Ablehnung stößt. Es ist zudem die Maßnahme, bei denen die
allermeisten Befragten eine eindeutige Präferenz angeben, also entweder
dafür oder dagegen sind.

- Die Ergebnisse des RWI zur Akzeptanz verschiedener verkehrspolitischer
Maßnahmen zeigen für 2024 überdies, dass die Zustimmung zu den 25
erfassten Maßnahmen erheblich variiert. Unter den Befragten ist die
Zustimmung für eine Autoabgabeprämie – Geldzahlung gegen Abmeldung des
Verbrenners – am geringsten mit einer Zustimmungsrate von 19 Prozent.
Ähnlich unbeliebt sind die Städtemaut, ein Verbot von Neuwagen mit
Verbrennungsmotor ab 2035 und eine generelle Pkw-Maut mit Zustimmungsraten
von 22 bis 24 Prozent. Dagegen befürworten rund 73 Prozent der Befragten
den Ausbau von Fahrradwegen.

- Unter den abgefragten Pull-Maßnahmen erfährt nach dem Ausbau von
Fahrradwegen die Fortführung des Deutschlandtickets die größte Zustimmung
mit ca. 70 Prozent. Dahinter folgt die Ausweisung von Bus- und Bahnspuren
auf staubelasteten Straßen mit 67 Prozent.  Die Zustimmung gegenüber dem
Deutschlandticket wurde 2024 erstmalig abgefragt und hat höhere
Zustimmungswerte als der kostenlose ÖPNV, den rund 67 Prozent der
Befragten befürworten.

- Die Analyse der verkehrspolitischen Maßnahmen zwischen 2018 und 2024
zeigt, dass Zustimmungswerte über die Zeit relativ stabil sind. Ausnahmen
hiervon sind insbesondere die Einführung des Tempolimits auf deutschen
Autobahnen von 130 km/h und die Erhöhung von Parkkosten. Bei diesen
Maßnahmen ist die Zustimmung bei den Befragten kontinuierlich gestiegen.
Die größten Veränderungen traten zwischen 2019 und 2022 auf:  Die
Zustimmung gegenüber einem Verbot von Inlandsflügen ist in der Zeit um 11
Prozentpunkte und beim Tempolimit auf Autobahnen um 7 Prozentpunkte
gestiegen. In der Zeit nach 2022 ist die Zustimmung gegenüber dem Verbot
von Inlandsflügen geringfügig gesunken.

- Die RWI-Studie basiert auf Daten des RWI Klima-Mobilitäts-Panels für die
Jahre 2018 bis 2024. Insgesamt haben bundesweit 6.107 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer aus dem repräsentativen Online-Panel forsa.omninet mit derzeit
rund 100.000 Personen die Befragung beantwortet und abgeschlossen. Die
aktuelle Befragung wurde im Rahmen des von der Stiftung Mercator
geförderten RWI-Projekts „Die Mobilitätswende in Deutschland gemeinsam
gestalten – Lehren aus dem Ruhrgebiet“ durchgeführt.

- Einschränkungen: Die ermittelten Zustimmungswerte können durch
verschiedene Faktoren beeinflusst werden, unter anderem durch die Art, wie
konkret abgefragt wurde. In dieser Befragung wurden die verschiedenen
verkehrspolitischen Maßnahmen nur kurz und neutral beschrieben und keine
weiteren Erläuterungen oder Argumentationen für oder gegen die Maßnahmen
hinzugefügt. Zudem können sich Zustimmungswerte in der Bevölkerung nach
Einführung der Maßnahmen deutlich verändern.

„Die Bevölkerung wünscht sich Maßnahmen zur Förderung von nachhaltiger
Mobilität. Maßnahmen, die das Autofahren einschränken oder verteuern,
lehnen die Befragten bis auf wenige Ausnahmen eher ab“, sagt RWI-
Umweltökonom Mark A. Andor. „Allerdings befürworten inzwischen die meisten
Befragten und auch die Mehrheit der Autofahrer unter ihnen ein generelles
Tempolimit auf deutschen Autobahnen von 130 km/h. Preisbasierte Maßnahmen,
die häufig im Zentrum ökonomischer Lösungsvorschläge stehen, wie eine
Städtemaut oder dynamische Preise im öffentlichen Nahverkehr, haben
dagegen aktuell keine hohen Zustimmungswerte“, so Andor. „Neben der
Erarbeitung von effizienten und effektiven Maßnahmen halte ich die weitere
Erforschung der Beweggründe für die Akzeptanz oder Ablehnung von Verkehrs-
und Umweltpolitiken für ein sehr wichtiges Forschungsfeld, um die
Verkehrswende im konstruktiv-kritischen Sinne zu begleiten.“

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