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Fehlendes Finanzwissen und mangelndes Selbstvertrauen schreckt Frauen vom Aktienmarkt ab

Frauen engagieren sich am Aktienmarkt und bei sonstigen Finanzaktivitäten
zum Vermögensaufbau weniger stark als Männer. Zurückzuführen ist dies zum
einen auf tatsächliche Lücken im Finanzwissen von Frauen, zum anderen aber
auch auf mangelndes Selbstvertrauen. Frauen schätzen ihr Finanzwissen
häufig geringer ein, als es tatsächlich ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine
Studie des ZEW Mannheim gemeinsam mit dem Global Financial Literacy
Excellence Center (GFLEC) an der George Washington University School of
Business, der Universität Groningen und der Niederländischen Nationalbank
DNB.

Die Studie differenziert erstmals, welchen Anteil tatsächlich fehlendes
Finanzwissen und geringere Selbsteinschätzung des Finanzwissens aufgrund
mangelnden Selbstvertrauens auf Seiten der Befragten für die Erklärung der
geschlechtsspezifischen Lücke bei der Finanzbildung haben. Dafür
betrachtet sie auf Basis von Daten des De Nederlandsche Bank Household
Survey die "Big Three"-Fragen zur Finanzkompetenz: das Wissen über
Zinseszins, Inflation und Risikodiversifikation.

Es zeigt sich, dass eine geringere Finanzkompetenz bei Frauen nur zu zwei
Dritteln auf ein geringeres Finanzwissen zurückzuführen ist. Ein Drittel
dagegen hängt mit den eigenen Selbstzweifeln in Bezug auf Finanzwissen und
Entscheidungsfindung zusammen. So neigen Frauen dazu, bei der Beantwortung
von Fragen zu Finanzwissen überproportional häufig "weiß nicht" zu wählen.
Wenn jedoch die Option "weiß nicht" entfernt wird, wählen Frauen häufig
die richtige Antwort. Das lässt auf eine Lücke im Selbstvertrauen und
weniger beim Wissen schließen. „Mangelndes Selbstvertrauen kann zu großen
Unterschieden im Finanzverhalten und in der Vermögensbildung führen.
Frauen sollten daher sowohl in ihr Finanzwissen investieren als auch mehr
Vertrauen in ihr eigenes Wissen haben“, sagt Prof. Dr. Tabea Bucher-
Koenen, Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Finanzmärkte und
Finanzmanagement“ und Ko-Autorin der Studie.

Um den Aspekt der Vermögensbildung näher zu betrachten, untersucht die
Studie insbesondere die geschlechtsspezifische Diskrepanz beim Besitz von
Aktien. Es zeigt sich, dass nur 20 Prozent der Frauen Aktien besitzen; bei
Männern sind es 34 Prozent. Dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern
kann nur zum Teil dadurch erklärt werden, dass Frauen ein geringeres
Finanzwissen haben als Männer. Die Diskrepanz bei der
Aktienmarktbeteiligung der Geschlechter würde vielmehr erheblich
schrumpfen, wenn Frauen genauso viel Vertrauen in ihre Finanzbildung
hätten wie Männer. „Um die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der
Aktienmarktbeteiligung zu schließen, muss somit nicht nur das Finanzwissen
bei Frauen erhöht werden, sondern auch deren Vertrauen in die eigene
Kompetenz bei Finanzentscheidungen“, erklärt Bucher-Koenen.
Finanzbildungsprogramme sollten daher so konzipiert sein, dass sie die
Wissenslücke der Frauen schließen und gleichzeitig ihr Selbstvertrauen
stärken.

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Merkel: DBU ist eine entscheidende Impulsgeberin für nachhaltiges Leben und Wirtschaften 30 Jahre Deutsche Bundesstiftung Umwelt - Festakt

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Förderarbeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit Sitz in Osnabrück als „erheblichen“ Beitrag zu mehr Umwelt- und Naturschutz und dessen „unverzichtbaren Teil des Transformationsprozesses“ gewürdigt. In einem Grußwort während eines digitalen Festakts zum 30-jährigen Bestehen der DBU sagte die Kanzlerin heute (Montag): „Die DBU ist in Fragen eines nachhaltigen Lebens und Wirtschaftens eine entscheidende Impulsgeberin für Wissenschaft und Praxis.“

