Zum Hauptinhalt springen

Coburger Forscherin untersucht in Washington neuralen Wandel in der Schwangerschaft

Mit ihrer Doktorarbeit zur Prävention von Wochenbettdepression erregte die
Coburger Forscherin Dr. Maria Kuhn einiges Aufsehen. Nun ist sie mit einem
Fulbright Forschungsstipendium für ein paar Monate von der Hochschule
Coburg an die Georgetown University in Washington DC, USA, gewechselt:
Hier untersucht sie ethische, rechtliche und soziale Folgen der neuronalen
Veränderungen des Gehirns durch eine Schwangerschaft.

Verrückte Essgelüste und eine seltsame Vergesslichkeit, die
umgangssprachlich „Schwangerschafts-Demenz“ genannt wird: Jede Frau, die
ein Baby bekommt, erlebt gravierende Veränderungen. Der Bauch wächst.
Hormone bereiten den Körper aufs Mama-Sein vor. Sogar das Gehirn verändert
sich, wie verschiedene Studien zum Beispiel anhand von MRT-Bildern
belegen. Damit verbunden sind auch ethische Fragen, die sich in Rechts-
und Sozialsystemen bislang kaum widerspiegeln. Dr. Maria Kuhn von der
Hochschule Coburg beschäftigt sich mit diesem neuen Gebiet: Mit einem
Fulbright Forschungsstipendium forscht sie noch bis April an der
Georgetown University in Washington DC, USA, zum Thema „Ethische
Implikationen von neuronalen Veränderungen des Gehirns in der perinatalen
Phase“.
Per Videokonferenz erklärt die 31-Jährige, dass sich die graue Masse im
Gehirn in einer Schwangerschaft deutlich reduzieren. Verknüpfungen
zwischen den Nervenzellen, die sogenannte weiße Hirnsubstanz, nimmt dafür
stark zu. „In der Wissenschaft wird das gerne mit einem Obstbaumschnitt
verglichen“, sagt die Forscherin. „Da werden Triebe abgeschnitten, um
wichtige Äste zu stärken – die stehen hier zum Beispiel für Empathie und
erhöhte Aufmerksamkeit. Diese Faktoren sind wichtig, um sich nach der
Geburt um das Kind zu kümmern, Bindung aufzubauen, Gefahren wahrzunehmen.“
Dieser Umbau zu einem mütterlichen Gehirn findet immer statt. Auch wenn
eine Frau das Baby dann verliert. Sollten Mutterschutzbestimmungen deshalb
auch nach einer Fehlgeburt gelten? „In Deutschland wird darüber
diskutiert. In den USA gibt es so etwas gar nicht. Hier ist das soziale
Netz der Frauen, die Familie, viel präsenter und Communitys sind anders
aufgebaut. Das amerikanische Gesundheitssystem hat andere Aufgaben.“ Kuhn
vergleicht verschiedene Ansätze und Studien, um herausfinden, was im Sinne
der Gesundheitsförderung sinnvoll ist.

Gesundheitsförderung und Prävention aus internationaler Sicht

An der Hochschule Coburg hat sie Integrative Gesundheitsförderung studiert
und später im Verbund mit ihrem Betreuer Prof. Dr. Thilo Hinterberger von
der Partneruniversität Regensburg an der Hochschule Coburg bei Prof. Dr.
Niko Kohls aus der Fakultät Angewandte Naturwissenschaften und Gesundheit
auch promoviert. Bereits für ihre Doktorarbeit beschäftigte sie sich
damit, was eine Schwangerschaft körperlich, aber auch psychisch verändert.
Sie entwickelte eine App zur Prävention von Wochenbettdepressionen, die
Schwangeren Methoden der Selbstfürsorge und Selbstregulationsfähigkeit
vermittelt. Ihr aktuelles Forschungsprojekt knüpft teilweise daran an.
Prof. Dr. James Giordano, Pellegrino Center Professor im Department of
Neurology and Biochemistry, und Chef des Neuroethics Studies Program lehrt
auch als Gastprofessor in Coburg und ist Kuhns Supervisor am Georgetown
University Medical Center in Washington. Ihre Studien zu
Geschlechtsdimorphismen im weiblichen Gehirn beurteilt er als sehr wichtig
und „notwendig für die Weiterentwicklung eines echten Ansatzes der
Präzisionsmedizin.“ Giordano beschreibt damit ein Konzept, das darauf
abzielt, Therapien auf einzelne Menschen individuell zuzuschneiden. Von
Kuhns Fokus auf ethischer Verantwortung verspricht sich der US-
amerikanische Wissenschaftler auch einen großen Beitrag zur Zusammenarbeit
seiner Gruppe mit Prof. Dr. Niko Kohls laufender Forschung im Bereich der
Integrativen Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg.
„Ich glaube, beide Länder können viel voneinander lernen“, sagt Kuhn. Der
Aufenthalt in den USA erweitert auch ihre Forschungsfragen. Zum Beispiel
betreffen die Veränderungen im weiblichen Gehirn auch Leihmütter – welche
rechtlichen und sozialen Folgen das hat, ist in Deutschland überhaupt kein
Thema. „In der Bibliothek hier in Georgetown füllt das mehrere Regale. Es
macht großen Spaß, durchzugehen und sich inspirieren zu lassen. Die
Bibliothek ist fantastisch, auch ein sehr historisches Gebäude.“
Wunderschön sei der Campus in Washington DC, und viel größer als im
oberfränkischen Coburg. Eine spannende Erfahrung. „Aber ich mag das in
Coburg schon gern: Man läuft über den Campus, kennt jeden, trifft sich
einfach in der Cafeteria oder der Mensa.“ Kuhn freut sich auch darauf,
zurückzukommen – mit einer Menge neuer Erkenntnisse aus internationaler
Forschungs-Perspektive im Gepäck.

Anmelden und einschreiben

Der Bachelorstudiengang Integrative Gesundheitsförderung (IGF) und der
Masterstudiengang Gesundheitsförderung der Hochschule Coburg starten im
nächsten Wintersemester wieder – im Rahmen eines Orientierungssemesters
ist es hier aber auch möglich, einzelne IGF-Module im Sommersemester zu
belegen. Weitere Informationen unter www.hs-coburg.de

  • Aufrufe: 104