Trotz Pessimismus ist Rezession nicht ausgemacht
Dr. Nils Jannsen (https://www.ifw-kiel.de/de/ex
Leiter Konjunktur Deutschland am IfW Kiel, kommentiert die aktuellen
Zahlen des Statistischen Bundesamtes, wonach das Bruttoinlandsprodukt
(BIP) im zweiten Quartal 2022 stagniert ist:
„Das maue zweite Quartal entspricht im Wesentlichen den Erwartungen der
Konjunkturprognosen aus dem Frühjahr. Die deutsche Wirtschaft war
gegenläufigen Kräften ausgesetzt. Während die hohe Inflation und die
massiven Lieferengpässe die gesamtwirtschaftliche Entwicklung gebremst
haben, hat sich in den besonders von der Pandemie belasteten
Dienstleistungsbranchen eine kräftige Erholung eingestellt.
Zuletzt haben sich die Erwartungen der privaten Haushalte und der
Unternehmen deutlich eingetrübt. Insbesondere die Geschäftserwartungen der
Unternehmen sind seit Beginn des Krieges regelrecht eingebrochen und
deuten auf eine Rezession hin. Doch es ist unklar, inwieweit die
pessimistischen Erwartungen absehbare Produktionsrückgänge widerspiegeln,
oder ob sie vor allem auf Sorgen vor weiter steigenden Preisen und
Rohstoffknappheiten zurückzuführen sind, die sich schlussendlich nicht
materialisieren werden.
Gegen eine Rezession spricht, dass sich der private Konsum noch aus den
seit Beginn der Pandemie hohen zusätzlichen Ersparnissen speisen kann und
bei den privaten Haushalten nach den pandemiebedingt eingeschränkten
Konsummöglichkeiten weiterhin Nachholbedarf besteht. Zudem verfügen die
Unternehmen über hohe Auftragsbestände, die es ihnen erlauben auch bei
einer vorübergehenden Auftragsflaute oder Stornierungen von Aufträgen,
ihre Produktion auszuweiten, wenn die Lieferengpässe nachlassen. Die
Wirtschaftspolitik kann einen Beitrag zur Stützung der Konjunktur leisten,
indem sie die Unsicherheit bezüglich der Energieversorgung möglichst rasch
reduziert und so die Planungssicherheit erhöht.“