Das Wirken der Stiftung sei gerade aktuell, inmitten der Covid-19-Pandemie, gefragt. „Schließlich hat uns die Corona-Pandemie einmal mehr – und das auf sehr dramatische Weise – unsere Abhängigkeit von Natur und Umwelt ins Bewusstsein gerufen“, so Merkel. Die Kanzlerin weiter: „Denn der Rückgang der Artenvielfalt und das Vordringen des Menschen in sensible Naturräume erhöhen die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern.“

Prof. Dr. Settele: Artenvielfalt und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen

Genau davor hatte in einer der insgesamt drei digitalen DBU-Prologveranstaltungen, die dem eigentlichen Festakt vorangegangen waren, auch Prof. Dr. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gewarnt: „So fürchterlich die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind: Sie zeigen uns schonungslos, dass mehr Natur- und Umweltschutz die Häufigkeit von Pandemien reduzieren kann.“ Denn wenn der Mensch zunehmend in die Natur eindringe und so zur Zerstörung der Vielfalt beitrage, „bleiben zum Beispiel nur noch wenige dominante Tierarten, die immer auch Träger von Viren sind, in einer vorher nicht gekannten Dichte übrig. Bestimmte Viren können sich rasend schnell verbreiten.“ Der Erhalt der Artenvielfalt und Klimaschutz müssen nach Setteles Worten „Hand in Hand“ gehen. Settele: „Denn das eine ohne das andere führt ins Verderben.“

„Fahrplan für eine nachhaltige Zukunft“

Als Gastredner live aus Brüssel zugeschaltet war EU-Kommissions-Vize Frans Timmermans. Der EU-Klimakommissar ist verantwortlich für den von der EU anvisierten europäischen Grünen Deal. Die Ambitionen sind hoch, Timmermans nennt den Deal eine „ehrgeizige Strategie und einen Fahrplan für eine nachhaltige Zukunft“. Der Deal liege „in unserem eigenen Interesse“. Timmermans: „Es darf keine Rückkehr zum ‚business as usual‘ geben.“ Die Ziele: Reduktion der Treibhausgas (THG)-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent (statt wie ursprünglich geplant 40 Prozent) im Vergleich zu 1990 und überdies die Etablierung der EU als klimaneutraler Kontinent bis 2050, der keine Netto-THG-Emissionen mehr freisetzt. Timmermans: „Wir stehen an einem entscheidenden Moment im Kampf gegen Klima- und Biodiversitätskrise. Es ist wirklich fünf vor zwölf.“ Die kommenden Jahre werden nach Timmermans‘ Worten entscheiden, „ob es uns gelingt, unseren Kindern und Enkelkindern einen Planeten zu hinterlassen, auf dem sie ein glückliches und gesundes Leben führen können“.

„Eine gute Umwelt hat auch als Standortfaktor Bedeutung“

Bundeskanzlerin Merkel, die neben Bundesumweltministerin Svenja Schulze und deren Parlamentarischen Staatssekretärin und zugleich DBU-Kuratoriumsvorsitzenden Rita Schwarzelühr-Sutter am DBU-Festakt teilnahm, erinnerte in ihrem Grußwort an die Anfänge der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. „Nach Mauerfall und Wiedervereinigung“, so Merkel, „stellte sich schnell heraus, dass weite Gebiete der ehemaligen DDR sowohl technologisch als auch ökologisch – zurückhaltend formuliert – sehr zu wünschen übrig ließen.“ Damals habe sich „besonders eindringlich“ gezeigt, „dass eine gute Umwelt ein Wert an sich ist, aber auch als Standortfaktor große Bedeutung hat“. Die DBU habe „erheblichen Anteil“ daran gehabt, dies ins Bewusstsein zu rücken, sagte die Kanzlerin. An die Mitarbeitenden der Stiftung gewandt sagte Merkel: „Ich kann Sie nur ermuntern: Machen Sie weiter so. Ihnen allen, die Sie sich in der und für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt engagieren, danke ich sehr herzlich für die wertvolle Arbeit.“

DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: Die Märkte von morgen sind nachhaltig

DBU-Generalsekretär Alexander Bonde sagte, die Teilnahme unter anderem von EU-Kommissions-Vize Frans Timmermans und Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Festakt, sei für die DBU „Ansporn, die Förderung von Exzellenz an Öko-Innovationen verstärkt voranzubringen“. Bonde: „Denn wir sind überzeugt, dass die Märkte von morgen nachhaltig sind. Und auf Dauer bleiben nur die Unternehmen erfolgreich, die nachhaltig wirtschaften, neue umweltgerechte Technologien entwickeln und die die neuen ökologischen Geschäftsmodelle voranbringen. Dabei stehen wir in bewährter Manier auch weiter unterstützend zur Seite.“

