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Kiel Trade Indicator 07/22: Handel im Juli gedämpft, Getreidemenge aus Ukraine kaum zu verschiffen

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Der globale Handel fällt im Juli gegenüber dem Vormonat zurück (preis- und
saisonbereinigt). Auch die Handelsdaten einzelner großer Volkswirtschaften
und Regionen sind negativ. Dies geht aus dem jüngsten Datenupdate des Kiel
Trade Indicator hervor. Getrieben wird das Handelsvolumen der letzten
Monate vor allem durch gestiegene Preise, während es preisbereinigt nur
wenig Dynamik zeigt. Derzeit warten 24 Containerschiffe in der Deutschen
Bucht auf Abfertigung, der Stau beeinträchtigt den Handel mit Asien
spürbar. Aus der Ukraine müssen noch 20 Millionen Tonnen Getreide
abtransportiert werden, was rund 570 Schiffsladungen entspricht.

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator zeigt für den Welthandel
im Juli im Vergleich zum Vormonat ein Minus von 1,7 Prozent an (preis- und
saisonbereinigt). Auch für Deutschland (Exporte: -3,2 Prozent; Importe:
-1,6 Prozent), die EU (Exporte: -2,1 Prozent; Importe: -2,1 Prozent ), die
USA (Exporte: -2,2 Prozent; Importe: -2,1 Prozent), China (Exporte: -3,2
Prozent; Importe: -4,1 Prozent) und Russland (Exporte: -1,2 Prozent;
Importe: -1,7 Prozent) sind alle Indikatorwerte negativ und zeigen im
Vergleich zum Juni einen Rückgang sowohl bei Ausfuhren als auch Einfuhren
an.

„Die Werte liegen noch im normalen Schwankungsbereich und können als
Gegenbewegung nach unten zu den teils hohen Zuwächsen im Juni
interpretiert werden. Ein Absturz des Handels droht nicht, allerdings
dürfte sich eine Trendwende nach oben und eine Normalisierung der
Lieferabläufe auch nicht so bald einstellen. Durch die Inflation öffnet
sich die Schere zwischen den offiziellen Statistiken ohne Preisbereinigung
und den Daten des Kiel Trade Indicator mit Preisbereinigung immer
stärker“, sagt Vincent Stamer, Leiter des Kiel Trade Indicator.

Laut offizieller Handelsstatistik sind die deutschen Exporte im Juni 2022
im Vergleich zum Juni 2021 um 18 Prozent gestiegen, preisbereinigt
allerdings nur um etwa 2 Prozent. Für den Welthandel erlaubt die Datenlage
nur einen Vergleich im Monat Mai, hier liegt der nominale Zuwachs bei 36
Prozent, der preisbereinigte Zuwachs bei nur noch 5 Prozent.

In der Deutschen Bucht stauen sich mittlerweile 24 Containerschiffe und
warten auf Abfertigung in Hamburg oder Bremerhaven. Einige der Schiffe
liegen dort nun schon etwa drei Wochen. Das hat Folgen für den Handel
Deutschlands bzw. der EU mit Asien. Das Frachtvolumen im Roten Meer, der
Haupthandelsroute zwischen der EU und Asien, liegt gegenwärtig 21 Prozent
niedriger, als unter normalen Umständen zu erwarten wäre. Die Lücke ist
zum großen Teil auf ausbleibende Fracht von Europa nach Asien
zurückzuführen. Auch der Stau vor den deutschen Nordseehäfen trägt hierzu
bei, denn in der Folge können Containerschiffe nicht mehr pünktlich
auslaufen. Dagegen scheinen die Folgen des Lockdowns im Hafen von Shanghai
überstanden.

Über den ukrainischen Schwarzmeerhafen Odessa ist nach wie vor praktisch
kein Handel möglich. „Dass mit der Razoni nun das erste Frachtschiff seit
langem ausgelaufen ist, um Getreide aus den übervollen Speichern
abzutransportieren, ist zwar eine sehr positive Nachricht. Um die
verbleibenden 20 Millionen-Tonnen rechtzeitig abzutransportieren, würden
in den ukrainischen Häfen aber kurzfristig rund 570 weitere
Schiffsladungen abgefertigt werden müssen, was nicht nur angesichts des
Krieges illusorisch erscheint. Gerade weil die Ernte von Getreide jetzt
wieder beginnt und die Lager dafür dringend gebraucht werden, müssen auch
andere Transportmöglichkeiten wie Züge und LKWs voll ausgeschöpft werden“,
so Stamer

Russland scheint im Bestreben, den ausbleibenden Handel mit der EU durch
Handel mit Asien zu substituieren, Fortschritte zu machen. In den für den
Asienhandel zentralen Häfen Vladivostok und Novorossiysk steigt die Anzahl
ankommender Containerschiffe deutlich.

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 23.
August (ohne Medieninformation) und am 6. September (mit Medieninformation
für die Handelsdaten im August 2022).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator.

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in reale, saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem
Vormonat.

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (mit Pressemeldung)
für den laufenden und den folgenden Monat und um den 3. (ohne
Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.

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