Hintergrund:

  • Am 1. März 1991 begann die Tätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Seit Aufnahme der Fördertätigkeit im März 1991 sind für mehr als 10.200 innovative Projekte zum Schutz der Umwelt etwa 1,9 Milliarden Euro Fördermittel bewilligt worden – und damit deutlich mehr Geld als die Stiftung bei der Gründung erhalten hat. Die DBU plant für 2021 ein Fördermittelbudget von mehr als 60 Millionen Euro und steigert damit ihre Förderleistung im sechsten Jahr in Folge. Seit 2015 hat die DBU ihre Förderleistung um mehr als 20 Prozent erhöht – und das in einem immer schwieriger werdenden Kapitalmarktumfeld mit Null- und Minuszinsen in den sicheren Segmenten. Schlugen zu Beginn als DBU-Stiftungskapital 2,5 Milliarden Mark (1,3 Milliarden Euro) zu Buche, sind es derzeit 2,3 Milliarden Euro. Das Kapital wurde damit auch real, also inflationsbereinigt, in vollem Umfang erhalten. 
  • Die Förderthemen knüpfen sowohl an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse über planetare Grenzen als auch an die von den Vereinten Nationen beschlossenen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) an. Zentrale Herausforderungen sieht die DBU vor allem beim Klimaschutz, dem Erhalt der Biodiversität, im nachhaltigen Umgang mit Ressourcen sowie beim Schutz vor schädlichen Emissionen. 
  • Zu den weiteren Förderaktivitäten der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zählen überdies Promotionsstipendien und Stiftungsprofessuren. Die Bilanz bisher: Mehr als 107 Millionen Euro Förderung für insgesamt 2630 Stipendien, darunter unter anderem 1.533 Promotionsstipendien (Frauenanteil rund 48 Prozent) und 1.083 mittel-und osteuropäische Stipendien. 
  • Dazu kommt als neues Modul die Förderung von grünen Start-ups. Mit ihrem Green Start-up-Programm unterstützt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fachlich und finanziell Unternehmensgründerinnen und -gründer (Start-ups), die auf innovative und wirtschaftlich tragfähige Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit entwickeln. Bisher wurden 27 Start-ups in die Förderung genommen. 
  • Als Geburtsväter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gelten der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel und Prof. Dr. Hans Tietmeyer, seinerzeit Waigels Staatssekretär und später nicht nur erster DBU-Kuratoriumsvorsitzender, sondern ab 1993 auch Präsident der Deutschen Bundesbank. Waigels und Tietmeyers von Weitsicht geprägte Idee: Der durch die Privatisierung des Salzgitter-Konzerns erzielte Verkaufserlös wurde anders als üblich nicht in die Finanzierung des Bundesetats gesteckt, sondern als Kapital in eine Bundesstiftung – zweckgebunden für Umweltförderung. Die DBU war geboren. Und noch eine andere Persönlichkeit stand Pate bei der Entstehung der Stiftung: Prof. Dr. Horst Köhler, damals ebenfalls Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und später Bundespräsident. 
  • Das gemeinnützige Tochterunternehmen der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), das DBU Naturerbe, ist verantwortlich für bundesweit 71 Flächen mit rund 70.000 Hektar in zehn Bundesländern – und das ist fast die Hälfte des gesamten Nationalen Naturerbes, das sich deutschlandweit auf rund 156.000 Hektar Fläche erstreckt. Der Impuls für die Initiative des Bundes: Die Naturflächen im Eigentum des Bundes wurden nicht privatisiert, sondern in die Hände des Naturschutzes gegeben. Auf den größtenteils ehemaligen Militärflächen sollen offene Lebensräume mit seltenen Tier- und Pflanzenarten durch Pflege bewahrt, Wälder möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung überlassen, artenarme Forste zu naturnahen Wäldern umgewandelt und Feuchtgebiete sowie Gewässer ökologisch aufgewertet oder erhalten werden. Die DBU-Tochter möchte auch Menschen für die heimische Natur begeistern sowie Verständnis und Verantwortungsbewusstsein für die Natur fördern.
  • Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt vergibt  seit 1993 jedes Jahr den Deutschen Umweltpreis. Die Auszeichnung in Höhe von 500.000 Euro zählt zu den höchstdotierten Umweltpreisen in Europa. Im Jahr 2020 ist der Deutsche Umweltpreis der DBU zum 28. Mal verliehen worden – an Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, einen der Direktoren des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sowie an die Geschwister Hugo Sebastian und Annika Trappmann, Geschäftsführung der Blechwarenfabrik Limburg. Wie in den Vorjahren wurden auf diese Weise Leistungen von Menschen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gewürdigt, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beigetragen haben oder in Zukunft zu einer deutlichen Umweltentlastung beitragen werden.
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2019 gingen weniger Beschäftigte vorzeitig in Rente

Die Zahl der Verrentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erreichte
2019 mit fast 162.000 Fällen (161.534) einen neuen Tiefstand in
Deutschland. Ihre Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr um knapp 4 Prozent
(3,8 %). Dabei stehen „Psychische und Verhaltensstörungen“ mit rund 42
Prozent (41,7 %) nach wie vor an erster Stelle als Ursache für
Frühverrentung. Obwohl mit 42,4 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland
ein neuer Höchststand bei der Beschäftigung erreicht wurde, sank die Zahl
der meldepflichtigen Arbeitsunfälle um rund 12.000 (11.853) auf etwa
937.000 (937.456). Damit liegt die Unfallquote je 1.000 Vollarbeiter bei
21,9.

Diese und weitere Ergebnisse enthält der Bericht "Sicherheit und
Gesundheit bei der Arbeit – Berichtsjahr 2019" (SuGA), den die
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) jährlich im
Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt.

Die Zahl der Verrentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erreichte
2019 mit fast 162.000 Fällen (161.534) einen neuen Tiefstand in
Deutschland. Ihre Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr um knapp 4 Prozent
(3,8 %). Dabei stehen „Psychische und Verhaltensstörungen“ mit rund 42
Prozent (41,7 %) nach wie vor an erster Stelle als Ursache für
Frühverrentung. Obwohl mit 42,4 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland
ein neuer Höchststand bei der Beschäftigung erreicht wurde, sank die Zahl
der meldepflichtigen Arbeitsunfälle um rund 12.000 (11.853) auf etwa
937.000 (937.456). Damit liegt die Unfallquote je 1.000 Vollarbeiter bei
21,9. Diese und weitere Ergebnisse enthält der Bericht "Sicherheit und
Gesundheit bei der Arbeit – Berichtsjahr 2019" (SuGA), den die
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) jährlich im
Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt.

Zwar weist die Statistik 2019 mit 626 tödlichen Arbeitsunfällen einen
Anstieg zum Vorjahr aus. Jedoch flossen Nachmeldungen von 84 Unfällen aus
den Jahren 2000 bis 2005 ein, nachdem Strafverfahren abgeschlossen waren.
Damit blieb das Arbeitsunfallgeschehen auch 2019 auf einem insgesamt
niedrigen Niveau mit leicht abnehmender Tendenz. Durch Arbeitsunfähigkeit
fielen 2019 schätzungsweise etwa 712 Millionen Arbeitstage aus. Davon
entfielen 159 Millionen Ausfalltage auf "Krankheiten des Muskel-Skelett-
Systems" (22,3 %), 117 Millionen Ausfalltage auf "Psychische und
Verhaltensstörungen" (16,5 %) und 93 Millionen Ausfalltage auf
"Krankheiten des Atmungssystems" (13,1 %). Das
Arbeitsunfähigkeitsgeschehen führte insgesamt zu einem geschätzten
Produktionsausfall anhand der Lohnkosten von rund 88 Milliarden Euro. Wird
der Verlust an Arbeitsproduktivität berücksichtigt, gingen der deutschen
Volkswirtschaft rund 149 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung verloren.

Auch 2019 gab es einen leichten Anstieg bei den Anzeigen auf Verdacht
einer Berufskrankheit (84.853; +2,7 %). 2.581 Menschen starben als Folge
einer Berufskrankheit. Fast zwei Drittel der Todesfälle lassen sich nach
wie vor auf asbestbedingte Berufskrankheiten zurückführen (66,1 %).

Über das umfangreiche statistische Material hinaus ergänzen Analysen zu
Arbeitsbedingungen und der Verbreitung bestimmter Arbeitsmittel und
Technologien vor dem Hintergrund des digitalen Wandels den SuGA--Bericht
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Berichte zentraler
Arbeitsschutzakteure, wie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie
(GDA), der Arbeitsschutzbehörden der Länder, der Unfallversicherungsträger
oder der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), komplettieren den
breiten Überblick über den Arbeits- und Gesundheitsschutz im coronafreien
Deutschland im Jahr 2019.

„Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Berichtsjahr 2019“,
Unfallverhütungsbericht Arbeit; 1. Auflage; Dortmund: Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2020; 216 Seiten; ISBN 978-3-88261-736-8;
doi:10.21934/baua:bericht20201215. Den Bericht gibt es im PDF-Format zum
Herunterladen im Internetangebot der BAuA unter <www.baua.de/suga>.

Direkter Link: <www.baua.de/dok/8852834>

Forschung für Arbeit und Gesundheit
Die BAuA ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des
BMAS. Sie betreibt Forschung, berät die Politik und fördert den
Wissenstransfer im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.
Zudem erfüllt die Einrichtung hoheitliche Aufgaben im Chemikalienrecht und
bei der Produktsicherheit. An den Standorten Dortmund, Berlin und Dresden
sowie in der Außenstelle Chemnitz arbeiten über 750 Beschäftigte.
<www.baua.de>

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Corona-Krise: Abschottung der globalen Lieferketten schadet allen

Ein Gutachten des IfW Kiel im Auftrag der IMPULS-Stiftung des VDMA zeigt:
Deutschlands Wohlstand wird entscheidend von der internationalen
Arbeitsteilung getragen. Erschwert Deutschland in Reaktion auf die Corona-
Krise die Kooperation mit ausländischen Lieferanten, etwa um Lieferketten
durch das Zurückholen von Wertschöpfungsschritten aus dem Ausland
vermeintlich widerstandsfähiger zu machen, hat das massive Nachteile für
alle Beteiligten.

„Die Corona-Krise hat die Verwundbarkeit internationaler Lieferketten
gezeigt. Daraus den Schluss zu ziehen, Produktion wieder zurück in die
Heimatländer zu holen, ist extrem teuer und daher der falsche Weg“, sagt
IfW-Präsident Gabriel Felbermayr. „Zielführender wäre es, die
Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft beispielsweise durch stärkere
Diversifizierung im Hinblick auf Zulieferer, vermehrte Lagerhaltung oder
auch den erweiterten Einsatz von Recycling zu verbessern. Ein sehr
restriktives Sorgfaltspflichtengesetz wäre da eher kontraproduktiv.“

Szenario betrachtet Auswirkungen von Abschottung

Für das Gutachten im Auftrag der IMPULS-Stiftung des VDMA haben die
Wissenschaftler des IfW Kiel ein Szenario durchgespielt, in dem sich die
EU durch den Einsatz sogenannter nicht-tarifärer Handelshemmnisse, also
durch Vorschriften oder Produktionsnormen, die ausländischen Zulieferern
den Marktzugang erschweren, stärker abschottet, um damit eine
Rückverlagerung ausländischer Wertschöpfungsschritte zu erreichen.
Berechnungsgrundlage ist die Annahme, dass Deutschland bzw. die EU diese
Hürden verdoppelt. Eine solche Abschottung würde den Berechnungen zufolge
in Deutschland zu einem Rückgang des Realeinkommens um jährlich 3,3
Prozent führen. Gemessen am deutschen Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019
läge das Einkommen somit um 114 Milliarden Euro tiefer.

Kommt es zu einem Handelskrieg und das Ausland reagiert erwartungsgemäß
mit Vergeltungsmaßnahmen, sinkt das Einkommen sogar um 6,9 Prozent.
Schottet sich Deutschland sogar auch gegenüber dem EU-Ausland ab, liegt
das Bruttoinlandsprodukt dauerhaft Jahr für Jahr um 9,1 Prozent unterhalb
des Niveaus ohne zusätzliche Handelshemmnisse.

Auch im Rest der EU und weltweit sinkt das Einkommen in allen drei Fällen.
Besonders deutlich im Falle von Vergeltungsmaßnahmen. Dann reduziert sich
das Realeinkommen in der EU (ohne Deutschland) um durchschnittlich 4,9
Prozent, weltweit um 1,5 Prozent.

Maschinenbau in Deutschland wäre deutlich betroffen

Der Maschinenbau in Deutschland bezieht knapp 43 Prozent seiner
Vorprodukte entweder direkt oder indirekt aus dem Ausland. Aufgrund dieser
starken internationalen Verflechtung würde er überproportional unter einer
Abschottung leiden, rund drei Mal stärker als die deutsche Wirtschaft im
Durchschnitt. Seine Produktion geht jährlich um 14,3 Prozent zurück, wenn
sich die EU abschottet, und um 19,5 Prozent, wenn das Ausland mit
Vergeltungsmaßnahmen reagiert. Dies entspräche einem Umsatzverlust von
rund 50 Milliarden Euro. Schottet sich Deutschland auch einseitig
gegenüber der EU ab, sinkt die Produktion im Maschinenbau um 25 Prozent,
dies entspricht gut 60 Milliarden Euro weniger Umsatz.

„Die deutsche Volkswirtschaft verliert, wenn wir versuchen, die
Globalisierung zurückzudrehen“, sagt Henrik Schunk, Vorsitzender des
Kuratoriums der IMPULS-Stiftung und Vize-Präsident des VDMA. „Das
Geschäftsmodell Deutschlands im Allgemeinen und des Maschinenbaus im
Besonderen beruht auf offenen Grenzen, Austausch und Vernetzung. Dies sind
die Erfolgsgaranten, die wir bewahren müssen, für unsere
Technologieführerschaft und globalen Markterfolge.“

Ein Sorgfaltspflichtengesetz, das Unternehmen hohe rechtliche Risiken bei
der Lieferantenauswahl bringt, würde nach Einschätzung des IfW die
Bemühungen um mehr Liefersicherheit konterkarieren. „Das würde es
Unternehmen erschweren, das Lieferantennetz zu diversifizieren. Damit wäre
es weniger krisensicher und teurer. Das Gesetz müsste daher so gestaltet
werden, dass Sicherheit und Wohlstand nicht gefährdet werden“, so Gabriel
Felbermayr.

„Unternehmen dürfen nur für eigenes Fehlverhalten bei ihren Obliegenheiten
verantwortlich gemacht werden und nicht für Verantwortlichkeiten von
Staaten und einer unübersichtlichen Kette an Zulieferern über mehrere
Stufen. Auf jeden Fall muss eine zivilrechtliche Haftung in Deutschland
für Fehlverhalten unabhängiger Dritter im Ausland verhindert werden. Ein
erhöhter Bürokratieaufwand und nationale Alleingänge müssen vermieden
werden“, sagt VDMA-Vizepräsident Henrik Schunk. „Der VDMA bringt sich in
diesem Sinne gerne in den Branchendialog mit der Bundesregierung ein.“

Alle verlieren, wenn internationale Arbeitsteilung wegfällt

Studien-Autor Alexander Sandkamp betont: „Ohne internationale
Arbeitsteilung sind am Ende alle Handelspartner ärmer und der Kuchen, den
wir verteilen können, wird kleiner. Schwächeres Wachstum trifft auch
Personen, die Sozialleistungen oder staatliche Transfers beziehen wie
Rente, Arbeitslosengeld oder Kindergeld. Auch im Gesundheitssystem müsste
vermutlich gespart werden.“

Zwar könnte eine Abschottung Deutschlands und der EU die Folgen eines
Produktionsschocks in Zulieferländern leicht abmildern, wie er durch die
Corona-Krise verursacht wurde, und die Wirtschaft würde womöglich etwas
weniger stark einbrechen. Allerdings von einem deutlich geringeren Niveau
aus. Im Ergebnis stünde eine abgeschottete deutsche Wirtschaft auch nach
einem Schock wesentlich schlechter da als bei freiem Handel.

Diversifizierung durch Freihandel reduziert wirtschaftliches Risiko

Darüber hinaus existieren in einer Regionalwirtschaft weniger
Anpassungsmöglichkeiten, so dass ebenso denkbare inländische Schocks auf
die heimische Wirtschaft größere negative Effekte auf die Wohlfahrt haben
als bei internationaler Diversifizierung durch Freihandel. Außerdem kann
auch in einer Regionalwirtschaft nicht jedes Gut lokal produziert werden.
Abhängigkeiten von einzelnen Vorprodukten und Rohstoffen bleiben daher
ebenfalls in einer Welt des begrenzten Handels bestehen.

Zum Gutachten: “Lieferketten in der Zeit nach Corona“ (https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=15841&L=1)

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